"Alice's Adventures in Wonderland" / "Through the Looking-Glass" (Lewis Carroll): Unterschied zwischen den Versionen

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''Alice’s Adventures in Wonderland ''(dt. ''Alice im Wunderland'', ursprünglich ''Alices Abenteuer im Wunderland'') ist ein 1865 veröffentlichtes Kinderbuch des britischen Autors Lewis Carroll. Gemeinsam mit der 1871 erschienenen Fortsetzung ''Through the Looking-Glass, and What Alice Found There'' (dt. ''Alice hinter den Spiegeln''), die hier ebenfalls behandelt wird, zählt der Roman zu den bekanntesten Beispielen des literarischen Nonsens. Beide Erzählungen beschreiben eine oneirische Reise in das von Alice imaginierte Wunderland, in dessen Ausarbeitung zahlreiche Eindrücke und Fantasievorstellungen ihrer Wacherfahrungen einfließen (Cogan Thacker/Webb 2002, 64 f.). Inspirationsquelle für die Geschichte war die heute umstrittene Beziehung des Autors zu Alice Pleasance Lidell (1852-1934), die auch regelmäßig für den Amateurphotographen Modell stand (Winchester 2011).
''Alice’s Adventures in Wonderland ''(dt. ''Alice im Wunderland'', ursprünglich ''Alices Abenteuer im Wunderland'') ist ein 1865 veröffentlichtes Kinderbuch des britischen Autors Lewis Carroll (i.e. Charles Lutwidge Dodgson; 1832-1898). Gemeinsam mit der 1871 erschienenen Fortsetzung ''Through the Looking-Glass, and What Alice Found There'' (dt. ''Alice hinter den Spiegeln''), die hier ebenfalls behandelt wird, zählt der Roman zu den bekanntesten Beispielen des literarischen Nonsens. Beide Erzählungen beschreiben eine oneirische Reise in das von Alice imaginierte Wunderland, in dessen Ausarbeitung zahlreiche Eindrücke und Fantasievorstellungen ihrer Wacherfahrungen einfließen (Cogan Thacker/Webb 2002, 64 f.). Inspirationsquelle für die Geschichte war die heute umstrittene Beziehung des Autors zu Alice Pleasance Lidell (1852-1934), die auch regelmäßig für den Amateurphotographen Modell stand (Winchester 2011).




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===Absurdität===
===Absurdität===
Eine der auffallendsten Ähnlichkeiten zwischen Alices Erlebnissen im Wunderland und herkömmlichen Traumerfahrungen besteht in der fehlenden logischen Kohärenz und dem daraus resultierenden Eindruck des Bizarren. Diese offensichtliche Absurdität erlaubt es auch, die beiden Erzählungen dem literarischen Nonsens zuzuordnen. Auch wenn die moderne Traumforschung herausgefunden hat, dass ein Großteil menschlicher Träume völlig banale Alltagsbilder heraufbeschwören, sind surrealistisch anmutende Traumbilder und -erlebnisse, wie Alice sie erfährt, keine Seltenheit. Vor allem aber bilden sie einen bewährten Topos ästhetischer Traumdarstellungen. Lebendig gewordene Spielkarten (AAW Kap. 8), eine Wasserpfeife rauchende Raupe (AAW Kap. 5) oder menschengroße Zugtickets (TLG 146) sind typische Beispiele für in der Wachwelt als absurd empfundene, im Traum jedoch als selbstverständlich hingenommene Elemente (Zirker 2004/5). Besonders interessant erscheint dabei die Tatsache, dass Carroll sehr viele Tiere in die oneirische Fantasiewelt einbaut (Barrett 2012), die meist stark anthropomorph dargestellt sind, da sie mit Alice reden können, wie die Grinsekatze oder das Reh, dem Alice in ''Through the Looking-Glass'' begegnet (TLG 154). Andere nähern sich auch in Erscheinung und Habitus dem Menschen an, wie zum Beispiel das strickende Schaf in ''Through the Looking-Glass ''(TLG 176). Könnte man vermuten, dass Carroll hier an eine bewährte Tradition der Kinderliteratur anknüpft, wie man sie bereits in den Fabeln des 17. Jahrhunderts findet, so sollte im Kontext der Traumdarstellung auch angemerkt werden, dass Ergebnissen der modernen Traumforschung zufolge Tiere in Kinderträumen eine wichtige Rolle spielen (Bulkeley 2019, 50).
