"Frost" (Thomas Bernhard): Unterschied zwischen den Versionen

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Alain Robbe-Grillet (1922-2008), einer der bedeutendsten Vertreter des Nouveau roman, veröffentlicht 2001 mit ''La Reprise'' einen letzten Roman, dessen Titel programmatisch als Wiederaufnahme und Abschluss seines Gesamtwerks lesbar ist. Innerhalb der von Fragmentarisierung und Unzuverlässigkeit des Erzählens geprägten Anlage des Romans fällt dem Traum als Strategie der Destabilisierung eine entscheidende Rolle für die Ausgestaltung von Robbe-Grillets Stadtdiskurs zu.
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Thomas Bernhards (1931-1989) Debütroman ''Frost'' (1963) enthält mehrere Traumerzählungen, die als Schlüsselszenen zur Thematik des Ich-Verlusts und -Zerfalls beitragen, indem sie zentrale Motive des Romans aufgreifen und metaphorisch verdichten. Ein junger (namenlos bleibender) Medizinstudent wird während seiner Famulatur von einem Assistenzarzt beauftragt, dessen Bruder, den Maler Strauch, zu beobachten. Er reist in den (fiktiven) abgelegenen österreichischen Gebirgsort Weng, macht dort die Bekanntschaft des Malers sowie der Dorfbewohner und zeichnet seine Beobachtungen auf. Sowohl der Maler Strauch als auch der Famulant berichten von ihren Träumen, in denen sich die jeweilige Situation, das Weltverhältnis der Protagonisten und auch das Verhältnis der beiden zueinander spiegeln.
  
  
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==Erzählstruktur und Perspektive==
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Der Roman ist in Kapitel untergliedert, die anhand der Aufenthaltstage in Weng durchlaufend nummeriert überschrieben sind. Sie wirken wie Tagebuchaufzeichnungen des Studenten, der seine Gedanken, Gespräche und Erlebnisse mit dem Maler Strauch dokumentiert; zwischen dem sechsundzwanzigsten und siebenundzwanzigsten Tag erfolgt der Einschub von sechs Briefen des Studenten an den Assistenzarzt. Der Roman endet mit einer Zeitungsnotiz, die nach der Abreise des Erzählers über das anschließende Verschwinden des Malers informiert. Ab dem zehnten Tag werden in unregelmäßigen Abständen neun Erzählungen des Malers eingefügt und mit eigenen Überschriften von den Aufzeichnungen abgehoben.
  
==Die Stadt als Traum im Nouveau roman==
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Der Roman präsentiert keine Entwicklung oder Handlung im konventionellen Sinne, sondern nebeneinander gestellte Erzähleinheiten, die ein Gesamtbild der Weltsicht und Befindlichkeit des Malers ergeben. Laut Mittermayer wird der Roman „ausdrücklich als Krankengeschichte ausgewiesen“ (Mittermayer 1995, 30), die sich jedoch laut der eröffnenden Reflexion des Studenten „mit außerfleischlichen Tatsachen und Möglichkeiten“ (F 7) befasst, also auf psychischer Ebene anzusiedeln ist. Der Student berichtet als autodiegetische Instanz von seinen Gesprächen mit dem Maler, die aufgrund der hohen Redeanteile Strauchs wie Monologe wirken. Diese werden sowohl in direkter als auch in indirekter Rede wiedergegeben, wodurch dem Studenten zunächst die Rolle eines Berichterstatters und Vermittlers zukommt, der das Erzählte bestätigen kann: „Ohne die Präsenz eines Ich-Erzählers würde der Leser die fiktive Frost-Welt schlichtweg als halluzinierte Wahnwelt des Malers wahrnehmen. Der formale ,Auftrag‘ des Famulanten besteht also nicht zuletzt darin, das phantastisch-albtraumhafte Setting als real zu beglaubigen“ (Gößling 2018, 40). Im monologischen Redefluss berichtet der Maler vorgefallene Ereignisse, aber auch aus zweiter oder dritter Hand Nacherzähltes und reflektiert seinen körperlichen und geistigen Zustand, wobei „das Wortfeld von Auflösung und Zerfall dominiert“ (Mittermayer 1995, 30). Zwar gewährt der Bericht des Studenten Einblicke in das Innenleben des Malers, aber er formuliert mehrfach Verständnisprobleme oder thematisiert seinen subjektiven Blick auf das Gegenüber. Besonderen Reiz gewinnt die Narration durch die Nähe, die zwischen dem Studenten und dem Maler entsteht - denn dieser kann sich dessen Gedankengängen immer weniger entziehen: „Das fällt mir ein, wenn ich mich tief in Gedankengänge verrannt habe, die ihren Ursprung im Maler habe, wenn ich weit weg von mir bin“ (F 136). Zunehmend übernimmt er dessen Wahrnehmung: „Auf dem ganzen Weg hatte ich nichts anderes gedacht und überhaupt nichts gesehen, immer nur gedacht, daß der Maler von mir Besitz ergriffen hat. Mich in seine Bilder, mich in seine Vorstellungswelt hineingezwängt hat“ (F 298 f.) Dieser Prozess verstärkt die „rezeptionssteuernde Qualität“ (Gößling 2018, 41) des Erzählers, dessen Distanzlosigkeit sich in den Leser:innen fortsetzt und ein Gefühl der „Ohnmacht“ (Gößling 2018, 39) erzeugt.
Als Ort der Entfremdung erweckt die Stadt von Beginn an das Interesse der Nouveaux romanciers, die ab den 1950er Jahren den Ruinen einer vom Krieg zerstörten Welt die Zerstörung traditioneller Erzählformen in einer Ästhetik des Fragments und der Desorientierung gegenüberstellen. Innerhalb der Gruppe von Autorinnen und Autoren, die im Umfeld des Pariser Verlags Minuit dem Nouveau roman zugerechnet werden, ist Alain Robbe-Grillet neben Michel Butor (1926-2016) derjenige, der die Stadt am stärksten in den Blick nimmt. Fast alle von ihm verfassten Romane sind Erzählungen eines Urbanen zwischen Realität und Imagination. Hinter der vermeintlich realen Oberfläche von Metropolen wie Paris, New York, Hong Kong oder Berlin verbirgt sich der Zusammenhang ein und derselben imaginären Stadt. Sie wird ausgehend von der namenlosen und labyrinthartig angelegten Stadt in Robbe-Grillets frühem Roman ''Les Gommes'' (1953) entwickelt. Immer wieder bewegt sie sich im Zeichen einer Traumerfahrung, die scheinbar erlebte Ereignisse als potentiell traumhaft einstuft und auch die Stadtlandschaft in einen Schwellenraum von Traum und Wirklichkeit einschreibt.<ref>Zum Zusammenhang von Stadt und Traum vgl. auch Oster 2022. </ref> So wird der in Hong Kong spielende Roman ''La Maison de rendez-vous'' (1965) mit einem Traumbild eröffnet (Robbe-Grillet 1965, 11) und die in ''Projet pour une révolution à New York'' (1970) geschilderten, filmähnlich gestalteten Szenen scheinen dem Traumimaginären zu entstammen: „Non, dis-je. Vous avez rêvé" (Robbe-Grillet 1970, 16). Die Stadt und die Menschen in der Stadt träumen – und werden zugleich selbst geträumt: „vous êtes rêvé" (Robbe-Grillet 1981, 108). Wach- und Traum- bzw. Imaginationszustand sind in diesen Stadterzählungen nicht klar voneinander abgrenzbar. Robbe-Grillet konstruiert seine Texte (und Filme, so im Drehbuch des 1961 von Alain Resnais realisierten Films ''L’Année dernière à Marienbad'') stattdessen aus der Uneindeutigkeit: Erfahrungen können nicht abschließend einer der beiden Welten zugeordnet werden. Viele seiner Städte enthalten „Blindfelder" (Küchler 2011), in denen der Traumcharakter eine besondere Sichtbarkeit gewinnt. In ''La Reprise'' legt Robbe-Grillet schließlich, beinahe fünfzig Jahre nach dem Erscheinen von ''Les Gommes'', die Gesamtheit seiner imaginierten Städte in einem intertextuellen Spiel mit dem eigenen Werk zu einem Bild des zerstörten Berlins übereinander (Calle-Gruber 2001, 616). Die Spezifik dieses Bildes im Spannungsfeld von realer Stadtoberfläche, intertextuellen Verweisen auf andere Stadtdarstellungen Robbe-Grillets und Imagination des Urbanen kommt insbesondere dadurch zustande, dass die gesamte Erzählung von einem – zumindest vermeintlichen – Wechsel von Traum- und Wacherlebnissen rhythmisiert wird.  
 
  
  
==Traumerfahrungen in ''La Reprise''==
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==Träume in ''Frost''==
===Strategien unzuverlässigen Erzählens und Träumens===
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===Verhältnis der Protagonisten zum Traum===
Angelehnt an die klassische Tragödie ist ''La Reprise'' unterteilt in einen Prolog, fünf Kapitel und einen Epilog. Vordergründig erzählt der Roman die Geschichte des französischen Geheimagenten Henri Robin. Im in vier Sektoren geteilten Berlin der späten 1940er Jahre übernimmt er einen Einsatz, in den er selbst nicht vollständig eingeweiht ist und in dem die Identitäten aller Beteiligten (einschließlich seiner eigenen) auf die Probe gestellt werden: Ein Mann, den er am Gendarmenmarkt beschatten soll, wird vor seinen Augen erschossen und die Leiche verschwindet. Mit dem Ausweis des Verstorbenen gelangt Robin zur dort angegebenen Adresse in der fiktiven Kreuzberger Feldmesserstraße, die als „monde disparu“ (R 55) vorgeführt wird und deren Name an den Landvermesser K. aus Kafkas Schloss angelehnt ist.<ref>Zum Intertext Kafkas vgl. z.B. Groß 2008, 227.</ref> Zwischen dem so genannten Café des Alliés und dem Haus der Familie von Brücke kommt er in Traumsequenzen und Begegnungen mit Doppelgängern zumindest scheinbar seiner eigenen Geschichte auf die Spur. Bis zum Ende des Romans werden beide Fälle Robins Agentenmission und seine Identitätssuche – dennoch nicht komplett gelöst. Diese auf der Inhaltsebene angelegte Destabilisierung erhält ihre Entsprechung in der Unzuverlässigkeit des Erzählers wie des Erzählens. Während bereits im Haupttext die Stimme immer wieder unvermittelt zwischen einem homo- und einem heterodiegetischen Erzähler hin- und herwechselt, unterläuft in den Fußnoten eine doppelgängerische Erzählinstanz die Aussagen des Haupttextes. Welche (und ob überhaupt) eine der beiden Instanzen die Wahrheit sagt oder ob beide dem gespaltenen Bewusstsein und den Traumvorstellungen ein und derselben Person entspringen, wird nicht geklärt (Schneider 2005, 141). Die Doppelgängerkonstellation ist dabei nicht nur grundlegend für das Verwirrspiel der Identitäten in ''La Reprise'' (Burrichter 2003), sondern scheint sich auch über diesen Einzelfall hinaus in besonderer Weise für die narratologische Ausgestaltung von Träumen zu eignen (Solte-Gresser 2011, 255 f.). Ebenso gehen Unzuverlässigkeit als Erzählstrategie und Traumhaftigkeit des Erzählens in zahlreichen literarischen Texten eine Verbindung ein (Goumegou 2011, 204; Engel 2017, 25).
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Das Motiv des Traums wird in ''Frost'' zur Charakterisierung der beiden Brüder und des Studenten eingesetzt. So vergleicht der Student die Brüder miteinander, indem er den Chirurgen als „Erfolgsmensch“ charakterisiert, der „Tag und Nacht“ von seiner Arbeit bestimmt ist und als „ein Feind des Zwischenreichs, der Kunst“ (F 212 f.) gilt: „Ästhetik haßt er. Ebenso Träume“. In dieser Ablehnung ist der zentrale Gegensatz zu seinem Bruder als Maler angelegt: „Was sein Bruder gemacht hat, war ihm immer ein Greuel“ (F 213). Laut Gößling ist dieser Antagonismus typisch für viele Werke Bernhards, wobei die Pole von Naturwissenschaft und Kunst, von Verstand und Phantasie nur auf den ersten Blick einander entgegengesetzt sind (Gößling 2018, 41) auch in ''Frost''. So lehnt auch der Maler mittlerweile die Kunst und das Träumen ab: „Die furchtbaren Träume, die ich habe, das sind die furchtbaren Träume meiner Kindheit. Schauerlich, wenn sie ein alter Mann träumen muss“ (F 286). Und laut einem Brief des Studenten an den Chirurgen, auf den Bozzi hinweist, arbeitet dieser an einer Schrift mit dem Titel „Der träumende und der politische Mensch“, weshalb er ihm den Maler als exemplarischen Vertreter dieser menschlichen Spezies beschreibt. Allerdings zeugt das Forschungsvorhaben weniger von einer „allnächtlichen Wandlung des Chirurgen“ (Bozzi 2002, 137), sondern von dessen Versuch, das ihm Unzugängliche zu analysieren und sich zu erschließen – worin vermutlich auch der Auftrag des Studenten begründet liegt. Der Student versucht daher, über dieses Interesse den abgebrochenen Kontakt zwischen den beiden Brüdern wieder herzustellen (F 323).
  
