"Kinder – Träume – Zukunft" (Erhard Großmann)

Aus Lexikon Traumkultur
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[Text in Bearbeitung] Kinder – Träume – Zukunft ist ein Wandbild von 1973,[1] das sich in der heutigen Ziolkowskistraße in Neubrandenburg befindet (Maleschka, 195; Prehn). Das durch den in Dresden geborenen Maler und Grafiker Erhard Großmann (*1936–2023) erschaffene Werk steht unter Denkmalschutz und setzt sich aus einzelnen Meißner Fliesen mit Unterglasurmalereien zusammen (Maleschka, 195; Prehn). Die Darstellung hat dabei ein Gesamtmaß von 6 m × 15 m. Der Titel des Wandbildes nennt den Traum als zentralen Begriff, sodass die einzelnen und in der Bildenden Kunst der DDR gängigen Motive in diesen bildthematischen Kontext rücken und nachfolgend entschlüsselt werden. Die Motive beziehen sich ferner auf gängige Vorstellungen der damaligen Zeit, denen zugleich als ,Visionen‘ etwas Traumhaftes inne wohnt.

Zum Künstler

In den 1950er Jahren absolvierte Großmann erst eine Lehre als Farblithograf, bevor er 1953 ein Kunststudium begann (Eisold, 283). Zunächst erfolgte dies für drei Jahre an der Arbeiter- und Bauernfakultät für Bildende Kunst in Dresden, anschließend besuchte er bis 1961 die Hochschule für Bildende Künste Dresden und wurde dort von Erich Fraaß (1893–1974)[2] und Rudolf Bergander (1909–1970)[3] ausgebildet. Ab 1961 war der Maler und Grafiker Mitglied im Verband Bildender Künstler der DDR und freischaffend tätig. Er ließ sich im selben Jahr im Bezirk Neubrandenburg nieder. Dort arbeitete er in den 1960er Jahren in verschiedenen Institutionen und Positionen (z.B. ab 1965 als Zirkelleiter im Haus der Kultur und Bildung Neubrandenburg oder als Mitarbeiter im Zentrum Bildende Kunst Neubrandenburg (1969–1972)). Zum Entstehungszeitpunkt des Wandbildes war er in Neubrandenburg abermals freischaffender Künstler[4].

Werkbeschreibung

Das Wandbild weist kompositorische Merkmale des Komplex- bzw. Simultanbildes auf und ist motivisch in drei sich überlappende Teilbereiche unterteilt. Simultanbilder bieten die Möglichkeit gleichzeitig stattfindende Handlungen im Bild künstlerisch zu visualisieren. Als kompositorisches Mittel zur Traumdarstellung taucht das Simultanbild in der Kunst seit dem 16. Jahrhundert auf (Ruby, 82 f.). Zumeist ist eine schlafende Person dargestellt, in deren Trauminhalt die Betrachtenden blicken können. In der Kunst in der DDR wurde das Simultan- bzw. Komplexbild ab den 1960er Jahren aufgegriffen (Philipp, 14 f.). Es zeichnet sich z.B. durch Aufhebung der Naturgesetze, Alltagswahrnehmungen sowie von Raum- und Zeitgefügen aus (Philipp, 14 f.; Lang, 114) und trat bildthematisch völlig unabhängig des Traumkontextes in Erscheinung (Lang, 114). Die Komposition und die damit einhergehenden Merkmale legen eine Auslegung des Wandbildes als Traumbild nahe. Sie können nämlich mitunter eine traumhafte Bildwirkung entfalten (Kreuzer, 357–359; 504–507; 682–684), weshalb in der Analyse Aspekte traumhaften Erzählens Berücksichtigung finden. Des Weiteren suggeriert der Titel den Eindruck einer kausalen bzw. temporalen Abfolge, die von der Anordnung der Einzelmotive im Wandbild allerdings nicht bedient wird.

