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Wolfgang Borchert wurde am 21. Mai 1921 in Hamburg geboren. 1939 begann er eine Buchhändlerlehre, die er abbrach, um sich zum Schauspieler ausbilden zu lassen. Nach kurzer Tätigkeit an der Landesbühne in Lüneburg wurde er 1941 zur Wehrmacht einberufen und an die Ostfront nach Smolensk geschickt. Wegen regimekritischer politischer Äußerungen und einer Goebbels-Parodie wurde er für mehrere Monate in Haft genommen. 1945 geriet er in französische Kriegsgefangenschaft. Es gelang ihm die Flucht in seine Heimatstadt Hamburg, wo er am 10. Mai 1945 in sehr schlechter gesundheitlicher Verfassung ankam. Einen Tag vor der Uraufführung seines Dramas ''Draußen vor der Tür'' an den Hamburger Kammerspielen starb Borchert im Alter von nur 26 Jahren am 20. November 1947 in Basel. Zwei Jahre später folgte mit Wolfgang Liebeneiners [["Liebe 47" (Wolfgang Liebeneiner)|''Liebe 47'']] eine erste Filmadaption des Dramas, nun um eine weibliche Perspektive ergänzt.
 
Wolfgang Borchert wurde am 21. Mai 1921 in Hamburg geboren. 1939 begann er eine Buchhändlerlehre, die er abbrach, um sich zum Schauspieler ausbilden zu lassen. Nach kurzer Tätigkeit an der Landesbühne in Lüneburg wurde er 1941 zur Wehrmacht einberufen und an die Ostfront nach Smolensk geschickt. Wegen regimekritischer politischer Äußerungen und einer Goebbels-Parodie wurde er für mehrere Monate in Haft genommen. 1945 geriet er in französische Kriegsgefangenschaft. Es gelang ihm die Flucht in seine Heimatstadt Hamburg, wo er am 10. Mai 1945 in sehr schlechter gesundheitlicher Verfassung ankam. Einen Tag vor der Uraufführung seines Dramas ''Draußen vor der Tür'' an den Hamburger Kammerspielen starb Borchert im Alter von nur 26 Jahren am 20. November 1947 in Basel. Zwei Jahre später folgte mit Wolfgang Liebeneiners [["Liebe 47" (Wolfgang Liebeneiner)|''Liebe 47'']] eine erste Filmadaption des Dramas, nun um eine weibliche Perspektive ergänzt.
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Neben ''Draußen vor der Tür'' verfasste er in seiner sehr kurzen Schaffensphase zahlreiche Kurzgeschichten und Gedichte, die zur sogenannten "Trümmerliteratur" zählen.
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Neben ''Draußen vor der Tür'' verfasste Borchert in seiner sehr kurzen Schaffensphase zahlreiche Kurzgeschichten und Gedichte, die zur sogenannten "Trümmerliteratur" zählen.
 
      
==Die Träume==
 
==Die Träume==
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In Beckmanns erzähltem Alptraum und seinem Traum von Sterben steckt das zentrale Charakteristikum von ''Draußen vor der Tür'': die "Derealisierung" (Weiershausen 2017, 236). In Borcherts Stück haben sich die Wirklichkeitsebenen verkehrt, d.h. Beckmanns Träume stellen einen Rahmen dar, in dem die "wahre Wirklichkeit" (ebd.) gezeigt und artikuliert werden kann. Dagegen entpuppt sich die Realität des Obersts, des Kabarettdirektors, von Frau Kramer und von allen übrigen auftretenden Figuren als Repräsentanten der Nachkriegsgesellschaft als eine Illusion und wird dementsprechend von Beckmann als unwirklich erlebt und wahrgenommen.
 