Der Prolog von ''La Reprise'' eröffnet aus der Perspektive Henri Robins die Erzählung mit der Anreise im Zug nach Berlin. Aus dem Fenster blickt der Agent auf eine (alb-)traumartig verwandelte Landschaft:  
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Diese vermittelnde Position des Studenten lässt sich auch in seinem Verhältnis zu Traum und Schlaf ausmachen. Bozzi charakterisiert ihn als „Bewohner jenes „Zwischenreichs“, der ins Medizinstudium „Elemente unbewußter Dunkelheit hinein“ trage und dem das Leben als ein Traum erscheine, „aus dem er entgegen seiner Behauptung niemals erwachen“ werde (Bozzi 2002, 132). Gegen diese Deutung spricht, dass sie anhand weit auseinanderliegender Textstellen belegt wird, die in keinem narrativen Zusammenhang stehen. Auch ist dem Studenten schon zu Beginn klar, dass er sich durch seinen Auftrag mit „außerfleischlichen Tatsachen und Möglichkeiten“ auseinandersetzen wird und versuchen muss, „etwas Unerforschliches zu erforschen“ (F 7). Während ihm im Medizinstudium „eigentlich immer alles wie im Schlaf gegangen“ ist (F 53), wird er durch die zunehmende Nähe zum Maler und zu dessen auswegloser Verzweiflung mit der Realität der menschlichen Existenz konfrontiert. Dies führt am neunten Tag zur Infragestellung seiner Berufswahl: „Ich und Arzt? Mit kommt das Ganze vor, als wäre ich gerade aus einem Traum aufgewacht, und jetzt soll ich mit dem weißen Mantel, den ich anhabe, ich weiß nicht warum, fertig werden“ (F 95). Er gelangt jedoch am Ende zur Erkenntnis, dass es sich bei dem Medizinischen um eine „methodisch ineinandergreifende Folge von Dunkelheiten“ handle (F 326), in der die beiden Ebenen von Verstand und Phantasie miteinander verschmelzen. Um dem Chirurgen diese Verbindung deutlich zu machen, zitiert er seinen Bruder: „Die Wissenschaft von den Krankheiten ist die poetischste aller Wissenschaften“ (F 326). Der Student vermittelt also zwischen den beiden scheinbar antagonistischen Prinzipien, beendet nach seiner Abreise die Famulatur und setzt das Studium in der Hauptstadt fort – mit diesen Informationen endet der Roman.
  
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===Traumerzählungen des Malers===
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====1. Traum====
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Am späten Nachmittag des fünften Tages berichtet der Maler von einem Traum, den er als etwas Besonderes ankündigt: „Ein ungewöhnlicher Traum, keiner der hoffnungslosen, wie ich sie sonst immer träume“ (F 39). Zunächst stellt sich eine Veränderung der Landschaft ein, sie wechselt immer wieder schnell die Farbe entgegen „menschlichem Ermessen“. Das Ganze wird begleitet von einer „Musik, die aus allen Musikepochen zusammengesetzt war“ (F 39). Sein Traum-Ich sitzt „in dieser Landschaft, auf einer Wiese“ und nimmt, wie auch die anderen Menschen, die wechselnden Farben der Umgebung an. Aufgrund der Farben sind die Menschen in dieser „Menschenlandschaft“ nur anhand „ihrer Stimmen zu erkennen“ (F 39). Diese zuerst mit Faszination beschriebene Stimmung wandelt sich, die Harmonie des Traum-Ichs mit der Umgebung wird gestört: „Plötzlich aber geschah etwas Grauenhaftes: Mein Kopf blähte sich auf, und zwar so, daß die Landschaft sich um einige Grade verfinsterte und die Menschen in Wehlaute ausbrachen“ (F 39 f.) Der große Kopf verselbständigt sich, er rollt „von dem Hügel hinunter […] und erdrückte viele der blauen Bäume und viele der Menschen“ (F 40). Er zerstört die Landschaft und bringt Tod: „Plötzlich bemerkte ich, daß hinter mit alles abgestorben war. Abgestorben, tot. Mein großer Kopf lag in einem toten Land“ (F 40). Der Traum endet in „Finsternis“, was vom Maler als „fürchterlich“ (F 40) bewertet wird.
: <span style="color: #7b879e;">Sous la bleuâtre lumière hivernale, des pans de murs hauts de plusieurs étages dressaient vers le ciel uniformément gris leurs dentelles fragiles et leur silence de cauchemar. [...] Comme s’il s’agissait là d’une représentation surréelle (une sorte de trou dans l’espace normalisé), tout le tableau exerce sur l’esprit un incompréhensible pouvoir de fascination (R 10).
 
  
: <span style="color: #7b879e;">Unter dem bläulichen Winterlicht reckten mehrere Stockwerke hohe Mauerstücke ihre zerbrechlichen Spitzengebilde und ihre Albtraumstille in den eintönig grauen Himmel. [...] Als handelte es sich um eine surreale Darstellung (eine Art Loch im normierten Raum), übt das ganze Bild eine unbegreifliche Faszination auf den Geist aus (W 9 f.).</span>
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Auffällig ist, dass der Traum von einer zunächst harmonisch wirkenden Einheit des Traum-Ichs mit der Welt ausgeht. Die Farben wechseln zwar, aber das Ich und die Menschen sind dabei an die Landschaft angepasst. Auch die Musik und die Stimmen der Menschen werden als Einheit empfunden. Als Störfaktor tritt der Kopf auf, der sich verselbständigt und die Welt zerstört. Bozzi deutet diesen Prozess als „Verselbständigung der Teile gegenüber dem Ganzen“, die im Zusammenhang mit einer „Verwirrung, Unordnung und Aufregung“ des Körpers stehe und eine Auflösung des Ichs einleite (Bozzi 2002, 133 f.). Zwar ist die Zersetzung und Auslöschung der Existenz ein zentrales Thema des Romans, doch der Traum beschreibt diesen Auflösungsprozess genauer: Er geht vom Kopf aus, der für das Denken steht, das hier jedoch in Kopflosigkeit mündet. Interessant ist, dass die Traumerzählung durch eine Feststellung des Malers eingeleitet wird: „Die Phantasie ist der Tod des Menschen“ (F 39). Der Kopf ist sowohl Sitz des Denkens als auch der Phantasie, die in der Passage vor der Traumerzählung thematisiert wird. Dort äußert sich der Maler, dass „die Phantasie […] ein Ausdruck von Unordnung“ sei: „Ich bin mir sicher, daß Phantasie eine Krankheit ist“ (F 38). Der Traum greift diese Überlegung auf, denn die harmonische Phantasiewelt, die ja eine Kopfgeburt des Malers darstellt, wird durch eben den sie hervorbringenden Kopf zerstört. Der Traum symbolisiert also eine Verselbständigung der Phantasie und der Geisteskräfte, durch die die Kluft zwischen Ich und Landschaft sowie zwischen Ich und anderen Menschen vergrößert wird.
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Die Eindrücke von Robins „rêveuses spéculations“ (R 11) entspringen keinem markierten Traum. Stattdessen stehen die gesamte Wahrnehmung der Figur und mit ihr das daraus hervorgehende Erzählen in seiner Unzuverlässigkeit vom Prolog an unter den Vorzeichen eines oneirischen Erlebens. Es steht im Dienst einer Poetik der Sinnverschiebung, die sich nicht nur in ''La Reprise'' als zentral für Robbe-Grillets Werk erweist. Die Auflösung der Grenze von Wirklichkeit und Traum bzw. Imagination, die den späten Roman von Beginn an prägt, führt ins Zentrum von Robbe-Grillets Vorstellung von Literatur: „L’œuvre moderne, au contraire, se présente comme un espace non balisé, traversé dans des directions diverses par des sens multiples et changeants; et, dans cette circulation du sens à travers l’œuvre, le sens lui-même est moins important que le fait qu’il circule, glisse, se modifie“ (Fano 1976, 176). Der Sinn und die Logik der Erzählung sollen nicht eindeutig festgelegt sein, sondern sich aus der Bewegung und der beständigen Verschiebung immer anders konstituieren (Steurer 2016, 366). Indem in ''La Reprise'' über weite Teile des Romans nicht sicher bestimmt werden kann, ob gerade geträumt oder im Wachzustand gehandelt wird, erhält diese Sinnverschiebung eine besondere Form der Anschauung. Der Prozess des Träumens tritt dabei immer wieder in Beziehung zu anderen Modi der Erfahrung.
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====2. Traum====
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Dieser erste Traum etabliert Motive, die sich in den späteren Träumen des Malers wiederfinden. So berichtet er am sechzehnten Tag von einem Traum, der laut eigener Aussage mit seinen bisherigen Träumen „nicht das geringste gemeinsam hatte“ (F 187). Er beschreibt, dass der Traum, wie alle seine Träume, mit einer Farbe beginnt – eine Gemeinsamkeit mit der ersten Traumerzählung. Allerdings entwickelt sich die Farbe „in das Zwischenverhältnis aller Farben zu allen Farben“ und dann „bis in die Dunkelheit der Farben hinein“. Zunächst ist der Traum noch „tonlos“, doch „dann plötzlich, sich steigernd, zu einem Geräusch werdend“ - und „plötzlich war dieser Traum […] nur mehr Geräusch“ (F 187). Dieses wird von dem Träumenden als unangenehm und bedrohlich wahrgenommen, es entwickelt sich „zu einem unheimlich geltungsbedürftigen Infernalischen“ (F 187) und wird als „ein ungeheurer Lärm“ (F 188) bezeichnet. Dieser erzeugt einen unendlichen Raum, in dem zwei oder drei Polizisten „in dem schamlosen, erdachten, alles umfassenden Schnürboden der Unendlichkeit“ „taumelten“ oder „schwebten“ (F 188). Trotz des vergleichsweise hohen Grades der Abstraktion sind die Farben und die Musik durchaus Konstanten, die bereits im ersten Traum des Malers präsent waren. Auch die Verzerrung der räumlichen Dimensionen ins Unendliche sowie das Kippen einer optischen oder akustischen Wahrnehmung ins Bedrohliche sind wiederkehrende Elemente. In der abstrakten Traumwelt wird kraft der Phantasie die eigentliche Ordnung ausgehebelt - und das Traum-Ich schreckt vor der unendlichen Macht des Erdachten zurück.
  
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====3. Traum====
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Während im ersten Traum das Motiv des anwachsenden Kopfes noch als Element der Groteske wahrgenommen werden kann, gewinnt es im weiteren Verlauf des Romans an Bedrohlichkeit. So beschreibt der Maler am sechsundzwanzigsten Tag, wie er nachts auf seinem Zimmerboden liegt und sich Kälte in ihm ausbreitet: „Da wurde mein Kopf wieder so groß, blähte sich auf: alles wickelte sich in einer Art Halbschlaf ab: der große Kopf atmete und erdrückte fast meine Brust“ (F 301). Während im ersten Traum noch die Menschen und die Landschaft von dem Kopf getötet werden und das Traum-Ich allein in Finsternis zurückbleibt, wendet sich nun der eigene Kopf gegen das Ich. Er erdrückt das Ich, sodass es nicht mehr atmen kann. Dazu kommt, dass sich dieser Vorgang im Halbschlaf abspielt; er wird nicht mehr eindeutig als Traum markiert und überschreitet die Grenze zwischen Traumwelt und Wachzustand. Das Bedrohungspotenzial nimmt daher zu, das Ich ist dabei von „Schmerzen“ und insbesondere „Kopfschmerzen“ (F 302) geplagt. Auch schon an früherer Stelle erklärt der Maler die Ausmaße seiner Kopfschmerzen mit dem Bild eines anschwellenden Kopfes: „Jetzt habe ich das Gefühl, dieser Kopf hat nirgends mehr Platz, nicht einmal in der Landschaft. Nur Schmerzen. Nur Finsternis“ (F 48), Das Motiv wird also vom Wachzustand in den Traum überführt und dort weiterentwickelt.
  
