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Der Roman ist in Kapitel untergliedert, die anhand der Aufenthaltstage in Weng durchlaufend nummeriert überschrieben sind. Sie wirken wie Tagebuchaufzeichnungen des Studenten, der seine Gedanken, Gespräche und Erlebnisse mit dem Maler Strauch dokumentiert. Zwischen dem sechsundzwanzigsten und siebenundzwanzigsten Tag erfolgt der Einschub von sechs Briefen des Studenten an den Assistenzarzt und der Roman endet mit einer Zeitungsnotiz, die nach seiner Abreise über das anschließende Verschwinden des Malers informiert. Ab dem zehnten Tag werden in unregelmäßigen Abständen neun Erzählungen des Malers eingefügt und mit einer eigenen Überschrift von den Aufzeichnungen abgehoben.  
 
Der Roman ist in Kapitel untergliedert, die anhand der Aufenthaltstage in Weng durchlaufend nummeriert überschrieben sind. Sie wirken wie Tagebuchaufzeichnungen des Studenten, der seine Gedanken, Gespräche und Erlebnisse mit dem Maler Strauch dokumentiert. Zwischen dem sechsundzwanzigsten und siebenundzwanzigsten Tag erfolgt der Einschub von sechs Briefen des Studenten an den Assistenzarzt und der Roman endet mit einer Zeitungsnotiz, die nach seiner Abreise über das anschließende Verschwinden des Malers informiert. Ab dem zehnten Tag werden in unregelmäßigen Abständen neun Erzählungen des Malers eingefügt und mit einer eigenen Überschrift von den Aufzeichnungen abgehoben.  
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Der Roman präsentiert keine Entwicklung oder Handlung im konventionellen Sinne, sondern nebeneinander gestellte Erzähleinheiten, die ein Gesamtbild der Weltsicht und Befindlichkeit des Malers ergeben. Laut Mittermayer wird der Roman „ausdrücklich als Krankengeschichte ausgewiesen“ (Mittermayer, 30), die sich jedoch laut der eröffnenden Reflexion des Studenten „mit außerfleischlichen Tatsachen und Möglichkeiten“ (Frost, 7) befasst, also auf psychischer Ebene anzusiedeln ist. Der Student berichtet als autodiegetische Instanz von seinen Gesprächen mit dem Maler, die aufgrund der hohen Redeanteile Strauchs wie Monologe wirken. Diese werden sowohl in direkter als auch in indirekter Rede wiedergegeben, wodurch dem Studenten zunächst die Rolle eines Berichterstatters und Vermittlers zukommt, der das Erzählte bestätigen kann: „Ohne die Präsenz eines Ich-Erzählers würde der Leser die fiktive Frost-Welt schlichtweg als halluzinierte Wahnwelt des Malers wahrnehmen. Der formale „Auftrag“ des Famulanten besteht also nicht zuletzt darin, das phantastisch-albtraumhafte Setting als real zu beglaubigen.“ (Gößling 2018, 40) Im monologischen Redefluss berichtet der Maler vorgefallene Ereignisse, aber auch aus zweiter oder dritter Hand Nacherzähltes und reflektiert seinen körperlichen und geistigen Zustand, wobei „das Wortfeld von Auflösung und Zerfall dominiert.“ (Mittermayer, 30) Zwar gewährt der Bericht des Studenten Einblicke in das Innenleben des Malers, aber er formuliert mehrfach Verständnisprobleme oder thematisiert seinen subjektiven Blick auf das Gegenüber. Besonderen Reiz gewinnt die Narration durch die Nähe, die zwischen dem Studenten und dem Maler entsteht, denn dieser kann sich dessen Gedankengängen immer weniger entziehen: „Das fällt mir ein, wenn ich mich tief in Gedankengänge verrannt habe, die ihren Ursprung im Maler habe, wenn ich weit weg von mir bin.“ (Frost, 136) Zunehmend übernimmt er dessen Wahrnehmung: „Auf dem ganzen Weg hatte ich nichts anderes gedacht und überhaupt nichts gesehen, immer nur gedacht, daß der Maler von mir Besitz ergriffen hat. Mich in seine Bilder, mich in seine Vorstellungswelt hineingezwängt hat.“ (Frost, 298f) Dieser Prozess verstärkt die „rezeptionssteuernde Qualität“ (Gößling 2018, 41) des Erzählers, dessen Distanzlosigkeit sich in den Rezipient:innen fortsetzt und ein Gefühl der „Ohnmacht“ (Gößling 2018, 39) erzeugt.
