"Inception" (Christopher Nolan): Unterschied zwischen den Versionen
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Die wirkmächtigsten weiteren Genreelemente entstammen sicherlich dem erwähnten Heist-Movie, dem auch viele Begriffe im Austausch des Teams zugehören (wie mark, thief, forger). Cobbs Hintergrundgeschichte birgt Drama-Elemente. Knöppler meint lakonisch: „In a nutshell, ''Inception'' is a heist thriller with a redemption story, only it takes place inside someone’s head“ (2015, 42). Insbesondere das Szenario um die verschneite ‚Bergfestung‘ mit Ski-Verfolgungsjagden lässt an diverse, meist von Willy Bogner choreografierte James-Bond-Filme denken wie ''On Her Majesty’s Secret Service'' (1969; vgl. ebenso Fisher 2011, 40) und die Eröffnungssequenzen von ''The Spy Who Loved Me'' (1977) und ''A View to a Kill'' (1984), die Klettersequenz zudem an ''For Your Eyes Only'' (1981; vgl. auch allgemein zur Bond-Parallele Koebner 2018, 164). Taubin erinnert es dagegen an ''[["Spellbound" (Alfred Hitchcock)|Spellbound]]'' (vgl. Taubin und Nolan 2010, 32). | Die wirkmächtigsten weiteren Genreelemente entstammen sicherlich dem erwähnten Heist-Movie, dem auch viele Begriffe im Austausch des Teams zugehören (wie mark, thief, forger). Cobbs Hintergrundgeschichte birgt Drama-Elemente. Knöppler meint lakonisch: „In a nutshell, ''Inception'' is a heist thriller with a redemption story, only it takes place inside someone’s head“ (2015, 42). Insbesondere das Szenario um die verschneite ‚Bergfestung‘ mit Ski-Verfolgungsjagden lässt an diverse, meist von Willy Bogner choreografierte James-Bond-Filme denken wie ''On Her Majesty’s Secret Service'' (1969; vgl. ebenso Fisher 2011, 40) und die Eröffnungssequenzen von ''The Spy Who Loved Me'' (1977) und ''A View to a Kill'' (1984), die Klettersequenz zudem an ''For Your Eyes Only'' (1981; vgl. auch allgemein zur Bond-Parallele Koebner 2018, 164). Taubin erinnert es dagegen an ''[["Spellbound" (Alfred Hitchcock)|Spellbound]]'' (vgl. Taubin und Nolan 2010, 32). | ||
Außer der genannten Invasions-Tradition wurde nach dem Erscheinen von verschiedener Seite eine Parallelität zu dem japanischen Anime-Film ''Paprika'' (2006) vermutet (vgl. differenzierter Vergleich in Wardlow 2017). Des Weiteren finden sich in dem Scrooge-McDuck-(Dagobert-Duck-)Comic ''The Dream of a Lifetime'' (2002) von Don Rosa Ähnlichkeiten (vgl. | Außer der genannten Invasions-Tradition wurde nach dem Erscheinen von verschiedener Seite eine Parallelität zu dem japanischen Anime-Film ''Paprika'' (2006) vermutet (vgl. differenzierter Vergleich in Wardlow 2017). Des Weiteren finden sich in dem Scrooge-McDuck-(Dagobert-Duck-)Comic ''The Dream of a Lifetime'' (2002) von Don Rosa Ähnlichkeiten (vgl. u.a. O’Neal 2010), die bis auf die Zugfahrt als Traumebene (vgl. Rosa 2019, 200, Panel 3.2, 4.1 f.), eine ähnliche Maschine („brain-scanner“, vgl. Rosa 2019, 186, Panel 3.1) sowie die Intention der Panzerknacker, Zugang zu Dagoberts Geld durch das Eindringen in seine Träume zu erlangen, reichen. Relativ neuartig an ''Inception'' in Bezug auf ''Traum-im-Traum-Strukturen'' ist die Kombination von vielen Traumebenen und geteiltem Träumen: „''Inception''’s greatest innovation is its nested narrative structure“ (Mayo 2020, 259), wobei in dem Film bis auf Einstieg und Ausstieg (in Anlehnung an Bumeder) die Orientierung der Ebenen erleichtert ist. Nachfolger ähnlicher Bauart ist etwa Anna (Mindscape, 2013, Regie: Jorge Dorado). Bumeder listet diverse Parodien (vgl. 2014, 75), u.a. in den TV-Serien The Simpsons und South Park.4 | ||
