"Traumsymbole des Individuationsprozesses" (Carl Gustav Jung): Unterschied zwischen den Versionen

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Der Begriff des Individuationsprozesses nimmt in Kombination mit den Begriffen des kollektiven Unbewussten sowie des Archetypus eine zentrale Stellung in der Konzeption der Analytischen Psychologie Carl Gustav Jungs (1875-1961) ein (Roesler/Vogel 2016, 16). Träume repräsentieren dabei laut Jung einerseits die individuellen und persönlichen Aspekte dieses Individuationsprozesses. Andererseits stellt Jung in seinen späten Werken zunehmend mythische Spekulationen über die sich in Traumsymbolen widerspiegelnden Motive der Alchemie an, welche den menschlichen Individuationsprozess maßgeblich mitprägen würden. In ''Traumsymbole des Individuationsprozesses'' (1936; 1944) knüpft Jung an seine bereits zuvor konzipierte Individuationstheorie (JGW 9/1, 293) an und führt seine paradox anmutende Definition des „Selbst“, das er zugleich "als Zentrum der Person [wie auch] als auch als deren Ganzheit" auffasst, weiter aus, indem er eine Auswahl von 400 Träumen des Physiknobelpreisträgers (1932) Wolfgang E. Pauli (1900-1958) analysiert (Roesler 2016, 30-31; Lindorff 1995, 555-557). Insgesamt beinhaltet Paulis Traumserie ca. 1000 Träume, die in weiten Teilen nicht von Jung selbst, sondern von dessen Schülerin Erna Rosenbaum (1897-1957) dokumentiert wurden, um die Authentizität der Träume nicht zu gefährden (Enz 2002, 243).
Der Begriff des Individuationsprozesses nimmt in Kombination mit den Begriffen des kollektiven Unbewussten sowie des Archetypus eine zentrale Stellung in der Konzeption der Analytischen Psychologie Carl Gustav Jungs (1875-1961) ein (Roesler/Vogel 2016, 16). Träume repräsentieren dabei laut Jung einerseits die individuellen und persönlichen Aspekte dieses Individuationsprozesses. Andererseits stellt Jung in seinen späten Werken zunehmend mythische Spekulationen über die sich in Traumsymbolen widerspiegelnden Motive der Alchemie an, welche den menschlichen Individuationsprozess maßgeblich mitprägen würden. In ''Traumsymbole des Individuationsprozesses'' (1936; 1944) knüpft Jung an seine bereits zuvor konzipierte Individuationstheorie (JGW 9/1, 293) an und führt seine paradox anmutende Definition des „Selbst“, das er zugleich "als Zentrum der Person [wie auch] als auch als deren Ganzheit" auffasst, weiter aus, indem er eine Auswahl von 400 Träumen des Physiknobelpreisträgers Wolfgang E. Pauli (1900-1958) analysiert (Roesler 2016, 30 f.; Lindorff 1995, 555-557). Insgesamt beinhaltet Paulis Traumserie ca. 1000 Träume, die in weiten Teilen nicht von Jung selbst, sondern von dessen Schülerin Erna Rosenbaum (1897-1957) dokumentiert wurden, um die Authentizität der Träume nicht zu gefährden (Enz 2002, 243).