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Der Roman präsentiert keine Entwicklung oder Handlung im konventionellen Sinne, sondern nebeneinander gestellte Erzähleinheiten, die ein Gesamtbild der Weltsicht und Befindlichkeit des Malers ergeben. Laut Mittermayer wird der Roman „ausdrücklich als Krankengeschichte ausgewiesen“ (Mittermayer, 30), die sich jedoch laut der eröffnenden Reflexion des Studenten „mit außerfleischlichen Tatsachen und Möglichkeiten“ (Frost, 7) befasst, also auf psychischer Ebene anzusiedeln ist. Der Student berichtet als autodiegetische Instanz von seinen Gesprächen mit dem Maler, die aufgrund der hohen Redeanteile Strauchs wie Monologe wirken. Diese werden sowohl in direkter als auch in indirekter Rede wiedergegeben, wodurch dem Studenten zunächst die Rolle eines Berichterstatters und Vermittlers zukommt, der das Erzählte bestätigen kann: „Ohne die Präsenz eines Ich-Erzählers würde der Leser die fiktive Frost-Welt schlichtweg als halluzinierte Wahnwelt des Malers wahrnehmen. Der formale ,Auftrag‘ des Famulanten besteht also nicht zuletzt darin, das phantastisch-albtraumhafte Setting als real zu beglaubigen.“ (Gößling 2018, 40) Im monologischen Redefluss berichtet der Maler vorgefallene Ereignisse, aber auch aus zweiter oder dritter Hand Nacherzähltes und reflektiert seinen körperlichen und geistigen Zustand, wobei „das Wortfeld von Auflösung und Zerfall dominiert.“ (Mittermayer, 30) Zwar gewährt der Bericht des Studenten Einblicke in das Innenleben des Malers, aber er formuliert mehrfach Verständnisprobleme oder thematisiert seinen subjektiven Blick auf das Gegenüber. Besonderen Reiz gewinnt die Narration durch die Nähe, die zwischen dem Studenten und dem Maler entsteht, denn dieser kann sich dessen Gedankengängen immer weniger entziehen: „Das fällt mir ein, wenn ich mich tief in Gedankengänge verrannt habe, die ihren Ursprung im Maler habe, wenn ich weit weg von mir bin.“ (Frost, 136) Zunehmend übernimmt er dessen Wahrnehmung: „Auf dem ganzen Weg hatte ich nichts anderes gedacht und überhaupt nichts gesehen, immer nur gedacht, daß der Maler von mir Besitz ergriffen hat. Mich in seine Bilder, mich in seine Vorstellungswelt hineingezwängt hat.“ (Frost, 298f) Dieser Prozess verstärkt die „rezeptionssteuernde Qualität“ (Gößling 2018, 41) des Erzählers, dessen Distanzlosigkeit sich in den Rezipient:innen fortsetzt und ein Gefühl der „Ohnmacht“ (Gößling 2018, 39) erzeugt.
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Auffällig ist, dass der Traum von einer zunächst harmonisch wirkenden Einheit des Traum-Ichs mit der Welt ausgeht. Die Farben wechseln zwar, aber das Ich und die Menschen sind dabei an die Landschaft angepasst. Auch die Musik und die Stimmen der Menschen werden als Einheit empfunden. Als Störfaktor tritt der Kopf auf, der sich verselbständigt und die Welt zerstört. Bozzi deutet diesen Prozess als „Verselbständigung der Teile gegenüber dem Ganzen,“ die im Zusammenhang mit einer „Verwirrung, Unordnung und Aufregung“ des Körpers (Bozzi, 133f) stehe und eine Auflösung des Ichs einleite. Zwar ist die Zersetzung und Auslöschung der Existenz ein zentrales Thema des Romans, doch der Traum beschreibt diesen Auflösungsprozess genauer: Er geht vom Kopf aus, der für das Denken steht, das hier jedoch in Kopflosigkeit mündet. Interessant ist, dass die Traumerzählung durch eine Feststellung des Malers eingeleitet wird: „Die Phantasie ist der Tod des Menschen.“ (Frost, 39) Der Kopf ist sowohl Sitz des Denkens als auch der Phantasie, die in der Passage vor der Traumerzählung thematisiert wird. Dort äußert sich der Maler, dass „die Phantasie [...] ein Ausdruck von Unordnung“ sei: „Ich bin mir sicher, daß Phantasie eine Krankheit ist.“ (Frost, 38) Der Traum greift diese Überlegung auf, denn die harmonische Phantasiewelt, die ja eine Kopfgeburt des Malers darstellt, wird durch eben den sie hervorbringenden Kopf zerstört. Der Traum symbolisiert also eine Verselbständigung der Phantasie und der Geisteskräfte, durch die die Kluft zwischen Ich und Landschaft sowie zwischen Ich und anderen Menschen vergrößert wird.
