"La tregua" (Primo Levi)

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La Tregua (Die Atempause) ist ein 1963 erstmals veröffentlichter autobiografischer Bericht des italienischen Autors Primo Levi (geb. 31. Juli 1919 in Turin, gest. 11. April 1987 ebd.). Er schildert in 17 Kapiteln die Rückkehr des Erzählers aus dem Konzentrationslager Auschwitz in seine Heimatstadt Turin. Träume spielen in diesem Text eine entscheidende Rolle für die Vermittlung seiner Erfahrungen als Shoah-Überlebender.


Autor und Gesamtwerk

Der jüdische Autor Primo Levi studierte trotz der seit 1938 in Italien geltenden faschistischen Rassengesetze Chemie und war die meiste Zeit seines Lebens als Chemiker tätig. Im Herbst 1943 schloss er sich der antifaschistischen Widerstandsbewegung „Giustizia e libertà“ an, wurde kurz darauf verhaftet und musste sich entscheiden, entweder als Partisan erschossen oder als Jude deportiert zu werden. Von Februar 1944 bis zur Befreiung durch die Rote Armee im Januar 1945 war Levi als Zwangsarbeiter im Konzentrationslager Auschwitz III (Auschwitz-Monowitz) interniert, wo er als Chemiker in den Buna-Werken eingesetzt wurde. Durch eine schwere Krankheit entging er den Todesmärschen im Winter 1944/45 und überlebte das Konzentrationslager. Nach einer knapp zehn-monatigen Rückreise quer durch Osteuropa begann er, seine Erfahrungen als Shoah-Überlebender literarisch zu verarbeiten. Neben zahlreichen Erzählungen verfasste er eine durch die Elemente des chemischen Periodensystems strukturierte Autobiographie Il sistema periodico (Das periodische System, 1975). Vor allem der Bericht Se questo è un uomo (Ist das ein Mensch?, 1947), aber auch La Tregua (Die Atempause, 1963) und sein letztes Buch I sommersi e i salvati (Die Untergegangenen und die Geretteten, 1986) zählen zu den weltweit bedeutendsten Zeugnissen der Shoah-Literatur.


La tregua (Überblick)

Levis zweites Buch, eine „europäische Odyssee zwischen Krieg und Frieden“ (so Italo Calvino in der Erstausgabe), umfasst 17 chronologisch angeordnete Kapitel, in denen die Rückkehr des Autors von der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz durch die Rote Armee im Januar 1945 bis zur Ankunft in der Heimatstadt Turin am 19. Oktober 1945 erzählt wird. Es schließt damit unmittelbar an Se questo è un uomo an, Levis Bericht über seine Deportation und seine Internierung in Auschwitz. La Tregua umfasst die einzelnen Stationen dieser Rückreise, die das autobiographischen Ich – zumeist per Zug – durch sieben osteuropäische Länder über Deutschland und Österreich zurück nach Italien führt.

Diese literarische Rekonstruktion ist eng verbunden mit den Portraits seiner ehemaligen Mitgefangenen und grundsätzlichen Reflexionen des Erzählers über seine Erfahrung als KZ-Überlebender. Im Zentrum stehen der durch die Shoah verursachte Zivilisationsbruch, Probleme der Differenzierung in Täter und Opfer, die Bedingungen und Konsequenzen des Überlebens, die Notwendigkeit der Zeugenschaft, welche sich aus der Ausnahmesituation als ehemaliger Auschwitz-Häftling ergibt, und schließlich die Frage, ob bzw. wie sich das erlittene individuelle Trauma kollektiv vermitteln lässt, angesichts der Tatsache, dass die eigentlichen Opfer der Shoah keine Stimme haben.

Die ersten beiden Kapitel des Werkes wurden bereits 1947 und 1948 verfasst; Kapitel drei und vier stammen von 1961 und die verbleibenden acht aus dem Jahre 1962. Der Bericht wurde 1963 mit dem Premio Campiello ausgezeichnet und 1997 von Francesco Rosi in einer italienisch-deutsch-französisch-schweizerischen Gemeinschaftsproduktion verfilmt.


