"Finnegans Wake" (James Joyce): Unterschied zwischen den Versionen
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Version vom 11. Januar 2023, 20:08 Uhr
, 11. Januar 2023→"How charmingly exquisite!" (FW 13.06): Traumsymbole und Selbstreflexivität
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Der "enzyklopädische Wissensvorrat" (Erzgräber 1998, 322) aus Geschichte und Mythologie, Alltags- und Populärkultur (Blumenbach 1996) lassen das Träumen in ''Finnegans Wake'' aber nicht nur als 'individuelles' Erleben erscheinen, sondern legen auch eine gewisse Nähe zum Verständnis eines "kollektiven Unbewussten" im Sinne von Jung nahe (Hart 1962, 80). Schließlich bringt der Traum von HCE allgemein bekannte religiöse, historische und kulturelle Stoffe oder Symbole zu einem universellen, die Geschichte der Menschheit von ihren Anfängen bis etwa zum Ersten Weltkrieg umspannenden Traum zusammen (Bishop 1993, 196). | Der "enzyklopädische Wissensvorrat" (Erzgräber 1998, 322) aus Geschichte und Mythologie, Alltags- und Populärkultur (Blumenbach 1996) lassen das Träumen in ''Finnegans Wake'' aber nicht nur als 'individuelles' Erleben erscheinen, sondern legen auch eine gewisse Nähe zum Verständnis eines "kollektiven Unbewussten" im Sinne von Jung nahe (Hart 1962, 80). Schließlich bringt der Traum von HCE allgemein bekannte religiöse, historische und kulturelle Stoffe oder Symbole zu einem universellen, die Geschichte der Menschheit von ihren Anfängen bis etwa zum Ersten Weltkrieg umspannenden Traum zusammen (Bishop 1993, 196). | ||
Und so wie HCE in seinem eigenen Traum in verschiedenen Gestalten – von Finnegan bis Buddha, von Noah bis Guinness – auftritt, ist er "nicht eine Person, sondern viele" (Eco 2010, 392): HCE als Jedermann ("Here Comes/ Everybody"; FW 32.18 f.) kann auf Dutzende von Sprachen ebenso zurückgreifen wie auf philosophische Konzepte und ein gewaltiges Textkorpus aus mehreren Jahrtausenden globalen Schrifttums. Hinzu kommen noch die bereits angesprochenen Sprichwörter, Lieder und Balladen, Songs und Slogans aus der Alltagskultur, sowie Kinderreime und allgemeines Volksgut. So stammen die intertextuellen Bezüge aus religiösen, wissenschaftlichen und literarischen Werken verschiedenster Kulturen und Philologien (Bonheim 1967; Christiani 1965; Hart 1963; O'Hehir 1968; O'Hehir/Dillon 1977). In seinem Standardwerk zu literarischen Anspielungen in ''Finnegans Wake'' konnte James S. Atherton mehrere hundert solcher Verweise zuordnen (Atherton 2009, 233–290). Damit | Und so wie HCE in seinem eigenen Traum in verschiedenen Gestalten – von Finnegan bis Buddha, von Noah bis Guinness – auftritt, ist er "nicht eine Person, sondern viele" (Eco 2010, 392): HCE als Jedermann ("Here Comes/ Everybody"; FW 32.18 f.) kann auf Dutzende von Sprachen ebenso zurückgreifen wie auf philosophische Konzepte und ein gewaltiges Textkorpus aus mehreren Jahrtausenden globalen Schrifttums. Hinzu kommen noch die bereits angesprochenen Sprichwörter, Lieder und Balladen, Songs und Slogans aus der Alltagskultur, sowie Kinderreime und allgemeines Volksgut. So stammen die intertextuellen Bezüge aus religiösen, wissenschaftlichen und literarischen Werken verschiedenster Kulturen und Philologien (Bonheim 1967; Christiani 1965; Hart 1963; O'Hehir 1968; O'Hehir/Dillon 1977). In seinem Standardwerk zu literarischen Anspielungen in ''Finnegans Wake'' konnte James S. Atherton mehrere hundert solcher Verweise zuordnen (Atherton 2009, 233–290). Damit scheint Earwicker tatsächlich als das "kollektive Unbewusste" schlechthin und – auf Vico und Jung zurückgehend – als die Summe vieler Einzelbewusstseine, das Wissen der Menschheit im Traum abzurufen (Bishop 1993, 212 f.; Reichert 1989, 24 f.). Gleichzeitig ist HCEs Traum als niemals endend und, in Anlehnung an Vicos Geschichtsphilosophie, zirkulär aufgebaut: Earwicker wird nie aufwachen. | ||
Die im Traum anklingenden ''nursery rhymes'', einfache Kinderreime also, könnten aber nicht nur aus einem solch umfassenden Wissensschatz stammen, sondern auch aus persönlichen Kindheitserinnerungen von Earwicker (etwa Myers 1992, 24, 29). Genau wie mit Traumeinflüssen aus seinem alltäglichen Umfeld (etwa Dublin sowie seiner Taverne und Familie) und den Tagesresten (besonders der Vorfall in Phoenix Park) werden solche aus der Kindheit in Erinnerung gebliebenen Elemente in den Traum mit eingeflochten – HCE wäre damit also eine Mischung aus einem allwissendem "kollektivem Unbewussten" und einem individuellem Träumer, zumal er seine eigene Person im Traum immer wieder reflektiert. Diese Anspielungen auf die 'eigene Person' drücken sich besonders in Earwickers vollständigen Namen ergebenden Akronymen aus, die in ''Finnegans Wake'' auf drei Arten erscheinen können (Bishop 1993, 139–145; Farbman 2008, 97 f.): | |||
* als vorwärts gelesenes Akronym (HCE), etwa "Homo/ Capite Erectus" (FW 101.12 f.), | * als vorwärts gelesenes Akronym (HCE), etwa "Homo/ Capite Erectus" (FW 101.12 f.), | ||
* als unterbrochenes Akronym, etwa "he is ee and no affair" (FW 29.34), | * als unterbrochenes Akronym, etwa "he is ee and no affair" (FW 29.34), |