 
Auffällig ist, dass der Traum von einer zunächst harmonisch wirkenden Einheit des Traum-Ichs mit der Welt ausgeht. Die Farben wechseln zwar, aber das Ich und die Menschen sind dabei an die Landschaft angepasst. Auch die Musik und die Stimmen der Menschen werden als Einheit empfunden. Als Störfaktor tritt der Kopf auf, der sich verselbständigt und die Welt zerstört. Bozzi deutet diesen Prozess als „Verselbständigung der Teile gegenüber dem Ganzen,“ die im Zusammenhang mit einer „Verwirrung, Unordnung und Aufregung“ des Körpers (Bozzi, 133f) stehe und eine Auflösung des Ichs einleite. Zwar ist die Zersetzung und Auslöschung der Existenz ein zentrales Thema des Romans, doch der Traum beschreibt diesen Auflösungsprozess genauer: Er geht vom Kopf aus, der für das Denken steht, das hier jedoch in Kopflosigkeit mündet. Interessant ist, dass die Traumerzählung durch eine Feststellung des Malers eingeleitet wird: „Die Phantasie ist der Tod des Menschen.“ (Frost, 39) Der Kopf ist sowohl Sitz des Denkens als auch der Phantasie, die in der Passage vor der Traumerzählung thematisiert wird. Dort äußert sich der Maler, dass „die Phantasie [...] ein Ausdruck von Unordnung“ sei: „Ich bin mir sicher, daß Phantasie eine Krankheit ist.“ (Frost, 38) Der Traum greift diese Überlegung auf, denn die harmonische Phantasiewelt, die ja eine Kopfgeburt des Malers darstellt, wird durch eben den sie hervorbringenden Kopf zerstört. Der Traum symbolisiert also eine Verselbständigung der Phantasie und der Geisteskräfte, durch die die Kluft zwischen Ich und Landschaft sowie zwischen Ich und anderen Menschen vergrößert wird.
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Dieser erste Traum etabliert Motive, die sich in den späteren Träumen des Malers wiederfinden. So berichtet er am sechzehnten Tag von einem Traum, der laut eigener Aussage mit seinen bisherigen Träumen „nicht das geringste gemeinsam hatte.“ (Frost, 187) Er beschreibt, dass der Traum wie alle seine Träume mit einer Farbe beginnt– eine Gemeinsamkeit mit der ersten Traumerzählung. Allerdings entwickelt sich die Farbe „in das Zwischenverhältnis aller Farben zu allen Farben“ und dann „bis in die Dunkelheit der Farben hinein.“ Zunächst ist der Traum noch „tonlos“, doch „dann plötzlich, sich steigernd, zu einem Geräusch werdend“ und „plötzlich war dieser Traum [...] nur mehr Geräusch.“ Dieses wird von dem Träumenden als unangenehm und bedrohlich wahrgenommen, es entwickelt sich „zu einem unheimlich geltungsbedürftigen Infernalischen“ (Frost, 187) und wird als „ein ungeheurer Lärm“ (Frost, 188) bezeichnet. Der Lärm erzeugt einen unendlichen Raum und in diesem „taumelten“ oder „schwebten“ zwei oder drei Polizisten „in dem schamlosen, erdachten, alles umfassenden Schnürboden der Unendlichkeit.“ (Frost, 188) Trotz des vergleichsweise hohen Grads der Abstraktion sind die Farben und die Musik durchaus Konstanten, die bereits im ersten Traum des Malers präsent waren. Auch die Verzerrung der räumlichen Dimensionen ins Unendliche sowie das Kippen einer optischen oder akustischen Wahrnehmung ins Bedrohliche sind wiederkehrende Elemente. In der abstrakten Traumwelt wird kraft der Phantasie die eigentliche Ordnung ausgehebelt und das Traum-Ich schreckt vor der unendlichen Macht des Erdachten zurück.
