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Seine letzte vollendete Komposition weist der italienische Komponist Luigi Nono (1924–1990) im Titel als traumbezogen aus: ''„Hay que caminar“ sognando'' für zwei Violinen wurde Anfang März 1989 fertiggestellt und im Oktober desselben Jahres in Mailand von Irvine Arditti und David Alberman uraufgeführt. Das spanischsprachige Zitat ''„Hay que caminar“'' (dt. etwa „‚Man muss wandern‘“) ergänzt der Titel in italienischer Sprache um die Beschreibung ''sognando'' (dt. „träumend“). Der erste Aspekt, das Wandern, wird bei der Aufführung des Duos unter anderem dadurch inszeniert, dass die Musiker:innen sich zwischen verschiedenen Positionen im Aufführungsraum bewegen. Dies lässt nach einer möglichen kompositorischen Umsetzung des zweiten im Titel genannten Aspekts, des Träumens, fragen.
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Seine letzte vollendete Komposition weist der italienische Komponist Luigi Nono (1924–1990) im Titel als traumbezogen aus: ''„Hay que caminar“ sognando'' für zwei Violinen wurde Anfang März 1989 fertiggestellt und im Oktober desselben Jahres in Mailand von Irvine Arditti und David Alberman uraufgeführt. Das spanischsprachige Zitat ''„Hay que caminar“'' (dt. etwa „Man muss wandern“) ergänzt der Titel in italienischer Sprache um die Beschreibung ''sognando'' (dt. „träumend“). Der erste Aspekt, das Wandern, wird bei der Aufführung des Duos unter anderem dadurch inszeniert, dass die Musiker:innen sich zwischen verschiedenen Positionen im Aufführungsraum bewegen. Dies lässt nach einer möglichen kompositorischen Umsetzung des zweiten im Titel genannten Aspekts, des Träumens, fragen.
    
==Zum Komponisten==
 
==Zum Komponisten==
Luigi Nono, geboren am 29. Januar 1924 in Venedig, gilt als einer der wichtigsten Komponisten zeitgenössischer Musik nach 1950 (vgl. Borio 2001, 24). Nach dem Ende seiner Schulzeit studierte er zunächst Jura und erhielt Kompositionsunterricht bei Gian Francesco Malipiero (1882–1973) und später bei Bruno Maderna (1920–1973). Ab 1950 besuchte er die Darmstädter Ferienkurse für Neue Musik, bei denen er ab 1956 auch als Lehrender tätig war. Gemeinsam mit Pierre Boulez (1925–2016) und Karlheinz Stockhausen (1928–2007) entwickelte sich Nono zu einem der bestimmenden kompositorischen Protagonisten der seriellen Musik (vgl. Stenzl 2004, 1158). Ab 1952 war er Mitglied der Italienischen Kommunistischen Partei und bezog auch mit den in seinen Werken vertonten Texten immer wieder politisch Stellung. Zunehmend nahm sein Komponieren auch die Möglichkeiten elektronischer Klangverarbeitung auf (z.B. in ''La fabbrica illuminata'' für Sopran und Tonband, 1964); ab seinem Streichquartett ''Fragmente – Stille, An Diotima'' (1979/80) verstärkte sich der in seinem Werk bereits vorher spürbare Zug zu kompositorischer Reduktion mit dynamisch meist zurückgenommenen, intern differenzierten Klängen und einer Gestaltung formaler Abläufe aus einzelnen klanglichen Bruchstücken. Ein zentrales Werk seines letzten Lebensjahrzehnts ist die als ''Tragödie des Hörens'' bezeichnete musiktheatralische Komposition ''Prometeo'', für die der italienische Philosoph Massimo Cacciari (*1944) das Libretto zusammengestellt hatte und die 1984 in Venedig uraufgeführt wurde. Nono starb am 8. Mai 1990 in Venedig.
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Luigi Nono, geboren am 29. Januar 1924 in Venedig, gilt als einer der wichtigsten Komponisten zeitgenössischer Musik nach 1950 (Borio 2001, 24). Nach dem Ende seiner Schulzeit studierte er zunächst Jura und erhielt Kompositionsunterricht bei Gian Francesco Malipiero (1882–1973) und später bei Bruno Maderna (1920–1973). Ab 1950 besuchte er die Darmstädter Ferienkurse für Neue Musik, bei denen er ab 1956 auch als Lehrender tätig war. Gemeinsam mit Pierre Boulez (1925–2016) und Karlheinz Stockhausen (1928–2007) entwickelte sich Nono zu einem der bestimmenden kompositorischen Protagonisten der seriellen Musik (Stenzl 2004, 1158). Ab 1952 war er Mitglied der Italienischen Kommunistischen Partei und bezog auch mit den in seinen Werken vertonten Texten immer wieder politisch Stellung. Zunehmend nahm sein Komponieren auch die Möglichkeiten elektronischer Klangverarbeitung auf (z.B. in ''La fabbrica illuminata'' für Sopran und Tonband, 1964); ab seinem Streichquartett ''Fragmente – Stille, An Diotima'' (1979/80) verstärkte sich der in seinem Werk bereits vorher spürbare Zug zu kompositorischer Reduktion mit dynamisch meist zurückgenommenen, intern differenzierten Klängen und einer Gestaltung formaler Abläufe aus einzelnen klanglichen Bruchstücken. Ein zentrales Werk seines letzten Lebensjahrzehnts ist die als ''Tragödie des Hörens'' bezeichnete musiktheatralische Komposition ''Prometeo'', für die der italienische Philosoph Massimo Cacciari (*1944) das Libretto zusammengestellt hatte und die 1984 in Venedig uraufgeführt wurde. Nono starb am 8. Mai 1990 in Venedig.
    