Der Name des ''limbo'', des „unconstructed dream space“ (In 1:05:50) unterhalb der vorbereiteten Ebenen, erinnert konzeptuell an die katholische Bezeichnung (‚Limbus‘) für Vorhölle oder Fegefeuer und könnte außerdem in Verbindung mit [["Divina Commedia" (Dante Alighieri)|Dantes ''Purgatorio'']] gelesen werden. Die dargestellten Konstruktionen ‚unmöglicher‘ Welten mittels der Penrose-Treppe und des ''infinity mirror'' lassen gleichfalls an darauf beruhende zeichnerische Darstellungen M.C. Eschers denken (vgl. zu Traumanalogien im Werk von Escher Kreuzer 2014, 368–371; in ''Inception'' Kiss 2012, 41; Knöppler 2015, 43; Malomfălean 2015, 151; Elsaesser 2018, 24), wobei festzustellen ist, dass diese an sich keine (markierten) Traumdarstellungen sind, sondern lediglich eine traumähnliche Wirkung erzielen können. Auch Lewis Carrolls Through the Looking-Glass (1871) behandelt einander potenziell enthaltendes geteiltes Träumen, doch steht dabei die Paradoxie im Vordergrund. Dennoch besteht eine thematische Verbindung, denn ebenso wie Alice sich dort die Frage stellen muss, in wessen Traum sie sich befindet, ist „[t]he question of whether Cobb is still dreaming or not at the film’s end […] ultimately too simple. For there’s also the problem of whose dream Cobb might be in, if not his ‘own’“ (Fisher 2011, 45). Édith Piafs Chanson ''Non, je ne regrette rien'' wird nicht nur zum Wecksignal und musikalischen Leitmotiv, das in verschiedenen Träumen in unterschiedlicher Verformung (Hall, Ton-Abblende) Anwendung findet (Ebene 3 des Eingangstraums, zweiter Lerntraum, ''inception'', Abspann), sondern klingt auch inhaltlich nach, steht der Text doch im Widerspruch zu Cobbs zunächst unbewältigter Vergangenheit. | Der Name des ''limbo'', des „unconstructed dream space“ (In 1:05:50) unterhalb der vorbereiteten Ebenen, erinnert konzeptuell an die katholische Bezeichnung (‚Limbus‘) für Vorhölle oder Fegefeuer und könnte außerdem in Verbindung mit [["Divina Commedia" (Dante Alighieri)|Dantes ''Purgatorio'']] gelesen werden. Die dargestellten Konstruktionen ‚unmöglicher‘ Welten mittels der Penrose-Treppe und des ''infinity mirror'' lassen gleichfalls an darauf beruhende zeichnerische Darstellungen M.C. Eschers denken (vgl. zu Traumanalogien im Werk von Escher Kreuzer 2014, 368–371; in ''Inception'' Kiss 2012, 41; Knöppler 2015, 43; Malomfălean 2015, 151; Elsaesser 2018, 24), wobei festzustellen ist, dass diese an sich keine (markierten) Traumdarstellungen sind, sondern lediglich eine traumähnliche Wirkung erzielen können. Auch Lewis Carrolls Through the Looking-Glass (1871) behandelt einander potenziell enthaltendes geteiltes Träumen, doch steht dabei die Paradoxie im Vordergrund. Dennoch besteht eine thematische Verbindung, denn ebenso wie Alice sich dort die Frage stellen muss, in wessen Traum sie sich befindet, ist „[t]he question of whether Cobb is still dreaming or not at the film’s end […] ultimately too simple. For there’s also the problem of whose dream Cobb might be in, if not his ‘own’“ (Fisher 2011, 45). Édith Piafs Chanson ''Non, je ne regrette rien'' wird nicht nur zum Wecksignal und musikalischen Leitmotiv, das in verschiedenen Träumen in unterschiedlicher Verformung (Hall, Ton-Abblende) Anwendung findet (Ebene 3 des Eingangstraums, zweiter Lerntraum, ''inception'', Abspann), sondern klingt auch inhaltlich nach, steht der Text doch im Widerspruch zu Cobbs zunächst unbewältigter Vergangenheit. | ||