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Dieser erste Traum etabliert Motive, die sich in den späteren Träumen des Malers wiederfinden. So berichtet er am sechzehnten Tag von einem Traum, der laut eigener Aussage mit seinen bisherigen Träumen „nicht das geringste gemeinsam hatte.“ (Frost, 187) Er beschreibt, dass der Traum wie alle seine Träume mit einer Farbe beginnt – eine Gemeinsamkeit mit der ersten Traumerzählung. Allerdings entwickelt sich die Farbe „in das Zwischenverhältnis aller Farben zu allen Farben“ und dann „bis in die Dunkelheit der Farben hinein.“ Zunächst ist der Traum noch „tonlos“, doch „dann plötzlich, sich steigernd, zu einem Geräusch werdend“ und „plötzlich war dieser Traum [...] nur mehr Geräusch.“ Dieses wird von dem Träumenden als unangenehm und bedrohlich wahrgenommen, es entwickelt sich „zu einem unheimlich geltungsbedürftigen Infernalischen“ (Frost, 187) und wird als „ein ungeheurer Lärm“ (Frost, 188) bezeichnet. Der Lärm erzeugt einen unendlichen Raum und in diesem „taumelten“ oder „schwebten“ zwei oder drei Polizisten „in dem schamlosen, erdachten, alles umfassenden Schnürboden der Unendlichkeit.“ (Frost, 188) Trotz des vergleichsweise hohen Grads der Abstraktion sind die Farben und die Musik durchaus Konstanten, die bereits im ersten Traum des Malers präsent waren. Auch die Verzerrung der räumlichen Dimensionen ins Unendliche sowie das Kippen einer optischen oder akustischen Wahrnehmung ins Bedrohliche sind wiederkehrende Elemente. In der abstrakten Traumwelt wird kraft der Phantasie die eigentliche Ordnung ausgehebelt und das Traum-Ich schreckt vor der unendlichen Macht des Erdachten zurück.
    
Während im ersten Traum das Motiv des anwachsenden Kopfes noch als Element der Groteske wahrgenommen werden kann, gewinnt es im weiteren Verlauf des Romans an Bedrohlichkeit. So beschreibt der Maler am sechsundzwanzigsten Tag, wie er nachts auf seinem Zimmerboden liegt und sich Kälte in ihm ausbreitet: „Da wurde mein Kopf wieder so groß, blähte sich auf: alles wickelte sich in einer Art Halbschlaf ab: der große Kopf atmete und erdrückte fast meine Brust.“ (Frost, 301) Während im ersten Traum noch die Menschen und die Landschaft von dem Kopf getötet werden und das Traum-Ich allein in Finsternis zurückbleibt, wendet sich nun der eigene Kopf gegen das Ich. Er erdrückt das Ich, sodass es nicht mehr atmen kann. Dazu kommt, dass sich dieser Vorgang im Halbschlaf abspielt, er wird nicht mehr eindeutig als Traum markiert und überschreitet die Grenze zwischen Traumwelt und Wachzustand. Das Bedrohungspotenzial nimmt daher zu, das Ich ist dabei von „Schmerzen“ und insbesondere „Kopfschmerzen“ (Frost, 302) geplagt. Auch schon an früherer Stelle erklärt der Maler die Ausmaße seiner Kopfschmerzen mit dem Bild eines anschwellenden Kopfes: „Jetzt habe ich das Gefühl, dieser Kopf hat nirgends mehr Platz, nicht einmal in der Landschaft. Nur Schmerzen. Nur Finsternis.“ (Frost, 48) Das Motiv wird also vom Wachzustand in den Traum überführt und dort weiterentwickelt.