Am linken Bildrand von Kinder – Träume – Zukunft präsentiert sich ein nacktes Paar. Sowohl Mann als auch Frau scheinen auf dem kleineren Baum, der sich hinter ihnen befindet, zu sitzen. Auch wenn die Frau den Betrachtenden entgegenblickt und sie sich teilweise mit ihren Extremitäten bedeckt, zeigt sie durch ihre Körperhaltung (ihre rechte Hand ist hinter den Kopf gelegt) einen offenen Umgang mit der eigenen Nacktheit. Daher ist ihre Pose, gerade auch im Balanceakt auf dem Baum und dem Blickkontakt zu den Betrachtenden, von einer leichten Laszivität geprägt. Die Frau ist außerdem mit ihrem Oberkörper zur Brust des Mannes geneigt. Der Mann hingegen richtet seinen Blick auf eine weiße Taube, die oberhalb der Frau angeordnet ist. Diesen Vogel versucht der Mann gerade mit seiner rechten Hand zu ergreifen. Umrahmt wird die Szene von einer Kreisform, die in den nächsten Teilbereich weiterleitet. Das rahmende Kreiselement kehrt zudem in den anderen beiden Bereichen des Wandbildes wieder und bildet die kompositorische Grundlage für das mittlere Motiv. Die geometrische Form verbindet für die Gesamtaussage des Werkes also die autonomen Einzelmotive miteinander.

In der Mitte sind drei Kindergestalten zu einer gemeinsamen Halbfigur zusammengefasst und bilden eine Art Trinität. Hierbei variieren aber Mimik, Handlung und Gestik der einzelnen Kinderdarstellungen, die sich denselben Oberkörper teilen. Das linke Gesicht in Dreiviertelprofil hat gesenkte Augenlider und blickt zu Boden. Hierbei ist ein halbdurchsichtiger Arm diesem Gesicht vorgelagert, während die Hand bereits an die Stirn des mittleren Kindes in Frontalperspektive reicht. Im Zusammenspiel des linken Gesichtes und der stützenden Armhaltung werden jedoch Erinnerungen an den Melancholie-Gestus wachgerufen (Jacobs, 145). D.h. wir haben eine Figur vorliegen, die in sich selbst versunken ist, sinniert und imaginiert. In Bezug auf den Bildtitel kann das Kind daher als Tagträumender ausgelegt werden, wodurch die umliegenden Motive Traumbilder sind. Eine weitere Hand, die sich aufgrund der Positionierung eher der mittleren Kinder-Figur zuordnen lässt, hält ein aufgeschlagenes Buch, dessen Umschlagsbild geometrische Formen aufweist. Das rechte Kind im Seitenprofil blickt ernst nach rechts oben. Hinter diesem Gesicht und ungefähr auf der Höhe der Lippenpartie zeichnet sich eine Schulter ab. Dieser Partie mit den Augen weiter folgend, gelangt der Blick zum unteren Bildrand. Dort ist eine linke Hand zu sehen, die in Schreibhaltung einen Zirkel fasst.

Im rechten Teilbereich schwebt mit ausgestreckten Armen und angewinkelten Beinen ein Kosmonaut, während unter ihm ein Ikarus mit nur einem Flügel zum kraftvollen Absprung diagonal nach oben anzusetzen scheint. Interessanterweise leitet die rechte Hand des Ikarus den Blick der Betrachtenden wieder zurück auf den gehaltenen Zirkel des benachbarten Kinder-Porträts.

Das Wandbild ist in einem gedämpften Farbe-an-sich-Kontrast und in Kalt-Warm-Kontrasten gehalten. Hierbei dominieren vor allem Rot-, Blau- und Gelbtöne die Darstellung, wobei das Gelb bisweilen eine Neigung ins Orange aufzeigt. Die Figuren werden zudem durch dunklere Umrisslinien hervorgehoben und verstärken die Wirkung des Kontrastes.

