"El Etnógrafo" (Jorge Luis Borges): Unterschied zwischen den Versionen

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== Inhalt des Cuentos==
==Inhalt des Cuentos==
 
In ''El Etnógrafo'' geht es um den Studenten Fred Murdock, der Teil einer indigenen Gesellschaft wird mit dem Ziel, diese und deren Geheimnis zu studieren und anschließend die Ergebnisse in einer Doktorarbeit zu veröffentlichen. Doch im Laufe seiner Zeit dort macht er eine Entwicklung durch.
In ''El Etnógrafo'' geht es um den Studenten Fred Murdock, der Teil einer indigenen Gesellschaft wird mit dem Ziel, diese und deren Geheimnis zu studieren und anschließend die Ergebnisse in einer Doktorarbeit zu veröffentlichen. Doch im Laufe seiner Zeit dort macht er eine Entwicklung durch.


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==Analyse und Interpretation==
==Analyse und Interpretation==
Fred Murdocks "Abenteuer" wird eingangs als real geschehene Begebenheit präsentiert, von der der Erzähler in Texas gehört habe, die sich aber in einem anderen Bundesstaat abgespielt haben solle. Der Student ist also in das Umfeld der US-amerikanischen, westlichen universitären Wissenschaft einzuordnen. Er begibt sich zu einem indigenen Stamm als Externer mit dem Ziel, von den Stammesangehörigen als einer der Ihren akzeptiert zu werden, folglich in die Geheimnisse eingeweiht zu werden, anschließend nach Erreichung dieses Ziels zur Universität zurückzukehren und eine wissenschaftliche Arbeit darüber zu schreiben. Während des Zeitraums von über 2 Jahren passt er sich an die Lebensweise der indígenas an, träumt gar in einer ihm ursprünglich fremden Sprache ("llegó a soñar en un idioma que no era el de sus padres" dt. "er gelangte dazu, in einer Sprache zu träumen, die nicht die seiner Eltern war"). Diese Anpassung wird aus der Perspektive der westlichen Zivilisation sprachlich dargestellt, die Umstände als widrig, die fremden Gewohnheiten als seltsam: "Acostumbró su paladar a sabores ásperos, se cubrió con ropas extrañas, […] llegó a pensar de una manera que su lógica rechazaba." (dt. "Er gewöhnte seinen Gaumen an derbe Geschmacksrichtungen, bedeckte sich mit seltsamer Kleidung, […] gelangte dazu, auf eine Art und Weise zu denken, die seine Logik ablehnte.") Der Kontrast der Denkweisen und Gebräuche als ausgewachsene 2-Welten-Erfahrung wird bereits deutlich. Das Element der Logik weist der indigenen Denkweise eine Charakteristik des Nicht-Logischen zu. Doch anhand des Possessivpronomens "su" klingt auch schon ein gewisser Perspektivenwechsel an. Zuvor waren die Geschmacksrichtungen noch unhinterfragt allgemein als rau bezeichnet worden, die Kleidung als seltsam. Doch nun wird markiert, dass es sich keineswegs um die Logik allgemein handelt, welche der indigenen Denkweise ablehnend gegenüber stehen würde, sondern vielmehr die spezielle Logik dieser einen Figur Fred Murdock, welche man in den Kontext der Logik der westlichen Wissenschaft, aus der er kommt, setzen kann.