Die Träume

Der Text Levis wird in programmatischer Weise durch Träume gerahmt. Dem eigentlichen Bericht ist ein vom Autor verfasstes Gedicht als Motto vorangestellt, das die Träume der KZ-Häftlinge, die von der Rückkehr in die Normalität handeln, mit der Allgegenwart der traumatischen Erfahrung nach dem Krieg verbindet. Das Schusskapitel „Il risveglio" (Erwachen; LT 197-201) endet mit einem immer wiederkehrenden Alptraum des Erzählers, in dem sich der neu gewonnene Alltag des Träumers als trügerische Illusion entpuppt. Das siebte Kapitel „I sognatori" (Die Träumer; LT 85-95) hingegen hat nicht tatsächliche (Nacht-)Träume zum Thema, sondern versammelt Geschichten aus dem Leben der ehemaligen Mitgefangenen, die sich in einem unsicheren Status zwischen Faktizität, Fantasie und Wunschtraum bewegen.


Das Eingangs-Gedicht

Sognavamo nelle notti feroci
Sogni densi e violenti
Sognati con anima e corpo:
Tornare; mangiare; raccontare.
Finché suonava breve sommesso
Il comando dell’alba;
„Wstawać";
E si spezzava in petto il cuore.
Ora abbiamo ritrovato la casa,
il nostro ventre è sazio.
Abbiamo finito di raccontare.
È tempo. Presto udremo ancora
Il comando straniero:
„Wstawać".
11 gennaio 1946 (LT 1)


In den schrecklichen Nächten träumten wir
Dichte und heftige Träume,
Träumten mit Seele und Leib:
Heimkehren, Essen, Berichten.
Bis das Kommando vom Morgengrauen
Kurz und gepreßt ertönte:
„Wstawać";
Und es krampfte das Herz in der Brust sich.
Wir sind wieder nach Hause gekommen,
Unser Bauch ist gefüllt,
Unser Bericht ist zu Ende.
Es ist Zeit. Gleich hören wir wieder
Das fremde Kommando;
„Wstawać".
11. Januar 1946 (Levi 1988, 1)


Situierung

Das die autobiographische Erzählung eröffnende Gedicht wurde von Primo Levi während der Rückkehr nach Turin im Juli 1945 im unmittelbaren Zusammenhang mit dem Eingangsgedicht zu Se questo è un uomo verfasst. Durch den zweifachen Imperativ „Wstawać“, den Befehl zum Aufstehen im Konzentrationslager Auschwitz, konstruiert Levi zum einen den thematischen und formalen Rahmen seines Berichtes (vgl. Kasper 2016, 105). Der polnische Befehl schließt auch den am Ende des Werkes erzählten Alptraum, und damit das Buch als Ganzes ab. Zum anderen wird durch dieses Wort die entscheidende Verbindung zu Se questo è un uomo, Levis Erzählung aus dem Inneren des Lagers, hergestellt. Es findet sich nämlich ebenso im Zentrum des fünften Kapitels über den Bericht vom Grauen des Lageralltags: Der Abschnitt „Le nostre notti" (Unsere Nächte; Levi 2005, 50-57) erzählt von den Bedingungen des Schlafes in den Lagerbaracken, den Alpträumen der KZ-Häftlinge und dem Befehl im Morgengrauen, mit dem die Lagerrealität unausweichlich ins Bewusstsein der Träumenden eindringt.