==Werkentstehung und Werkstruktur==
==Werkentstehung und Werkstruktur==
Jungs ''Traumsymbole des Individuationsprozesses'' entstand nach einem langen Prozess der persönlichen Auseinandersetzung mit Traumsymbolen, der nach dem Bruch mit seinem ehemaligen Mentor Freud im Jahr 1914 einsetzte und bis in die 1930er Jahre andauerte. In diesen sechzehn Jahren arbeitete Jung an seinen eigenen, inneren Bildern, was schließlich im ''Roten Buch'' kulminierte. Jung verfügte zu Lebzeiten, dass seine eigenen Träume und Visionen nicht veröffentlicht werden sollten, möglicherweise auch deshalb, weil er sich durch die Beschäftigung mit den eigenen Träumen auch von einer depressiven Verstimmung zu lösen versuchte (Greene 2018, 2). Erst im Jahr 2009 konnten deshalb diese lange geheim gebliebenen Ego-Dokumente der Öffentlichkeit mit der Publikation des ''Roten Buches'' zugänglich gemacht werden. Im Ergebnis grenzt sich der von Jung konstruierte Konnex von Traum und Individuation in vielen wesentlichen Punkten von Freuds Diktum des Wunscherfüllungstraums sowie von Adlers "Wille zur Macht"-Prinzip ab (GW 7, 41 f.). Dabei spielen neben eigenen Traumerfahrungen auch zahlreiche spirituelle, religiöse oder aus anderen Symbolquellen stammende individuationsrelevante Traumerfahrungen, die ihm von Patienten und anderen Versuchspersonen mitgeteilt wurden, eine wichtige Rolle. Je länger Jung anhand von Traumbeobachtungen an seiner Individuationstheorie forschte, desto stärker wuchs sein Interesse an überindividuellen Einflussfaktoren auf das menschliche Traumerleben (Etheber 1998, 82-86; Roesler/Vogel 2016, 36). In seiner Privatpraxis in Küsnacht entwickelte Jung die Technik der sogenannten "aktiven Imagination", auf deren Grundlage er in einem zweiten Schritt das persönliche und kollektive Unbewusste zu erforschen und auf archetypische Bilder zurückzuführen versuchte (Graf-Nold 2014). Bereits als junger Arzt in der Psychiatrie kam Jung auf die Idee, dass es sich bei den Wahrnehmungen von vielen psychisch erkrankten Menschen keineswegs um simple mentale Irreleitungen handele, sondern darin sehr viel häufiger rational verdrängtes archetypisches Denken zum Ausdruck komme. Vor allem aber seine jahrelange Auseinandersetzung mit antiken Werken, mit der Astrologie, der Alchemie und nicht zuletzt mit seinen eigenen Träumen, welche Bilder im Grenzbereich von Halbschlafbildern, Halluzinationen und Visionen produziert hatten (Kluger 2011, 225-227), bestärkte ihn in seinem Glauben an überindividuelle und überzeitliche Traumstrukturen (Greene 2018, 2-5).  
Jungs ''Traumsymbole des Individuationsprozesses'' entstand nach einem langen Prozess der persönlichen Auseinandersetzung mit Traumsymbolen, der nach dem Bruch mit seinem ehemaligen Mentor Freud im Jahr 1914 einsetzte und bis in die 1930er Jahre andauerte. In diesen sechzehn Jahren arbeitete Jung an seinen eigenen, inneren Bildern, was schließlich im ''Roten Buch'' kulminierte. Jung verfügte zu Lebzeiten, dass seine eigenen Träume und Visionen nicht veröffentlicht werden sollten, möglicherweise auch deshalb, weil er sich durch die Beschäftigung mit den eigenen Träumen auch von einer depressiven Verstimmung zu lösen versuchte (Greene 2018, 2). Erst im Jahr 2009 konnten deshalb diese lange geheim gebliebenen