Eine der auffallendsten Ähnlichkeiten zwischen Alices Erlebnissen im Wunderland und herkömmlichen Traumerfahrungen besteht in der fehlenden logischen Kohärenz und dem daraus resultierenden Eindruck des Bizarren. Diese offensichtliche Absurdität erlaubt es auch, die beiden Erzählungen dem literarischen Nonsens zuzuordnen. Auch wenn die moderne Traumforschung herausgefunden hat, dass ein Großteil menschlicher Träume völlig banale Alltagsbilder heraufbeschwören, sind surrealistisch anmutende Traumbilder und -erlebnisse, wie Alice sie erfährt, keine Seltenheit. Vor allem aber bilden sie einen bewährten Topos ästhetischer Traumdarstellungen. Lebendig gewordene Spielkarten (AAW Kap. 8), eine Wasserpfeife rauchende Raupe (AAW Kap. 5) oder menschengroße Zugtickets (TLG 146) sind typische Beispiele für in der Wachwelt als absurd empfundene, im Traum jedoch als selbstverständlich hingenommene Elemente (Zirker 2004/5). Besonders interessant erscheint dabei die Tatsache, dass Carroll sehr viele Tiere in die oneirische Fantasiewelt einbaut (Klein 2012), die meist stark anthropomorph dargestellt sind, da sie mit Alice reden können, wie die Grinsekatze oder das Reh, dem Alice in ''Through the Looking-Glass'' begegnet (TLG 154). Andere nähern sich auch in Erscheinung und Habitus dem Menschen an, wie zum Beispiel das strickende Schaf in ''Through the Looking-Glass ''(TLG 176). Könnte man vermuten, dass Carroll hier an eine bewährte Tradition der Kinderliteratur anknüpft, wie man sie bereits in den Fabeln des 17. Jahrhunderts findet, so sollte im Kontext der Traumdarstellung auch angemerkt werden, dass Ergebnissen der modernen Traumforschung zufolge Tiere in Kinderträumen eine wichtige Rolle spielen (Bulkeley 2019, 50).


===Spatio-temporelle Dissonanzen===
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===Forschungsliteratur===
===Forschungsliteratur===
* Bulkeley, Kelly: The Subversive Dreams of Alice in Wonderland. In: International Journal of Dream Research 12 (2019) 2, 49–59.
* Bulkeley, Kelly: The Subversive Dreams of Alice in Wonderland. In: International Journal of Dream Research 12 (2019) 2, 49-59.
* Carpenter, Humphrey/Mari Prichard: The Oxford Companion to Children’s Literature. Oxford: Oxford UP 1999.
* Carpenter, Humphrey/Mari Prichard: The Oxford Companion to Children’s Literature. Oxford: Oxford UP 1999.
* Cogan Thacker, Deborah/Jean Webb: Introducing Children’s Literature. From Romanticism to Postmodernism. New York: Routledge 2002.
* Cogan Thacker, Deborah/Jean Webb: Introducing Children’s Literature. From Romanticism to Postmodernism. New York: Routledge 2002.
* Engel, Manfred: Towards a Poetics of Dream Narration. In: Bernard Dieterle/Manfred Engel (Hg.): Writing the Dream/Ecrire le rêve. Würzburg: Königshausen & Neumann 2017 (Cultural Dream Studies 1), 19–44.
* Engel, Manfred: Towards a Poetics of Dream Narration. In: Bernard Dieterle/Manfred Engel (Hg.): Writing the Dream/Ecrire le rêve. Würzburg: Königshausen & Neumann 2017 (Cultural Dream Studies 1), 19-44.
* Fordyce, Rachel/Carla Marello (Hg.): Semiotics and Linguistics in Alice’s World. Berlin: de Gruyter 1994.