Analyse und Interpretation

Das Gedicht besteht aus zwei parallel konstruierten, jedoch unterschiedlich langen Strophen: Die erste, längere bezieht sich auf die Träume im Lager, die zweite, kürzere auf deren Fortsetzung nach der Rückkehr. Geht man davon aus, dass beide Strophen jeweils durch den Befehl „Wstawać“ mit einer Art Refrain beendet werden, entsteht ein zusätzlicher Vers in der Mitte, der beide Teile des Gedichts voneinander trennt und zugleich miteinander verbindet (vgl. Kasper 2016, 112). Dieser achte Vers handelt davon, dass der Befehl das Herz der Träumenden allmorgendlich in Stücke zerreißt (die Übersetzung von Barbara und Robert Picht gibt dieses Bild nur unzureichend wieder). Das kollektive Wir verweist damit auf die Lagererfahrung als Ganze, welche die individuelle Existenz unwiederbringlich in ein früheres Leben und ein späteres Über-Leben spaltet. Damit reißt der Vers gewissermaßen auch das Gedicht selbst in zwei Teile. Er schließt aber zugleich die Vergangenheit des Lagers mit der traumatischen Erinnerung in der Gegenwart kurz.

In der erste Strophe fassen die Sprecher in mehreren, zu einer etymologischen Figur angeordneten Versen („sognavamo... sogni... sognati...“; wir träumten... Träume, die ... geträumt wurden) die Alpträume der KZ-Häftlinge als kollektive Traumerfahrungen zusammen. Dass diese Träume im Lager unablässig wiederkehren, also unabgeschlossen sind, wird durch die verwendete Zeitform des imperfetto hervorgehoben. Wie die Träume selbst, welche Leib und Seele gleichermaßen erfassen, als „densi“ (dicht) und „feroci“ (grausam) charakterisiert werden, so finden sie sich auch auf der stilistischen Ebene verdichtet und syntaktisch zertrümmert: In der Aufzählung „zurückkehren, essen, erzählen“ ist kondensiert, was das fünfte Kapitel aus Se questo è un uomo in detaillierter, komplexer Weise erzählt hatte: die Lagererfahrung als Ganze, die in nächtlichen Visionen, Ängsten, Träumen und Halluzinationen ihren Ausdruck findet.

Die zweite Strophe wechselt nun in die Gegenwart der Überlebenden („ora“; das „jetzt“ fehlt in der deutschen Übersetzung). Sie wiederholt alle drei Träume aus dem Lager, indem sie sie in je einzelnen Versen in die Wachwirklichkeit überträgt: „Abbiamo ritrovato la casa“ (die Sehnsucht nach Rückkehr ist erfüllt), „nostro ventre è sazio“ (der Hunger gestillt) und das Erlebte „abbiamo finito di raccontare“ (zu Ende erzählt). Anstatt jedoch mit dieser Situation zu schließen, nimmt das Gedicht eine Wendung, welche Gegenwart („è tempo“; es ist Zeit) und bevorstehende Bedrohung („presto udremo“; gleich hören wir) direkt mit der vergangenen Lagererfahrung verknüpft (Sossi 2000, 241 f.). Eine solche Verknüpfung wird bereits klanglich vorbereitet: Die lautliche Nähe zwischen „sognare“, das sich auf die Träume, und „suonare“, das sich auf das Erklingen des Befehles bezieht, versetzt schon in der Mitte der ersten Strophe die nächtlichen Träume nicht nur thematisch, sondern auch phonetisch an die unmittelbare Grenze zum Erwachen. Im Schlussvers, dem abschließenden Imperativ, lassen sich die einzelnen Zeitebenen schließlich nicht mehr unterscheiden (Kasper 2016, 105 und 116). Durch das letzte Wort werden somit rückwirkend auch die positiven Erfahrungen des Heimkehrens als mögliche Träume bzw. als trügerische Einbildung präsentiert und in ihrem Realitätsstatus in Frage gestellt. Einer vergleichbaren Struktur folgt auch der Traum im Schlusskapitel des Berichtes „Il risveglio" (Erwachen).