In Beckmanns erzähltem Alptraum und seinem Traum von Sterben steckt das zentrale Charakteristikum von ''Draußen vor der Tür'': die "Derealisierung" (Weiershausen 2017, 236). In Borcherts Stück haben sich die Wirklichkeitsebenen verkehrt, d.h. Beckmanns Träume stellen einen Rahmen dar, in dem die "wahre Wirklichkeit" (ebd.) gezeigt und artikuliert werden kann. Dagegen entpuppt sich die Realität des Obersts, des Kabarettdirektors, von Frau Kramer und von allen übrigen auftretenden Figuren als Repräsentanten der Nachkriegsgesellschaft als eine Illusion und wird dementsprechend von Beckmann als unwirklich erlebt und wahrgenommen.
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Was die Traumverwendung angeht, steht ''Draußen vor der Tür ''in der Tradition des Traumspiels und kann somit auf dramengeschichtliche Vorbilder zurückgreifen, wie etwa August Strindbergs[["Ett drömspel" (August Strindberg)|''Ett drömspel'']] (1902, dt. ''Ein Traumspiel''), das die Welt und das Leiden der Menschen am Dasein im Modus des Traums präsentiert. In ihrer gesellschaftskritischen Funktion weisen die Träume ebenfalls eine Nähe zu den Traumbildern in Ernst Tollers ''Die Wandlung'' (1919) auf, zu dem sich darüber hinaus noch weitere inhaltliche wie formale Gemeinsamkeiten und Überschneidungen erkennen lassen (vgl. Schmidt 1990).
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Was die Traumverwendung angeht, steht ''Draußen vor der Tür ''in der Tradition des Traumspiels und kann somit auf dramengeschichtliche Vorbilder zurückgreifen, wie etwa August Strindbergs[["Ett drömspel" (August Strindberg)|''Ett drömspel'']] (1902, dt. ''Ein Traumspiel''), das die Welt und das Leiden der Menschen am Dasein im Modus des Traums präsentiert. In ihrer gesellschaftskritischen Funktion weisen die Träume ebenfalls eine Nähe zu den Traumbildern in Ernst Tollers [["Die Wandlung" (Ernst Toller)|''Die Wandlung'']] (1919) auf, zu dem sich darüber hinaus noch weitere inhaltliche wie formale Gemeinsamkeiten und Überschneidungen erkennen lassen (vgl. Schmidt 1990).
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* Gatter, Nikolaus: Beckmann (wacht auf). Sechzig Jahre ''Draußen vor der Tür''. In: Heidi Beutin/Wolfgang Beutin/Heinrich Bleicher-Nagelsmann/Holger Malterer (Hg.): Dann gibt es nur eins! Von der Notwendigkeit, den Frieden zu gestalten. Frankfurt/M.: Peter Lang: 2009, 73–93.
 
* Gatter, Nikolaus: Beckmann (wacht auf). Sechzig Jahre ''Draußen vor der Tür''. In: Heidi Beutin/Wolfgang Beutin/Heinrich Bleicher-Nagelsmann/Holger Malterer (Hg.): Dann gibt es nur eins! Von der Notwendigkeit, den Frieden zu gestalten. Frankfurt/M.: Peter Lang: 2009, 73–93.
 
* Hahn, Hans: Intertextuelle Studien zur Kriegsheimkehr. Ein heuristischer Versuch. In: German Life 67 (2014), 341–357.
 
* Hahn, Hans: Intertextuelle Studien zur Kriegsheimkehr. Ein heuristischer Versuch. In: German Life 67 (2014), 341–357.
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* Höfer, Kristiba: Gespielte Träume und Traumspiele. Traumdarstellungen in der Dramatik des 20. und 21. Jahrhunderts. Paderborn: Fink 2019.
 
* Koller, Alexander: Wolfgang Borcherts ''Draußen vor der Tür''. Zu den überzeitlichen Dimensionen eines Dramas. Marburg: Tectum 2000.
 
* Koller, Alexander: Wolfgang Borcherts ''Draußen vor der Tür''. Zu den überzeitlichen Dimensionen eines Dramas. Marburg: Tectum 2000.
 
* Schmidt, Marianne: Zwischen Langemarck und Stalingrad. Ernst Toller: ''Die Wandlung''. Wolfgang Borchert: ''Draußen vor der Tür''. In: Thomas F. Schneider (Hg.): Kriegserlebnis und Legendenbildung. Das Bild des „modernen“ Krieges in Literatur, Theater, Photographie und Film. Osnabrück: Rasch 1999, 923–938.
 
* Schmidt, Marianne: Zwischen Langemarck und Stalingrad. Ernst Toller: ''Die Wandlung''. Wolfgang Borchert: ''Draußen vor der Tür''. In: Thomas F. Schneider (Hg.): Kriegserlebnis und Legendenbildung. Das Bild des „modernen“ Krieges in Literatur, Theater, Photographie und Film. Osnabrück: Rasch 1999, 923–938.

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