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=== Forschungsliteratur === | === Forschungsliteratur === | ||
*Baßler, Moritz: Literarische und kulturelle Intertextualität in Thomas Manns Der Kleiderschrank. In: Alexander Honold/Niels Werber (Hg.): Deconstructing Thomas Mann. Reihe Siegen 167. Heidelberg: Universitätsverlag Winter 2012, 15–27. | *Baßler, Moritz: Literarische und kulturelle Intertextualität in Thomas Manns Der Kleiderschrank. In: Alexander Honold/Niels Werber (Hg.): Deconstructing Thomas Mann. Reihe Siegen 167. Heidelberg: Universitätsverlag Winter 2012, 15–27. | ||
*Böhme, Isolde: Vom Träumen der (virtuellen) Realität. „Inception“ – Regie: Christopher Nolan. In: Parfen Laszig (Hg.): Blade Runner, Matrix und Avatare. Psychoanalytische Betrachtungen virtueller Wesen und Welten im Film. Berlin/Heidelberg: Springer 2013, 443–59. | *Böhme, Isolde: Vom Träumen der (virtuellen) Realität. „Inception“ – Regie: Christopher Nolan. In: Parfen Laszig (Hg.): Blade Runner, Matrix und Avatare. Psychoanalytische Betrachtungen virtueller Wesen und Welten im Film. Berlin/Heidelberg: Springer 2013, 443–59. | ||
*Brophy, Matthew: Shared Dreams in Virtual Worlds. In: Thorsten Botz-Bornstein (Hg.): Inception and Philosophy. Ideas to Die For. Chicago: Open Court 2011, 189–202. | *Brophy, Matthew: Shared Dreams in Virtual Worlds. In: Thorsten Botz-Bornstein (Hg.): Inception and Philosophy. Ideas to Die For. Chicago: Open Court 2011, 189–202. | ||
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*Haydn Smith, Ian: Eine kurze Geschichte des Films. Übersetzt von Juliane Lochner und Anke Wellner-Kempf. Berlin: Laurence King Verlag 2020. | *Haydn Smith, Ian: Eine kurze Geschichte des Films. Übersetzt von Juliane Lochner und Anke Wellner-Kempf. Berlin: Laurence King Verlag 2020. | ||
*Jahraus, Oliver: Filmmetapher – Bewusstseinsmetapher. Zu Christopher Nolans Meisterwerk ''Inception''. In: Medienobservationen, 24.08.2010, 1–7; https://www.medienobservationen.de/artikel/kino/kino_pdf/jahraus_inception.pdf . | *Jahraus, Oliver: Filmmetapher – Bewusstseinsmetapher. Zu Christopher Nolans Meisterwerk ''Inception''. In: Medienobservationen, 24.08.2010, 1–7; https://www.medienobservationen.de/artikel/kino/kino_pdf/jahraus_inception.pdf . | ||
*Johnson, David Kyle: The Editor’s Totem. An Elegant Solution for Keeping Track of Reality. In: Ders. (Hg.): Inception and Philosophy. Because It’s Never Just a Dream. Hoboken, N.J.: Wiley 2012, 1–10. | *Johnson, David Kyle: The Editor’s Totem. An Elegant Solution for Keeping Track of Reality. In: Ders. (Hg.): Inception and Philosophy. Because It’s Never Just a Dream. Hoboken, N.J.: Wiley 2012, 1–10. | ||
*Kaczmarek, Ludger: heist movie. In: Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (Hg.): Das Lexikon der Filmbegriffe, 08.03.2022; https://filmlexikon.uni-kiel.de/doku.php/h:heistmovie-6608 . | *Kaczmarek, Ludger: heist movie. In: Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (Hg.): Das Lexikon der Filmbegriffe, 08.03.2022; https://filmlexikon.uni-kiel.de/doku.php/h:heistmovie-6608 . |