"Der Platz der Gehenkten" (Hubert Fichte): Unterschied zwischen den Versionen
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Version vom 3. Juni 2023, 05:38 Uhr
, 3. Juni 2023→Markierte Traumdarstellungen in Der Platz der Gehenkten
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=== Markierte Traumdarstellungen in ''Der Platz der Gehenkten'' === | === Markierte Traumdarstellungen in ''Der Platz der Gehenkten'' === | ||
====Flughafentraum vom vertauschten Pass==== | |||
Fichtes Roman beginnt mit einer mehrseitigen komplexen Traumdarstellung, die sich erst nachträglich als markiert klassifizieren lässt. Der Ich-Erzähler vermischt dabei Tagesreste mit seinen Ängsten, Wünschen und den Erinnerungen an andere vor einigen Tagen geträumte Träume. Um dieser Komplexität gerecht zu werden, lässt sich die Traumdarstellung in drei thematische Teile gliedern, für die sich unterschiedliche Aspekte des im Traum Verhandelten herausarbeiten lassen: (a) ein erster Teil thematisiert die Reisevorbereitungen nach Marakech, auf den mit (b) der Traum einer Passkontrolle am Flughafen folgt. Der dritte Teil (c) ist ein Intertext zu früheren Romane Fichtes, der die werkübergreifende Spezifik des Traums als Teil der Fichte'schen Poetologie in den Fokus rückt. | Fichtes Roman beginnt mit einer mehrseitigen komplexen Traumdarstellung, die sich erst nachträglich als markiert klassifizieren lässt. Der Ich-Erzähler vermischt dabei Tagesreste mit seinen Ängsten, Wünschen und den Erinnerungen an andere vor einigen Tagen geträumte Träume. Um dieser Komplexität gerecht zu werden, lässt sich die Traumdarstellung in drei thematische Teile gliedern, für die sich unterschiedliche Aspekte des im Traum Verhandelten herausarbeiten lassen: (a) ein erster Teil thematisiert die Reisevorbereitungen nach Marakech, auf den mit (b) der Traum einer Passkontrolle am Flughafen folgt. Der dritte Teil (c) ist ein Intertext zu früheren Romane Fichtes, der die werkübergreifende Spezifik des Traums als Teil der Fichte'schen Poetologie in den Fokus rückt. | ||
=====Reisevorbereitungen===== | |||
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Es kann jedoch gezeigt werden, dass die Schreibsituation in ''Der Platz der Gehenkten'' keine der absoluten Identitätsverwirrung ist, sondern die komplexe Vermischung tagespolitischer Themen, Erinnerungen und Ängste der narrativen Instanz. Dazu weiter unten mehr. | Es kann jedoch gezeigt werden, dass die Schreibsituation in ''Der Platz der Gehenkten'' keine der absoluten Identitätsverwirrung ist, sondern die komplexe Vermischung tagespolitischer Themen, Erinnerungen und Ängste der narrativen Instanz. Dazu weiter unten mehr. | ||
==== | =====Der Traum===== | ||
Im weiteren Verlauf der Traumdarstellung vermischen sich mehrere Erzählebenen und Erinnerungen. Die narrative Instanz träumt davon, dass sie in einem Café im Flughafen sitzt und der Kellner nach dem Studentenausweis fragt. Als sich das träumende Ich weigert, den Ausweis vorzuzeigen, gesellt sich ein Geheimpolizist dazu, der erneut dazu auffordert, sich auszuweisen: | Im weiteren Verlauf der Traumdarstellung vermischen sich mehrere Erzählebenen und Erinnerungen. Die narrative Instanz träumt davon, dass sie in einem Café im Flughafen sitzt und der Kellner nach dem Studentenausweis fragt. Als sich das träumende Ich weigert, den Ausweis vorzuzeigen, gesellt sich ein Geheimpolizist dazu, der erneut dazu auffordert, sich auszuweisen: | ||
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: (Fichte 1989b, 66) | : (Fichte 1989b, 66) | ||
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=====Intertextuelle Bezüge===== | |||
Als Ver- und Neubearbeitung von Textresten gestaltet sich die Szene am Flughafen aber ebenfalls als fast wörtliches Zitat eines anderen Romans Fichtes: ''Detlevs Imitationen "Grünspan"''. Auf diesen Umstand weist auch Manfred Weinberg hin, wenn er sagt, dass der Satz "Mit diesem Traum sollte der Roman enden." sich nicht auf ''Der Platz der Gehenkten'' sondern auf ''Detlevs Imitationen "Grünspan"'' bezieht (Weinberg 1993, 127). Zum Vergleich sei daher die entsprechende Textstelle aus ''Detlevs Imitationen "Grünspan"'' zitiert: | Als Ver- und Neubearbeitung von Textresten gestaltet sich die Szene am Flughafen aber ebenfalls als fast wörtliches Zitat eines anderen Romans Fichtes: ''Detlevs Imitationen "Grünspan"''. Auf diesen Umstand weist auch Manfred Weinberg hin, wenn er sagt, dass der Satz "Mit diesem Traum sollte der Roman enden." sich nicht auf ''Der Platz der Gehenkten'' sondern auf ''Detlevs Imitationen "Grünspan"'' bezieht (Weinberg 1993, 127). Zum Vergleich sei daher die entsprechende Textstelle aus ''Detlevs Imitationen "Grünspan"'' zitiert: | ||
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==== Aufwachen. Zwischen Traum und Traum ==== | ==== Aufwachen. Zwischen Traum und Traum ==== | ||
Über den gesamten Romantext verteilt, und diesen durch die Wiederholung strukturierend, findet sich der Fünfzeiler: | Die zweite markierte Traumdarstellung, die hier betrachtet werden soll, nimmt einen fünfzeiligen Text in den Fokus, der an mehreren Stellen im Romantext auftaucht und diesen durch die ritualhafte Wiederholung strukturiert. Versteht man den Roman in seiner Form und auch inhaltlich als Gegenbewegung zum Koran, lässt sich der fünfzeilige Text als Gegen-Ritual verstehen, das in sich die Gefahr birgt, das zu reproduzieren, gegen das es anschreibt. Über den gesamten Romantext verteilt, und diesen durch die Wiederholung strukturierend, findet sich der Fünfzeiler: | ||
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