===Aufwachen oder weiterschlafen? Der Roman als Traumserie===
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====4. Traum====
Bereits in Robbe-Grillets 1981 veröffentlichtem Roman ''Djinn. Un trou rouge entre les pavés disjoints'' beginnt ein Kapitel mit einer Szene des Erwachens: „Simon Lecœur se réveilla, [...] avec la vague impression qu’il sortait d’un long cauchemar“ (Robbe-Grillet 1981, 78). Der im Schlaf erfahrene Albtraum Lecœurs setzt sich im Wachzustand fort, so dass schließlich der Verdacht aufkommt, der Protagonist befinde sich über den gesamten Romanverlauf hinweg in einem Traum. Diese in ''Djinn'' angelegt Verwischung der Schwelle zwischen Schlafen und Wachen wird in ''La Reprise'' ausgebaut und erscheint dort als strukturbildendes Element: Jedes der fünf Kapitel, die scheinbar fünf Tage des Aufenthalts in Berlin umfassen, beginnt mit Henri Robins Erwachen in einem Berliner Bett. Darin tritt eine Parallele zu Franz Kafka zutage, auf den im Roman nicht nur im Namen der Feldmesserstraße verwiesen wird: Auch Kafka situiert Ereignisse am Übergang von Schlafen zu Wachen und erzeugt dabei eine Verunsicherung darüber, ob die Figuren Dinge träumen oder in der Realität erleben (Goumegou 2011, 216 f.). Lässt sich mit Manfred Engel der Moment des Aufwachens allgemein als „anthropologische Urszene des Traumphänomens“ (Engel 2010, 157) begreifen, so ist dieser Augenblick in ''La Reprise'' auf eine spezifische Weise dem Traum verschrieben. Zwar scheint das, was in der Nacht geschieht – und von Henri Robin geträumt wird –, auf den ersten Blick ausgespart zu sein, besonders weil der Prolog mit dem Übergang in einen traumlosen Schlaf endet: „je m’endors aussitôt, d’un profond sommeil sans rêve“ (R 42). Dass der Schlaf traumlos ist, erweist sich aber als falsch. Bereits die Schilderung des Erwachens, die das folgende Kapitel eröffnet, ist nämlich von Unsicherheitsmarkern durchzogen. Ein erster dieser Marker ist die Überschrift des Kapitels – „Première journée“ (R 45): Sie zeichnet den anbrechenden Tag als ersten Tag der Geschichte aus, obwohl in der Chronologie der Handlung der Anreisetag noch früher situiert ist (Steurer 2016, 326). Die Unsicherheitsmarker lassen fraglich erscheinen, ob die Schwelle zwischen Schlaf- und Wachzustand nicht an anderer Stelle liegt als vermutet und ob Robin die vorgeblichen Wacherfahrungen – im Extremfall sogar die gesamte Romanhandlung – nicht eigentlich im Traum durchlebt und der immer wieder auftauchende Doppelgänger ein Traum-Ich ist. Robin könnte sozusagen im Traum erwachen - eine Variante der Traumerzählung, die auch von Stefanie Kreuzer in den Blick genommen wird (Kreuzer 2014, 372). Der Agent weiß jedenfalls nicht, wie lange er im Bett gelegen hat, warum seine Uhr stehen geblieben ist und fragt sich schließlich, ob er unter dem Einfluss eines Schlafmittels vielleicht viel länger als angenommen geschlafen hat (R 45-47). In der Unsicherheit der Traummarkierung vermag die Szene, ähnlich wie Kreuzer das für Ilse Aichinger und Franz Kafka herausarbeitet, „den Verdacht [zu] erzeugen, dass es sich bei der vermeintlichen Wachwelt um ein fortgesetztes Traumerleben handelt“ (Kreuzer 2014, 209). Alle weiteren Momente des Aufwachens sind genauso gut lesbar als neue Ebenen einer sich in sich selbst verschachtelnden Traumwelt, in der keine der Ebenen als Realität identifizierbar ist.<ref>Vgl. zu dieser Verschachtelung bei Robbe-Grillet auch Porter 1995, 119.</ref> Alle Situationen des Erwachens sind durchzogen von Indizien der Unzuverlässigkeit und der Lückenhaftigkeit. Die Textästhetik von Robbe-Grillets Gesamtwerk beruht in besonderem Maße auf dem Spiel mit – teilweise auch typographisch sichtbaren – Leerstellen. Als Orte der Uneindeutigkeit sind sie wesentliche Bestandteile seiner „circulation du sens“. Auch die Leerstellen, die daraus entstehen, dass der Ort von Schlafen und Wachen ebenso unbestimmbar ist wie der Realitäts- oder Traumbezug des Erlebten, fungieren als Indizien und Gestaltungsmomente dieser Sinnverschiebung. So findet das Erwachen des zweiten Tages gar nicht am Kapitelbeginn, sondern schon innerhalb des vorangehenden Kapitels statt, und immer wieder verliert Robin die Orientierung in Zeit und Raum: „dans un autre monde, Wall se réveille“ (R 70); „se réveille, on ne saurait dire au bout de combien d’heures“ (R 106); „HR se réveille dans une chambre inconnue“ (R 113). Am vierten Tag erwacht der Agent mit dem Eindruck, die zunächst als Wacherleben identifizierten Ereignisse der vorangegangenen Nacht doch innerhalb eines Albtraums imaginiert zu haben:
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Wenige Absätze später berichtet der Maler erneut von einem Traum mit anwachsendem Kopf, der alle Menschen erdrückt: „Plötzlich hatte mein Kopf die Leute, die im Gastzimmer waren, auch die Leute am Extratisch, alle, den Wasenmeister, den Gendarm, den Ingenieur, alle, die Wirtin und ihre Töchter auch, an die Wand gedrückt. Im Traum, wissen Sie“ (F 305). Während der erste Traum in einer abstrakten Landschaft mit nicht weiter benannten Menschen stattfindet, ist er nun an einen bekannten Raum und konkrete Personen der unmittelbaren Umgebung geknüpft. Dass es sich um eine Traumerzählung handelt, wird erst durch den Nachsatz deutlich, denn die Erzählung reiht sich ein in seine Berichte von Schmerz, körperlicher Dissoziation und den vermeintlich auslösenden Faktoren. Wie im zuvor beschriebenen Halbschlaf werden die Grenzen der Wahrnehmung verwischt. Der Kopf „erdrückte alles“, hat aber „nicht die Kraft, das Gasthaus zu sprengen“, und bleibt mit dem Traum-Ich verbunden: „Über mein Gesicht rann der Saft der Menschen, die mein Kopf schlagartig ausgelöscht hat, zerquetscht hat. Gegenstände und Menschen zu einem Brei“ (F 305). Sein Körper wird „fürchterlich eingezwängt“ und hat „keine Möglichkeit mehr, zu atmen“ (F 306). Wie in der Halbschlaf-Erzählung ist erneut das Motiv der Atemlosigkeit zentral, das in Bernhards Werk häufig mit Krankheit und Tod, in den autobiographischen Texten aber auch mit (literarischer) Subjektwerdung verbunden wird.
  
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Neben der eigenen Bedrohung empfindet das Traum-Ich eine starke Trauer um die getöteten Menschen: „Da weinte ich, weil ich alle getötet hatte“ (F 306). Der Traum endet allerdings nicht mit dem Tod, sondern der ursprüngliche Zustand wird wieder hergestellt: „So wurde ich wahnsinnig. Da schrumpfte der Kopf plötzlich auf seine ursprüngliche Größe zusammen. […] Alle saßen auf ihren Plätzen und tranken und aßen und bestellten und zahlten. […] Ich wachte erschöpft auf und sah, daß ich meine Wolldecke verloren hatte“ (F 306). Indem das Traum-Ich durch die Trauer um die Mitmenschen seinen Widerstand aufgibt und sich dem Wahnsinn überlässt, kehrt die Ordnung zurück. Die Bedrohung der Umgebung durch seinen anwachsenden Kopf kann nicht nur beendet werden, auch die bereits verursachte Zerstörung wird wieder rückgängig gemacht. Bozzi deutet diese Traumerzählung als einen Alptraum, der den „Körper als Überschuss“ inszeniere: „Der Bernhardsche Traumtext thematisiert in diesem Sinne die Last des Leibes, den Sturz in die amorphe Tiefe und die hassenswerte und furchtgebietende Macht der Auflösung“ (Bozzi 2002, 136). Allerdings ist es in dieser Traumerzählung eben nicht die „Flut des Unter- und Unbewussten“, in der das „strukturierende Bewusstsein versinkt“ (ebd., 136). Der Text führt vielmehr die psychoanalytische Deutung ad absurdum, da gerade das Wahnsinnigwerden dem alptraumhaften Geschehen Einhalt gebietet. Dieser Schritt in den Wahnsinn, der in den vorangehenden Passagen als Konsequenz der nicht auszuhaltenden (Kopf-)Schmerzen der Existenz hergeleitet wird, erscheint im Traum als Erlösung. Eine solche Verknüpfung lässt sich auch hinsichtlich der Selbstmordgedanken des Malers feststellen, die ebenfalls mit Traummotivik illustriert werden. So äußert er sich über die Option des Erfrierens, es „führe in einem Traum, aus dem man nicht mehr herauskomme“ (F 51). Die Auflösung oder Aufgabe der eigenen Existenz in Wahnsinn oder Tod wird als möglicher Ausweg empfunden und im Traum durchaus positiv konnotiert.  
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: <span style="color: #7b879e;">en effet, [...] les événements en chapelet de la nuit lui laissent une désagréable impression d’incohérence, à la fois causale et chronologique, une succession d’épisodes qui paraissent sans autres liens que de contiguïté (ce qui empêche de leur assigner une place définitive), dont certains se colorent d’une reposante douceur sensuelle, tandis que d’autres relèveraient plutôt du cauchemar, sinon de la fièvre hallucinatoire aiguë (R 157).  
 
  
: <span style="color: #7b879e;">In der Tat [...] hinterläßt die Kette der nächtlichen Ereignisse bei ihm einen unangenehmen Eindruck von zugleich kausaler und chronologischer Zusammenhanglosigkeit; die Episoden scheint nichts zu verbinden, außer daß sie aufeinanderfolgen (was verhindert, daß man ihnen einen endgültigen Platz zuweisen kann), und manche sind von einer wohltuenden sinnlichen Sanftheit gekennzeichnet, während andere eher dem Albtraum, wenn nicht dem Fieberwahn entstammen (W 149).</span>
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====Träume und Philosophie====
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Ein typisch Berhardsches Erzählverfahren ist es, „Figuren durch von ihnen bevorzugte Autoren bzw. literarische oder philosophische Werke zu charakterisieren“ (Gößling 2018, 41). Diese Technik der intertextuellen Verknüpfung wird in ''Frost'' mit den Träumen des Malers verbunden. Nach dem ersten Traum schreibt der Student: „Der Maler zog seinen Pascal aus der linken Rocktasche und steckte ihn in seine rechte Rocktasche“ (F 40). Nach dem bedrohlichen Traum im Halbschlaf ist dem Maler die Lektüre unmöglich geworden: „Auch meinen Pascal kann ich nicht mehr lesen“ (F 302). Und nach dem Traum, der in einer Wiederherstellung der Normalität endet, findet der Maler zu einer schlaflosen Ruhe: „Jedenfalls hatte ich keinen Traum mehr. Vielleicht, weil ich still auf meinem Bett sitzen blieb und in meinem Pascal blätterte. Vielleicht“ (F 307). Diese Verweise auf den französischen Philosophen Blaise Pascal (1623-1662) sind auf dessen ''Penseés'' (1669) bezogen, die neben stilistischen Übereinstimmungen auch Sinnwidersprüche und Paradoxa als Reaktionen auf die Zerrissenheit der menschlichen Existenz mit Bernhards Protagonisten gemeinsam haben (Klug 1991, 46 f.). Zentral für die Charakterisierung des Malers ist eine Technik, die Klug ausgehend von Bernhards Theaterstücken als „Dramatisierung von Gedanken Pascals über die Unruhe des Daseins“ bezeichnet (ebd., 47). Ebenso wie auch der Maler gehört Pascal zu den „Einzelgängern und Außenseitern der Philosophiegeschichte“ und philosophiert „nicht beruflich, sondern aus Berufung“ (ebd., 36 f.).  
  
Die Inkohärenz der Traumwelt, in der die Einzelsequenzen in keiner abschließenden logischen Beziehung zueinander stehen, beschreibt die Struktur des Romans selbst als Spiel mit der Unzuverlässigkeit von Erzähler und Erzählung sowie der Chronologie der Ereignisse (Schneider 2005, 149; Steurer 2021, 326). Der Roman erhält auf diese Art Züge einer (alb-)traumhaften Erfahrungswelt, die Robin, wie das Lesepublikum, in einem „brouillard onirique" (R 172) zurücklässt. Die Szenen des (vermeintlichen) Erwachens sind dabei nicht nur als Träume interpretierbar, sondern werden am fünften Tag selbst zu Trauminhalten: „HR rêve qu’il se réveille en sursaut dans la chambre sans fenêtre des anciens enfants von Brücke“ (R 195). Erst ein zweites Erwachen führt, zumindest scheinbar, in die Realität zurück: „Je me suis alors réveillé pour de bon, mais dans la chambre numéro 3, à l’hôtel des Alliés“ (R 196).
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Strauchs Rückgriff auf Pascal unmittelbar nach den verstörenden Träumen wirkt wie ein Versuch, wieder Halt in der Philosophie zu finden – mit dem Wissen, dass auch diese voller Widersprüche und Unsicherheiten ist. So findet sich der Verweis auf Pascal ebenso in Verbindung mit seinen Selbstmordgedanken, denn am vierundzwanzigsten Tag berichtet der Student, dass der Maler immer wieder „das Wort Selbstmord“ verwende und die Alltäglichkeit des Daseins beklage, die er auf seine Träume bezieht: „Selbst meine Träume sind alltäglich. Und ich, ich hätte auf andere als auf alltägliche Träume Anspruch“ (F 286). Im Anschluss kommentiert er den Umgang mit Pascal folgendermaßen: Der Maler versucht, „mit seinem Pascal alles zu beweisen […] und weiß, daß nichts zu beweisen ist“ (F 287). Ebenso wie die Träume die Verselbständigung der Geisteskräfte zeigen und die Entwicklung in Richtung Wahnsinn und Ich-Auflösung illustrieren, zeigt auch der Verweis auf Pascal die Unruhe des Daseins und die Unmöglichkeit, dem Prozess durch philosophisches Denken Einhalt zu gebieten.
  
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===Träume des Studenten===
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Da die Weltwahrnehmung des Malers im Fokus der Narration steht, nehmen die Reflexionen und Erlebnisse des Studenten deutlich weniger Raum ein – ebenso seine Träume, von denen nur einer erzählt und ein weiterer angedeutet wird. Der mögliche Traum bezieht sich auf ein Erlebnis in der Nacht zum zweiundzwanzigsten Tag, in der er Geräusche hört und beobachtet, wie der Wasenmeister der Wirtin einen Rucksack bringt, in dem er Tierkadaver vermutet. Er schleicht aus dem Zimmer und wird Zeuge einer Unterhaltung der beiden, die seine Vermutung bestätigt: „Jetzt weiß ich, daß sie mit Hundefleisch kocht, dachte ich. Der Maler hat es ja gesagt. Es ist wahr“ (F 257). Am nächsten Morgen kommt ihm diese „Geschichte“ allerdings „immer wieder wie ein Traum“ (F 257) vor und er beschließt, niemandem davon zu erzählen. Er reflektiert über die Möglichkeit, so realistisch zu träumen: „Daß im Traum derartiges möglich ist, auch bei geistig gesunden Menschen – im Traum ist alles möglich –, weiß ich; aber es war kein Traum“ (F 258). Sollte es sich um einen Traum handeln, so bestätigt dieser die langsame Übernahme der Weltsicht des Malers. Die Andeutung, dass es eventuell kein Traum war, trägt zur alptraumhaften Kulisse des Dorfes bei, in der die Grenzen zwischen Traum und Realität verwischt werden.
  