Ego-Dokumente der Öffentlichkeit mit der Publikation des ''Roten Buches'' zugänglich gemacht werden. Im Ergebnis grenzt sich der von Jung konstruierte Konnex von Traum und Individuation in vielen wesentlichen Punkten von Freuds Diktum des Wunscherfüllungstraums sowie von Adlers "Wille zur Macht"-Prinzip ab (GW 7, 41 f.). Dabei spielen neben eigenen Traumerfahrungen auch zahlreiche spirituelle, religiöse oder aus anderen Symbolquellen stammende individuationsrelevante Traumerfahrungen, die ihm von Patienten und anderen Versuchspersonen mitgeteilt wurden, eine wichtige Rolle. Je länger Jung anhand von Traumbeobachtungen an seiner Individuationstheorie forschte, desto stärker wuchs sein Interesse an überindividuellen Einflussfaktoren auf das menschliche Traumerleben (Etheber 1998, 82-86; Roesler/Vogel 2016, 36). In seiner Privatpraxis in Küsnacht entwickelte Jung die Technik der sogenannten "aktiven Imagination", auf deren Grundlage er in einem zweiten Schritt das persönliche und kollektive Unbewusste zu erforschen und auf archetypische Bilder zurückzuführen versuchte (Graf-Nold 2014). Bereits als junger Arzt in der Psychiatrie kam Jung auf die Idee, dass es sich bei den Wahrnehmungen von vielen psychisch erkrankten Menschen keineswegs um simple mentale Irreleitungen handele, sondern darin sehr viel häufiger rational verdrängtes archetypisches Denken zum Ausdruck komme. Vor allem aber seine jahrelange Auseinandersetzung mit antiken Werken, mit der Astrologie, der Alchemie und nicht zuletzt mit seinen eigenen Träumen, welche Bilder im Grenzbereich von Halbschlafbildern, Halluzinationen und Visionen produziert hatten (Kluger 2011, 225-227), bestärkte ihn in seinem Glauben an überindividuelle und überzeitliche Traumstrukturen (Greene 2018, 2-5).


Bereits während des Ersten Weltkriegs, in dem er als Arzt tätig war, stellte sich Jung die Frage, "warum Menschen lieber ihre Brüder töten, als in sich selbst nach ihren Schatten zu suchen" (Sadigh 2011). In den 1920er Jahren unternahm er ausgedehnte Reisen, die ihn zu den Pueblo-Indianern nach Nordamerika sowie nach Nord- und Ostafrika führten. Während dieser Zeit gelangte Jung zunehmend zu der Überzeugung, dass die Analyse von Symbolen, die der eigenen imaginativen Erfahrung entspringen, in einem dialektischen Prozess zu einer Integration des Unbewussten ins Bewusstsein führen müsste, indem das Ich selbst in die Träume oder die Imagination eindringt und in einen Dialog mit den dort agierenden, unbewussten Figuren tritt (Kast 2014, 38).  
Bereits während des Ersten Weltkriegs, in dem er als Arzt tätig war, stellte sich Jung die Frage, "warum Menschen lieber ihre Brüder töten, als in sich selbst nach ihren Schatten zu suchen" (Sadigh 2011). In den 1920er Jahren unternahm er ausgedehnte Reisen, die ihn zu den Pueblo-Indianern nach Nordamerika sowie nach Nord- und Ostafrika führten. Während dieser Zeit gelangte Jung zunehmend zu der Überzeugung, dass die Analyse von Symbolen, die der eigenen imaginativen Erfahrung entspringen, in einem dialektischen Prozess zu einer Integration des Unbewussten ins Bewusstsein führen müsste, indem das Ich selbst in die Träume oder die Imagination eindringt und in einen Dialog mit den dort agierenden, unbewussten Figuren tritt (Kast 2014, 38).  