Werkentstehung und Hintergrundinformationen zur Gattung

Aufgrund der Eigenschaften des Untergrundmaterials musste Großmann für den Farbauftrag Schablonen und einen Zerstäuber nutzen (Maleschka, 195, Prehn). Das Gebäude in der heutigen Ziolkowskistraße war 1973 eine Schülergaststätte im Wohngebietszentrum Oststadt (Maleschka, 195; Schulz, 30). Das gesamte Wohngebiet wurde dabei innerhalb von drei Bauabschnitten (1970/1980) realisiert und umfasste nicht nur Einrichtungen zur Bildung und Betreuung von Kindern (z.B. Schulen), sondern bot auch Raum für sportliche Aktivitäten (Sporthallen) sowie für die eigene Versorgung (Kaufhallen und Gaststätten) (Schulz, 30). Die Schülergaststätte, deren Eingangsseite Kinder – Träume – Zukunft ziert, befand sich in der Nähe der Schuleinrichtungen. Bei dem Wandbild handelt es sich zudem um eine Auftragsarbeit, die der Künstler 1968/69 erhielt (Maleschka, 195; Oswald, 592; Prehn). Das Werk wurde an einem politischen, bedeutsamen Datum, dem Tag der Republik (07.10.1973), eingeweiht (Prehn, Maleschka, 195).

Baubezogene Kunst[5] in der DDR hatte keinen rein dekorativen Charakter, sondern war aus Sicht der Auftraggebenden oftmals mit bestimmten Aufgaben verbunden: Sie sollten politische Kontexte aufgreifen, Zuversicht ausstrahlen und ein idealisiertes Gesellschaftsbild nachzeichnen (Topfstedt, S 22). Hierbei sollten die „idealisierte[n] Gesellschaftsbilder […] vom optimistischen Lebensgefühl einer von Grund auf neu zu entwickelnden sozialistischen Menschengemeinschaft getragen werden“ (Topfstedt, 22). Jener Optimismus inkludierte also die Möglichkeiten, die mit sozialistischen Neustrukturierungen in der Gesellschaft einher gehen. Zu berücksichtigen ist jedoch, in welcher Dekade die Kunstwerke entstanden, da sich bei dieser Gattung im Laufe der Zeit ein Wandel hinsichtlich der Gestaltungsmöglichkeiten abzeichnete (Topfstedt, S 23–26). D.h. aber nicht, dass die damit von der SED angedachte Funktion baubezogener Kunst als ideologisches Erziehungsmittel grundsätzlich ad acta gelegt war. Die Auswahl der Bildthemen und die Prüfung ihrer künstlerischen Umsetzung unterlag nämlich auch Kontrollverfahren. Der Kunsthistoriker Thomas Topfstedt (*1947–2021) konstatiert zu Beginn seiner Ausführungen dennoch, dass „die Inhalte vo[m] gesellschaftlichen Auftraggeber in der Regel vorgegeben [waren], doch konnte niemand dem ausführenden Künstler die Entscheidung darüber abnehmen, wie er diese Vorgaben in seinem Werk umsetzen wollte“ (Topfstedt, 22). Es bedarf folglich einer differenzierten und kritischen Betrachtung zwischen der jeweiligen künstlerischen Darstellung, ihrem Entstehungszeitraum und der generellen Aufgabe, die an baubezogene Kunst herangetragen worden ist.

