"A Day in the Life" (The Beatles): Unterschied zwischen den Versionen

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Am Ende des B-Teils angesiedelt, bereitet die Traummarkierung den instrumentalen Anschluss vor und kann daher interpretatorisch als ‚Leseanweisung‘ für diesen instrumentalen Teil verstanden werden. Demnach wäre dessen musikalisch in starkem Kontrast stehende orchestrale wie stimmlich sphärische Umsetzung eine Art nonverbale Traumdarstellung des Ichs, das seiner Alltagsroutine entfliehen möchte. Das Fehlen von Worten könnte mit der oftmals Träumen zugeschriebenen Dominanz von Sinneseindrücken und der Unmöglichkeit der Verbalisierung des Trauminhalts in Verbindung gebracht werden. Nimmt man die oben beschriebene Aufwärtsbewegung („upstairs“) im B-Teil wörtlich, so wird sie in der treppenartig steigenden Musik (zum Begriff Schleich 2019, 86, mit Tagg) des b-Teils gespiegelt, was den Eindruck eines ‚Aufsteigens‘ in die ‚Höhen‘ eines Traumes oder Rauschzustandes (vgl. den Ausdruck ‚to get high‘) verstärkt. Im Übergang in den zweiten A-Teil erfolgt dann ein vorübergehendes ‚Absteigen‘; dessen im Vergleich zum ersten surrealerer Text unterminiert den Eindruck einer Rückkehr in die Alltäglichkeit (erneut „I read the news“) allerdings wieder.
Am Ende des B-Teils angesiedelt, bereitet die Traummarkierung den instrumentalen Anschluss vor und kann daher interpretatorisch als ‚Leseanweisung‘ für diesen instrumentalen Teil verstanden werden. Demnach wäre dessen musikalisch in starkem Kontrast stehende orchestrale wie stimmlich sphärische Umsetzung eine Art nonverbale Traumdarstellung des Ichs, das seiner Alltagsroutine entfliehen möchte. Das Fehlen von Worten könnte mit der oftmals Träumen zugeschriebenen Dominanz von Sinneseindrücken und der Unmöglichkeit der Verbalisierung des Trauminhalts in Verbindung gebracht werden. Nimmt man die oben beschriebene Aufwärtsbewegung („upstairs“) im B-Teil wörtlich, so wird sie in der treppenartig steigenden Musik (zum Begriff Schleich 2019, 86, mit Tagg) des b-Teils gespiegelt, was den Eindruck eines ‚Aufsteigens‘ in die ‚Höhen‘ eines Traumes oder Rauschzustandes (vgl. den Ausdruck ‚to get high‘) verstärkt. Im Übergang in den zweiten A-Teil erfolgt dann ein vorübergehendes ‚Absteigen‘; dessen im Vergleich zum ersten surrealerer Text unterminiert den Eindruck einer Rückkehr in die Alltäglichkeit (erneut „I read the news“) allerdings wieder.


Da Musik aber nicht im gleichen Maße wie Text, Film oder auch Bild narrativ ist, ist sie nur annähernd zu beschreiben und stets im Kontext der Lyrics zu sehen. Aufmerksamkeit gebührt in dieser Hinsicht der Anfangszeile der Strophe 3, heißt es dort doch gleich zu Beginn in Korrespondenz zum abrupten musikalischen Umbruch „Woke up, fell out of bed“. Ist möglicherweise die vorangehende instrumentale Partie a gleichfalls eine Traumdarstellung? Wie für Instrumentalmusik typisch kann diese Frage nicht eindeutig beantwortet werden. Es ist jedoch auffällig, dass auch der instrumentale Teil a an „I’d love to turn you on“, eine weitere potenzielle Traumreferenz, anschließt. Durch die Positionierung von Traum- oder Erwachensreferenzen zu Beginn und Ende der dritten Strophe entsteht der Eindruck einer gewissen Zirkelhaftigkeit, wie sie auch bei Formen des Traums im Traum zu beobachten ist – oder, allgemeiner, beim Wechsel zwischen Traum- und Wachphasen. Durch die vorangehende mögliche Traum-/ Rauschreferenz wiederholt sich die Zirkelhaftigkeit also mehrfach innerhalb von ''A Day in the Life''. Die Wiederkehr dieser Struktur am Ende des Songs in Strophe 4, wenn im Anschluss an das erneut gesungene „I’d love to turn you on“ eine Variation des a-Instrumentalteils vorkommt, stärkt die These von einer instrumentalen Traum- bzw. Rauschdarstellung, denn stets folgen Instrumentalteile auf mögliche Traumreferenzen.
Da Musik aber nicht im gleichen Maße wie Text, Film oder auch Bild narrativ ist, ist sie nur annähernd zu beschreiben und stets im Kontext des Liedtextes zu sehen. Aufmerksamkeit gebührt in dieser Hinsicht der Anfangszeile der Strophe 3, heißt es dort doch gleich zu Beginn (in Korrespondenz zum abrupten musikalischen Umbruch) „Woke up, fell out of bed“. Ist möglicherweise die vorangehende instrumentale Partie a gleichfalls eine Traumdarstellung? Wie für Instrumentalmusik typisch kann diese Frage nicht eindeutig beantwortet werden. Es ist jedoch auffällig, dass auch der instrumentale Teil a an „I’d love to turn you on“, eine weitere potenzielle Traumreferenz, anschließt. Durch die Positionierung von Traum- oder Erwachensreferenzen zu Beginn und Ende der dritten Strophe entsteht der Eindruck einer gewissen Zirkelhaftigkeit, wie sie auch bei Formen des Traums im Traum zu beobachten ist – oder, allgemeiner, beim Wechsel zwischen Traum- und Wachphasen. Durch die vorangehende mögliche Traum-/Rauschreferenz wiederholt sich die Zirkelhaftigkeit also mehrfach innerhalb von ''A Day in the Life''. Die Wiederkehr dieser Struktur am Ende des Songs in Strophe 4, wenn im Anschluss an das erneut gesungene „I’d love to turn you on“ eine Variation des a-Instrumentalteils vorkommt, stärkt die These von einer instrumentalen Traum- bzw. Rauschdarstellung, denn stets folgen Instrumentalteile auf mögliche Traumreferenzen.