 
Während im ersten Traum das Motiv des anwachsenden Kopfes noch als Element der Groteske wahrgenommen werden kann, gewinnt es im weiteren Verlauf des Romans an Bedrohlichkeit. So beschreibt der Maler am sechsundzwanzigsten Tag, wie er nachts auf seinem Zimmerboden liegt und sich Kälte in ihm ausbreitet: „Da wurde mein Kopf wieder so groß, blähte sich auf: alles wickelte sich in einer Art Halbschlaf ab: der große Kopf atmete und erdrückte fast meine Brust.“ (Frost, 301) Während im ersten Traum noch die Menschen und die Landschaft von dem Kopf getötet werden und das Traum-Ich allein in Finsternis zurückbleibt, wendet sich nun der eigene Kopf gegen das Ich. Er erdrückt das Ich, sodass es nicht mehr atmen kann. Dazu kommt, dass sich dieser Vorgang im Halbschlaf abspielt, er wird nicht mehr eindeutig als Traum markiert und überschreitet die Grenze zwischen Traumwelt und Wachzustand. Das Bedrohungspotenzial nimmt daher zu, das Ich ist dabei von „Schmerzen“ und insbesondere „Kopfschmerzen“ (Frost, 302) geplagt. Auch schon an früherer Stelle erklärt der Maler die Ausmaße seiner Kopfschmerzen mit dem Bild eines anschwellenden Kopfes: „Jetzt habe ich das Gefühl, dieser Kopf hat nirgends mehr Platz, nicht einmal in der Landschaft. Nur Schmerzen. Nur Finsternis.“ (Frost, 48) Das Motiv wird also vom Wachzustand in den Traum überführt und dort weiterentwickelt.
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Bozzi deutet diese Traumerzählung als einen Alptraum, der den „Körper als Überschuss“ inszeniere: „Der Bernhardsche Traumtext thematisiert in diesem Sinne die Last des Leibes, den Sturz in die amorphe Tiefe und die hassenswerte und furchtgebietende Macht der Auflösung.“ (Bozzi, 136) Allerdings ist es in dieser Traumerzählung eben nicht die „Flut des Unter- und Unbewussten,“ in der das „strukturierende Bewusstsein versinkt.“ (Bozzi, 136) Der Text führt vielmehr die psychoanalytische Deutung ''ad absurdum'', da gerade das Wahnsinnigwerden dem alptraumhaften Geschehen Einhalt gebietet. Dieser Schritt in den Wahnsinn, der in den vorangehenden Passagen als Konsequenz der nicht auszuhaltenden (Kopf-)Schmerzen der Existenz hergeleitet wird, erscheint im Traum als Erlösung. Eine solche Verknüpfung lässt sich auch hinsichtlich der Selbstmordgedanken des Malers feststellen, die ebenfalls mit Traummotivik illustriert werden. So äußert er sich über die Option des Erfrierens, es „führe in einem Traum, aus dem man nicht mehr herauskomme.“ (Frost, 51) Die Auflösung oder Aufgabe der eigenen Existenz in Wahnsinn oder Tod wird als möglicher Ausweg empfunden und im Traum durchaus positiv konnotiert.  
 
Bozzi deutet diese Traumerzählung als einen Alptraum, der den „Körper als Überschuss“ inszeniere: „Der Bernhardsche Traumtext thematisiert in diesem Sinne die Last des Leibes, den Sturz in die amorphe Tiefe und die hassenswerte und furchtgebietende Macht der Auflösung.“ (Bozzi, 136) Allerdings ist es in dieser Traumerzählung eben nicht die „Flut des Unter- und Unbewussten,“ in der das „strukturierende Bewusstsein versinkt.“ (Bozzi, 136) Der Text führt vielmehr die psychoanalytische Deutung ''ad absurdum'', da gerade das Wahnsinnigwerden dem alptraumhaften Geschehen Einhalt gebietet. Dieser Schritt in den Wahnsinn, der in den vorangehenden Passagen als Konsequenz der nicht auszuhaltenden (Kopf-)Schmerzen der Existenz hergeleitet wird, erscheint im Traum als Erlösung. Eine solche Verknüpfung lässt sich auch hinsichtlich der Selbstmordgedanken des Malers feststellen, die ebenfalls mit Traummotivik illustriert werden. So äußert er sich über die Option des Erfrierens, es „führe in einem Traum, aus dem man nicht mehr herauskomme.“ (Frost, 51) Die Auflösung oder Aufgabe der eigenen Existenz in Wahnsinn oder Tod wird als möglicher Ausweg empfunden und im Traum durchaus positiv konnotiert.  