Werkprozess

Im Jahr 1973 erschien in der Zeitschrift Bildende Kunst (1953–1990)[6] ein Beitrag von Christine Oswald, in dem fünf Kompositionsentwürfe von Kinder – Träume – Zukunft abgebildet sind (Oswald, 591). Anhand dessen lässt sich der Werkprozess partiell nachvollziehen. Nach Oswalds Schilderungen und auch Dietmar Eisolds Lexikoneintrag zum Künstler zu schließen, dürften nämlich die Vorarbeiten etwas umfangreicher gewesen sein, als es die getroffene Bildauswahl in der Zeitschrift aufzeigt (Oswald, 593; Eisold, 283)[7]. Dennoch ermöglichen die Abbildungen in der Bildende Kunst erste Einblicke in die künstlerischen Entwicklungsabschnitte. Für den Traumkontext dabei besonders interessant ist, dass sich durch die Veränderung eines Motivs die im Bild eröffnete Traumerzählung gewandelt hat. Ursprünglich war auf der linken Seite in einer Baumkrone ein kleines, liegendes Paar geplant. In der dritten abgedruckten Abbildung wird dabei ersichtlich, dass die den Betrachtenden zugewendete Frauenfigur ihren Kopf in die linke Hand stützt, während sich der Mann hinter ihr in Rückenlage befindet und das Haupt in seine hinter dem Kopf verschränkten Händen bettet. Beide scheinen geschlossene Lider zu haben und greifen somit Schlafgesten auf. Zwar sind die Kinder bereits zentral positioniert, von größerem Format und daher bedeutungsperspektivisch schwerer gewichtet, allerdings rücken durch die Schlafenden weitere mögliche Träumende ins Bild, auf die die einzelnen umliegenden Szenen hätten bezogen werden können. Ferner thematisiert das schlafende Paar den Nachttraum, sodass sich eine Deutung des Bildes als Traum-im-Traum-Darstellung eröffnet. Der dargestellte Traum findet demnach über einen längeren Zeitraum hinweg statt. Die dritte Abbildung in der Bildende Kunst war nämlich kompositorisch in die drei Teilbereiche Nachttraum, Tagtraum/Gegenwart, Traum- bzw. Zukunftsvision unterteilt.

Mit der zusehenden Reduzierung von Details und Figurationen im Werkprozess tritt die Dreiergruppe der Kinderfiguren deutlicher hervor. Demnach beziehen sich im Endprodukt die umliegenden Traumsequenzen ausschließlich auf die kindliche Gruppe. Auch wenn im Bildtitel der generalisierende Traumbegriff noch auftaucht und die Komposition des Simultanbildes Anwendung findet, so umfasst das letztendliche Kunstwerk die Imaginationen, das Tagträumen, die Gegenwart und Zukunftsvisionen. Bei Letzteren handelt es sich aber nicht um realitätsferne bzw. prophetische Vorstellungen, sondern Geschehnisse, die planbar, kontrollierbar und tatsächlich erreichbar sind (Hofer, 209). Davon zeugt auch folgende Aussage Oswalds:

Großmann mußte für sein künstlerisches Vorhaben, ein Wandbild vom Vorwärtsträumen zu gestalten – das Mögliches im Wirklichen sichtbar werden läßt und das gerade unsere Gesellschaftsordnung beste Voraussetzungen bietet für das Erfüllen wirklichkeitsbezogener Träume –, die entsprechenden Bilder finden. (Oswald, 592f.)

Ikonographie: Analyse und Bezug auf Traumkontexte

- Paar im Paradies

Großmann nimmt in seinem Wandbild Bezug auf die tradierte Adam und Eva-Motivik in der Bildenden Kunst – und zwar auf Darstellungen des Garten Edens – und wandelt sie ab. Der aktive Part der beiden Figuren mit idealtypischen Körperbildern ist der Mann, der nach der Taube und somit dem Symbol des Friedens greift. Auf der offiziellen Webseite von Neubrandenburg findet sich eine positive Auslegung, die im weiteren Deutungsrahmen der Zusammenstellungen der Einzelmotive begründet liegt. Demnach verkörpere das Paar im Paradies „das ursprüngliche Sein [sowie] das Streben nach Glück und Selbstverwirklichung“ (Prehn).