Sieht man nun den Hauptgegenstand der jeweiligen Teile – im A-Teil die konträren Reaktionen des lyrischen Ichs auf täglich rezipierte (Sensations-)Meldungen, im B-Teil der morgendlichen Alltag eines Ichs nach dem Aufstehen – so bieten die am jeweiligen Ende eines Teils stehenden (potenziellen) Traumverweise („I’d love to turn you on“, „and I went into a dream“) mit der jeweils anschließenden instrumentalen Umsetzung eine gängige Funktion des Traums in vielen fiktionalen Werken: den des Auswegs, des Ausbrechens und Entkommens aus dem Alltag. Die Drogenreferenzen („turn you on“, „had a smoke“) fügen sich in das Zeitgeschehen der späten 1960er Jahre und Selbstzeugnisse der Autoren ein (vgl. Garr 2017, 109), die von „lots of psychedelic references“ sprechen (Anthology, 247). In beiden Fällen sind es jedoch keine ‚gewöhnlichen‘ Nachtträume, auf die (potenziell) angespielt wird, sondern eher tagtraumartige Rauschzustände, die zumindest gewünscht werden („I’d love to“). Lediglich das „Woke up“ (3) verweist auf den Nachttraum: aus ihm heraus wird das lyrische Ich im B-Teil durch das rüde Klingeln des Weckers hinauskatapultiert, nur um seinem Alltag schnellstmöglich wieder in einen Tagtraum zu entfliehen. Andere Stücke des Albums variieren entweder die Parodie eines bürgerlichen Morgens (Lennons ''Good Morning, Good Morning'', vgl. Garr 2017, 119, 137) oder spielen an einem Morgen (McCartneys ''She’s Leaving Home''). In beiden ist aber nicht der Traum Möglichkeit zum Ausbruch: Entweder bleibt die Monotonie („everyone you see is half asleep“) oder der Morgen selbst ist schon Metapher für den Aufbruch der Protagonistin in ein neues Leben („Wednesday morning at five o’clock as the day begins […] she is free“).
Sieht man nun den Hauptgegenstand der jeweiligen Teile – im A-Teil die konträren Reaktionen des lyrischen Ichs auf täglich rezipierte (Sensations-)Meldungen, im B-Teil der morgendlichen Alltag eines Ichs nach dem Aufstehen – so bieten die am jeweiligen Ende eines Teils stehenden (potenziellen) Traumverweise („I’d love to turn you on“, „and I went into a dream“) mit der jeweils anschließenden instrumentalen Umsetzung eine gängige Funktion des Traums in vielen fiktionalen Werken: den des Auswegs, des Ausbrechens und Entkommens aus dem Alltag. Die Drogenreferenzen („turn you on“, „had a smoke“) fügen sich in das Zeitgeschehen der späten 1960er Jahre und Selbstzeugnisse der Autoren ein (vgl. Garr 2017, 109), die von „lots of psychedelic references“ sprechen (Anthology, 247). In beiden Fällen sind es jedoch keine ‚gewöhnlichen‘ Nachtträume, auf die (potenziell) angespielt wird, sondern eher tagtraumartige Rauschzustände, die zumindest gewünscht werden („I’d love to“). Lediglich das „Woke up“ (3) verweist auf den Nachttraum: aus ihm heraus wird das lyrische Ich im B-Teil durch das rüde Klingeln des Weckers hinauskatapultiert, nur um seinem Alltag schnellstmöglich wieder in einen Tagtraum zu entfliehen. Andere Stücke des Albums variieren entweder die Parodie eines bürgerlichen Morgens (Lennons ''Good Morning, Good Morning'', vgl. Garr 2017, 119, 137) oder spielen an einem Morgen (McCartneys ''She’s Leaving Home''). In beiden ist aber nicht der Traum Möglichkeit zum Ausbruch: Entweder bleibt die Monotonie („everyone you see is half asleep“) oder der Morgen selbst ist schon Metapher für den Aufbruch der Protagonistin in ein neues Leben („Wednesday morning at five o’clock as the day begins […] she is free“).