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: <span style="color: #7b879e;">In Erinnerung an die bald ein halbes Jahrhundert hinter uns liegenden Anfangszeiten der Analyse mit ihren pseudobiologischen Auffassungen und Entwertungen des seelischen Entwicklungsprozesses wird das Verharren in der analytischen Arbeit gerne als "Lebensflucht", "unabgelöste Übertragung", "Autoerotismus" und was der unliebenswürdigen Auffassungen mehr sind, bezeichnet. […] Der richtige Weg zur Ganzheit aber besteht – leider – aus schicksalsmäßigen Um- und Irrwegen. Es ist eine "longissima via", […] ein Pfad, dessen labyrinthische Verschlungenheit des Schreckens nicht entbehrt. […] Eine ausschließlich religiöse Projektion kann die Seele ihrer Werte berauben, so daß sie sich infolge der Inanition [Entleerung] nicht mehr weiter zu entwickeln vermag und in einem unbewußten Zustand steckenbleibt (TS 19 f., 22 f.).</span>
: <span style="color: #7b879e;">In Erinnerung an die bald ein halbes Jahrhundert hinter uns liegenden Anfangszeiten der Analyse mit ihren pseudobiologischen Auffassungen und Entwertungen des seelischen Entwicklungsprozesses wird das Verharren in der analytischen Arbeit gerne als "Lebensflucht", "unabgelöste Übertragung", "Autoerotismus" und was der unliebenswürdigen Auffassungen mehr sind, bezeichnet. […] Der richtige Weg zur Ganzheit aber besteht – leider – aus schicksalsmäßigen Um- und Irrwegen. Es ist eine "longissima via", […] ein Pfad, dessen labyrinthische Verschlungenheit des Schreckens nicht entbehrt. […] Eine ausschließlich religiöse Projektion kann die Seele ihrer Werte berauben, so daß sie sich infolge der Inanition [Entleerung] nicht mehr weiter zu entwickeln vermag und in einem unbewußten Zustand steckenbleibt (TS 19 f., 22 f.).</span>
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:<span style="color: #7b879e;">Sie nehmen an, wie man es gewöhnlich tut, dass ich mich an eine bestimmte Methode halte. Das ist ein großer Irrtum. Ich besitze überhaupt keine Methode, wenn es um den individuellen Fall geht. Wenn ich über das spreche oder schreibe, was ich tue, dann abstrahiere ich von der Gesamtheit meiner individuellen Erfahrungen von dem, was bei einer Analyse geschieht, und ich konstruiere eine Methode zu pädagogischen Zwecken. […] Doch es würde beinahe übermenschliches Genie erfordern, um ein Bild von dem zu malen, was ich tue. […] Das menschliche Individuum ist nichts, was man begreifen oder klassifizieren kann, wenn man die Existenz des Unbewussten in Rechnung zieht. Doch genau das ist der Fehler des zeitgenössischen Denkens, dass es die Existenz des Unbewussten nicht mit berücksichtigt (zit. nach: Bair 2005, 542 f.).</span>
:<span style="color: #7b879e;">Sie nehmen an, wie man es gewöhnlich tut, dass ich mich an eine bestimmte Methode halte. Das ist ein großer Irrtum. Ich besitze überhaupt keine Methode, wenn es um den individuellen Fall geht. Wenn ich über das spreche oder schreibe, was ich tue, dann abstrahiere ich von der Gesamtheit meiner individuellen Erfahrungen von dem, was bei einer Analyse geschieht, und ich konstruiere eine Methode zu pädagogischen Zwecken. […] Doch es würde beinahe übermenschliches Genie erfordern, um ein Bild von dem zu malen, was ich tue. […] Das menschliche Individuum ist nichts, was man begreifen oder klassifizieren kann, wenn man die Existenz des Unbewussten in Rechnung zieht. Doch genau das ist der Fehler des zeitgenössischen Denkens, dass es die Existenz des Unbewussten nicht mit berücksichtigt (zit. nach: Bair 2005, 542 f.).</span>
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Paulis Traumspektrum stützt sich auf eine zehnmonatige Traumnotatserie, die Jung allerdings nicht als Ganzes und im Originalzustand mitveröffentlichte. Stattdessen zitiert Jung seine Traum-Versuchsperson in sehr verkürzender, wenn nicht gar zensierter Form und ergänzt eigene Bearbeitungen und Erläuterungen, um, wie er schreibt, die Privatsphäre des in der Öffentlichkeit stehenden Forschers zu wahren (TS 61). Obgleich die empirische Aussagekraft der Gesamtuntersuchung dadurch, dass Jungs Vorgehensweise nicht an den Gütekriterien von Validität, Reliabilität und Objektivität orientiert ist, stark eingeschränkt ist (Henderson 1975, 117), erscheint der Ansatz innovativ, das ''Selbst'' aus einer quantitativ großen Traumserie gleichsam als ästhetische Strukturform herauszuschälen. Nur die letzten 55 der 400 berücksichtigten Träume wurden dabei zwischen dem Probanden und Jung selbst besprochen, wohingegen die anderen 345 ohne jeglichen Kontakt zwischen beiden verschriftlich wurden. Dieses Vorgehen begründet Jung mit dem Motiv, dass er jegliche Beeinflussung seines Probanden verhindern wollte (TS 60 f.). Die Serie fungiert als selbstreferenzieller Bezugsrahmen, der für die einzelnen Träume mit all ihrer Fragmentiertheit und Bizarrheit eine Kontextualisierung liefert.