Fred Murdocks "Abenteuer" wird eingangs als real geschehene Begebenheit präsentiert, von der der Erzähler in Texas gehört habe, die sich aber in einem anderen Bundesstaat abgespielt haben solle. Der Student ist also in das Umfeld der US-amerikanischen, westlichen universitären Wissenschaft einzuordnen. Er begibt sich zu einem indigenen Stamm als Externer mit dem Ziel, von den Stammesangehörigen als einer der Ihren akzeptiert zu werden, folglich in die Geheimnisse eingeweiht zu werden, anschließend nach Erreichung dieses Ziels zur Universität zurückzukehren und eine wissenschaftliche Arbeit darüber zu schreiben. Während des Zeitraums von über 2 Jahren passt er sich an die Lebensweise der indígenas an, träumt gar in einer ihm ursprünglich fremden Sprache ("llegó a soñar en un idioma que no era el de sus padres" dt. "er gelangte dazu, in einer Sprache zu träumen, die nicht die seiner Eltern war"). Diese Anpassung wird aus der Perspektive der westlichen Zivilisation sprachlich dargestellt, die Umstände als widrig, die fremden Gewohnheiten als seltsam: "Acostumbró su paladar a sabores ásperos, se cubrió con ropas extrañas, […] llegó a pensar de una manera que su lógica rechazaba." (dt. "Er gewöhnte seinen Gaumen an derbe Geschmacksrichtungen, bedeckte sich mit seltsamer Kleidung, […] gelangte dazu, auf eine Art und Weise zu denken, die seine Logik ablehnte.") Der Kontrast der Denkweisen und Gebräuche als ausgewachsene 2-Welten-Erfahrung wird bereits deutlich. Das Element der Logik weist der indigenen Denkweise eine Charakteristik des Nicht-Logischen zu. Doch anhand des Possessivpronomens "su" klingt auch schon ein gewisser Perspektivenwechsel an. Zuvor waren die Geschmacksrichtungen noch unhinterfragt allgemein als rau bezeichnet worden, die Kleidung als seltsam. Doch nun wird markiert, dass es sich keineswegs um die Logik allgemein handelt, welche der indigenen Denkweise ablehnend gegenüber stehen würde, sondern vielmehr die spezielle Logik dieser einen Figur Fred Murdock, welche man in den Kontext der Logik der westlichen Wissenschaft, aus der er kommt, setzen kann.
Murdocks Forschungsvorhaben bleibt jedoch vorerst intakt, er verfasst Notizen, ist in der Rolle einer Art "Doppelagent". Diese Information wird eingeleitet durch die Angabe einer zeitlichen Begrenzung: "[d]urante los primeros meses" (dt. "während der ersten Monate"). Danach hört er nicht nur auf, Notizen zu machen, sondern zerreißt die vorhandenen sogar. Dafür werden zwei mögliche Gründe genannt, sich jedoch nicht festgelegt: Möglicherweise wolle er kein Misstrauen erregen oder brauche die Notizen einfach nicht mehr.
Murdocks Forschungsvorhaben bleibt jedoch vorerst intakt, er verfasst Notizen, ist in der Rolle einer Art "Doppelagent". Diese Information wird eingeleitet durch die Angabe einer zeitlichen Begrenzung: "[d]urante los primeros meses" (dt. "während der ersten Monate"). Danach hört er nicht nur auf, Notizen zu machen, sondern zerreißt die vorhandenen sogar. Dafür werden zwei mögliche Gründe genannt, sich jedoch nicht festgelegt: Möglicherweise wolle er kein Misstrauen erregen oder brauche die Notizen einfach nicht mehr.
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==Fazit==
==Fazit==
Der Traum in Borges' Cuento ''El Etnógrafo'' ist eingebettet in einen Zusammenprall von westlicher Wissenschaft und indigenem Geheimwissen. <ref>Ein solcher Zusammenprall bzw. ein Sich-Kreuzen oder Sich-Begegnen von Kulturen erscheint als signifikanter Topos im Werk Jorge Luis Borges' (vgl. Podetti 2008).</ref> Er ist Schlüsselelement und Indikator der spirituellen Reife und Zugehörigkeit, woraufhin der Ethnograph aus dem Titel Zugang zum Geheimnis des Stammes erhält. Durch einen Perspektivenwechsel entlarvt diese Erzählung die sich gerne als universell betrachtenden Spielregeln der westlichen Wissenschaftskultur als nur eine mögliche Weltsicht von mehreren, speziell in Kontrast gesetzt zu einer Weltsicht, die Geheimnisse bewahrt und sie je nach individueller Entwicklung offenbart. Folglich gewährt hier der Traum, wie so oft in der Literatur (vgl. etwa Gómez Trueba 1999: 14, 56, 71, 82, 101), Zugang zu privilegierten Bereichen von Wissen und großen Wahrheiten – hier allerdings werden diese nicht traumimmanent erlangt und kommuniziert, sondern in der Wachrealität durch die Figur des sacerdote. Der Traum dient hier somit auch (mittelbar) einer Art Gegendiskurs zur westlichen, speziell durch den Geist der Aufklärung geprägten Weltsicht.
