"Frost" (Thomas Bernhard): Unterschied zwischen den Versionen

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Das Motiv des Traums wird in ''Frost'' zur Charakterisierung der beiden Brüder und des Studenten eingesetzt. So vergleicht der Student die Brüder miteinander, indem er den Chirurgen als „Erfolgsmensch“ charakterisiert, der „Tag und Nacht“ von seiner Arbeit bestimmt ist und als „ein Feind des Zwischenreichs, der Kunst“ (F 212 f.) gilt: „Ästhetik haßt er. Ebenso Träume“. In dieser Ablehnung ist der zentrale Gegensatz zu seinem Bruder als Maler angelegt: „Was sein Bruder gemacht hat, war ihm immer ein Greuel“ (F 213). Laut Gößling ist dieser Antagonismus typisch für viele Werke Bernhards, wobei die Pole von Naturwissenschaft und Kunst, von Verstand und Phantasie nur auf den ersten Blick einander entgegengesetzt sind (Gößling 2018, 41) – auch in ''Frost''. So lehnt auch der Maler mittlerweile die Kunst und das Träumen ab: „Die furchtbaren Träume, die ich habe, das sind die furchtbaren Träume meiner Kindheit. Schauerlich, wenn sie ein alter Mann träumen muss“ (F 286). Und laut einem Brief des Studenten an den Chirurgen, auf den Bozzi hinweist, arbeitet dieser an einer Schrift mit dem Titel „Der träumende und der politische Mensch“, weshalb er ihm den Maler als exemplarischen Vertreter dieser menschlichen Spezies beschreibt. Allerdings zeugt das Forschungsvorhaben weniger von einer „allnächtlichen Wandlung des Chirurgen“ (Bozzi 2002, 137), sondern von dessen Versuch, das ihm Unzugängliche zu analysieren und sich zu erschließen – worin vermutlich auch der Auftrag des Studenten begründet liegt. Der Student versucht daher, über dieses Interesse den abgebrochenen Kontakt zwischen den beiden Brüdern wieder herzustellen (F 323).
Das Motiv des Traums wird in ''Frost'' zur Charakterisierung der beiden Brüder und des Studenten eingesetzt. So vergleicht der Student die Brüder miteinander, indem er den Chirurgen als „Erfolgsmensch“ charakterisiert, der „Tag und Nacht“ von seiner Arbeit bestimmt ist und als „ein Feind des Zwischenreichs, der Kunst“ (F 212 f.) gilt: „Ästhetik haßt er. Ebenso Träume“. In dieser Ablehnung ist der zentrale Gegensatz zu seinem Bruder als Maler angelegt: „Was sein Bruder gemacht hat, war ihm immer ein Greuel“ (F 213). Laut Gößling ist dieser Antagonismus typisch für viele Werke Bernhards, wobei die Pole von Naturwissenschaft und Kunst, von Verstand und Phantasie nur auf den ersten Blick einander entgegengesetzt sind (Gößling 2018, 41) – auch in ''Frost''. So lehnt auch der Maler mittlerweile die Kunst und das Träumen ab: „Die furchtbaren Träume, die ich habe, das sind die furchtbaren Träume meiner Kindheit. Schauerlich, wenn sie ein alter Mann träumen muss“ (F 286). Und laut einem Brief des Studenten an den Chirurgen, auf den Bozzi hinweist, arbeitet dieser an einer Schrift mit dem Titel „Der träumende und der politische Mensch“, weshalb er ihm den Maler als exemplarischen Vertreter dieser menschlichen Spezies beschreibt. Allerdings zeugt das Forschungsvorhaben weniger von einer „allnächtlichen Wandlung des Chirurgen“ (Bozzi 2002, 137), sondern von dessen Versuch, das ihm Unzugängliche zu analysieren und sich zu erschließen – worin vermutlich auch der Auftrag des Studenten begründet liegt. Der Student versucht daher, über dieses Interesse den abgebrochenen Kontakt zwischen den beiden Brüdern wieder herzustellen (F 323).