Der Alptraum im Schlusskapitel „Il risveglio"

Situierung

Das gut vier Seiten umfassende Schlusskapitel von La Tregua (LT 197-201) setzt sich in mehrfacher Hinsicht mit der Shoah als individuellem und kollektivem Trauma auseinander. Zum einen wird, Bezug nehmend auf den Titel des Werkes, die Rückkehr als ein Aufschub, eine Atempause zwischen Lagerterror und Normalität charakterisiert. Zum anderen durchquert das autobiographische Ich hier das Land der Täter: In Deutschland stellen sich die grundsätzlichen Fragen, wer in welchem Maße von den Verbrechen Kenntnis hatte, wie sich das Erlebte vermitteln, welcher Umgang sich zwischen Tätern und Opfern finden lässt (Cannon 2001, 9). Zugleich rückt die Ankunft in der Heimat in unmittelbare Nähe – und damit schiebt sich auch die Angst in den Vordergrund, die sämtliche KZ-Häftlinge in ihren Träumen umgetrieben hatte: dass Haus und Familie verschwunden sein könnten, die Sehnsucht nach einer Welt jenseits des Lagers und einer Fortführung des früheren Lebens also keine Erfüllung findet.

Dem Alptraumbericht, der das Ende des Kapitels und damit des gesamten Buches darstellt, geht die einigermaßen geglückte Eingliederung des Erzählers in den Familienalltag voraus: Das erzählende Ich berichtet von „amici pieni di vita“ (Freunde voller Leben; LT 200), dem Einfinden am Tisch der Familie, befriedigenden Alltagsarbeiten und der befreienden Freude des Erzählens. Dennoch wird das abendliche Zubettgehen als sich stetig wiederholender Moment des Schreckens erlebt. Auch in die Bewegungen des Körpers hat sich das Trauma eingeschrieben: Der Erzähler bewegt sich noch immer mit zum Boden gesenktem Kopf vorwärts, als suche er nach etwas Essbarem, mit dem sich der Tod für einen Moment aufschieben lässt. An diese Selbstbeobachtung schließt sich der eigentliche Traumbericht an.


Beschreibung

Der Traumbericht beginnt mit einer einleitenden Reflexion, die das Erzählte eindeutig als Traum markiert: Der Alptraum wiederholt sich unablässig in unterschiedlichen Variationen („vario nei particolari“, unterschiedlich in den Details; LT 200) und besitzt eine in sich verschachtelte Struktur („un sogno entro un altro sogno“, ein Traum im Traum; ebd.). Er weist jedoch ein identisches Muster auf („unica nella sostanza“, gleichbleibend in der Substanz; ebd.), das der Erzähler schließlich in seiner Grundstruktur wiedergibt: Der Träumende befindet sich in einer friedlichen, geradezu idyllischen Situation. Diese bricht schrittweise in sich zusammen und entpuppt sich im Verlauf des Traums als Täuschung. Die Rückkehr an den heimischen Esstisch wird mit einem Mal als unheimlich, unwirklich und brüchig erlebt. Überlagert wird sie von einem untrüglichen Wissen, das der Auflösung dieses glücklichen Szenarios vorausgeht. Hier setzt der Traum im Traum ein; das plötzliche Bewusstsein, dass die Befreiung aus dem Lager nur ein Traum oder eine Sinnestäuschung gewesen sein kann. Der Träumer sieht sich ins Lager zurückversetzt. Als eindeutigen Hinweis auf die Allgegenwart von Auschwitz vernimmt er den gefürchteten polnischen Befehl zum Aufstehen („Wstawać“), mit dem die Lagerwirklichkeit unvermittelt in den Traum einbricht.


Analyse und Interpretation

Auffällig an diesem Traumbericht ist die Vermischung von Traumreflexion und Traumerzählung. Es handelt sich hier um eine iterative Traumerzählung, in der zahlreiche Variationen desselben Alptraums gleich mit enthalten sind. Auch die Konstruktion eines Traums im Traum wird vom Erzähler bereits während der Erzählung des Trauminhalts offengelegt. Mit der Differenzierung in „sogno interno“ (innerer Traum) und „sogno esterno“ (äußerer Traum; LT 201) werden mehrere Ebenen der Traumerfahrung hierarchisch geordnet und in eine irritierte Beziehung zur Wachwirklichkeit gesetzt. Denn der innere Traum, der eindeutig als Nachttraum markiert wird, lässt sich von der unmittelbar zuvor beschriebenen Situation der Wachwelt kaum unterscheiden. Doch auch der äußere Traum, der Traum von den Schrecken des Lagers, entspricht den tatsächlichen Erfahrungen des Träumers, die in der Traumerinnerung vergegenwärtigt werden (Boulé 1995, 171). Beide Traumebenen weisen also ausschließlich Elemente auf, die der Leser bereits aus der Wachwelt des Träumers kennt.