Der Traum in Borges' Cuento ''El Etnógrafo'' ist eingebettet in einen Zusammenprall von westlicher Wissenschaft und indigenem Geheimwissen. <ref>Ein solcher Zusammenprall bzw. ein Sich-Kreuzen oder Sich-Begegnen von Kulturen erscheint als signifikanter Topos im Werk Jorge Luis Borges' (vgl. Podetti 2008).</ref> Er ist Schlüsselelement und Indikator der spirituellen Reife und Zugehörigkeit, woraufhin der Ethnograph aus dem Titel Zugang zum Geheimnis des Stammes erhält. Durch einen Perspektivenwechsel entlarvt diese Erzählung die sich gerne als universell betrachtenden Spielregeln der westlichen Wissenschaftskultur als nur eine mögliche Weltsicht von mehreren, speziell in Kontrast gesetzt zu einer Weltsicht, die Geheimnisse bewahrt und sie je nach individueller Entwicklung offenbart. Folglich gewährt hier der Traum, wie so oft in der Literatur (vgl. etwa Gómez Trueba 1999: 14, 56, 71, 82, 101), Zugang zu privilegierten Bereichen von Wissen und großen Wahrheiten – hier allerdings werden diese nicht traumimmanent erlangt und kommuniziert, sondern in der Wachrealität durch die Figur des sacerdote. Der Traum dient hier somit auch (mittelbar) einer Art Gegendiskurs zur westlichen, speziell durch den Geist der Aufklärung geprägten Weltsicht.


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==Ausgaben==
==Ausgaben==
* Online: https://www.mtholyoke.edu/courses/rdiaz/span209/El%20etnografo.pdf
* Online: https://www.mtholyoke.edu/courses/rdiaz/span209/El%20etnografo.pdf
* Borges, Jorge Luis (1974 [11969]): ''El Etnógrafo''. In: ''Elogio de la Sombra''. In: ''Obras completas''. 1923-1972. Buenos Aires: Emecé. 989f.
* Borges, Jorge Luis (1974 [11969]): ''El Etnógrafo''. In: ''Elogio de la Sombra''. In: ''Obras completas''. 1923-1972. Buenos Aires: Emecé. 989f.
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==Forschungsliteratur, Weblinks und weiterführende Literatur (Auswahl)==
==Forschungsliteratur, Weblinks und weiterführende Literatur (Auswahl)==
* Arismendi, Juan Carlos Orrego (2007): Borges: sus cuentos sobre indios araucanos y el siglo XIX. In: ''Variaciones Borges'' 24. 35-54.
* Arismendi, Juan Carlos Orrego (2007): Borges: sus cuentos sobre indios araucanos y el siglo XIX. In: ''Variaciones Borges'' 24. 35-54.
* Díaz, Hernán (2012): ''Borges, Between History and Eternity''. eBook. London: Continuum. Bei Zugangsberechtigung über EBSCO Host unter: http://eds.a.ebscohost.com/eds/ebookviewer/ebook/bmxlYmtfXzUwMjgzNl9fQU41?sid=440cd4ec-593e-48d5-b7d2-4dcb53be9058@sessionmgr4006&vid=0&format=EB&rid=8
* Díaz, Hernán (2012): ''Borges, Between History and Eternity''. eBook. London: Continuum. Bei Zugangsberechtigung über EBSCO Host unter: http://eds.a.ebscohost.com/eds/ebookviewer/ebook/bmxlYmtfXzUwMjgzNl9fQU41?sid=440cd4ec-593e-48d5-b7d2-4dcb53be9058@sessionmgr4006&vid=0&format=EB&rid=8
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