Bei genauerem Hinsehen sind die im A-Teil rezipierten Zeitungsmeldungen alles andere als banal: Ist das „he blew his mind out in a car“ (1) nun eine Referenz auf den Unfall des Guiness-Erben Tara Browne, wie gemeinhin angenommen, oder eine weitere Drogenreferenz, wie Paul McCartney einmal nahelegte („‘I was imagining a politician bombed out on drugs’“, zitiert nach Miles in Garr 2017, 108) – immerhin heißt es nicht ‚he blew his brains out‘ (dazu Bünting 2017)? Der in 2 referierte Film ist eine schwarze Komödie über den Krieg. Zumindest die ersten beiden Strophen beschäftigen sich also mit dem Tod, wozu Lennons ‚gespenstische‘ Stimme passt, die durch den parallelen Einsatz von E-Moll unterstrichen wird (vgl. Pollack 1996, Melody and Harmony), sowie die sarkastische Stellung des Ichs zu den Geschehnissen. Musikalisch wird das Ende des Songs, zugleich das Ende des Albums, gerne mal mit dem Ende der Welt (Bünting 2017: „Götterdämmerungskatastrophen“) umschrieben, doch zugleich ist die ‚Explosion‘ auch eine Erlösung und Auflösung der zuvor entstandenen dissonanten Spannungen in einem harmonischen E-Dur-Schlussakkord, was geradezu sinfonisch anmutet (Bünting 2017 denkt gar an Beethoven) – oder aber eine Parodie darauf ist; „that ready-made classical cliché of a final E-Major chord“ nennt es Pollack (1996, Outro). Im Hinblick auf das Traumthema kann das Ende die Deutung bestärken, dass Traum bzw. Rausch eine Erlösung von den Katastrophen des Lebens bieten kann. Man könnte auch den letzten instrumentalen Teil a2 mit der erst Spannung erzeugenden und diese dann auflösenden Musikgestaltung als Beschreibung eines Rausches selbst lesen (oder wahlweise sexuell, siehe ‚turn you on‘).
Bei genauerem Hinsehen sind die im A-Teil rezipierten Zeitungsmeldungen alles andere als banal: Ist das „he blew his mind out in a car“ (1) nun eine Referenz auf den Unfall des Guiness-Erben Tara Browne, wie gemeinhin angenommen, oder eine weitere Drogenreferenz, wie Paul McCartney einmal nahelegte („‘I was imagining a politician bombed out on drugs’“, zitiert nach Miles in Garr 2017, 108) – immerhin heißt es nicht ‚he blew his brains out‘ (dazu Bünting 2017)? Der in 2 referierte Film ist eine schwarze Komödie über den Krieg. Zumindest die ersten beiden Strophen beschäftigen sich also mit dem Tod, wozu Lennons ‚gespenstische‘ Stimme passt, die durch den parallelen Einsatz von E-Moll unterstrichen wird (vgl. Pollack 1996, Melody and Harmony), sowie die sarkastische Stellung des Ichs zu den Geschehnissen. Musikalisch wird das Ende des Songs, zugleich das Ende des Albums, gerne mal mit dem Ende der Welt (Bünting 2017: „Götterdämmerungskatastrophen“) umschrieben, doch zugleich ist die ‚Explosion‘ auch eine Erlösung und Auflösung der zuvor entstandenen dissonanten Spannungen in einem harmonischen E-Dur-Schlussakkord, was geradezu sinfonisch anmutet (Bünting 2017 denkt gar an Beethoven) – oder aber eine Parodie darauf ist; „that ready-made classical cliché of a final E-Major chord“ nennt es Pollack (1996, Outro). Im Hinblick auf das Traumthema kann das Ende die Deutung bestärken, dass Traum bzw. Rausch eine Erlösung von den Katastrophen des Lebens bieten kann. Man könnte auch den letzten instrumentalen Teil a2 mit der erst Spannung erzeugenden und diese dann auflösenden Musikgestaltung als Beschreibung eines Rausches selbst lesen (oder wahlweise sexuell, siehe ‚turn you on‘).


===Das Video – Ein Medienwechsel===
===Das Video – Ein Medienwechsel===