Seine besondere Wirkung erzielt der Bericht durch die spezifisch literarisch-ästhetische Dimension (vgl. Prosperi 1995, 90), die sowohl Traum-Reflexion als auch Traum-Erzählung kennzeichnen: Durch verschiedene rhetorische Gestaltungsverfahren und die schlichte Bildlichkeit werden die Scheinhaftigkeit und Instabilität des alltäglichen Erlebens eindringlich, jedoch ohne jedes Pathos in Szene gesetzt. Mehrfach verbundene Reihungen mit „oder“ bzw. „und“ sowie Einschübe der sich anbahnenden Bedrohung unterstreichen den Prozess, der die ‚heile Welt’ des Träumers zusammenbrechen lässt: Die Umgebung wird zunehmend als unwirklich erlebt. Die Normalität wirkt wie eine illusorische, artifizielle Theaterkulisse („tutto cade e si disfa [...], lo scenario, i pareti", die Umgebung, die Wände [...] weichen zurück; LT 200), die sich angesichts der unmittelbaren Gewissheit der Lagererfahrung auflöst. Auch die Wahrnehmung von Farben und Umrissen („campagna verde“, grüne Landschaft; „nulla grigio“, graues Nichts) sowie die sinnlichen Eindrücke der Traumerfahrung („calore“, Wärme; „gelido“, eisig; „voce sommessa“, gedämpfte Stimme) verstärken das immer näher rückende Grauen, das in dem fremdsprachigen Befehl zum Aufstehen kulminiert. Der Imperativ „Wstawać" (LT 201) steht metonymisch für den gesamten Lagerterror, in dem Erinnerung an Vergangenes und gegenwärtiges Erleben, Träumen und Wachen, Einbildung und Wirklichkeit zusammenfallen.

Das mit „Erwachen“ überschriebene Kapitel endet also programmatisch mit einem Traum, dem der Erzähler nicht entkommt (Druker 2011, 63-77). Damit werden in diesem Alptraum nicht die Schrecken des Lagers selbst evoziert. Geträumt wird vielmehr, dass das Erwachen aus dem Alptraum des Lagers nur geträumt sein könnte.


Einordnung

Mittels der in La Tregua thematisierten Träume zeigt Primo Levi paradigmatisch auf, wie sich für das traumatisierte Individuum die Wahrnehmung von Traum und Wirklichkeit verkehren. Die Erfahrung der Shoah hat sich derart in das Bewusstsein des Überlebenden eingegraben, dass sich vergangene Erfahrung, erlebte Gegenwart und bevorstehende Zukunft nicht voneinander trennen lassen. Im Traum werden sowohl die zeitlichen als auch die räumlichen Grenzen aufgehoben; sie weichen einem leiblich erfahrenen, überzeitlichen und omnipräsenten Wissen („io so [...] ed anche so di averlo siempre saputo“, weiß ich [...], und weiß auch, dass ich es immer gewusst habe). Damit bringt der „Traum ein Wissen über die Konzentrationslager zum Ausdruck [...], das über die bewusste Gedächtnisarbeit hinausgeht“ (Nickenig 2011, 288). Das Grauen des Lagers erweist sich als die einzige unhintergehbare Realität des Träumers. Auf dem Grund dieser Erfahrung wird die Nachkriegswirklichkeit als irreal und traumhaft erlebt. Der prekäre Status dieser Normalität innerhalb der Wachwelt bildet eine ständige Bedrohung und damit für den Überlebenden den eigentlichen Alptraum, weil er „die Evidenz von Wirklichkeit grundsätzlich in Frage stellt“ (Nickenig 2011, 287).