===Geträumte Erinnerung, erinnerte Träume===
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Am zehnten Tag berichtet der Student, der sich bisher „an keinen einzigen Traum in der letzten Zeit erinnern“ kann, dass er „von Strauch geträumt“ hat (F 106). Sein Traum-Ich ist gefeierter Arzt, schreitet durch die Klink und die Patienten verneigen sich vor ihm. In einem „schlachthausähnlichen, weißgekachelten Raum“ befindet sich „Strauch auf dem Operationstisch angeschnallt“, der „sich dauernd halb rotierend bewegte“ (F 107). Aufgrund der Bewegung des Tischs möchte er nicht operieren, aber die Ärzteschaft fordert ihn dazu auf und insbesondere der Chirurg drängt: „Schneiden Sie doch! […] Sie sind meinem Bruder ''alles'' schuldig!“ (F 108). Das Traum-Ich des Studenten fängt an und führt „eine Reihe von Operationen […] gleichzeitig aus,“ bis ihm auffällt, dass er den Körper „vollkommen zerschnitten“ hat: „Der Körper war überhaupt nicht mehr als Körper erkennbar. Es war wie ein Fleisch, das ich folgerichtig, tadellos, aber vollkommen verrückt zerschnitten hatte und jetzt wieder tadellos, aber wahnsinnig geworden zusammennähte“ (F 108). Die Ärzteschaft ist von dieser Operation begeistert, lobt seine „großartige Leistung“ (F 108) und hebt ihn im Jubel hinauf. Von oben blickt er auf den Operationstisch und sieht „einen Haufen völlig zerstückelten Fleisches, das schlagweise Blut ausstieß, ununterbrochen Blut ausstieß, riesige Mengen Blutes und langsam alles in Blut ertränkte, alles, die Ärzteschaft, alles“ (F 109). Nach dem Aufwachen erinnert sich der Student, dass alle Ärzte im Traum mit grotesken Kinderstimmen gesprochen haben.
Henri Robins Reise nach Berlin führt ihn in die eigene Vergangenheit. Noch im Zug taucht ein erstes Erinnerungsbild auf („Le souvenir d’enfance est alors revenu dans toute son intensité“, R 19), das aber kurz darauf als „souvenir d’enfance égaré“ (R 28) bezeichnet wird. Immer wieder erscheinen dem Agenten Fragmente eines Kindheitsaufenthaltes in Berlin, bei dem er mit seiner Mutter einem Verwandten auf der Spur ist. Inwiefern die Erinnerungen tatsächlich erlebten Ereignissen zugeordnet werden können oder einer Traumwelt angehören, lässt sich nicht endgültig bestimmen. Stattdessen schreiben sich die Ereignisse in die Inkohärenz der zeitlich-logischen Erfahrung des Romans ein. Da die Erinnerungen bruchstückhaft bleiben, schafft der Agent es nicht, ganze Episoden zu rekonstruieren und die „lumineuse évidence du déjà-vu“ (R 58) in greifbare Bilder zu überführen. Darüber hinaus vermischen sich die Erinnerungen mit dem Inhalt von Robins markierten Träumen:
 
  
{| style="border: 0px; background-color: #ffffff; border-left: 2px solid #7b879e; margin-bottom: 0.4em; margin-left: 0.1em; margin-right: auto; width: auto;" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"
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Bozzi bezieht sich in ihrer Deutung des Traums auf den französischen Psychoanalytiker Jaques Lacan (1901-1981) und sieht darin ein Zeichen von aggressiver Desintegration, da der Student in der feindlichen Umgebung dem Maler und seiner Gedankenwelt hilflos ausgeliefert sei. Auch lasse das Eindringen in das Fleisch und die Bewegung männliche Sexualität anklingen, die in einer Ejakulationsmetapher münde und Auswirkung einer Angst vor sexueller Aktivität sei (Bozzi 2002, 134 f.) Ordnet man den Traum jedoch in das bereits skizzierte Denkschema des Studenten ein, wird er zum Symbol seiner Auseinandersetzung mit dem Beobachtungsobjekt und den Konsequenzen für seine Vorstellung von Medizin. Im Traum folgt er den Anweisungen der anderen Ärzte, wie er zunächst der Anweisung des Chirurgen zur Beobachtung des Malers gefolgt ist. Er nimmt „ganz präzise Operationen“ (F 108) vor, die aber seinen Patienten zerstören. Daran wird deutlich, dass sich sein Untersuchungsgegenstand mit den herkömmlichen Methoden der Medizin nicht fassen lässt, da er sich in Rotation, also in permanenter geistiger Unruhe, befindet. Der Maler kann nicht operiert und geheilt werden, die chirurgischen Kompetenzen bringen den Studenten in diesem Fall nicht weiter. Der Traum zeugt von seinem Kontrollverlust und der Erkenntnis, dass er dem Maler als Arzt nicht helfen kann – der Ich-Zerfall des Malers lässt sich zwar beobachten, aber nicht aufhalten.
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: <span style="color: #7b879e;">Au cours de son sommeil (et donc dans une temporalité différente), l’un de ses cauchemars les plus fréquents s’est déroulé une fois enore, de façon correcte, sans le réveiller: le petit Henri devait être âgé, tout au plus, d’une dizaine d’années. Il lui a fallu demander au répétiteur l’autorisation de quitter la salle d’étude pour assouvir un menu besoin urgent. Il erre maintenant à travers les cours de récréation abandonnées, il longe des préaux à arcades et d’interminables couloirs déserts, il monte des escaliers, débouche sur d’autres couloirs, ouvre inutilement de multiples portes. Personne, nulle part, n’est là pour le renseigner, et il ne retrouve aucun des endroits propices disséminés dans la gigantesque école (est-ce le lycée Buffon?). Il pénètre à la fin, par hasard, dans sa propre salle de classe et il constate aussitôt que sa place habituelle, d’ailleurs prescrite et qu’il vient de quitter quelques instants plus tôt (de longs instants?), est à présent occupée par un autre garçon du même âge, un nouveau sans doute car il ne le reconnaît pas. Mais, en l’observant avec plus d’attention, le jeune Henri s’aperçoit que l’autre lui ressemble beaucoup, sans que cela l’étonne outre mesure. Les visages de ses camarades se tournent l’un après l’autre vers la porte, pour considérer avec une évidente désapprobation l’intrus qui est demeuré sur le seuil, ne sachant plus où aller: il n’y a pas un banc de libre dans toute l’étude... Seul l’usurpateur reste penché sur son pupitre, où il poursuit avec application la rédaction de sa composition française, d’une très petite écriture, fine et réguliére, sans une rature (R 68 f.).
 
  
: <span style="color: #7b879e;">Während seines Schlafs (und also in einer anderen Zeitlichkeit) lief wieder einmal einer seiner häufigsten Alpträume ab, auf korrekte Art, ohne ihn zu wecken: der kleine Henri war wohl allerhöchstens zehn Jahre alt. Er mußte den Aufseher um Erlaubnis bitten, den Arbeitsraum verlassen zu dürfen, um ein dringendes kleines Geschäft zu verrichten. Er irrt jetzt durch die verlassenen Schulhöfe, entlang an überdachten Pausenhallen mit Arkaden und durch endlose leere Flure, geht Treppen hinauf, stößt auf andere Flure, öffnet sinnlos zahlreiche Türen. Nirgendwo ist jemand, um ihm Auskunft zu geben, und er findet keines der in der riesigen Schule (ist es das Lycée Buffon?) verstreuten Örtchen. Am Ende kommt er zufällig in sein eigenes Klassenzimmer und stellt sogleich fest, daß sein gewohnter, ihm übrigens zugewiesener Platz, den er eine Weile zuvor (eine lange Weile?) verlassen hat, jetzt von einem Jungen im gleichen Alter besetzt ist, wahrscheinlich einem Neuen, denn er erkennt ihn nicht. Als er ihn aber aufmerksamer betrachtet, merkt der junge Henri, ohne daß ihn das übermäßig erstaunt, daß der andere ihm sehr ähnlich sieht. Die Gesichter seiner Kameraden wenden sich nacheinander zur Tür, um mit offensichtlicher Mißbilligung den Eindringling zu mustern, der auf der Schwelle stehengeblieben ist und nicht mehr weiß, wohin er gehen soll: im ganzen Arbeitsraum ist keine Bank frei... Nur der Usurpator bleibt über sein Pult gebeugt, wo er eifrig an seinem französischen Aufsatz weiterschreibt, mit einer sehr kleinen, feinen und regelmäßigen Schrift ohne Verbesserungen (W 65 f.).</span>
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==Einordnung==
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Das Verhältnis der Protagonisten zu den Träumen kann zunächst dem Bernhardschen Figurentypus des ,Geistesmenschen‘ zugeordnet werden. So stellt auch Bozzi fest, dass für diese Figuren „das dem Geist verpflichtete Leben als höchste Stufe des Daseins dargestellt“ wird (Bozzi 2002, 128) und die Verwendung des Traummotivs den Autor in die Lage versetze, „die Zwanghaftigkeit des Geistigen in Frage zu stellen und letztlich ad absurdum zu führen“ (ebd., 131). Ihre psychoanalytische Deutung der Traumszenen folgt daher der Annahme, dass sich „Bernhards negatives Verständnis von Körperlichkeit“ (ebd., 128) in einem Dualismus von Körperlichkeit und Geist niederschlage, der bei den Figuren zu einer Verbannung des Körperlichen ins Unter- und Unbewusste führe. Dies begünstige eine Verselbständigung des Körpers und der Triebe im Traum: „Der Nachttraum ist der andere Diskurs im Werk Thomas Bernhards: das subversive Potential, die anarchische Dimension, die durch die Vernunftform ersetzt worden ist, aber schattenhaft weiterlebt“ (ebd., 137). Dieser Deutung ist insofern zu widersprechen, als der Dualismus von Körper und Geist, wie auch der Antagonismus von Verstand und Phantasie, in ''Frost'' nicht aufrechterhalten wird. Durch die Motivik des Schmerzes, des Verfalls und der Ich-Auflösung wird immer wieder deutlich, dass der Sieg des Körpers unausweichlich ist. Die stete Thematisierung des Schmerzes und der körperlichen Leiden des Malers widerspricht einer Verbannung des Körperlichen ins Unterbewusste. Vergänglichkeit und Tod bedeuten für ihn einerseits die Auslöschung des Geistes, stellen aber andererseits keine Bedrohung, sondern eine Erlösung dar: „Der Tod kann nur das Aufhören aller Schmerzen sein. Der Tod bedeutet Freisein von allem; vor allem von mir selbst“ (F 90).
  
Robin träumt einen wiederkehrenden „rêve récurrent des cabinets introuvables“ (R 71), in dem sein kindliches Ich verzweifelt nach den Toilettenräumen sucht. Die Destabilisierung, die auch das (scheinbare) Wacherleben des Agenten prägt, wird in den Trauminhalt überführt: Seine Suche wird als Irrfahrt bezeichnet, er weiß nicht, wie lange er überhaupt den Arbeitsraum verlassen hat, und sieht sich bei der Rückkehr einer weiteren Doppelgängerfigur gegenübergestellt. Auch die akkurate Schrift des Doppelgängers ist eine Anspielung auf Robin selbst, der als Erwachsener den Bericht seiner eigenen Mission in einer „petite écriture fine, et sans rature“ (R 31) festhält. Indem der Schlaf als „andere[n] Zeitlichkeit“ bezeichnet wird, erhält im Traum die Vergangenheit eine oneirische Dimension. Gleichzeitig wird der Traumbericht als Erzählform dadurch unterlaufen, dass auf ihn nicht unmittelbar eine Szene des Erwachens folgt. Stattdessen schließt sich eine Fußnote an, in der die zweite Erzählstimme den Traumbericht als „prétexte assez artificiel d’un récit de rêve“ (R 69) zu entlarven versucht. Der Traum, so wird hier suggeriert, sei eine bloße Erfindung Robins. Das Tempus schreibt den Traumbericht zugleich in die Uneindeutigkeit der Zuordnung zu einer der beiden Welten ein: Nur der Beginn des Berichts ist im Imparfait bzw. Passé composé verfasst, während alle folgenden Ereignisse im Präsens wiedergegeben und in einem unbestimmten „maintenant“ situiert werden. In der Simultaneität der möglichen Lesarten – Bericht seines tatsächlichen Traumes, absichtsvoll erfundener Traumbericht, Erinnerung an die Kindheit, verfremdetes Erleben des erwachsenen Agenten in Berlin – trägt auch der berichtete Traum zur „circulation du sens“ bei. Dazu passt ebenso, dass der Agent vermeintliche Erinnerungsbilder an einer anderen Stelle als Traumreste, „résidus flottants d’un morceau de rêve“ (R 115) identifiziert. Sowohl in ihrer Fragmentstruktur als auch in der Ziellosigkeit der Bewegung spiegeln die „herumschwebende[n] Überbleibsel eines Traumabschnitts“ (R 110), so die deutsche Übersetzung, die Orientierungslosigkeit Robins wie die labyrinthische Anlage des Romans wider und stellen den Gesamttext unter das Vorzeichen einer geträumten Erfahrung.  
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Die Träume zeigen zwar eine radikalisierte Körperlichkeit in grotesken oder bedrohlichen Szenarien, symbolisieren jedoch hauptsächlich das Verhältnis des Ichs zu seiner Umwelt - beziehungsweise, im Falle des Studenten, zu seinem Beobachtungsobjekt - und deuten seinen Kontrollverlust an. Hierbei ist wichtig, dass die Traumwelten zwar alptraumhaft übersteigert sind, aber in ihrer Bedrohlichkeit kaum einen Unterschied zur Wirklichkeit der Protagonisten ausmachen. Sie greifen zentrale Motive der Narration auf, wie beispielsweise die Schlachthausmetaphorik, die Präsenz von körperlicher Versehrtheit und Tod, die empfundene Hilflosigkeit sowie den Kontrollverlust. Gößling bezeichnet daher ''Frost'' in Gänze „als Alptraum der ,Auflösung‘“ (Gößling 1987, 15) und deutet die fiktive Welt in Anlehnung an Freudsche Traumkategorien, indem „die objektivierte Landschaft zugleich als Bewußtseinslandschaft erkennbar [wird], d.h. als Traum- oder Wunschtraumwelt, in der sich – in verdichteten, überdeterminierten Zeichen – die psychische Problematik des imaginierenden Subjekts niederschlägt“ (Gößling 1987, 11).
  