In der DDR entstanden aber laut der Kunsthistorikerin Ulrike Bestgen ab 1975 zahlreiche Aktdarstellungen von Mann und Frau, die durch Bezug zu Adam und Eva sowohl geschlechtliche Rollenbilder, Idealvorstellungen als auch die Gleichberechtigung in der DDR[8] kritisch beleuchten konnten (Bestgen, 322–327). Mit Adam und Eva konnte ferner das Verhältnis des Einzelnen zur Gesellschaft hinterfragt werden, dennoch war auch eine positive Wertung möglich (o.A., 09 Alter Adam, neue Eva). Somit ist ein mehrdeutiges Gesellschaftsbild mit Hilfe der Motivik gegeben. Es ist daher danach zu fragen, in welcher Form Großmanns Werk, das früher als Bestgens Zeitrahmen datiert ist, an die verschiedenen Lesarten anknüpft. Auffällig ist, dass sich im Paar ein Spiel zwischen Aktivität und Passivität wiederfindet. Friedlich sitzen beide nebeneinander und sind in ihrer idealisierten Nacktheit durchaus gleichgestellt (Bestgen, 323). Aber derjenige, der sich aktiv für den Frieden einsetzt also nach Glück strebt und die Ziele, Sehnsüchte und Wünsche zu realisieren sucht, ist der Mann, während die Frau angesichts seiner Handlungen unbeteiligter wirkt. Allerdings ist sie diejenige, die den Betrachtenden entgegenblickt und dadurch die Kommunikation mit der Gesellschaft sucht. Der Mann scheint hingegen bedeutungsperspektivisch größer gehalten zu sein als der weibliche Gegenpart. Außerdem suchen die Figuren zwar gegenseitige körperliche Nähe, interagieren aber nicht wirklich miteinander. Auch herrscht zwischen ihnen keine sexuelle Spannung, was einerseits eine Referenz zur Situation des Paares im Garten Eden darstellt, andererseits die Paarbeziehungen in der DDR idealisiert und ihnen einen unschuldigen Charakter zuweist (Bestgen, 322). In der Darstellung des sozialistischen und idyllischen Paradieses ist daher eher eine positive Lesart intendiert. Eine negative Lesart hingegen ist höchstens in äußerst subtiler Weise in der Aktivität und Passivität der Figuren und dem Bruch mit der Lebensrealität vertreten. Ungeachtet der Lesart ist das Paar kompositorischer Bestandteil der Tagträume der dargestellten Kinder.

Kosmonaut

Das Motiv des Kosmonauten hat sich in der DDR in den 1960er Jahren etabliert (Hofer, 205 f.) und bis 1989 Darstellungsentwicklungen und Abwandlungen erfahren (ebd., 206–215; Schaber). Zudem hängt das Motiv mit der Geschichte der Weltraumeroberung zusammen (Hofer, 205 f.). Am 12. April 1961 glückte Juri Gagarin der erste bemannte Raumflug. Angesichts fehlender Bildmaterialien konzentrierten sich aber die Propaganda und die Medien auf den Kosmonauten, infolgedessen sich ein Personenkult entwickelte: „In Gagarin symbolisierte sich der russische Fortschritt, sein Triumph besiegelte die russische Überlegenheit über die amerikanische Weltraumbehörde, ja mehr noch: die Erfolge im Weltall galten in der sozialistischen Propaganda als Vorzeichen des Sieges über den ideologischen Feind“ (Hofer, 206).

