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Das erzählende Ich möchte einen Traum "von dem Mädchen auf dem großen weißen Schiff" (ebd., 45) kaufen, vom Ladeninhaber zu einem ungewöhnlichen Preis angeboten: "Einen Monat." Für das Ich ist dies in seinem Arbeitsalltag nicht zu leisten, allerdings lässt ihm der Traum keine Ruhe – doch als er später wieder zu dem Geschäft kommt, existiert der Laden nicht mehr. In der Folge von einer "wohltätigen, fast schmerzlosen Krankheit ans Bett gefesselt" (ebd., 47) verliert er schließlich seine Arbeit: "Ich hatte mir eben zuviel Zeit genommen, und nun wurde mir noch einmal Zeit auf lange Zeit geschenkt. Zeit wofür?" (ebd., 47)
 
Das erzählende Ich möchte einen Traum "von dem Mädchen auf dem großen weißen Schiff" (ebd., 45) kaufen, vom Ladeninhaber zu einem ungewöhnlichen Preis angeboten: "Einen Monat." Für das Ich ist dies in seinem Arbeitsalltag nicht zu leisten, allerdings lässt ihm der Traum keine Ruhe – doch als er später wieder zu dem Geschäft kommt, existiert der Laden nicht mehr. In der Folge von einer "wohltätigen, fast schmerzlosen Krankheit ans Bett gefesselt" (ebd., 47) verliert er schließlich seine Arbeit: "Ich hatte mir eben zuviel Zeit genommen, und nun wurde mir noch einmal Zeit auf lange Zeit geschenkt. Zeit wofür?" (ebd., 47)
 
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Interessant ist nun, dass die kurze Prosaversion nicht nur Träume und das Träumen innerhalb der Handlung thematisiert, sondern – ähnlich wie Bachmanns Erzählung ''Der Kommandant'', als Fragment des frühen Romans ''Stadt ohne Namen'' wohl zwischen 1947 und 1951 entstanden – auch mit traumtypischen Elementen arbeitet. Dabei erinnert bereits die Ich-Perspektive im Präteritum wie auch die ausgeprägte Bildhaftigkeit (Ladeneinrichtung, Beschreibung des Traums, Wasserfrau) an die typische Nacherzählung eines vom Ich geträumten Traums; die Figur ist durch Ambivalenzen (ein "Schauen, das sich mehr nach innen als nach außen kehrte"; ebd., S. 41), eine tiefe Unruhe und plötzliche Handlungen ("planlos"; ebd., S. 42) gezeichnet, die im Widerspruch zum rational geplanten Arbeitsalltag scheinen; die Temporalität ("kaum spürend, dass ich stehenblieb"; ebd., S. 41) und das Verhältnis zur Zeit (Zeitdauer, Zeitwahrnehmung) wirken gestört; der scheinbar magische Raum ("wie von einem Wind bewegt"; ebd., S. 42) und Elemente der Phantastik (das Vorführen und Verkaufen von Träume, Zeit als Währung) widersprechen physikalischen oder logischen Gesetzen; das Spiel mit Undeutlichkeiten (Licht und Dunkelheit, Handlungsmotivation, Sprunghaftigkeit des Geschehens, später die vergebliche Suche nach dem Geschäft) wie auch die hohe Dichte von Motiven und Symbolen ist für literarische Traumdarstellungen der Moderne (etwa von Arthur Schnitzler, Franz Kafka oder Hugo von Hofmannsthal) durchaus charakteristisch.
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Interessant ist nun, dass die kurze Prosaversion nicht nur Träume und das Träumen innerhalb der Handlung thematisiert, sondern – ähnlich wie Bachmanns Erzählung ''Der Kommandant'', als Fragment des frühen Romans ''Stadt ohne Namen'' wohl zwischen 1947 und 1951 entstanden – auch mit traumtypischen Elementen arbeitet. Dabei erinnert bereits die Ich-Perspektive im Präteritum wie auch die ausgeprägte Bildhaftigkeit (Ladeneinrichtung, Beschreibung des Traums, Wasserfrau) an die typische Nacherzählung eines vom Ich geträumten Traums; die Figur ist durch Ambivalenzen (ein "Schauen, das sich mehr nach innen als nach außen kehrte"; ebd., 41), eine tiefe Unruhe und plötzliche Handlungen ("planlos"; ebd., 42) gezeichnet, die im Widerspruch zum rational geplanten Arbeitsalltag scheinen; die Temporalität ("kaum spürend, dass ich stehenblieb"; ebd., 41) und das Verhältnis zur Zeit (Zeitdauer, Zeitwahrnehmung) wirken gestört; der scheinbar magische Raum ("wie von einem Wind bewegt"; ebd., 42) und Elemente der Phantastik (das Vorführen und Verkaufen von Träume, Zeit als Währung) widersprechen physikalischen oder logischen Gesetzen; das Spiel mit Undeutlichkeiten (Licht und Dunkelheit, Handlungsmotivation, Sprunghaftigkeit des Geschehens, später die vergebliche Suche nach dem Geschäft) wie auch die hohe Dichte von Motiven und Symbolen ist für literarische Traumdarstellungen der Moderne (etwa von Arthur Schnitzler, Franz Kafka oder Hugo von Hofmannsthal) durchaus charakteristisch.
 
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Versteht man diese narrativen Aspekte als traumtypisch, würde sich, von der Markierung abgesehen, allerdings kein Unterschied zwischen dem 'Binnen-Traum' (im Geschäft) und der restlichen Ich-Erzählung ergeben – in dieser Lesart wäre also die gesamte Geschichte ein Traum. Das Hörspiel hingegen wählt, sicherlich auch aufgrund des Medienwechsels, nun eine andere Herangehensweise an die inhaltlich größtenteils ähnliche Geschichte.
 
Versteht man diese narrativen Aspekte als traumtypisch, würde sich, von der Markierung abgesehen, allerdings kein Unterschied zwischen dem 'Binnen-Traum' (im Geschäft) und der restlichen Ich-Erzählung ergeben – in dieser Lesart wäre also die gesamte Geschichte ein Traum. Das Hörspiel hingegen wählt, sicherlich auch aufgrund des Medienwechsels, nun eine andere Herangehensweise an die inhaltlich größtenteils ähnliche Geschichte.
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===Forschungsliteratur===
 
===Forschungsliteratur===
* Bareis, Otto/Frauke Ohloff: Ingeborg Bachmann. Eine Bibliographie. München: Piper 1978. Bartsch, Kurt: Ingeborg Bachmann. Stuttgart: Metzler 1997.
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* Bareis, Otto/Frauke Ohloff: Ingeborg Bachmann. Eine Bibliographie. München: Piper 1978.
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* Bartsch, Kurt: Ingeborg Bachmann. Stuttgart: Metzler 1997.
 
* Beicken, Peter: Ingeborg Bachmann. München: Beck 1992.
 
* Beicken, Peter: Ingeborg Bachmann. München: Beck 1992.
 
* Bender, Hans: Über Ingeborg Bachmann: In: Text + Kritik (1976), S. 1–9.
 
* Bender, Hans: Über Ingeborg Bachmann: In: Text + Kritik (1976), S. 1–9.
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