"Kassandra" (Christa Wolf): Unterschied zwischen den Versionen
"Kassandra" (Christa Wolf) (Quelltext anzeigen)
Version vom 4. September 2023, 12:54 Uhr
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Kassandra träumt von dem Kind der Asterope und des Aisakos, das mit ihrer Mutter zusammen bei der Geburt gestorben ist: | Kassandra träumt von dem Kind der Asterope und des Aisakos, das mit ihrer Mutter zusammen bei der Geburt gestorben ist: | ||
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:<span style="color: #7b879e;">[…] immer der schwere Schlaf und die Träume. Jenes Kind der Asterope und des Aisakos, das mit seiner Mutter zusammen bei der Geburt gestorben war, wuchs in mir. Als es reif war, wollte ich es nicht zur Welt bringen, da spie ich es aus, und es war eine Kröte. Vor der ekelte ich mich. Merops, der uralte Traumdeuter, hörte mich aufmerksam an. (K59)</span> | |||
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Kassandra lässt ihren Traum von Merops, dem uralten Traumdeuter, deuten. Dieser Letzere erklärt ihr den Traum nicht, sondern warnt er Kassandras Mutter Hekabe vor den Männern, die Aisakos ähnlich sähen und empfehlt ihr, diese aus der Nähe der Tochter zu entfernen. An dieser Stelle soll darauf hingewiesen werden, dass diesem Albtraum ein erschütterndes Ereignis vorausgeht, der Kassandra zum ersten Mal in einen anfallähnlichen Zustand versetzt: Der Tod ihres meistgeliebten Bruders Aisakos in der Vorkriegszeit. Er wird als einen kräftigen, warmhäutigen Mann mit dem braunen Kraushaar beschrieben, der anders als alle ihre Bruder zu ihr war (Vgl. K 58). Aisakos versucht mehrfach, sich das Leben zu nehmen, nachdem ihre junge und schöne Frau Asterope im Kinderbett stirbt. Er wird von seinen Bewachern gerettet, bis er nicht mehr gefunden wird und später verzweifelt ins Meer eintaucht. Der schwarze Vogel mit roten Hals, der nach dem Eintauchen Aisakos auftaucht, wird allerdings von dem Orakeldeuter Kalchas als eine verwandelte Gestalt Aisakos ausgelegt. Als dieser Alptraum eintritt, trauert Kassandra um den Tod ihres Bruders Aisakos. Darüber hinweg erscheint die Interpretation des toten Kindes als Kassandras mangelnder Wille, Mutter zu werden, plausibel. | Kassandra lässt ihren Traum von Merops, dem uralten Traumdeuter, deuten. Dieser Letzere erklärt ihr den Traum nicht, sondern warnt er Kassandras Mutter Hekabe vor den Männern, die Aisakos ähnlich sähen und empfehlt ihr, diese aus der Nähe der Tochter zu entfernen. An dieser Stelle soll darauf hingewiesen werden, dass diesem Albtraum ein erschütterndes Ereignis vorausgeht, der Kassandra zum ersten Mal in einen anfallähnlichen Zustand versetzt: Der Tod ihres meistgeliebten Bruders Aisakos in der Vorkriegszeit. Er wird als einen kräftigen, warmhäutigen Mann mit dem braunen Kraushaar beschrieben, der anders als alle ihre Bruder zu ihr war (Vgl. K 58). Aisakos versucht mehrfach, sich das Leben zu nehmen, nachdem ihre junge und schöne Frau Asterope im Kinderbett stirbt. Er wird von seinen Bewachern gerettet, bis er nicht mehr gefunden wird und später verzweifelt ins Meer eintaucht. Der schwarze Vogel mit roten Hals, der nach dem Eintauchen Aisakos auftaucht, wird allerdings von dem Orakeldeuter Kalchas als eine verwandelte Gestalt Aisakos ausgelegt. Als dieser Alptraum eintritt, trauert Kassandra um den Tod ihres Bruders Aisakos. Darüber hinweg erscheint die Interpretation des toten Kindes als Kassandras mangelnder Wille, Mutter zu werden, plausibel. | ||
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Die Spekulationen um die Geburt von Paris, der Verursacher des Untergangs Trojas, stehen im Mittelpunkt der Erzählung. Der Geburt des Knaben geht eine Prophezeiung Aisakos voraus. Er verkündet damit, dass ein Fluch auf dem Kind liegt. Aber ausschlaggebend ist der Traum der Hekabe: | Die Spekulationen um die Geburt von Paris, der Verursacher des Untergangs Trojas, stehen im Mittelpunkt der Erzählung. Der Geburt des Knaben geht eine Prophezeiung Aisakos voraus. Er verkündet damit, dass ein Fluch auf dem Kind liegt. Aber ausschlaggebend ist der Traum der Hekabe: | ||
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:<span style="color: #7b879e;">Die nämlich hatte, wenn ich Arisbe glauben konnte, kurz vor der Geburt des Paris geträumt, sie gebäre ein Holzscheit, aus dem unzählige brennende Schlangen hervorkrochen. (K 66)</span> | |||
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Gedeutet wird der Traum von dem Seher Kalchas. Ihm zufolge, werde das Kind, das Hekabe gebären sollte, ganz Troja in Brand stecken. Doch diese Traumdeutung wird kontrovers von den anderen Figuren ausdiskutiert (K 66). Kassandra zweifelt an Kalchas Deutung und glaubt, dass die Alpträume ihrer Mutter bloß Angstträume sind (K 67). Arisbe nach, könnte das Kind dazu bestimmt sein, die Schlangengöttin als Hüterin des Feuers in jedem Hause wieder in ihre Rechte einzusetzen. Letztere Deutung erschreckt Kassandra. Grundsätzlich befürworten die einen die Tötung des gefährlichen Knaben und die anderen, auch Hekabe dabei, wollen das Kind retten. Letztendlich entkommt der Knabe dem Tod durch die Hilfe des Hirten, der es nicht über sich gebracht hat, ihn zu töten. Dass König Priamos die Zunge eines Hundes, die ihm der Hirte als Beweisstück bringt, nicht von der eines Säuglings unterscheiden konnte, bringt Kassandra durcheinander. Sie vermutet, dass ihr Vater König Priamos ihren wunderbaren Sohn nicht sterben lassen wollte (K 68). | Gedeutet wird der Traum von dem Seher Kalchas. Ihm zufolge, werde das Kind, das Hekabe gebären sollte, ganz Troja in Brand stecken. Doch diese Traumdeutung wird kontrovers von den anderen Figuren ausdiskutiert (K 66). Kassandra zweifelt an Kalchas Deutung und glaubt, dass die Alpträume ihrer Mutter bloß Angstträume sind (K 67). Arisbe nach, könnte das Kind dazu bestimmt sein, die Schlangengöttin als Hüterin des Feuers in jedem Hause wieder in ihre Rechte einzusetzen. Letztere Deutung erschreckt Kassandra. Grundsätzlich befürworten die einen die Tötung des gefährlichen Knaben und die anderen, auch Hekabe dabei, wollen das Kind retten. Letztendlich entkommt der Knabe dem Tod durch die Hilfe des Hirten, der es nicht über sich gebracht hat, ihn zu töten. Dass König Priamos die Zunge eines Hundes, die ihm der Hirte als Beweisstück bringt, nicht von der eines Säuglings unterscheiden konnte, bringt Kassandra durcheinander. Sie vermutet, dass ihr Vater König Priamos ihren wunderbaren Sohn nicht sterben lassen wollte (K 68). |