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Nicht die Trennung zwischen Körper und Geist, sondern andere Prozesse sind es, die eine Interpretation der Träume mit dem Figurentypus des Geistesmenschen nahelegen. So definiert sich dieser über eine ständige Reflexion, die sich jedoch verselbständigt: „Der Geist bzw. die Geistigkeit manifestieren sich […] in einem permanenten Reflexionsprozess, der sich verabsolutiert hat und der auch von dem Subjekt, das ihn trägt, nicht mehr zu kontrollieren ist“ (Jahraus 2018, 368). Die für den Geistesmenschen bestimmende Reflexion folgt also einer Traumlogik, indem sie dem Verstand und seiner Kontrolle entgleitet. Dies zeigt sich im Roman an der bereits erwähnten Präsenz von Themen und Motiven der vorherigen Reflexion im Traum. Der Übergang zwischen Traum und Reflexion wirkt fließend, ihre Elemente werden im Traum aufgegriffen, weiterentwickelt, abstrahiert und radikalisiert. Dabei erweist sich auch die Nähe zum Wahnsinn als bereits im Figurentypus des Geistesmenschen angelegt: „Permanent droht ihn der geistige Prozess von Reflexion und Autoreflexion zu überfordern, konkret in Form des Verrücktwerdens […] und der endgültigen A-Sozialisierung insbesondere durch Gewalt entweder gegen sich selbst im Selbstmord oder gegen andere im Mord“ (Jahraus 2018, 369).
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Der Maler Strauch entspricht also diesem Grundtypus der Bernhardschen Prosa, in dessen Wahrnehmung die Grenzen zwischen Traum und dem (Wieder-)Erleben traumatischer Erlebnisse verschwimmen (Bombitz 2012, 58). Gleichzeitig ist sein Ringen mit sich und der Welt, das sich in seinen Träumen manifestiert und auch zunehmend die Reflexionen des Studenten bestimmt, exemplarisch für das Weltverhältnis vieler Protagonisten Bernhards: „Die jeweiligen Lebensgeschichte des besonderen Subjektes ist ein Sinnbild für allgemein-existenzielle Schrecknisse, die sich in Alpträumen wie traumatisierten Situationen wiederholen“ (ebd., 59). Allerdings ist die für Bernhards Prosa ebenfalls typische Komik der Übertreibung in ''Frost'' noch weniger präsent als in den späteren Prosatexten. In den Traumerzählungen des Malers sind zwar groteske Elemente vorhanden, diese tragen jedoch eher zur beklemmend ausweglosen Szenerie bei. Ebenso scheint es, als nehme der narrative Einsatz von Träumen in den späteren Prosatexten Bernhards tendenziell ab. Bozzi verweist auf einzelne Traumszenen in ''Verstörung'' (1967) sowie ''Auslöschung'' (1986) (vgl. Bozzi 2002, 137-148), aber Bennholdt-Thomsen konstatiert in ihrer Untersuchung der gleichen, autobiographisch lesbaren, Traumszene in ''Auslöschung'', dass die Traumerzählung in Bernhards Romanwerk „selten und von auffälliger Relevanz“ (Bennholdt-Thomsen 2001, 44) sei. Die dichte Verknüpfung von Narration und Traumerzählungen, die auf thematischer und motivischer Ebene ineinander übergehen und von der albtraumhaften Kulisse potenziert werden, macht die besondere Atmosphäre von ''Frost'' aus.
  
===Das Material der Träume===
 
Robbe-Grillets u.a. von Roland Barthes beschriebene Objektästhetik (Barthes 1978) und seine Faszination für Materialitätsfragen schlagen sich in auch innerhalb des Traumdiskurses in ''La Reprise'' nieder. Ein wiederkehrendes Objekt, das keinem Handlungsstrang bzw. keiner Figur konkret zugeordnet werden kann, ist ein eleganter Damenschuh. Als „chaussure de bal à haut talon“ (R 75) oder „fin soulier noir à haut talon“ (R 119) taucht er an diversen Stellen des Romans auf (R 112, 159, 187, 190, 194, 195, 208), insbesondere in den an Träume grenzenden Erinnerungen. Darüber hinaus ist er vor allem in den Szenen präsent, in denen die Vergewaltigung des Mädchens Gigi geschildert wird – ob diese Darstellungen der fiktionalen Realität angehören oder Fantasien bzw. Träume Robins sind, bleibt in der Schwebe. Auf Gigi verweist zudem die „poupée martyrisée sort[ie] tout droit d’un rêve d’enfant“ (R 210) als aus einem Traum stammendes Objekt.
 
 
Die Verwandlung der Stadt in einen mehr und mehr dem Traum verschriebenen Raum ist symbolisch ebenfalls auf ein Objekt bezogen, einen Stadtplan von Berlin: Nachdem Robin seinen eigenen Plan verloren hat, findet er kurz vor dem Einschlafen im Hotel in der Feldmesserstraße einen beinahe identischen Plan. Beim Aufwachen stellt er fest, dass die Karte unerklärlicherweise zwei Markierungen enthält. Sie deuten genau auf die Orte seines eigenen Aufenthalts hin, „l’une marquant le bout en cul-de-sac de la rue Feldmesser, ce qui n’a rien d’étonnant dans cette auberge, l’autre plus troublante au coin de la place des Gens d’Armes et de la rue du Chasseur“ (R 71). Die Karte signalisiert eine Verzerrung der Realität im Blindfeld der Feldmesserstraße. Sie ist einer von mehreren Schwellenräumen und „Garanten des Kippens in Sphären des Imaginären und Traumanalogen“ (Küchler 2011, 614), an dem die Unterscheidung von Traum und Wacherleben nicht mehr funktioniert.
 
 
Von zentraler Bedeutung für die instabile Schwelle zwischen Traum- und Wacherfahrung ist das Material der urbanen Landschaft selbst. Bereits am Beginn seiner Mission imaginiert Robin ausgehend von der Leerstelle eines „socle vacant“ (R 32) auf dem Gendarmenmarkt eine Statuengruppe, die auch als Traumprodukt lesbar ist.<ref>Zum schöpferischen Potential der Leerstelle bei Robbe-Grillet vgl. Steurer 2022.</ref> Noch deutlicher manifestiert sich der Zusammenhang von Stadtmaterial und Traum in den Szenen, die im Umfeld der Feldmesserstraße spielen – durch ihre Fiktivität hebt sie sich von der sonst mehr oder weniger realistisch beschriebenen Topographie Berlins als dem Imaginären und dem Traum besonders verhafteter Ort ab. In der Straße befindet sich u.a. eine stillgelegte Klappbrücke (R 55). Sie zitiert den Intertext von ''Les Gommes'' und markiert eine unaufhörliche Sinnverschiebung (Steurer 2016), die der unsicheren Grenzziehung zwischen Schlafen und Wachen entspricht.<ref>Robbe-Grillet bezeichnet die Klappbrücke und die Tür als die beiden zentralen Figuren seines poetisch-ästhetischen Schaffens, das auf der unaufhörlichen Verschiebung des Sinns beruht: „La porte, le pont tournant, ce sont peut-être
 
des objets qui ne sont pas là par hasard, mais parce qu’ils sont essentiels dans cette fonction de circulation du sens qui m’aurait obsédé depuis mon plus
 
jeune âge“ (Robbe-Grillet 1991, 41).</ref> Die Feldmesserstraße hat ein ungleichmäßiges Pflaster und ist von „pavés disjoints“ (R 58) überzogen. Sie evozieren nicht nur den Untertitel von ''Djinn. Un trou rouge entre les pavés disjoints'', sondern weisen darüber hinaus zurück auf Marcel Prousts ''À la recherche du temps perdu'' (Steurer 2021, 335 f.): Im letzten Band des Romans bleibt Marcel im Hof des Hôtel de Guermantes an den unebenen Pflastersteinen hängen (Proust 1989, 445 f.). Das Stolpern löst, ähnlich wie beim Verzehr der Madeleine, eine Erinnerung aus und bahnt den Einstieg in eine neue Welt. Auch Robin gelangt über die unebenen Steine in eine andere Dimension. Während aber bei Proust die sich neu öffnende Welt explizit als Welt der real erlebten Vergangenheit gekennzeichnet ist, oszilliert der Schwellenraum von Robbe-Grillets „pavés disjoints“ zwischen Erinnerung und Traum. Im Nachhinein kann Agent die Erlebnisse in der Feldmesserstraße kaum der Realität oder der Imagination bzw. dem Traum zuordnen. Dazu passt, dass er nachts im Haus der Familie von Brücke in Räumen umherirrt, die ihm nur schwer mit den Außenmaßen des Gebäudes vereinbar scheinen: „La crainte me vient que cela ne soit pas compatible avec les dimensions extérieures de la maison sur le canal“ (R 164). Inkompatibilität und Inkohärenz der Erfahrungen kennzeichnen die Odyssee im Keller des Hauses als einen von vielen Strängen, die die Handlung von ''La Reprise'' in einer Schwellenzone zwischen Traum, Imagination und Realität ansiedeln.
 
 
 
<div style="text-align: right;">[[Autoren|Hannah Steurer]]</div>
 
  
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<div style="text-align: right;">[[Autoren|Stephanie Blum]]</div>
  
 
==Literatur==
 
==Literatur==
===Ausgaben===
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===Primärliteratur===
* Robbe-Grillet, Alain: La Reprise. Paris: Minuit 2001 (zitiert als R).
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* Bernhard, Thomas: Frost. Frankfurt/M.: Insel 1963.
 
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* Bernhard, Thomas: Frost. Frankfurt/M.: Suhrkamp 1972 (Suhrkamp Taschenbuch 47).
* Robbe-Grillet, Alain: Die Wiederholung. Übers. von Andrea Spingler. Frankfurt/M.: Suhrkamp 2001 (zitiert als W).
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* Bernhard, Thomas: Werke in 22 Bänden. Hg. von Martin Huber und Wendelin Schmidt-Dengler. Band 1: Frost. Frankfurt/M.: Suhrkamp 2003; zitiert als F.
 
 
 
 
 
 
===Bezugstexte===
 
* Robbe-Grillet, Alain: Les Gommes. Paris: Minuit 1953.
 
 
 
* Robbe-Grillet, Alain: La Maison de rendez-vous. Paris: Minuit 1965.
 
 
 
* Robbe-Grillet, Alain: Projet pour une révolution à New York. Paris: Minuit 1970.
 
 
 
* Robbe-Grillet, Alain: Djinn. Un trou rougé entre les pavés disjoints. Paris: Minuit 1981.
 
 
 
* Proust, Marcel: Le Temps retrouvé. In: Ders.: À la recherche du temps perdu. Hg. von Jean-Yves Tadié. Paris: Gallimard 1987-1989. Bd. 4, 1989, 273-625.
 
 
 
 
 
  
 
===Forschungsliteratur===
 
===Forschungsliteratur===
* Barthes, Roland: Littérature objective. In: Obliques 16-17 (1978), 69-73.
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* Bennholdt-Thomsen, Anke: Das Traum-Zitat als Medium imaginärer Biographik bei Thomas Bernhard und Ingeborg Bachmann. In: Querelles. Jahrbuch für Frauenforschung 6 (2001), 43-54.
 
+
* Bombitz, Attila: Ist es ein Traum? Ist es ein Trauma? Beispielhaftes im Werk von Bachmann, Bernhard, Handke, Ransmayr und Kehlmann. In: Arnulf Knafl (Hg.): Traum und Trauma. Kulturelle Figurationen in der österreichischen Literatur. Wien: Praesens 2012, 56-64.
* Burrichter, Brigitte: Der deutsche Zwilling. Doppelgänger und Zwillinge in Alain Robbe-Grillets Roman ''La Reprise''. In: Poetica 35 (2003), 213-229.
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* Bozzi, Paola: Der Traum als Wiederkehr des Körpers. Zum anderen Diskurs im Werk Thomas Bernhards. In: Hanne Castein/Rüdiger Görner (Hg.): Dream Images in German, Austrian and Swiss Literature and Culture. München: iudicium 2002, 128-148.
 
+
* Gößling, Andreas: Thomas Bernhards frühe Prosakunst. Entfaltung und Zerfall seines ästhetischen Verfahrens in den Romanen ''Frost'', ''Verstörung'', ''Korrektur''. Berlin: de Gruyter 1987.
* Calle-Gruber, Mireille: Alain Robbe-Grillet ou la reprise en avant. In: Critique 649/650 (2001), 605-618.
+
* Gößling, Andreas: ''Frost''. In: Martin Huber/Manfred Mittermayer (Hg.): Bernhard-Handbuch. Leben - Werk - Wirkung. Stuttgart: Metzler 2018, 37-46.
 
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* Jahraus, Oliver: Geistesmensch. In: Martin Huber/Manfred Mittermayer (Hg.): Bernhard-Handbuch. Leben - Werk - Wirkung. Stuttgart: Metzler 2018, 368-372.
* Engel, Manfred: Kulturgeschichte/n? Ein Modellentwurf am Beispiel der Kultur- und Literaturgeschichte des Traumes. In: Kulturpoetik 10 (2010), 153-176.
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* Klug, Christian: Thomas Bernhards Theaterstücke. Stuttgart: Metzler 1991.
 