Paulis Traumspektrum stützt sich auf eine zehnmonatige Traumnotatserie, die Jung allerdings nicht als Ganzes und im Originalzustand mitveröffentlichte. Stattdessen zitiert Jung seine Traum-Versuchsperson in sehr verkürzender, wenn nicht gar zensierter Form und ergänzt eigene Bearbeitungen und Erläuterungen, um, wie er schreibt, die Privatsphäre des in der Öffentlichkeit stehenden Forschers zu wahren (TS 61). Obgleich die empirische Aussagekraft der Gesamtuntersuchung dadurch, dass Jungs Vorgehensweise nicht an den Gütekriterien von Validität, Reliabilität und Objektivität orientiert ist, stark eingeschränkt ist (Henderson 1975, 117), erscheint der Ansatz innovativ, das ''Selbst'' aus einer quantitativ großen Traumserie gleichsam als ästhetische Strukturform herauszuschälen. Nur die letzten 55 der 400 berücksichtigten Träume wurden dabei zwischen dem Probanden und Jung selbst besprochen, wohingegen die anderen 345 ohne jeglichen Kontakt zwischen beiden verschriftlich wurden. Dieses Vorgehen begründet Jung mit dem Motiv, dass er jegliche Beeinflussung seines Probanden verhindern wollte (TS 60 f.). Die Serie fungiert als selbstreferenzieller Bezugsrahmen, der für die einzelnen Träume mit all ihrer Fragmentiertheit und Bizarrheit eine Kontextualisierung liefert.
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Jung weist in der Interpretation der beiden zuletzt angeführten Träume darauf hin, dass die jeweilige Figuren-Vierheit auf ein unbewusstes Streben nach Ganzheit hindeute (TS 140). Außerdem folgert er aus den jeweiligen Fortbewegungsmitteln im Traum, wie das Traum-Ich aktuell seelisch lebe, das heißt ob es individuell oder kollektiv ausgerichtet sei. Das vom [fremden] Piloten geführte, exklusive Flugzeug assoziiert Jung mit Individualismus und "Intuitionen unbewußter Herkunft" (TS 140), die Tram hingegen als Kollektivvehikel, das jedermann offenstehe; daher deutet dieses Traumsymbol darauf hind, dass sich die Anima danach sehne, sich wie jedermann zu verhalten.
Jung weist in der Interpretation der beiden zuletzt angeführten Träume darauf hin, dass die jeweilige Figuren-Vierheit auf ein unbewusstes Streben nach Ganzheit hindeute (TS 140). Außerdem folgert er aus den jeweiligen Fortbewegungsmitteln im Traum, wie das Traum-Ich aktuell seelisch lebe, das heißt ob es individuell oder kollektiv ausgerichtet sei. Das vom [fremden] Piloten geführte, exklusive Flugzeug assoziiert Jung mit Individualismus und "Intuitionen unbewußter Herkunft" (TS 140), die Tram hingegen als Kollektivvehikel, das jedermann offenstehe; daher deutet dieses Traumsymbol darauf hind, dass sich die Anima danach sehne, sich wie jedermann zu verhalten.