Der Kosmonaut in Kinder – Träume – Zukunft weist aber kein eindeutiges Konterfei Juri Gagarins auf, weshalb in den Publikationen lediglich von einem Kosmonauten gesprochen wird (Maleschka, 195; Oswald, 594; Prehn). Dennoch kann der Kosmonaut angesichts der Motivgeschichte und abhängig vom Entstehungszeitpunkt sowie von der künstlerischen Umsetzung in der Bildenden Kunst in der DDR Technikbegeisterung (Hofer, 206), Kontrollierbarkeit von Natur und Technik (Schaber, 251), die Erfüllung von ehemals unmöglich erscheinenden, gesetzten Zielen (Oswald, 594; Prehn), aktuellen Zukunftsmöglichkeiten (Prehn) sowie den sozialistischen ,Traum‘ vom neuen Menschen symbolisieren (Hofer, 206, Schaber, 251 f.). Im Kerngedanken kann der neue Mensch dabei durch seine Handlungen Fortschritte und eine stetig bessere Gesellschaft erreichen, wobei letzteres durch den Kommunismus bereits realisiert wurde (Hofer, 206). Oder wie der Evangelische Theologe und Sozialethiker Gottfried Küenzlen (*1945) zu Beginn seiner Übersichtsschau über die Ideengeschichte vom Christentum bis in die Kritik der Moderne pointiert: „Der ,Alte Adam‘ soll vom Neuen Menschen überwunden werden“ (Küenzlen, 4). In diesem Sinne ist die Setzung vom Paar im Paradies und vom Kosmonauten an den beiden gegenüberliegenden Bildrändern kohärent, zeigt sie doch, dass stetige Weiterentwicklungen zum Ausbau des sozialistischen Paradieses angestrebt werden und positiv zu bewerten sind. Da das historische Ereignis 1961 stattfand, zeigt das Wandbild ferner die Realisierung bzw, Erfüllungsmoment einer ehemaligen ,Vision‘ auf – und dass auch andere sich bewahrheiten werden. Kosmonaut und Ikarus sind ferner in der Darstellung nicht zufällig dicht zueinander gesetzt, da sie in einem inneren Sinnzusammenhang zueinanderstehen.

  1. Aus bildrechtlichen Gründen wird auf Weblinks verwiesen. Fotografien des Wandbildes finden sich online unter: Prehn, Burkhard: Denkmal des Monats, Mai – Wandbild „Kinder Träume Zukunft“, 25. April 2018, https://www.neubrandenburg.de/index.php?ModID=7&FID=2751.6315.1&object=tx%7C2751.6315.1 (Zugriff 12. Februar 2024).
  2. Der Maler und Grafiker war 1947–1958 als Dozent und Professor an der Hochschule für Bildende Künste in Dresden tätig, wobei er dort erst 1953 Professor wurde (Eisold, 216).
  3. Ab 1949 dozierte der Maler an der Hochschule für Bildende Künste in Dresden und wurde dort zwei Jahre später Professor (Scharnhorst/Barth). An derselben Institution hatte er zudem im Zeitraum von 1953–1958 und 1964/65 die Stelle als Rektor inne.
  4. Für weiterführende Informationen zum Künstler (Eisold, 283).
  5. Es handelt sich hierbei um eine Bezeichnung, die sich ab den 1960er Jahren etablierte und auch beispielsweise freistehende Bildwerke im öffentlichen Raum inkludierte (Topfstedt, 22f.). Zuvor wurde noch der Terminus Kunst am Bau genutzt.
  6. Für weiterführende Informationen zur Zeitschrift (Vierneisel, 276–288).
  7. Der Standort der Entwürfe konnte nicht ermittelt und für die Untersuchung berücksichtigt werden. Die Datierungen der Entwurfsskizzen bei Oswald sind nicht mit den Angaben im Lexikoneintrag des Kunsthistorikers und Publizisten Dietmar Eisold (*1947–2017) stimmig. Bei Eisold findet sich sowohl der Vermerk zu einer Skizze von 1969 als auch zu farbigen Entwürfen von 1972. In Oswalds Beitrag hingegen werden die abgebildeten fünf Kompositionsentwürfe auf 1969/71 datiert (Oswald, 591; Eisold, 283).
  8. Die Gleichberechtigung wurde politisch propagiert und stützte sich argumentativ auf die berufliche Tätigkeit von Frauen in den sozialistischen Staaten. Dabei war es ökonomisch unabdingbar gewesen zusätzliche Arbeitskräfte einzubinden. Im Privatbereich hingegen wurden oftmals alte Rollenbilder aufrecht gehalten, sodass Frauen neben ihrer Berufstätigkeit zusätzlich allein die Haushaltsführung und Familienbetreuung bewältigten. Die Propaganda stand hierbei also oftmals im Widerspruch zur Lebensrealität (Bestgen, 319f.; Littke).