==Zum Werk==
 
==Zum Werk==
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===CD-Einspielungen===
 
===CD-Einspielungen===
* Luigi Nono: Fragmente – Stille, An Diotima / „Hay que caminar“ soñando. Disques Montaigne 1991 (MO 789005) (Irvine Arditti / David Alberman: Violine).
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* Luigi Nono: Fragmente – Stille, An Diotima/„Hay que caminar“ soñando. Disques Montaigne 1991 (MO 789005) (Irvine Arditti/David Alberman: Violine).
* Luigi Nono: La lontananza nostalgica utopica futura / „Hay que caminar“ soñando. Deutsche Grammophon 1992 (DGG 435 870-2) (Gidon Kremer / Tatiana Grindenko: Violine).
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* Luigi Nono: La lontananza nostalgica utopica futura/„Hay que caminar“ soñando. Deutsche Grammophon 1992 (DGG 435 870-2) (Gidon Kremer/Tatiana Grindenko: Violine).
* Luigi Nono: Polifonica – Monodia – Ritmica / Canti per 13 / Canciones a Guiomar / „Hay que caminar“ soñando. Wergo 1998 (WER 6631-2) (Andreas Bräutigam / Stephan Kalbe: Violine).
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* Luigi Nono: Polifonica – Monodia – Ritmica/Canti per 13/Canciones a Guiomar/„Hay que caminar“ soñando. Wergo 1998 (WER 6631-2) (Andreas Bräutigam / Stephan Kalbe: Violine).
* Jürg Frey: ohne titel (2 violinen) / Luigi Nono: „hay que caminar“ sognando. edition wandelweiser records 2001 (EWR 0103) (Joanna Becker / Clemens Merkel: Violine).
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* Jürg Frey: ohne titel (2 violinen)/Luigi Nono: „hay que caminar“ sognando. edition wandelweiser records 2001 (EWR 0103) (Joanna Becker/Clemens Merkel: Violine).
* Luigi Nono: No hay caminos, hay que caminar… Andrej Tarkowskij / „Hay que caminar“ sognando / Caminantes… Ayacucho. KAIROS 2007 (0012512KAI) (Irvine Arditti / Graeme Jennings: Violine).
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* Luigi Nono: No hay caminos, hay que caminar… Andrej Tarkowskij/„Hay que caminar“ sognando/Caminantes… Ayacucho. KAIROS 2007 (0012512KAI) (Irvine Arditti/Graeme Jennings: Violine).
* Bruno Maderna: Serenata per un satellite / Luigi Nono: „Hay que caminar“ sognando / Giorgio Netti: Inoltre. Nosag Records 2020 (nosag CD 240) (Duo Gelland: Cecilia Gelland / Martin Gelland: Violine).
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* Bruno Maderna: Serenata per un satellite / Luigi Nono: „Hay que caminar“ sognando / Giorgio Netti: Inoltre. Nosag Records 2020 (nosag CD 240) (Duo Gelland: Cecilia Gelland/Martin Gelland: Violine).
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===Zitierte Literatur===
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===Quellen===