 
Im sechzehnten Traum schließlich sieht der Träumende eine größere Menschenansammlung:
Im sechzehnten Traum schließlich sieht der Träumende eine größere Menschenansammlung:
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Der weitere Verlauf des Mandalakapitels weist eine Vielzahl von weiteren Traumsymbolen auf, die Jung als Beispiele für den voranschreitenden Individuationsprozesses wertet. Diese progressive Entwicklung wird in den Träumen einerseits durch das zunehmend vermehrte Auftauchen von geometrischen Objekten wie Kreisen, Quadraten, Oktaedern und Kugeln begleitet (u.a. TS 219-227; Traum 38, 41, 44, 46, 52). Andererseits charakterisiert Jung auch den disruptiven Charakter des Individuationsprozesses in Traumsettings, die mit geometrisch geformten Örtlichkeiten aufwarten. Im siebenundzwanzigsten Mandalatraum träumt Pauli zum Beispiel von einem Kreis, in dessen Mittelpunkt ein Baum steht, der von den zwei Gruppen, welche den Traum bevölkern und die beiden Kreishälften gegeneinander kämpfend besetzt halten, nicht bemerkt werden. Diese dichotome Anordnung des Traumszenarios analysiert Jung als Manifestation eines unabgeschlossenen Individuationsprozesses, in dem die psychischen Anteilen des Ursprünglichen, Kindlichen oder "Wilden" zum Ausdruck gebracht würden (TS 205). Auch das Ringen von Licht und Dunkelheit weise – etwa durch das Traumsymbol des "Nebels" versinnbildlicht – noch diese Eigenschaften des Ursprünglichen auf, welches nunmehr aber im Sinne einer "Vektorialität" (Nünning 2008, 19-26) transgrediert werde, indem das Traumsubjekt den "Durchstoßpunkt" von Lichtstrahlen im Nebel sichtet und diesen Durchstoßpunkt als Mittelpunkt einer acht Strahlen aussendende Sonne erkennt (TS 222; Traum 43). Der Gedanke der alchemistischen Richtungsweisung wird in den letzten Mandalaträumen zunehmend intensiviert, etwa durch einen aus einem Ei geschlüpften Adler. Letzterer fliegt mit einem zu Gold gewordenen Ring in seinen Klauen dem Traum-Ich voraus, das ihm auf einem Schiff folgt, welches sich über dem Meer in liminaler Position zwischen Ahnung und Intuition einerseits sowie den "Tiefen des Unbewussten" andererseits befindet (TS 234-237; Traum 58).  
Der weitere Verlauf des Mandalakapitels weist eine Vielzahl von weiteren Traumsymbolen auf, die Jung als Beispiele für den voranschreitenden Individuationsprozesses wertet. Diese progressive Entwicklung wird in den Träumen einerseits durch das zunehmend vermehrte Auftauchen von geometrischen Objekten wie Kreisen, Quadraten, Oktaedern und Kugeln begleitet (u.a. TS 219-227; Traum 38, 41, 44, 46, 52). Andererseits charakterisiert Jung auch den disruptiven Charakter des Individuationsprozesses in Traumsettings, die mit geometrisch geformten Örtlichkeiten aufwarten. Im siebenundzwanzigsten Mandalatraum träumt Pauli zum Beispiel von einem Kreis, in dessen Mittelpunkt ein Baum steht, der von den zwei Gruppen, welche den Traum bevölkern und die beiden Kreishälften gegeneinander kämpfend besetzt halten, nicht bemerkt werden. Diese dichotome Anordnung des Traumszenarios analysiert Jung als Manifestation eines unabgeschlossenen Individuationsprozesses, in dem die psychischen Anteilen des Ursprünglichen, Kindlichen oder "Wilden" zum Ausdruck gebracht würden (TS 205). Auch das Ringen von Licht und Dunkelheit weise – etwa durch das Traumsymbol des "Nebels" versinnbildlicht – noch diese Eigenschaften des Ursprünglichen auf, welches nunmehr aber im Sinne einer "Vektorialität" (Nünning 2008, 19-26) transgrediert werde, indem das Traumsubjekt den "Durchstoßpunkt" von Lichtstrahlen im Nebel sichtet und diesen Durchstoßpunkt als Mittelpunkt einer acht Strahlen aussendende Sonne erkennt (TS 222; Traum 43). Der Gedanke der alchemistischen Richtungsweisung wird in den letzten Mandalaträumen zunehmend intensiviert, etwa durch einen aus einem Ei geschlüpften Adler. Letzterer fliegt mit einem zu Gold gewordenen Ring in seinen Klauen dem Traum-Ich voraus, das ihm auf einem Schiff folgt, welches sich über dem Meer in liminaler Position zwischen Ahnung und Intuition einerseits sowie den "Tiefen des Unbewussten" andererseits befindet (TS 234-237; Traum 58).  