Ein typisch Berhardsches Erzählverfahren ist es, „Figuren durch von ihnen bevorzugte Autoren bzw. literarische oder philosophische Werke zu charakterisieren.“ (Gößling 2018, 41) Diese Technik der intertextuellen Verknüpfung wird in ''Frost'' mit den Träumen des Malers verbunden. Nach dem ersten Traum beschreibt der Student: „Der Maler zog seinen Pascal aus der linken Rocktasche und steckte ihn in seine rechte Rocktasche.“ (Frost, 40) Nach dem bedrohlichen Traum im Halbschlaf ist dem Maler die Lektüre unmöglich geworden: „Auch meinen Pascal kann ich nicht mehr lesen.“ (Frost, 302) Und nach dem Traum, der in einer Wiederherstellung der Normalität endet, findet der Maler zu einer schlaflosen Ruhe: „Jedenfalls hatte ich keinen Traum mehr. Vielleicht, weil ich still auf meinem Bett sitzen blieb und in meinem Pascal blätterte. Vielleicht.“ (Frost, 307) Diese Verweise auf Blaise Pascal sind auf dessen Penseés bezogen, die neben stilistischen Übereinstimmungen auch Sinnwidersprüche und Paradoxa als Reaktionen auf die Zerrissenheit der menschlichen Existenz mit Bernhards Protagonisten gemeinsam haben (vgl. Klug, 46f). Zentral für die Charakterisierung des Malers ist eine Technik, die Klug ausgehend von Bernhards Theaterstücken als „Dramatisierung von Gedanken Pascals über die Unruhe des Daseins“ (Klug, 47) bezeichnet. Ebenso wie auch der Maler gehört Pascal zu den „Einzelgängern und Außenseitern der Philosophiegeschichte“ und philosophiert „nicht beruflich, sondern aus Berufung.“ (Klug, 36f)  
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Ein typisch Berhardsches Erzählverfahren ist es, „Figuren durch von ihnen bevorzugte Autoren bzw. literarische oder philosophische Werke zu charakterisieren.“ (Gößling 2018, 41) Diese Technik der intertextuellen Verknüpfung wird in ''Frost'' mit den Träumen des Malers verbunden. Nach dem ersten Traum beschreibt der Student: „Der Maler zog seinen Pascal aus der linken Rocktasche und steckte ihn in seine rechte Rocktasche.“ (Frost, 40) Nach dem bedrohlichen Traum im Halbschlaf ist dem Maler die Lektüre unmöglich geworden: „Auch meinen Pascal kann ich nicht mehr lesen.“ (Frost, 302) Und nach dem Traum, der in einer Wiederherstellung der Normalität endet, findet der Maler zu einer schlaflosen Ruhe: „Jedenfalls hatte ich keinen Traum mehr. Vielleicht, weil ich still auf meinem Bett sitzen blieb und in meinem Pascal blätterte. Vielleicht.“ (Frost, 307) Diese Verweise auf Blaise Pascal sind auf dessen ''Penseés'' bezogen, die neben stilistischen Übereinstimmungen auch Sinnwidersprüche und Paradoxa als Reaktionen auf die Zerrissenheit der menschlichen Existenz mit Bernhards Protagonisten gemeinsam haben (vgl. Klug, 46f). Zentral für die Charakterisierung des Malers ist eine Technik, die Klug ausgehend von Bernhards Theaterstücken als „Dramatisierung von Gedanken Pascals über die Unruhe des Daseins“ (Klug, 47) bezeichnet. Ebenso wie auch der Maler gehört Pascal zu den „Einzelgängern und Außenseitern der Philosophiegeschichte“ und philosophiert „nicht beruflich, sondern aus Berufung.“ (Klug, 36f)  
    
Strauchs Rückgriff auf Pascal unmittelbar nach den verstörenden Träumen wirkt wie ein Versuch, nach den Träumen wieder Halt in der Philosophie zu finden – mit dem Wissen, dass auch diese voller Widersprüche und Unsicherheiten ist. So findet sich der Verweis auf Pascal ebenso in Verbindung mit seinen Selbstmordgedanken, denn am vierundzwanzigsten Tag berichtet der Student, dass der Maler immer wieder „das Wort Selbstmord“ verwende und die Alltäglichkeit des Daseins beklage, die er auf seine Träume bezieht: „Selbst meine Träume sind alltäglich. Und ich, ich hätte auf andere als auf alltägliche Träume Anspruch.“ (Frost, 286) Im Anschluss kommentiert er den Umgang mit Pascal, da der Maler „mit seinem Pascal alles zu beweisen versucht und weiß, daß nichts zu beweisen ist.“ (Frost, 287) Ebenso wie die Träume die Verselbständigung der Geisteskräfte zeigen und die Entwicklung in Richtung Wahnsinn und Ich-Auflösung illustrieren, zeigt auch der Verweis auf Pascal die Unruhe des Daseins und die Unmöglichkeit, dem Prozess durch philosophisches Denken Einhalt zu gebieten.