* Borio, Gianmario: Art. Nono, Luigi. In: The New Grove Dictionary of Music and Musicians. Zweite, neubearbeitete Ausgabe, herausgegeben von Stanley Sadie, Bd. 18. London: Macmillan Publishers Limited 2001, 24–28.
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* Nono, Luigi: Pour Edmond Jabès/Für Edmond Jabès. In: Nils Röller (Hg.): Migranten. Edmond Jabès – Luigi Nono – Massimo Cacciari. Berlin: Merve 1995, 24–27.
* Di Bona, Elvira: The Spatial Experience of Musical Sources: Two Case Studies. In: Phenomenology and Mind 14 (2018), 180–187.
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* Nono, Luigi: Eine Autobiographie des Komponisten. Enzo Restagno mitgeteilt. Berlin, März 1987. In: Andreas Wagner (Hg.): Luigi Nono. Dokumente – Materialien (Schriftenreihe Netzwerk Musik Saar, Bd. 1). Saarbrücken: PFAU 2003, 34–138.
* Dollinger, Christina: Unendlicher Raum – zeitloser Augenblick. Luigi Nono: „Das atmende Klarsein“ und „1° Caminantes ... Ayacucho“. Saarbrücken: PFAU 2012.
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===Forschungsliteratur===
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* Borio, Gianmario: Art. Nono, Luigi. In: Stanley Sadie (Hg.): The New Grove Dictionary of Music and Musicians. Bd. 18. London: Macmillan 2. neubearb. Ausg. 2001, 24–28.
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* Di Bona, Elvira: The Spatial Experience of Musical Sources. Two Case Studies. In: Phenomenology and Mind 14 (2018), 180–187.
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* Dollinger, Christina: Unendlicher Raum – zeitloser Augenblick. Luigi Nono: ''Das atmende Klarsein'' und ''1° Caminantes ... Ayacucho''. Saarbrücken: PFAU 2012.
 
* Drees, Stefan: Architektur und Fragment. Studien zu späten Kompositionen Luigi Nonos. Saarbrücken: PFAU 1998.
 
* Drees, Stefan: Architektur und Fragment. Studien zu späten Kompositionen Luigi Nonos. Saarbrücken: PFAU 1998.
* Esterbauer, Erik: Eine Zone des Klangs und der Stille. Luigi Nonos Orchesterstück 2°) „No hay caminos, hay que caminar…Andrej Tarkowskij“. Würzburg: Königshausen & Neumann 2011.
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* Esterbauer, Erik: Eine Zone des Klangs und der Stille. Luigi Nonos Orchesterstück 2°) ''No hay caminos, hay que caminar…Andrej Tarkowskij''. Würzburg: Königshausen & Neumann 2011.
* Haas, Georg Friedrich: Über: „Hay que caminar“ soñando. In: Otto Kolleritsch (Hg.): Die Musik Luigi Nonos. Studien zur Wertungsforschung, Bd. 24. Wien / Graz: Universal-Edition 1991, 325–337.
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* Haas, Georg Friedrich: Über: ''„Hay que caminar“ soñando''. In: Otto Kolleritsch (Hg.): Die Musik Luigi Nonos. Studien zur Wertungsforschung. Bd. 24. Wien, Graz: Universal-Edition 1991, 325–337.
 