* Fordyce, Rachel/Carla Marello (Hg.): Semiotics and Linguistics in Alice’s World. Berlin: de Gruyter 1994.
* Holthuis, Susanne: Alice in Wonderland – Aspects of Intertextuality. In: Fordyce, Rachel/Carla Marello (Hg.): Semiotics and Linguistics in Alice’s World. Berlin: de Gruyter 1994, 127–140.
* Holthuis, Susanne: Alice in Wonderland – Aspects of Intertextuality. In: Fordyce, Rachel/Carla Marello (Hg.): Semiotics and Linguistics in Alice’s World. Berlin: de Gruyter 1994, 127-140.
* Jones, Elwyn/Francis Gladstone: The Alice Companion. A Guide to Lewis Carroll’s ''Alice'' Books. London: Macmillan 1998.
* Jones, Elwyn/Francis Gladstone: The Alice Companion. A Guide to Lewis Carroll’s ''Alice'' Books. London: Macmillan 1998.
* Jones, Elwyn/Francis Gladstone: The Red King’s Dream, or Lewis Carroll in Wonderland. London: Jonathan Cape 1995.
* Jones, Elwyn/Francis Gladstone: The Red King’s Dream, or Lewis Carroll in Wonderland. London: Jonathan Cape 1995.
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* Klein, Barrett: The Curious Connection between Insects and Dreams. In: Insects. Insects in Pop Culture, Art and Music 3 (2012) 1; [https://www.mdpi.com/2075-4450/3/1/1/htm online].
* Klein, Barrett: The Curious Connection between Insects and Dreams. In: Insects. Insects in Pop Culture, Art and Music 3 (2012) 1; [https://www.mdpi.com/2075-4450/3/1/1/htm online].
* Kreuzer, Stefanie: Traum und Erzählen in Literatur, Film und Kunst. Paderborn: Fink 2014.
* Kreuzer, Stefanie: Traum und Erzählen in Literatur, Film und Kunst. Paderborn: Fink 2014.
* Lötscher, Christine: Technik des Sinns. Hermeneutik des Unsinns. Materialität, Medialität und ästhetische Erfahrung in Lewis Carrolls Alice-Romanen. In: David Magnus/Sergej Rickenbacher (Hg.): Technik – Ereignis – Material. Berlin: Kadmos 2018, 69–84.
* Lötscher, Christine: Technik des Sinns. Hermeneutik des Unsinns. Materialität, Medialität und ästhetische Erfahrung in Lewis Carrolls Alice-Romanen. In: David Magnus/Sergej Rickenbacher (Hg.): Technik – Ereignis – Material. Berlin: Kadmos 2018, 69-84.
* Middeke, Martin/Monika Pietrzak-Franger: Handbook of the English Novel, 1860-1900. Boston: de Gruyter 2020, 351-367.
* Middeke, Martin/Monika Pietrzak-Franger: Handbook of the English Novel, 1860-1900. Boston: de Gruyter 2020, 351-367.
* Nöth, Winfried: Literatursemiotische Analysen zu Lewis Carrolls Alice-Büchern. Tübingen: Narr 1980.
* Nöth, Winfried: Literatursemiotische Analysen zu Lewis Carrolls Alice-Büchern. Tübingen: Narr 1980.
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Zitiervorschlag für diesen Artikel:
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Mehrbrey, Sophia: "Alice in Wonderland" (Lewis Carroll). In: Lexikon Traumkultur. Ein Wiki des Graduiertenkollegs "Europäische Traumkulturen", 2021; http://traumkulturen.uni-saarland.de/Lexikon-Traumkultur/index.php/%22Alice_in_Wonderland%22_(Lewis_Carroll).
Mehrbrey, Sophia: "Alice in Wonderland" / "Through the Looking-Glass" (Lewis Carroll). In: Lexikon Traumkultur. Ein Wiki des Graduiertenkollegs "Europäische Traumkulturen", 2021; http://traumkulturen.uni-saarland.de/Lexikon-Traumkultur/index.php/%22Alice%27s_Adventures_in_Wonderland%22_/_%22Through_the_Looking-Glass%22_(Lewis_Carroll).


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