 
Strauchs Rückgriff auf Pascal unmittelbar nach den verstörenden Träumen wirkt wie ein Versuch, nach den Träumen wieder Halt in der Philosophie zu finden – mit dem Wissen, dass auch diese voller Widersprüche und Unsicherheiten ist. So findet sich der Verweis auf Pascal ebenso in Verbindung mit seinen Selbstmordgedanken, denn am vierundzwanzigsten Tag berichtet der Student, dass der Maler immer wieder „das Wort Selbstmord“ verwende und die Alltäglichkeit des Daseins beklage, die er auf seine Träume bezieht: „Selbst meine Träume sind alltäglich. Und ich, ich hätte auf andere als auf alltägliche Träume Anspruch.“ (Frost, 286) Im Anschluss kommentiert er den Umgang mit Pascal, da der Maler „mit seinem Pascal alles zu beweisen versucht und weiß, daß nichts zu beweisen ist.“ (Frost, 287) Ebenso wie die Träume die Verselbständigung der Geisteskräfte zeigen und die Entwicklung in Richtung Wahnsinn und Ich-Auflösung illustrieren, zeigt auch der Verweis auf Pascal die Unruhe des Daseins und die Unmöglichkeit, dem Prozess durch philosophisches Denken Einhalt zu gebieten.
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==Einordnung==
 
==Einordnung==
Das Verhältnis der Protagonisten zu den Träumen kann zunächst dem Bernhardschen Figurentypus des Geistesmenschen zugeordnet werden. So stellt auch Bozzi fest, dass für diese Figuren „das dem Geist verpflichtete Leben als höchste Stufe des Daseins dargestellt“ (Bozzi, 128) wird und die Verwendung des Traummotivs den Autor in die Lage versetze, „die Zwanghaftigkeit des Geistigen in Frage zu stellen und letztlich ad absurdum zu führen.“ (Bozzi, 131). Ihre psychoanalytische Deutung der Traumszenen folgt daher der Annahme, dass sich „Bernhards negatives Verständnis von Körperlichkeit“ (Bozzi, 128) in einem Dualismus von Körperlichkeit und Geist niederschlage, der bei den Figuren zu einer Verbannung des Körperlichen ins Unter- und Unbewusste führe, was eine Verselbständigung des Körpers und der Triebe im Traum begünstige: „Der Nachttraum ist der andere Diskurs im Werk Thomas Bernhards: das subversive Potential, die anarchische Dimension, die durch die Vernunftform ersetzt worden ist, aber schattenhaft weiterlebt.“ (Bozzi, 137) Dieser Deutung ist insofern zu widersprechen, dass der Dualismus von Körper und Geist, wie auch der Antagonismus von Verstand und Phantasie, in Frost nicht aufrechterhalten wird. Durch die Motivik des Schmerzes, des Verfalls und der Ich-Auflösung wird immer wieder deutlich, dass der Sieg des Körpers unausweichlich ist. Die stete Thematisierung des Schmerzes und der körperlichen Leiden des Malers widerspricht einer Verbannung des Körperlichen ins Unterbewusste. Vergänglichkeit und Tod bedeuten für ihn einerseits die Auslöschung des Geistes, stellen aber andererseits keine Bedrohung, sondern eine Erlösung dar: „Der Tod kann nur das Aufhören aller Schmerzen sein. Der Tod bedeutet Freisein von allem; vor allem von mir selbst.“ (Frost, 90)
