"Wolga" (Lou Andreas-Salomé): Unterschied zwischen den Versionen
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Die traumhafte Wahrnehmung der Reisenden wird demnach durch die Art der Reise begünstigt. Auch der Gang des Geliebten hat eine hypnotische, einschläfernde Wirkung: „Dieser Schritt hatte für sie etwas Einschläferndes. Jetzt eben klang er ganz fern, verklang – dann kehrte er wieder – näher – ruhig und fest; Valdevenen schritt langsam an ihr vorüber“ (W 322). Die Verbindung von traumhaftem Erleben, Kindheitserinnerungen und Märchenmotiven wird auch in den Gesprächen und Ausflügen mit Valdevenen deutlich. So rät er ihr etwa: „Sie [sollten] mir sagen: geh du deiner Wege und reiß mich nicht aus dem Kinderschlaf. Tu mir nichts an, – nein, laß mich träumen und schlummern“ (W 327). Ljubow betrachtet ihn als einen Märchenprinzen, der ihr eine ganz neue Welt offenbart. Deutlich wird dies insbesondere während des Landgangs, denn als sie in Kasan an Land gehen, wird ihr bewusst „wie gerade Valdevenens Wesen und Wissen ihr half, diese ganze fremdartige Welt aufzuschließen, die ihre Phantasie mächtig zu reizen begann, gleich einem Märchen aus Tausend und eine Nacht. In seinem weiten braunen Mantel, umringt von den Schleiern und buntbestickten Gewändern, nahm er sich für sie aus als der Herr, der über all diese Zauber und Wunder gebot“ (W 302). | Die traumhafte Wahrnehmung der Reisenden wird demnach durch die Art der Reise begünstigt. Auch der Gang des Geliebten hat eine hypnotische, einschläfernde Wirkung: „Dieser Schritt hatte für sie etwas Einschläferndes. Jetzt eben klang er ganz fern, verklang – dann kehrte er wieder – näher – ruhig und fest; Valdevenen schritt langsam an ihr vorüber“ (W 322). Die Verbindung von traumhaftem Erleben, Kindheitserinnerungen und Märchenmotiven wird auch in den Gesprächen und Ausflügen mit Valdevenen deutlich. So rät er ihr etwa: „Sie [sollten] mir sagen: geh du deiner Wege und reiß mich nicht aus dem Kinderschlaf. Tu mir nichts an, – nein, laß mich träumen und schlummern“ (W 327). Ljubow betrachtet ihn als einen Märchenprinzen, der ihr eine ganz neue Welt offenbart. Deutlich wird dies insbesondere während des Landgangs, denn als sie in Kasan an Land gehen, wird ihr bewusst „wie gerade Valdevenens Wesen und Wissen ihr half, diese ganze fremdartige Welt aufzuschließen, die ihre Phantasie mächtig zu reizen begann, gleich einem Märchen aus Tausend und eine Nacht. In seinem weiten braunen Mantel, umringt von den Schleiern und buntbestickten Gewändern, nahm er sich für sie aus als der Herr, der über all diese Zauber und Wunder gebot“ (W 302). | ||
Die fremdartige Welt ist nicht die Welt der Märchen, sondern die Welt der Erwachsenen und der einfachen Menschen, mit der sie bisher noch keine Berührung hatte. Geschildert wird demnach ein Prozess des Erwachens, der Aufklärung und Reifung, der im Kuss des Märchenprinzen kulminiert. Sodann verliert Ljubow jedoch ihr waches Interesse an der Außenwelt. Ihr Blick richtet sich nach innen, ihre Gedanken kreisen fortan um sich selbst. Präsent wird hier der Salomé‘sche Narzissmus, den Chantal Gahlinger in ihrer Analyse von Wolga diagnostiziert (Gahlinger 2001,165). Auf narratologischer Ebene wird der weibliche Narzissmus dadurch veranschaulicht, dass sich der Blick auf die Figur entfernt. War es zum Beginn der Novelle Ljubows Blick, durch den die Lesenden die vorbeiziehende Landschaft beobachteten, ist es am Ende die Landschaft selbst, die auf die Figur schaut. Gahlinger spricht in diesem Zusammenhang vom „Blickpunkt Gottes“ bzw. einer Fokusverlagerung, die an filmische Erzählverfahren erinnert (ebd.). Andreas-Salomé verwendet demnach mehrere mit dem Traum assoziierte Erzählverfahren (filmisches und märchenhaftes Erzählen; siehe auch: http://traumkulturen.uni-saarland.de/Lexikon-Traumkultur/index.php?title=Film_und_Traum_(1900-1930)„Film und Traum 1900-1930“ | Die fremdartige Welt ist nicht die Welt der Märchen, sondern die Welt der Erwachsenen und der einfachen Menschen, mit der sie bisher noch keine Berührung hatte. Geschildert wird demnach ein Prozess des Erwachens, der Aufklärung und Reifung, der im Kuss des Märchenprinzen kulminiert. Sodann verliert Ljubow jedoch ihr waches Interesse an der Außenwelt. Ihr Blick richtet sich nach innen, ihre Gedanken kreisen fortan um sich selbst. Präsent wird hier der Salomé‘sche Narzissmus, den Chantal Gahlinger in ihrer Analyse von Wolga diagnostiziert (Gahlinger 2001,165). Auf narratologischer Ebene wird der weibliche Narzissmus dadurch veranschaulicht, dass sich der Blick auf die Figur entfernt. War es zum Beginn der Novelle Ljubows Blick, durch den die Lesenden die vorbeiziehende Landschaft beobachteten, ist es am Ende die Landschaft selbst, die auf die Figur schaut. Gahlinger spricht in diesem Zusammenhang vom „Blickpunkt Gottes“ bzw. einer Fokusverlagerung, die an filmische Erzählverfahren erinnert (ebd.). Andreas-Salomé verwendet demnach mehrere mit dem Traum assoziierte Erzählverfahren (filmisches und märchenhaftes Erzählen; siehe auch: [http://traumkulturen.uni-saarland.de/Lexikon-Traumkultur/index.php?title=Film_und_Traum_(1900-1930)„Film und Traum 1900-1930“]), um die traumhaft anmutende kindliche Weltwahrnehmung der Figur literarästhetisch auszugestalten. | ||
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