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* Mittermayer, Manfred: Thomas Bernhard. Stuttgart: Metzler 1995.
* Engel, Manfred: Towards a Poetics of Dream Narration (with examples by Homer, Aelius Aristides, Jean Paul, Heine and Trakl). In: Bernard Dieterle/Manfred Engel (Hg.): Writing the Dream/Écrire le rêve. Würzburg: Königshausen & Neumann 2017 (Cultural Dream Studies 1), 19-44.
 
 
 
* Fano, Michel: IV. L’ordre musical chez Alain Robbe-Grillet. Le discours sonore dans ses films. In: Jean Ricardou (Hg.): Robbe-Grillet. Colloque de Cerisy. Paris: Union Générale d’Éditions 1976. Bd. 1, 173-186.
 
 
 
* Goumegou, Susanne: Surrealistisch oder kafkaesk? Zur Traumpoetik Roger Caillois’ und dem Problem literarischer Traumhaftigkeit im 20. Jahrhundert. In: Dies./Marie Guthmüller (Hg.): Traumwissen und Traumpoetik. Onirische Schreibweisen von der literarischen Moderne bis zur Gegenwart. Würzburg: Königshausen & Neumann 2011, 195-225.
 
 
 
* Groß, Nathalie: Autopoiesis. Theorie und Praxis autobiographischen Schreibens bei Alain Robbe-Grillet. Berlin: Schmidt 2008.
 
 
 
* Kreuzer, Stefanie: Traum und Erzählen in Literatur, Film und Kunst. Paderborn: Fink 2014.
 
 
 
* Küchler, Kerstin: „Blindfelder“ – Stadtlektüren bei Robbe-Grillet. In: Volker Roloff/Scarlett Winter/Christian von Tschilschke (Hg.): Alain Robbe-Grillet – Szenarien der Schaulust. Tübingen: Stauffenburg 2011, 161-172.
 
 
 
* Oster, Patricia: Rêver la ville: „Fourmillante cité. Cité pleine de rêves“ (Baudelaire – Rimbaud – Calvino – Nolan). In: Bernard Dieterle/Manfred Engel (Hg.): Typologizing the Dream/Le rêve du point de vue typologique. Würzburg: Königshausen & Neumann 2022 (Cultural Dream Studies 5), 565–582.
 
 
 
* Porter, Laurence M.: The Dream. Framing and Function in French Literature. In: Tom Conner (Hg.): Dreams in French Literature. The Persistent Voice. Amsterdam: Rodopi 1995, 105-122.
 
 
 
* Robbe-Grillet, Alain: Je n’ai jamais parlé d’autre chose que de moi. In: Michel Contat (Hg.): L’auteur et le manuscrit. Paris: Presses universitaires de France 1991, 37-50.
 
 
 
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* Steurer, Hannah: „Circulation du sens am pont tournant“. Die Brücke als Denkfigur bei Alain Robbe-Grillet. In: Julia Lichtenthal/Sabine Narr-Leute/Hannah Steurer (Hg.): Le Pont des Arts. Festschrift für Patricia Oster zum 60. Geburtstag. Paderborn: Fink 2016, 365-384.
 
 
 
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* Steurer, Hannah: Die Leerstelle der Ruine – die Ruine als Leerstelle. Claude Simon und Alain Robbe-Grillet. In: Giulia Lombardi/Simona Oberto/Paul Strohmaier (Hg.): Rekonstruktion, Imagination, Gedächtnis. Ästhetik und Poetik der Ruinen. Berlin: de Gruyter 2022, 335-357.
 
 
 
==Anmerkungen==
 
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Steurer, Hannah: "La Reprise" (Alain Robbe-Grillet). In: Lexikon Traumkultur. Ein Wiki des Graduiertenkollegs "Europäische Traumkulturen", 2022; http://traumkulturen.uni-saarland.de/Lexikon-Traumkultur/index.php?title=%22La_Reprise%22_(Alain_Robbe-Grillet).
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Blum, Stephanie: "Frost" (Thomas Bernhard). In: Lexikon Traumkultur. Ein Wiki des Graduiertenkollegs "Europäische Traumkulturen", 2022; http://traumkulturen.uni-saarland.de/Lexikon-Traumkultur/index.php?title=%22Frost%22_(Thomas_Bernhard).
  
 
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Aktuelle Version vom 24. Oktober 2022, 11:02 Uhr

Thomas Bernhards (1931-1989) Debütroman Frost (1963) enthält mehrere Traumerzählungen, die als Schlüsselszenen zur Thematik des Ich-Verlusts und -Zerfalls beitragen, indem sie zentrale Motive des Romans aufgreifen und metaphorisch verdichten. Ein junger (namenlos bleibender) Medizinstudent wird während seiner Famulatur von einem Assistenzarzt beauftragt, dessen Bruder, den Maler Strauch, zu beobachten. Er reist in den (fiktiven) abgelegenen österreichischen Gebirgsort Weng, macht dort die Bekanntschaft des Malers sowie der Dorfbewohner und zeichnet seine Beobachtungen auf. Sowohl der Maler Strauch als auch der Famulant berichten von ihren Träumen, in denen sich die jeweilige Situation, das Weltverhältnis der Protagonisten und auch das Verhältnis der beiden zueinander spiegeln.


Erzählstruktur und Perspektive

Der Roman ist in Kapitel untergliedert, die anhand der Aufenthaltstage in Weng durchlaufend nummeriert überschrieben sind. Sie wirken wie Tagebuchaufzeichnungen des Studenten, der seine Gedanken, Gespräche und Erlebnisse mit dem Maler Strauch dokumentiert; zwischen dem sechsundzwanzigsten und siebenundzwanzigsten Tag erfolgt der Einschub von sechs Briefen des Studenten an den Assistenzarzt. Der Roman endet mit einer Zeitungsnotiz, die nach der Abreise des Erzählers über das anschließende Verschwinden des Malers informiert. Ab dem zehnten Tag werden in unregelmäßigen Abständen neun Erzählungen des Malers eingefügt und mit eigenen Überschriften von den Aufzeichnungen abgehoben.

Der Roman präsentiert keine Entwicklung oder Handlung im konventionellen Sinne, sondern nebeneinander gestellte Erzähleinheiten, die ein Gesamtbild der Weltsicht und Befindlichkeit des Malers ergeben. Laut Mittermayer wird der Roman „ausdrücklich als Krankengeschichte ausgewiesen“ (Mittermayer 1995, 30), die sich jedoch laut der eröffnenden Reflexion des Studenten „mit außerfleischlichen Tatsachen und Möglichkeiten“ (F 7) befasst, also auf psychischer Ebene anzusiedeln ist. Der Student berichtet als autodiegetische Instanz von seinen Gesprächen mit dem Maler, die aufgrund der hohen Redeanteile Strauchs wie Monologe wirken. Diese werden sowohl in direkter als auch in indirekter Rede wiedergegeben, wodurch dem Studenten zunächst die Rolle eines Berichterstatters und Vermittlers zukommt, der das Erzählte bestätigen kann: „Ohne die Präsenz eines Ich-Erzählers würde der Leser die fiktive Frost-Welt schlichtweg als halluzinierte Wahnwelt des Malers wahrnehmen. Der formale ,Auftrag‘ des Famulanten besteht also nicht zuletzt darin, das phantastisch-albtraumhafte Setting als real zu beglaubigen“ (Gößling 2018, 40). Im monologischen Redefluss berichtet der Maler vorgefallene Ereignisse, aber auch aus zweiter oder dritter Hand Nacherzähltes und reflektiert seinen körperlichen und geistigen Zustand, wobei „das Wortfeld von Auflösung und Zerfall dominiert“ (Mittermayer 1995, 30). Zwar gewährt der Bericht des Studenten Einblicke in das Innenleben des Malers, aber er formuliert mehrfach Verständnisprobleme oder thematisiert seinen subjektiven Blick auf das Gegenüber. Besonderen Reiz gewinnt die Narration durch die Nähe, die zwischen dem Studenten und dem Maler entsteht - denn dieser kann sich dessen Gedankengängen immer weniger entziehen: „Das fällt mir ein, wenn ich mich tief in Gedankengänge verrannt habe, die ihren Ursprung im Maler habe, wenn ich weit weg von mir bin“ (F 136). Zunehmend übernimmt er dessen Wahrnehmung: „Auf dem ganzen Weg hatte ich nichts anderes gedacht und überhaupt nichts gesehen, immer nur gedacht, daß der Maler von mir Besitz ergriffen hat. Mich in seine Bilder, mich in seine Vorstellungswelt hineingezwängt hat“ (F 298 f.) Dieser Prozess verstärkt die „rezeptionssteuernde Qualität“ (Gößling 2018, 41) des Erzählers, dessen Distanzlosigkeit sich in den Leser:innen fortsetzt und ein Gefühl der „Ohnmacht“ (Gößling 2018, 39) erzeugt.


Träume in Frost

Verhältnis der Protagonisten zum Traum

Das Motiv des Traums wird in Frost zur Charakterisierung der beiden Brüder und des Studenten eingesetzt. So vergleicht der Student die Brüder miteinander, indem er den Chirurgen als „Erfolgsmensch“ charakterisiert, der „Tag und Nacht“ von seiner Arbeit bestimmt ist und als „ein Feind des Zwischenreichs, der Kunst“ (F 212 f.) gilt: „Ästhetik haßt er. Ebenso Träume“. In dieser Ablehnung ist der zentrale Gegensatz zu seinem Bruder als Maler angelegt: „Was sein Bruder gemacht hat, war ihm immer ein Greuel“ (F 213). Laut Gößling ist dieser Antagonismus typisch für viele Werke Bernhards, wobei die Pole von Naturwissenschaft und Kunst, von Verstand und Phantasie nur auf den ersten Blick einander entgegengesetzt sind (Gößling 2018, 41) – auch in Frost. So lehnt auch der Maler mittlerweile die Kunst und das Träumen ab: „Die furchtbaren Träume, die ich habe, das sind die furchtbaren Träume meiner Kindheit. Schauerlich, wenn sie ein alter Mann träumen muss“ (F 286). Und laut einem Brief des Studenten an den Chirurgen, auf den Bozzi hinweist, arbeitet dieser an einer Schrift mit dem Titel „Der träumende und der politische Mensch“, weshalb er ihm den Maler als exemplarischen Vertreter dieser menschlichen Spezies beschreibt. Allerdings zeugt das Forschungsvorhaben weniger von einer „allnächtlichen Wandlung des Chirurgen“ (Bozzi 2002, 137), sondern von dessen Versuch, das ihm Unzugängliche zu analysieren und sich zu erschließen – worin vermutlich auch der Auftrag des Studenten begründet liegt. Der Student versucht daher, über dieses Interesse den abgebrochenen Kontakt zwischen den beiden Brüdern wieder herzustellen (F 323).

Diese vermittelnde Position des Studenten lässt sich auch in seinem Verhältnis zu Traum und Schlaf ausmachen. Bozzi charakterisiert ihn als „Bewohner jenes „Zwischenreichs“, der ins Medizinstudium „Elemente unbewußter Dunkelheit hinein“ trage und dem das Leben als ein Traum erscheine, „aus dem er entgegen seiner Behauptung niemals erwachen“ werde (Bozzi 2002, 132). Gegen diese Deutung spricht, dass sie anhand weit auseinanderliegender Textstellen belegt wird, die in keinem narrativen Zusammenhang stehen. Auch ist dem Studenten schon zu Beginn klar, dass er sich durch seinen Auftrag mit „außerfleischlichen Tatsachen und Möglichkeiten“ auseinandersetzen wird und versuchen muss, „etwas Unerforschliches zu erforschen“ (F 7). Während ihm im Medizinstudium „eigentlich immer alles wie im Schlaf gegangen“ ist (F 53), wird er durch die zunehmende Nähe zum Maler und zu dessen auswegloser Verzweiflung mit der Realität der menschlichen Existenz konfrontiert. Dies führt am neunten Tag zur Infragestellung seiner Berufswahl: „Ich und Arzt? Mit kommt das Ganze vor, als wäre ich gerade aus einem Traum aufgewacht, und jetzt soll ich mit dem weißen Mantel, den ich anhabe, ich weiß nicht warum, fertig werden“ (F 95). Er gelangt jedoch am Ende zur Erkenntnis, dass es sich bei dem Medizinischen um eine „methodisch ineinandergreifende Folge von Dunkelheiten“ handle (F 326), in der die beiden Ebenen von Verstand und Phantasie miteinander verschmelzen. Um dem Chirurgen diese Verbindung deutlich zu machen, zitiert er seinen Bruder: „Die Wissenschaft von den Krankheiten ist die poetischste aller Wissenschaften“ (F 326). Der Student vermittelt also zwischen den beiden scheinbar antagonistischen Prinzipien, beendet nach seiner Abreise die Famulatur und setzt das Studium in der Hauptstadt fort – mit diesen Informationen endet der Roman.

Traumerzählungen des Malers

1. Traum

Am späten Nachmittag des fünften Tages berichtet der Maler von einem Traum, den er als etwas Besonderes ankündigt: „Ein ungewöhnlicher Traum, keiner der hoffnungslosen, wie ich sie sonst immer träume“ (F 39). Zunächst stellt sich eine Veränderung der Landschaft ein, sie wechselt immer wieder schnell die Farbe entgegen „menschlichem Ermessen“. Das Ganze wird begleitet von einer „Musik, die aus allen Musikepochen zusammengesetzt war“ (F 39). Sein Traum-Ich sitzt „in dieser Landschaft, auf einer Wiese“ und nimmt, wie auch die anderen Menschen, die wechselnden Farben der Umgebung an. Aufgrund der Farben sind die Menschen in dieser „Menschenlandschaft“ nur anhand „ihrer Stimmen zu erkennen“ (F 39). Diese zuerst mit Faszination beschriebene Stimmung wandelt sich, die Harmonie des Traum-Ichs mit der Umgebung wird gestört: „Plötzlich aber geschah etwas Grauenhaftes: Mein Kopf blähte sich auf, und zwar so, daß die Landschaft sich um einige Grade verfinsterte und die Menschen in Wehlaute ausbrachen“ (F 39 f.) Der große Kopf verselbständigt sich, er rollt „von dem Hügel hinunter […] und erdrückte viele der blauen Bäume und viele der Menschen“ (F 40). Er zerstört die Landschaft und bringt Tod: „Plötzlich bemerkte ich, daß hinter mit alles abgestorben war. Abgestorben, tot. Mein großer Kopf lag in einem toten Land“ (F 40). Der Traum endet in „Finsternis“, was vom Maler als „fürchterlich“ (F 40) bewertet wird.

