"Kinder – Träume – Zukunft" (Erhard Großmann): Unterschied zwischen den Versionen

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Das Motiv des Kosmonauten hat sich in der DDR in den 1960er Jahren etabliert (Hofer 2012, 205 f.) und bis 1989 diverse Darstellungsentwicklungen und Abwandlungen erfahren (ebd., 206–215; Schaber 2021). Zudem hängt das Motiv mit der Geschichte der Weltraumeroberung zusammen (Hofer 2012, 205 f.): Am 12. April 1961 glückte Juri Gagarin der erste bemannte Raumflug. Angesichts fehlender Bildmaterialien konzentrierten sich Propaganda und Medien auf den Kosmonauten, wodurch sich ein Personenkult entwickelte: „In Gagarin symbolisierte sich der russische Fortschritt, sein Triumph besiegelte die russische Überlegenheit über die amerikanische Weltraumbehörde, ja mehr noch: die Erfolge im Weltall galten in der sozialistischen Propaganda als Vorzeichen des Sieges über den ideologischen Feind“ (Hofer 2012, 206).
Das Motiv des Kosmonauten hat sich in der DDR in den 1960er Jahren etabliert (Hofer 2012, 205 f.) und bis 1989 diverse Darstellungsentwicklungen und Abwandlungen erfahren (ebd., 206–215; Schaber 2021). Zudem hängt das Motiv mit der Geschichte der Weltraumeroberung zusammen (Hofer 2012, 205 f.): Am 12. April 1961 glückte Juri Gagarin der erste bemannte Raumflug. Angesichts fehlender Bildmaterialien konzentrierten sich Propaganda und Medien auf den Kosmonauten, wodurch sich ein Personenkult entwickelte: „In Gagarin symbolisierte sich der russische Fortschritt, sein Triumph besiegelte die russische Überlegenheit über die amerikanische Weltraumbehörde, ja mehr noch: die Erfolge im Weltall galten in der sozialistischen Propaganda als Vorzeichen des Sieges über den ideologischen Feind“ (Hofer 2012, 206).


Der Kosmonaut in ''Kinder – Träume – Zukunft'' weist kein eindeutiges Konterfei Juri Gagarins auf, weshalb in den Publikationen lediglich von einem Kosmonauten gesprochen wird (Maleschka 2019, 195; Oswald 1973, 594; Prehn 2018). Angesichts der Motivgeschichte und abhängig vom Entstehungszeitpunkt sowie von der künstlerischen Umsetzung in der Bildenden Kunst in der DDR kann dieser Technikbegeisterung (Hofer 2012, 206), Kontrollierbarkeit von Natur und Technik (Schaber 2021, 251), die Erfüllung von ehemals unmöglich erscheinenden Zielen (Oswald 1973, 594; Prehn 2018), aktuellen Zukunftsmöglichkeiten (Prehn 2018) sowie den sozialistischen ,Traum‘ vom Neuen Menschen symbolisieren (Hofer 2012, 206, Schaber 2021, 251 f.).<ref> Für weiterführende Informationen zur Ideengeschichte des Neuen Menschen vgl. Küenzlen 2016.</ref> Im Kerngedanken kann der Neue Mensch durch seine Handlungen Fortschritte und eine stetig bessere Gesellschaft erreichen, wobei letzteres durch den Kommunismus bereits realisiert wurde (Hofer 2012, 206). Oder wie der evangelische Theologe und Sozialethiker Gottfried Küenzlen (*1945) zu Beginn seiner Übersichtsschau über die Ideengeschichte vom Christentum bis in die Kritik der Moderne pointiert: „Der ,Alte Adam‘ soll vom Neuen Menschen überwunden werden“ (Küenzlen 2016, 4). In diesem Sinne ist die Setzung vom Paar im Paradies und vom Kosmonauten an den beiden gegenüberliegenden Bildrändern kohärent, zeigt sie doch, dass stetige Weiterentwicklungen zum Ausbau des sozialistischen Paradieses angestrebt werden und positiv zu bewerten sind. Da das historische Ereignis des ersten bemannten Raumflugs bereits 1961 stattfand, zeigt das Wandbild ferner die Realisierung bzw. den Erfüllungsmoment einer ehemaligen ,Vision‘ auf – und impliziert damt, dass auch andere sich bewahrheiten werden. Kosmonaut und Ikarus sind ferner in der Darstellung nicht zufällig dicht zueinander gesetzt, da sie in einem inneren Sinnzusammenhang zueinanderstehen.
Der Weltraumfahrer in ''Kinder – Träume – Zukunft'' weist kein eindeutiges Konterfei Juri Gagarins auf, weshalb in den Publikationen lediglich von einem Kosmonauten gesprochen wird (Maleschka 2019, 195; Oswald 1973, 594; Prehn 2018). Angesichts der Motivgeschichte und abhängig vom Entstehungszeitpunkt sowie von der künstlerischen Umsetzung in der Bildenden Kunst in der DDR kann dieser Technikbegeisterung (Hofer 2012, 206), Kontrollierbarkeit von Natur und Technik (Schaber 2021, 251), die Erfüllung von ehemals unmöglich erscheinenden Zielen (Oswald 1973, 594; Prehn 2018), aktuellen Zukunftsmöglichkeiten (Prehn 2018) sowie den sozialistischen ,Traum‘ vom Neuen Menschen symbolisieren (Hofer 2012, 206, Schaber 2021, 251 f.).<ref> Für weiterführende Informationen zur Ideengeschichte des Neuen Menschen vgl. Küenzlen 2016.</ref> Im Kerngedanken kann der Neue Mensch durch seine Handlungen Fortschritte und eine stetig bessere Gesellschaft erreichen, wobei letztere durch den Kommunismus bereits realisiert wurde (Hofer 2012, 206). Oder wie der evangelische Theologe und Sozialethiker Gottfried Küenzlen (*1945) zu Beginn seiner Übersicht zur Ideengeschichte des Neuen Menschen vom Christentum bis zur Moderne pointiert: „Der ,Alte Adam‘ soll vom Neuen Menschen überwunden werden“ (Küenzlen 2016, 4). In diesem Sinne ist die Setzung vom Paar im Paradies und vom Kosmonauten an den beiden gegenüberliegenden Bildrändern kohärent, zeigt sie doch, dass stetige Weiterentwicklungen zum Ausbau des sozialistischen Paradieses angestrebt werden und positiv zu bewerten sind. Da das historische Ereignis des ersten bemannten Raumflugs bereits 1961 stattfand, zeigt das Wandbild ferner die Realisierung bzw. den Erfüllungsmoment einer ehemaligen ,Vision‘ auf – und impliziert damt, dass auch andere sich bewahrheiten werden. Kosmonaut und Ikarus sind in der Darstellung nicht zufällig dicht zueinander gesetzt, da sie in einem inneren Sinnzusammenhang zueinanderstehen.


===Ikarus===
===Ikarus===