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Zweifel an der Wahrhaftigkeit der Erzählung entstehen besonders am Anfang der Geschichte, als Krümel auf seinen Tod wartet (S. Reinbold, 2007, 18; E Törnqvist, 1975, 18 u. 28). Weil er wiederholt zwischen Präsenz und Präteritum wechselt, bleibt die Erzählsituation unklar: Lässt uns der junge Held an seiner Geschichte teilhaben, nachdem er sie erlebt hat, also sich in Nangilima aufhält, oder entsteht die Erzählung zeitgleich zu den fieberhaften Träumen des kranken Jungen, in denen er sich Nangijala ausmalt? Gerade die Schilderung des eigenen Todes bleibt vage und kann auch als ein Einschlafen und Hinübergleiten in einen Traum gelesen werden:
 
Zweifel an der Wahrhaftigkeit der Erzählung entstehen besonders am Anfang der Geschichte, als Krümel auf seinen Tod wartet (S. Reinbold, 2007, 18; E Törnqvist, 1975, 18 u. 28). Weil er wiederholt zwischen Präsenz und Präteritum wechselt, bleibt die Erzählsituation unklar: Lässt uns der junge Held an seiner Geschichte teilhaben, nachdem er sie erlebt hat, also sich in Nangilima aufhält, oder entsteht die Erzählung zeitgleich zu den fieberhaften Träumen des kranken Jungen, in denen er sich Nangijala ausmalt? Gerade die Schilderung des eigenen Todes bleibt vage und kann auch als ein Einschlafen und Hinübergleiten in einen Traum gelesen werden:
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: Aber jetzt komme ich auch bald nach Nangijala. Bald, bald werde ich dort hinfliegen. Vielleicht heute Nacht. Mir ist, als könnte es heute Nacht sein. Ich will einen Zettel schreiben und ihn auf den Küchentisch legen, damit Mama ihn morgen früh findet.
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: Aber jetzt komme ich auch bald nach Nangijala. Bald, bald werde ich #dort hinfliegen#. Vielleicht heute Nacht. Mir ist, als könnte es heute Nacht sein. Ich will einen Zettel schreiben und ihn auf den Küchentisch legen, damit Mama ihn morgen früh findet.
 
: Und das soll auf dem Zettel stehen:
 
: Und das soll auf dem Zettel stehen:
 
: „Weine nicht, Mama! Wir sehen uns wieder in Nangijala!“''
 
: „Weine nicht, Mama! Wir sehen uns wieder in Nangijala!“''
: Dann geschah es. Etwas seltsameres habe ich nie erlebt. Ganz plötzlich stand ich einfach vor der Gartenpforte und las auf dem Schild: Die Brüder Löwenherz.  
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: Dann geschah es. Etwas #seltsameres# habe ich nie erlebt. Ganz plötzlich stand ich einfach vor der Gartenpforte und las auf dem Schild: Die Brüder Löwenherz.  
 
: Wie kam ich dorthin? Wann flog ich? Wie konnte ich den Weg finden, ohne jemanden danach zu fragen? Das weiß ich nicht (BL 20 f.).
 
: Wie kam ich dorthin? Wann flog ich? Wie konnte ich den Weg finden, ohne jemanden danach zu fragen? Das weiß ich nicht (BL 20 f.).
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Wie auch beim Einschlafen ist der Moment des Übertritts von einem Bewusstseinszustand in den anderen ausgeblendet, da Krümel nicht in der Lage ist diesen in seinem Bewusstsein genau zu situieren. Wie beim Einschlafen und Hinübergleiten in den Traumzustand brechen auch hier die bewussten Gedankenvorgänge plötzlich ab, um dann ''in medias res'' die Erzählung des Traumgeschehens beginnen zu lassen.<br />A. Lindgren hütet sich geflissentlich davor, diese Doppeldeutigkeit aufzuheben. Krümels finaler Ausruf „''Ich sehe das Licht''“<ref>Ebd., S. 238.</ref> wurde dennoch oft als Beleg dafür gedeutet, dass das Buch mit dem realen Tod des Protagonisten endet, die davor liegenden Ereignisse folglich seiner Einbildung entspringen.<br />Von Kritikern wurden Astrid Lindgren beide Lesarten zum Vorwurf gemacht. Die kindliche, weil sie der/m Lesenden eine verharmlosende Sicht auf den Tod bietet, die erwachsene, weil das harte Schicksal der beiden Brüder den kindlichen LeserInnen den Tod und seine Schrecken zu brutal vor Augen führen würde<ref>Elke Liebs: Die Sehnsucht zum Tode. Selbstmord in der Jugendliteratur. Der Deutschunterricht 2, 2002; Dieter Matthias: Springe, und du wirst aufgefangen! Zur Gestaltung von Trost in der Verfilmung der „Brüder Löwenherz“. Ein Unterrichtsmodell für die Sekundarstufe 1, 1997; Eva-Maria Metcalf: Leap of Faith in Astrid Lindgren’s Brothers Lionheart. Children’s Literature 23, 1995, S. 165–178.</ref>. Dennoch wurde der Roman ein internationaler Erfolg und wurde 1979 mit dem Internationalen Janusz-Korczak-Literaturpreis und dem Wilhelm-Hauff-Preis ausgezeichnet.<br /> 
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Wie auch beim Einschlafen ist der Moment des Übertritts von einem Bewusstseinszustand in den anderen ausgeblendet, da Krümel nicht in der Lage ist, diesen in seinem Bewusstsein genau zu situieren. Wie beim Einschlafen und Hinübergleiten in den Traumzustand brechen auch hier die bewussten Gedankenvorgänge plötzlich ab, um dann ''in medias res'' die Erzählung des Traumgeschehens beginnen zu lassen.
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A. Lindgren hütet sich geflissentlich davor, diese Doppeldeutigkeit aufzuheben. Krümels finaler Ausruf „Ich sehe das Licht“ (BL 238) wurde dennoch oft als Beleg dafür gedeutet, dass das Buch mit dem realen Tod des Protagonisten endet, die davor liegenden Ereignisse folglich seiner Einbildung entspringen.
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Von Kritikern wurden Astrid Lindgren beide Lesarten zum Vorwurf gemacht. Die kindliche, weil sie der/m Lesenden eine verharmlosende Sicht auf den Tod bietet, die erwachsene, weil das harte Schicksal der beiden Brüder den kindlichen LeserInnen den Tod und seine Schrecken zu brutal vor Augen führen würde (E. Liebs 2002, ##; D. Matthias 1997, ###; E.-M. Metcalf 1995, ##).S. 165–178. Dennoch wurde der Roman ein internationaler Erfolg und 1979 mit dem Internationalen Janusz-Korczak-Literaturpreis und dem Wilhelm-Hauff-Preis ausgezeichnet.
    
==Traumerfahrung==
 
==Traumerfahrung==

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