Auffällig ist, dass der Traum von einer zunächst harmonisch wirkenden Einheit des Traum-Ichs mit der Welt ausgeht. Die Farben wechseln zwar, aber das Ich und die Menschen sind dabei an die Landschaft angepasst. Auch die Musik und die Stimmen der Menschen werden als Einheit empfunden. Als Störfaktor tritt der Kopf auf, der sich verselbständigt und die Welt zerstört. Bozzi deutet diesen Prozess als „Verselbständigung der Teile gegenüber dem Ganzen“, die im Zusammenhang mit einer „Verwirrung, Unordnung und Aufregung“ des Körpers stehe und eine Auflösung des Ichs einleite (Bozzi 2002, 133 f.). Zwar ist die Zersetzung und Auslöschung der Existenz ein zentrales Thema des Romans, doch der Traum beschreibt diesen Auflösungsprozess genauer: Er geht vom Kopf aus, der für das Denken steht, das hier jedoch in Kopflosigkeit mündet. Interessant ist, dass die Traumerzählung durch eine Feststellung des Malers eingeleitet wird: „Die Phantasie ist der Tod des Menschen“ (F 39). Der Kopf ist sowohl Sitz des Denkens als auch der Phantasie, die in der Passage vor der Traumerzählung thematisiert wird. Dort äußert sich der Maler, dass „die Phantasie […] ein Ausdruck von Unordnung“ sei: „Ich bin mir sicher, daß Phantasie eine Krankheit ist“ (F 38). Der Traum greift diese Überlegung auf, denn die harmonische Phantasiewelt, die ja eine Kopfgeburt des Malers darstellt, wird durch eben den sie hervorbringenden Kopf zerstört. Der Traum symbolisiert also eine Verselbständigung der Phantasie und der Geisteskräfte, durch die die Kluft zwischen Ich und Landschaft sowie zwischen Ich und anderen Menschen vergrößert wird.

2. Traum

Dieser erste Traum etabliert Motive, die sich in den späteren Träumen des Malers wiederfinden. So berichtet er am sechzehnten Tag von einem Traum, der laut eigener Aussage mit seinen bisherigen Träumen „nicht das geringste gemeinsam hatte“ (F 187). Er beschreibt, dass der Traum, wie alle seine Träume, mit einer Farbe beginnt – eine Gemeinsamkeit mit der ersten Traumerzählung. Allerdings entwickelt sich die Farbe „in das Zwischenverhältnis aller Farben zu allen Farben“ und dann „bis in die Dunkelheit der Farben hinein“. Zunächst ist der Traum noch „tonlos“, doch „dann plötzlich, sich steigernd, zu einem Geräusch werdend“ - und „plötzlich war dieser Traum […] nur mehr Geräusch“ (F 187). Dieses wird von dem Träumenden als unangenehm und bedrohlich wahrgenommen, es entwickelt sich „zu einem unheimlich geltungsbedürftigen Infernalischen“ (F 187) und wird als „ein ungeheurer Lärm“ (F 188) bezeichnet. Dieser erzeugt einen unendlichen Raum, in dem zwei oder drei Polizisten „in dem schamlosen, erdachten, alles umfassenden Schnürboden der Unendlichkeit“ „taumelten“ oder „schwebten“ (F 188). Trotz des vergleichsweise hohen Grades der Abstraktion sind die Farben und die Musik durchaus Konstanten, die bereits im ersten Traum des Malers präsent waren. Auch die Verzerrung der räumlichen Dimensionen ins Unendliche sowie das Kippen einer optischen oder akustischen Wahrnehmung ins Bedrohliche sind wiederkehrende Elemente. In der abstrakten Traumwelt wird kraft der Phantasie die eigentliche Ordnung ausgehebelt - und das Traum-Ich schreckt vor der unendlichen Macht des Erdachten zurück.

3. Traum

Während im ersten Traum das Motiv des anwachsenden Kopfes noch als Element der Groteske wahrgenommen werden kann, gewinnt es im weiteren Verlauf des Romans an Bedrohlichkeit. So beschreibt der Maler am sechsundzwanzigsten Tag, wie er nachts auf seinem Zimmerboden liegt und sich Kälte in ihm ausbreitet: „Da wurde mein Kopf wieder so groß, blähte sich auf: alles wickelte sich in einer Art Halbschlaf ab: der große Kopf atmete und erdrückte fast meine Brust“ (F 301). Während im ersten Traum noch die Menschen und die Landschaft von dem Kopf getötet werden und das Traum-Ich allein in Finsternis zurückbleibt, wendet sich nun der eigene Kopf gegen das Ich. Er erdrückt das Ich, sodass es nicht mehr atmen kann. Dazu kommt, dass sich dieser Vorgang im Halbschlaf abspielt; er wird nicht mehr eindeutig als Traum markiert und überschreitet die Grenze zwischen Traumwelt und Wachzustand. Das Bedrohungspotenzial nimmt daher zu, das Ich ist dabei von „Schmerzen“ und insbesondere „Kopfschmerzen“ (F 302) geplagt. Auch schon an früherer Stelle erklärt der Maler die Ausmaße seiner Kopfschmerzen mit dem Bild eines anschwellenden Kopfes: „Jetzt habe ich das Gefühl, dieser Kopf hat nirgends mehr Platz, nicht einmal in der Landschaft. Nur Schmerzen. Nur Finsternis“ (F 48), Das Motiv wird also vom Wachzustand in den Traum überführt und dort weiterentwickelt.

4. Traum

Wenige Absätze später berichtet der Maler erneut von einem Traum mit anwachsendem Kopf, der alle Menschen erdrückt: „Plötzlich hatte mein Kopf die Leute, die im Gastzimmer waren, auch die Leute am Extratisch, alle, den Wasenmeister, den Gendarm, den Ingenieur, alle, die Wirtin und ihre Töchter auch, an die Wand gedrückt. Im Traum, wissen Sie“ (F 305). Während der erste Traum in einer abstrakten Landschaft mit nicht weiter benannten Menschen stattfindet, ist er nun an einen bekannten Raum und konkrete Personen der unmittelbaren Umgebung geknüpft. Dass es sich um eine Traumerzählung handelt, wird erst durch den Nachsatz deutlich, denn die Erzählung reiht sich ein in seine Berichte von Schmerz, körperlicher Dissoziation und den vermeintlich auslösenden Faktoren. Wie im zuvor beschriebenen Halbschlaf werden die Grenzen der Wahrnehmung verwischt. Der Kopf „erdrückte alles“, hat aber „nicht die Kraft, das Gasthaus zu sprengen“, und bleibt mit dem Traum-Ich verbunden: „Über mein Gesicht rann der Saft der Menschen, die mein Kopf schlagartig ausgelöscht hat, zerquetscht hat. Gegenstände und Menschen zu einem Brei“ (F 305). Sein Körper wird „fürchterlich eingezwängt“ und hat „keine Möglichkeit mehr, zu atmen“ (F 306). Wie in der Halbschlaf-Erzählung ist erneut das Motiv der Atemlosigkeit zentral, das in Bernhards Werk häufig mit Krankheit und Tod, in den autobiographischen Texten aber auch mit (literarischer) Subjektwerdung verbunden wird.

Neben der eigenen Bedrohung empfindet das Traum-Ich eine starke Trauer um die getöteten Menschen: „Da weinte ich, weil ich alle getötet hatte“ (F 306). Der Traum endet allerdings nicht mit dem Tod, sondern der ursprüngliche Zustand wird wieder hergestellt: „So wurde ich wahnsinnig. Da schrumpfte der Kopf plötzlich auf seine ursprüngliche Größe zusammen. […] Alle saßen auf ihren Plätzen und tranken und aßen und bestellten und zahlten. […] Ich wachte erschöpft auf und sah, daß ich meine Wolldecke verloren hatte“ (F 306). Indem das Traum-Ich durch die Trauer um die Mitmenschen seinen Widerstand aufgibt und sich dem Wahnsinn überlässt, kehrt die Ordnung zurück. Die Bedrohung der Umgebung durch seinen anwachsenden Kopf kann nicht nur beendet werden, auch die bereits verursachte Zerstörung wird wieder rückgängig gemacht. Bozzi deutet diese Traumerzählung als einen Alptraum, der den „Körper als Überschuss“ inszeniere: „Der Bernhardsche Traumtext thematisiert in diesem Sinne die Last des Leibes, den Sturz in die amorphe Tiefe und die hassenswerte und furchtgebietende Macht der Auflösung“ (Bozzi 2002, 136). Allerdings ist es in dieser Traumerzählung eben nicht die „Flut des Unter- und Unbewussten“, in der das „strukturierende Bewusstsein versinkt“ (ebd., 136). Der Text führt vielmehr die psychoanalytische Deutung ad absurdum, da gerade das Wahnsinnigwerden dem alptraumhaften Geschehen Einhalt gebietet. Dieser Schritt in den Wahnsinn, der in den vorangehenden Passagen als Konsequenz der nicht auszuhaltenden (Kopf-)Schmerzen der Existenz hergeleitet wird, erscheint im Traum als Erlösung. Eine solche Verknüpfung lässt sich auch hinsichtlich der Selbstmordgedanken des Malers feststellen, die ebenfalls mit Traummotivik illustriert werden. So äußert er sich über die Option des Erfrierens, es „führe in einem Traum, aus dem man nicht mehr herauskomme“ (F 51). Die Auflösung oder Aufgabe der eigenen Existenz in Wahnsinn oder Tod wird als möglicher Ausweg empfunden und im Traum durchaus positiv konnotiert.

Träume und Philosophie

Ein typisch Berhardsches Erzählverfahren ist es, „Figuren durch von ihnen bevorzugte Autoren bzw. literarische oder philosophische Werke zu charakterisieren“ (Gößling 2018, 41). Diese Technik der intertextuellen Verknüpfung wird in Frost mit den Träumen des Malers verbunden. Nach dem ersten Traum schreibt der Student: „Der Maler zog seinen Pascal aus der linken Rocktasche und steckte ihn in seine rechte Rocktasche“ (F 40). Nach dem bedrohlichen Traum im Halbschlaf ist dem Maler die Lektüre unmöglich geworden: „Auch meinen Pascal kann ich nicht mehr lesen“ (F 302). Und nach dem Traum, der in einer Wiederherstellung der Normalität endet, findet der Maler zu einer schlaflosen Ruhe: „Jedenfalls hatte ich keinen Traum mehr. Vielleicht, weil ich still auf meinem Bett sitzen blieb und in meinem Pascal blätterte. Vielleicht“ (F 307). Diese Verweise auf den französischen Philosophen Blaise Pascal (1623-1662) sind auf dessen Penseés (1669) bezogen, die neben stilistischen Übereinstimmungen auch Sinnwidersprüche und Paradoxa als Reaktionen auf die Zerrissenheit der menschlichen Existenz mit Bernhards Protagonisten gemeinsam haben (Klug 1991, 46 f.). Zentral für die Charakterisierung des Malers ist eine Technik, die Klug ausgehend von Bernhards Theaterstücken als „Dramatisierung von Gedanken Pascals über die Unruhe des Daseins“ bezeichnet (ebd., 47). Ebenso wie auch der Maler gehört Pascal zu den „Einzelgängern und Außenseitern der Philosophiegeschichte“ und philosophiert „nicht beruflich, sondern aus Berufung“ (ebd., 36 f.).

Strauchs Rückgriff auf Pascal unmittelbar nach den verstörenden Träumen wirkt wie ein Versuch, wieder Halt in der Philosophie zu finden – mit dem Wissen, dass auch diese voller Widersprüche und Unsicherheiten ist. So findet sich der Verweis auf Pascal ebenso in Verbindung mit seinen Selbstmordgedanken, denn am vierundzwanzigsten Tag berichtet der Student, dass der Maler immer wieder „das Wort Selbstmord“ verwende und die Alltäglichkeit des Daseins beklage, die er auf seine Träume bezieht: „Selbst meine Träume sind alltäglich. Und ich, ich hätte auf andere als auf alltägliche Träume Anspruch“ (F 286). Im Anschluss kommentiert er den Umgang mit Pascal folgendermaßen: Der Maler versucht, „mit seinem Pascal alles zu beweisen […] und weiß, daß nichts zu beweisen ist“ (F 287). Ebenso wie die Träume die Verselbständigung der Geisteskräfte zeigen und die Entwicklung in Richtung Wahnsinn und Ich-Auflösung illustrieren, zeigt auch der Verweis auf Pascal die Unruhe des Daseins und die Unmöglichkeit, dem Prozess durch philosophisches Denken Einhalt zu gebieten.