* Impett, Jonathan: Routledge Handbook to Luigi Nono and Musical Thought. New York: Routledge 2019.
 
* Impett, Jonathan: Routledge Handbook to Luigi Nono and Musical Thought. New York: Routledge 2019.
 
* Linden, Werner: Luigi Nonos Weg zum Streichquartett. Vergleichende Analysen zu seinen Kompositionen Liebeslied, .....sofferte onde serene..., Fragmente-Stille, An Diotima. Kassel: Bärenreiter 1989.
 
* Linden, Werner: Luigi Nonos Weg zum Streichquartett. Vergleichende Analysen zu seinen Kompositionen Liebeslied, .....sofferte onde serene..., Fragmente-Stille, An Diotima. Kassel: Bärenreiter 1989.
 
* Lange, Susanne / Strien, Petra (Hg.): Spanische und hispanoamerikanische Lyrik. Bd. 3: Von José Martí bis Miguel Hernández. München: C. H. Beck 2022.
 
* Lange, Susanne / Strien, Petra (Hg.): Spanische und hispanoamerikanische Lyrik. Bd. 3: Von José Martí bis Miguel Hernández. München: C. H. Beck 2022.
* Nono, Luigi: Pour Edmond Jabès / Für Edmond Jabès. In: Nils Röller (Hg.): Migranten. Edmond Jabès – Luigi Nono – Massimo Cacciari. Berlin: Merve 1995, 24–27.
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* Sevsay, Ertuğrul: Handbuch der Instrumentationspraxis. Kassel: Bärenreiter 2. Aufl. 2010.
* Nono, Luigi: Eine Autobiographie des Komponisten. Enzo Restagno mitgeteilt. Berlin, März 1987. In: Andreas Wagner (Hg.): Luigi Nono. Dokumente – Materialien. Schriftenreihe Netzwerk Musik Saar, Bd. 1. Saarbrücken: PFAU 2003, 34–138.
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* Stenzl, Jürg: Traum und Musik. In: Heinz-Klaus Metzger/Rainer Riehn (Hg.): Musik und Traum. München: edition text + kritik 1991 (Musik-Konzepte 74), 8–102.
* Sevsay, Ertuğrul: Handbuch der Instrumentationspraxis. 2. Auflage. Kassel: Bärenreiter 2010.
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* Stenzl, Jürg: Traum und Musik. In: Edgar Marsch (Hg.): Der Traum. Beiträge zu einem interdisziplinären Gespräch. Fribourg: Universitätsverlag 1996, 117–134.
* Stenzl, Jürg: Traum und Musik. In: Heinz-Klaus Metzger / Rainer Riehn (Hg.): Musik und Traum. Musik-Konzepte 74. München: edition text + kritik 1991, 8–102.
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* Stenzl, Jürg: Luigi Nono. Reinbek: Rowohlt 1998.
* Stenzl, Jürg: Traum und Musik. In: Edgar Marsch (Hg.): Der Traum. Beiträge zu einem interdisziplinären Gespräch. Freiburg, Schweiz: Universitätsverlag 1996, 117–134.
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* Stenzl, Jürg: Art. Nono, Luigi. In: Ludwig Finscher (Hg.), Die Musik in Geschichte und Gegenwart. Zweite, neubearbeitete Ausgabe. Personenteil, Bd. 12. Kassel, Stuttgart: Bärenreiter/Metzler 2004, 1154–1171.
* Stenzl, Jürg: Luigi Nono. Reinbek bei Hamburg: Rowohlt 1998.
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* Stenzl, Jürg: Art. Nono, Luigi. In: Die Musik in Geschichte und Gegenwart. Zweite, neubearbeitete Ausgabe, herausgegeben von Ludwig Finscher, Personenteil, Bd. 12. Kassel / Stuttgart: Bärenreiter / J. B. Metzler 2004, 1154–1171.
      
==Anmerkungen==
 
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[[Kategorie:Italien]]
 
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