Literatur

Ausgaben / Quellen

  • Levi, Primo: La tregua. In: Primo Levi: Opere. 2 Bde. Hg. von Marco Belpoliti. Bd. 1: Se questo è un uomo. La Tregua. Il sistema periodico. I sommersi e i salvati. Torino: Einaudi 1987.

(= Gesamtausgabe)

  • Levi, Primo: La tregua [1963]. Torino: Einaudi 2014.

(= zitierte Ausgabe; zitiert als: LT)

  • Levi, Primo: Die Atempause. Übers. von Barbara und Robert Picht. München: Hanser 1988.

(= deutsche Übersetzung)


Forschungsliteratur

  • Amsellem, Daniela: Images littéraires et figures mythiques dans l’oeuvre de Primo Levi. In: Chroniques italiennes 31 u. 32 (1992), 7-26 u. 7-11.
  • Belpoliti, Marco (Hg.): Primo Levi: conversazioni e interviste 1963-1987. Torino: Einaudi 1997.
  • Boulé, Anne: La Tregua ou l’infini retour. In: La Licorne 33 (1995), 155-172.
  • Cannon, JoAnn: Storytelling and the Picaresque in Levi’s La Tregua. In: Modern Language Studies 31 (2001), 1-10.
  • Druker, Jonathan: Trauma and Latency in Primo Levi’s The Reawakening. In: Risa Sodi/Millicent Marcus (Hg.): New Reflections on Primo Levi. Before and After Auschwitz. New York: Macmillan, 63-77.
  • Farell, Joseph (Hg.): Primo Levi. The Austere Humanist. Oxford: Lang 2004.
  • Gordon, Robert S.C. (Hg.): The Cambridge Companion to Primo Levi. Cambridge: Cambridge UP 2007.
  • Kasper, Judith: Der traumatisierte Raum. Insistenz, Inschrift, Montage bei Freud, Levi, Kertész, Sebald und Dante, Berlin: de Gruyter 2016.
  • Nickenig, Annika: "Arrach[é] au rêve de la vie". Häftlingsträume und Lagertrauma in literarischen Texten über die Shoah (Levi, Antelme, Semprun). In: Susanne Goumegou/Marie Guthmüller (Hg.): Traumwissen und Traumpoetik. Onirische Schreibweisen von der literarischen Moderne bis zur Gegenwart. Würzburg: Königshausen und Neumann 2011, 285-300.
  • Ferrero, Ernesto (Hg.): Primo Levi. Un'antologia della critica. Turin: Einaudi 1997.
  • Prosperi, Carlo: La gioa liberatrice del raccontare: una lettura de La Tragua di Primo Levi. In: Giovanna Ioli (Hg.) Primo Levi: Memoria e invenzione; atti del convegno internazionale, San Salvatore Monferrato, 26-27-28 settembre 1991. San Salvatore Monferrto: Ed. della Biennale "Piemonte e Letteratura" 1995, 85-101.
  • Poli, Gabriella und Calcagno, Giorgio (Hg.): Echi di una voce perduta. Incontri, interviste e conversazioni con Primo Levi. Milano: Mursia 1992.
  • Sossi, Federica: L’oblio del ricordo. La scrittura sognata di Primo Levi. In: Nuova corrente 47 (2000), 227-244.


Weblinks

Italiano Antologia mit dem vollständigen Text von La tregua

Centro internazionale di studi Primo Levi


Zitiervorschlag für diesen Artikel:

Solte-Gresser, Christiane: "La tregua" (Primo Levi). In: Lexikon Traumkultur. Ein Wiki des Graduiertenkollegs "Europäische Traumkulturen", 2016; http://traumkulturen.uni-saarland.de/Lexikon-Traumkultur/index.php?title=%22La_tregua%22_(Primo_Levi) .