Träume des Studenten

Da die Weltwahrnehmung des Malers im Fokus der Narration steht, nehmen die Reflexionen und Erlebnisse des Studenten deutlich weniger Raum ein – ebenso seine Träume, von denen nur einer erzählt und ein weiterer angedeutet wird. Der mögliche Traum bezieht sich auf ein Erlebnis in der Nacht zum zweiundzwanzigsten Tag, in der er Geräusche hört und beobachtet, wie der Wasenmeister der Wirtin einen Rucksack bringt, in dem er Tierkadaver vermutet. Er schleicht aus dem Zimmer und wird Zeuge einer Unterhaltung der beiden, die seine Vermutung bestätigt: „Jetzt weiß ich, daß sie mit Hundefleisch kocht, dachte ich. Der Maler hat es ja gesagt. Es ist wahr“ (F 257). Am nächsten Morgen kommt ihm diese „Geschichte“ allerdings „immer wieder wie ein Traum“ (F 257) vor und er beschließt, niemandem davon zu erzählen. Er reflektiert über die Möglichkeit, so realistisch zu träumen: „Daß im Traum derartiges möglich ist, auch bei geistig gesunden Menschen – im Traum ist alles möglich –, weiß ich; aber es war kein Traum“ (F 258). Sollte es sich um einen Traum handeln, so bestätigt dieser die langsame Übernahme der Weltsicht des Malers. Die Andeutung, dass es eventuell kein Traum war, trägt zur alptraumhaften Kulisse des Dorfes bei, in der die Grenzen zwischen Traum und Realität verwischt werden.

Am zehnten Tag berichtet der Student, der sich bisher „an keinen einzigen Traum in der letzten Zeit erinnern“ kann, dass er „von Strauch geträumt“ hat (F 106). Sein Traum-Ich ist gefeierter Arzt, schreitet durch die Klink und die Patienten verneigen sich vor ihm. In einem „schlachthausähnlichen, weißgekachelten Raum“ befindet sich „Strauch auf dem Operationstisch angeschnallt“, der „sich dauernd halb rotierend bewegte“ (F 107). Aufgrund der Bewegung des Tischs möchte er nicht operieren, aber die Ärzteschaft fordert ihn dazu auf und insbesondere der Chirurg drängt: „Schneiden Sie doch! […] Sie sind meinem Bruder alles schuldig!“ (F 108). Das Traum-Ich des Studenten fängt an und führt „eine Reihe von Operationen […] gleichzeitig aus,“ bis ihm auffällt, dass er den Körper „vollkommen zerschnitten“ hat: „Der Körper war überhaupt nicht mehr als Körper erkennbar. Es war wie ein Fleisch, das ich folgerichtig, tadellos, aber vollkommen verrückt zerschnitten hatte und jetzt wieder tadellos, aber wahnsinnig geworden zusammennähte“ (F 108). Die Ärzteschaft ist von dieser Operation begeistert, lobt seine „großartige Leistung“ (F 108) und hebt ihn im Jubel hinauf. Von oben blickt er auf den Operationstisch und sieht „einen Haufen völlig zerstückelten Fleisches, das schlagweise Blut ausstieß, ununterbrochen Blut ausstieß, riesige Mengen Blutes und langsam alles in Blut ertränkte, alles, die Ärzteschaft, alles“ (F 109). Nach dem Aufwachen erinnert sich der Student, dass alle Ärzte im Traum mit grotesken Kinderstimmen gesprochen haben.

Bozzi bezieht sich in ihrer Deutung des Traums auf den französischen Psychoanalytiker Jaques Lacan (1901-1981) und sieht darin ein Zeichen von aggressiver Desintegration, da der Student in der feindlichen Umgebung dem Maler und seiner Gedankenwelt hilflos ausgeliefert sei. Auch lasse das Eindringen in das Fleisch und die Bewegung männliche Sexualität anklingen, die in einer Ejakulationsmetapher münde und Auswirkung einer Angst vor sexueller Aktivität sei (Bozzi 2002, 134 f.) Ordnet man den Traum jedoch in das bereits skizzierte Denkschema des Studenten ein, wird er zum Symbol seiner Auseinandersetzung mit dem Beobachtungsobjekt und den Konsequenzen für seine Vorstellung von Medizin. Im Traum folgt er den Anweisungen der anderen Ärzte, wie er zunächst der Anweisung des Chirurgen zur Beobachtung des Malers gefolgt ist. Er nimmt „ganz präzise Operationen“ (F 108) vor, die aber seinen Patienten zerstören. Daran wird deutlich, dass sich sein Untersuchungsgegenstand mit den herkömmlichen Methoden der Medizin nicht fassen lässt, da er sich in Rotation, also in permanenter geistiger Unruhe, befindet. Der Maler kann nicht operiert und geheilt werden, die chirurgischen Kompetenzen bringen den Studenten in diesem Fall nicht weiter. Der Traum zeugt von seinem Kontrollverlust und der Erkenntnis, dass er dem Maler als Arzt nicht helfen kann – der Ich-Zerfall des Malers lässt sich zwar beobachten, aber nicht aufhalten.

Einordnung

Das Verhältnis der Protagonisten zu den Träumen kann zunächst dem Bernhardschen Figurentypus des ,Geistesmenschen‘ zugeordnet werden. So stellt auch Bozzi fest, dass für diese Figuren „das dem Geist verpflichtete Leben als höchste Stufe des Daseins dargestellt“ wird (Bozzi 2002, 128) und die Verwendung des Traummotivs den Autor in die Lage versetze, „die Zwanghaftigkeit des Geistigen in Frage zu stellen und letztlich ad absurdum zu führen“ (ebd., 131). Ihre psychoanalytische Deutung der Traumszenen folgt daher der Annahme, dass sich „Bernhards negatives Verständnis von Körperlichkeit“ (ebd., 128) in einem Dualismus von Körperlichkeit und Geist niederschlage, der bei den Figuren zu einer Verbannung des Körperlichen ins Unter- und Unbewusste führe. Dies begünstige eine Verselbständigung des Körpers und der Triebe im Traum: „Der Nachttraum ist der andere Diskurs im Werk Thomas Bernhards: das subversive Potential, die anarchische Dimension, die durch die Vernunftform ersetzt worden ist, aber schattenhaft weiterlebt“ (ebd., 137). Dieser Deutung ist insofern zu widersprechen, als der Dualismus von Körper und Geist, wie auch der Antagonismus von Verstand und Phantasie, in Frost nicht aufrechterhalten wird. Durch die Motivik des Schmerzes, des Verfalls und der Ich-Auflösung wird immer wieder deutlich, dass der Sieg des Körpers unausweichlich ist. Die stete Thematisierung des Schmerzes und der körperlichen Leiden des Malers widerspricht einer Verbannung des Körperlichen ins Unterbewusste. Vergänglichkeit und Tod bedeuten für ihn einerseits die Auslöschung des Geistes, stellen aber andererseits keine Bedrohung, sondern eine Erlösung dar: „Der Tod kann nur das Aufhören aller Schmerzen sein. Der Tod bedeutet Freisein von allem; vor allem von mir selbst“ (F 90).

Die Träume zeigen zwar eine radikalisierte Körperlichkeit in grotesken oder bedrohlichen Szenarien, symbolisieren jedoch hauptsächlich das Verhältnis des Ichs zu seiner Umwelt - beziehungsweise, im Falle des Studenten, zu seinem Beobachtungsobjekt - und deuten seinen Kontrollverlust an. Hierbei ist wichtig, dass die Traumwelten zwar alptraumhaft übersteigert sind, aber in ihrer Bedrohlichkeit kaum einen Unterschied zur Wirklichkeit der Protagonisten ausmachen. Sie greifen zentrale Motive der Narration auf, wie beispielsweise die Schlachthausmetaphorik, die Präsenz von körperlicher Versehrtheit und Tod, die empfundene Hilflosigkeit sowie den Kontrollverlust. Gößling bezeichnet daher Frost in Gänze „als Alptraum der ,Auflösung‘“ (Gößling 1987, 15) und deutet die fiktive Welt in Anlehnung an Freudsche Traumkategorien, indem „die objektivierte Landschaft zugleich als Bewußtseinslandschaft erkennbar [wird], d.h. als Traum- oder Wunschtraumwelt, in der sich – in verdichteten, überdeterminierten Zeichen – die psychische Problematik des imaginierenden Subjekts niederschlägt“ (Gößling 1987, 11).

Nicht die Trennung zwischen Körper und Geist, sondern andere Prozesse sind es, die eine Interpretation der Träume mit dem Figurentypus des Geistesmenschen nahelegen. So definiert sich dieser über eine ständige Reflexion, die sich jedoch verselbständigt: „Der Geist bzw. die Geistigkeit manifestieren sich […] in einem permanenten Reflexionsprozess, der sich verabsolutiert hat und der auch von dem Subjekt, das ihn trägt, nicht mehr zu kontrollieren ist“ (Jahraus 2018, 368). Die für den Geistesmenschen bestimmende Reflexion folgt also einer Traumlogik, indem sie dem Verstand und seiner Kontrolle entgleitet. Dies zeigt sich im Roman an der bereits erwähnten Präsenz von Themen und Motiven der vorherigen Reflexion im Traum. Der Übergang zwischen Traum und Reflexion wirkt fließend, ihre Elemente werden im Traum aufgegriffen, weiterentwickelt, abstrahiert und radikalisiert. Dabei erweist sich auch die Nähe zum Wahnsinn als bereits im Figurentypus des Geistesmenschen angelegt: „Permanent droht ihn der geistige Prozess von Reflexion und Autoreflexion zu überfordern, konkret in Form des Verrücktwerdens […] und der endgültigen A-Sozialisierung insbesondere durch Gewalt entweder gegen sich selbst im Selbstmord oder gegen andere im Mord“ (Jahraus 2018, 369).

Der Maler Strauch entspricht also diesem Grundtypus der Bernhardschen Prosa, in dessen Wahrnehmung die Grenzen zwischen Traum und dem (Wieder-)Erleben traumatischer Erlebnisse verschwimmen (Bombitz 2012, 58). Gleichzeitig ist sein Ringen mit sich und der Welt, das sich in seinen Träumen manifestiert und auch zunehmend die Reflexionen des Studenten bestimmt, exemplarisch für das Weltverhältnis vieler Protagonisten Bernhards: „Die jeweiligen Lebensgeschichte des besonderen Subjektes ist ein Sinnbild für allgemein-existenzielle Schrecknisse, die sich in Alpträumen wie traumatisierten Situationen wiederholen“ (ebd., 59). Allerdings ist die für Bernhards Prosa ebenfalls typische Komik der Übertreibung in Frost noch weniger präsent als in den späteren Prosatexten. In den Traumerzählungen des Malers sind zwar groteske Elemente vorhanden, diese tragen jedoch eher zur beklemmend ausweglosen Szenerie bei. Ebenso scheint es, als nehme der narrative Einsatz von Träumen in den späteren Prosatexten Bernhards tendenziell ab. Bozzi verweist auf einzelne Traumszenen in Verstörung (1967) sowie Auslöschung (1986) (vgl. Bozzi 2002, 137-148), aber Bennholdt-Thomsen konstatiert in ihrer Untersuchung der gleichen, autobiographisch lesbaren, Traumszene in Auslöschung, dass die Traumerzählung in Bernhards Romanwerk „selten und von auffälliger Relevanz“ (Bennholdt-Thomsen 2001, 44) sei. Die dichte Verknüpfung von Narration und Traumerzählungen, die auf thematischer und motivischer Ebene ineinander übergehen und von der albtraumhaften Kulisse potenziert werden, macht die besondere Atmosphäre von Frost aus.


Stephanie Blum

Literatur

Primärliteratur

  • Bernhard, Thomas: Frost. Frankfurt/M.: Insel 1963.
  • Bernhard, Thomas: Frost. Frankfurt/M.: Suhrkamp 1972 (Suhrkamp Taschenbuch 47).
  • Bernhard, Thomas: Werke in 22 Bänden. Hg. von Martin Huber und Wendelin Schmidt-Dengler. Band 1: Frost. Frankfurt/M.: Suhrkamp 2003; zitiert als F.

Forschungsliteratur

  • Bennholdt-Thomsen, Anke: Das Traum-Zitat als Medium imaginärer Biographik bei Thomas Bernhard und Ingeborg Bachmann. In: Querelles. Jahrbuch für Frauenforschung 6 (2001), 43-54.
  • Bombitz, Attila: Ist es ein Traum? Ist es ein Trauma? Beispielhaftes im Werk von Bachmann, Bernhard, Handke, Ransmayr und Kehlmann. In: Arnulf Knafl (Hg.): Traum und Trauma. Kulturelle Figurationen in der österreichischen Literatur. Wien: Praesens 2012, 56-64.
  • Bozzi, Paola: Der Traum als Wiederkehr des Körpers. Zum anderen Diskurs im Werk Thomas Bernhards. In: Hanne Castein/Rüdiger Görner (Hg.): Dream Images in German, Austrian and Swiss Literature and Culture. München: iudicium 2002, 128-148.
  • Gößling, Andreas: Thomas Bernhards frühe Prosakunst. Entfaltung und Zerfall seines ästhetischen Verfahrens in den Romanen Frost, Verstörung, Korrektur. Berlin: de Gruyter 1987.
  • Gößling, Andreas: Frost. In: Martin Huber/Manfred Mittermayer (Hg.): Bernhard-Handbuch. Leben - Werk - Wirkung. Stuttgart: Metzler 2018, 37-46.
  • Jahraus, Oliver: Geistesmensch. In: Martin Huber/Manfred Mittermayer (Hg.): Bernhard-Handbuch. Leben - Werk - Wirkung. Stuttgart: Metzler 2018, 368-372.
  • Klug, Christian: Thomas Bernhards Theaterstücke. Stuttgart: Metzler 1991.
  • Mittermayer, Manfred: Thomas Bernhard. Stuttgart: Metzler 1995.


Zitiervorschlag für diesen Artikel:

Blum, Stephanie: "Frost" (Thomas Bernhard). In: Lexikon Traumkultur. Ein Wiki des Graduiertenkollegs "Europäische Traumkulturen", 2022; http://traumkulturen.uni-saarland.de/Lexikon-Traumkultur/index.php?title=%22Frost%22_(Thomas_Bernhard).