Abschließend zeigt ein Blick auf den letzten Traum des Mandalakapitels, der den Titel "Die Vision von der Weltuhr. Große Vision" (TS 237-251; Traum 59) trägt, wie sich das Selbst am Ende des von Jung begleiteten Individuationsprozesses von den Schleiern des Unbewussten befreit hat: Der Träumende schildert in seinem Traumnotat den Anblick der durch einen schwarzen Vogel getragenen Weltuhr, die sich aus zwei Kreisen zusammensetzt, die senkrecht zueinander angeordnet sind und über einen gemeinsamen Mittelpunkt verfügen. In diesem Traum tritt mit der Farbsymbolik eine weitere Symbolebene zu den sonst eher dominierenden figuralen und geometrischen Traumsymbolebenen hinzu:  
Abschließend zeigt ein Blick auf den letzten Traum des Mandalakapitels, der den Titel "Die Vision von der Weltuhr. Große Vision" (TS 237-251; Traum 59) trägt, wie sich das Selbst am Ende des von Jung begleiteten Individuationsprozesses von den Schleiern des Unbewussten befreit hat: Der Träumende schildert in seinem Traumnotat den Anblick der durch einen schwarzen Vogel getragenen Weltuhr, die sich aus zwei Kreisen zusammensetzt, die senkrecht zueinander angeordnet sind und über einen gemeinsamen Mittelpunkt verfügen. In diesem Traum tritt mit der Farbsymbolik eine weitere Symbolebene zu den sonst eher dominierenden figuralen und geometrischen Traumsymbolebenen hinzu:  
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* Greene, Liz: The Astrological World of Jung’s ''Liber Novus''. Daimons, Gods, and the Planetary Journey. London: Routledge 2018.
* Greene, Liz: The Astrological World of Jung’s ''Liber Novus''. Daimons, Gods, and the Planetary Journey. London: Routledge 2018.
* Greene, Thayer A.: C.G. Jung's Theory of Dreams. In: Benjamin Wolman/Montague Ullman/Wilse B. Webb (Hg.), Handbook of Dreams. Research, Theories and Applications. New York: Van Nostrand Reinhold 1979, 298-318.
* Greene, Thayer A.: C.G. Jung's Theory of Dreams. In: Benjamin Wolman/Montague Ullman/Wilse B. Webb (Hg.), Handbook of Dreams. Research, Theories and Applications. New York: Van Nostrand Reinhold 1979, 298-318.
* Graf-Nold, Angela: Jung, Carl Gustav. In: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 02.10.2014; [https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/014425/ online] (10.8.22).
* Graf-Nold, Angela: Jung, Carl Gustav. In: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 02.10.2014; [https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/014425/ online] (10.8.22).
* Henderson, Joseph L.: C.G. Jung. A Reminiscent Picture of his Method. In: Journal of Analytical Psychology 20 (1975), 114-121.
* Henderson, Joseph L.: C.G. Jung. A Reminiscent Picture of his Method. In: Journal of Analytical Psychology 20 (1975), 114-121.
* Kast, Verena: Die Tiefenpsychologie nach C.G. Jung. Eine praktische Orientierungshilfe. Ostfildern: Patmos 2014.
* Kast, Verena: Die Tiefenpsychologie nach C.G. Jung. Eine praktische Orientierungshilfe. Ostfildern: Patmos 2014.
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