Diese vermittelnde Position des Studenten lässt sich auch in seinem Verhältnis zu Traum und Schlaf ausmachen. Bozzi charakterisiert ihn als „Bewohner jenes „Zwischenreichs“, der ins Medizinstudium „Elemente unbewußter Dunkelheit hinein“ trage und dem das Leben als ein Traum erscheine, „aus dem er entgegen seiner Behauptung niemals erwachen“ (Bozzi 2002, 132) werde. Gegen diese Deutung spricht, dass sie anhand weit auseinanderliegender Textstellen belegt wird, die in keinem narrativen Zusammenhang stehen. Auch ist dem Studenten schon zu Beginn klar, dass er sich durch seinen Auftrag mit „außerfleischlichen Tatsachen und Möglichkeiten“ auseinandersetzen wird und er versuchen muss, „etwas Unerforschliches zu erforschen“ (F 7). Während ihm im Medizinstudium „eigentlich immer alles wie im Schlaf gegangen“ (F 53) ist, wird er durch die zunehmende Nähe zum Maler und zu dessen auswegloser Verzweiflung mit der Realität der menschlichen Existenz konfrontiert. Dies führt am neunten Tag zur Infragestellung seiner Berufswahl: „Ich und Arzt? Mit kommt das Ganze vor, als wäre ich gerade aus einem Traum aufgewacht, und jetzt soll ich mit dem weißen Mantel, den ich anhabe, ich weiß nicht warum, fertig werden“ (F 95). Er gelangt jedoch am Ende zur Erkenntnis, dass es sich bei dem Medizinischen um eine „methodisch ineinandergreifende Folge von Dunkelheiten“ (F 326) handele, in der die beiden Ebenen von Verstand und Phantasie miteinander verschmelzen. Um dem Chirurgen diese Verbindung deutlich zu machen, zitiert er seinen Bruder: „Die Wissenschaft von den Krankheiten ist die poetischste aller Wissenschaften“ (F 326). Der Student vermittelt also zwischen den beiden scheinbar antagonistischen Prinzipien, beendet nach seiner Abreise die Famulatur und setzt das Studium in der Hauptstadt fort – mit diesen Informationen endet der Roman.
Diese vermittelnde Position des Studenten lässt sich auch in seinem Verhältnis zu Traum und Schlaf ausmachen. Bozzi charakterisiert ihn als „Bewohner jenes „Zwischenreichs“, der ins Medizinstudium „Elemente unbewußter Dunkelheit hinein“ trage und dem das Leben als ein Traum erscheine, „aus dem er entgegen seiner Behauptung niemals erwachen“ (Bozzi 2002, 132) werde. Gegen diese Deutung spricht, dass sie anhand weit auseinanderliegender Textstellen belegt wird, die in keinem narrativen Zusammenhang stehen. Auch ist dem Studenten schon zu Beginn klar, dass er sich durch seinen Auftrag mit „außerfleischlichen Tatsachen und Möglichkeiten“ auseinandersetzen wird und versuchen muss, „etwas Unerforschliches zu erforschen“ (F 7). Während ihm im Medizinstudium „eigentlich immer alles wie im Schlaf gegangen“ (F 53) ist, wird er durch die zunehmende Nähe zum Maler und zu dessen auswegloser Verzweiflung mit der Realität der menschlichen Existenz konfrontiert. Dies führt am neunten Tag zur Infragestellung seiner Berufswahl: „Ich und Arzt? Mit kommt das Ganze vor, als wäre ich gerade aus einem Traum aufgewacht, und jetzt soll ich mit dem weißen Mantel, den ich anhabe, ich weiß nicht warum, fertig werden“ (F 95). Er gelangt jedoch am Ende zur Erkenntnis, dass es sich bei dem Medizinischen um eine „methodisch ineinandergreifende Folge von Dunkelheiten“ (F 326) handele, in der die beiden Ebenen von Verstand und Phantasie miteinander verschmelzen. Um dem Chirurgen diese Verbindung deutlich zu machen, zitiert er seinen Bruder: „Die Wissenschaft von den Krankheiten ist die poetischste aller Wissenschaften“ (F 326). Der Student vermittelt also zwischen den beiden scheinbar antagonistischen Prinzipien, beendet nach seiner Abreise die Famulatur und setzt das Studium in der Hauptstadt fort – mit diesen Informationen endet der Roman.


===Traumerzählungen des Malers===
===Traumerzählungen des Malers===