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Das Verhältnis der Protagonisten zu den Träumen kann zunächst dem Bernhardschen Figurentypus des Geistesmenschen zugeordnet werden. So stellt auch Bozzi fest, dass für diese Figuren „das dem Geist verpflichtete Leben als höchste Stufe des Daseins dargestellt“ (Bozzi, 128) wird und die Verwendung des Traummotivs den Autor in die Lage versetze, „die Zwanghaftigkeit des Geistigen in Frage zu stellen und letztlich ad absurdum zu führen.“ (Bozzi, 131). Ihre psychoanalytische Deutung der Traumszenen folgt daher der Annahme, dass sich „Bernhards negatives Verständnis von Körperlichkeit“ (Bozzi, 128) in einem Dualismus von Körperlichkeit und Geist niederschlage, der bei den Figuren zu einer Verbannung des Körperlichen ins Unter- und Unbewusste führe, was eine Verselbständigung des Körpers und der Triebe im Traum begünstige: „Der Nachttraum ist der andere Diskurs im Werk Thomas Bernhards: das subversive Potential, die anarchische Dimension, die durch die Vernunftform ersetzt worden ist, aber schattenhaft weiterlebt.“ (Bozzi, 137) Dieser Deutung ist insofern zu widersprechen, dass der Dualismus von Körper und Geist, wie auch der Antagonismus von Verstand und Phantasie, in ''Frost'' nicht aufrechterhalten wird. Durch die Motivik des Schmerzes, des Verfalls und der Ich-Auflösung wird immer wieder deutlich, dass der Sieg des Körpers unausweichlich ist. Die stete Thematisierung des Schmerzes und der körperlichen Leiden des Malers widerspricht einer Verbannung des Körperlichen ins Unterbewusste. Vergänglichkeit und Tod bedeuten für ihn einerseits die Auslöschung des Geistes, stellen aber andererseits keine Bedrohung, sondern eine Erlösung dar: „Der Tod kann nur das Aufhören aller Schmerzen sein. Der Tod bedeutet Freisein von allem; vor allem von mir selbst.“ (Frost, 90)
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Die Träume zeigen zwar eine radikalisierte Körperlichkeit in grotesken oder bedrohlichen Szenarien, symbolisieren jedoch hauptsächlich das Verhältnis des Ichs zu seiner Umwelt beziehungsweise im Falle des Studenten zu seinem Beobachtungsobjekt, und deuten seinen Kontrollverlust an. Hierbei ist wichtig, dass die Traumwelten zwar albtraumhaft übersteigert sind, aber in ihrer Bedrohlichkeit kaum einen Unterschied zur Wirklichkeit der Protagonisten ausmachen. Sie greifen zentrale Motive der Narration, wie beispielsweise die Schlachthausmetaphorik, die Präsenz von körperlicher Versehrtheit und Tod, die empfundene Hilflosigkeit sowie den Kontrollverlust, auf. Gößling bezeichnet daher Frost in Gänze „als Alptraum der „Auflösung““ (Gößling 1987, 15) und deutet die fiktive Welt in Anlehnung an Freudsche Traumkategorien, indem „die objektivierte Landschaft zugleich als Bewußtseinslandschaft erkennbar [wird], d.h. als Traum- oder Wunschtraumwelt, in der sich – in verdichteten, überdeterminierten Zeichen – die psychische Problematik des imaginierenden Subjekts niederschlägt.“ (Gößling 1987, 11)
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Die Träume zeigen zwar eine radikalisierte Körperlichkeit in grotesken oder bedrohlichen Szenarien, symbolisieren jedoch hauptsächlich das Verhältnis des Ichs zu seiner Umwelt beziehungsweise im Falle des Studenten zu seinem Beobachtungsobjekt, und deuten seinen Kontrollverlust an. Hierbei ist wichtig, dass die Traumwelten zwar albtraumhaft übersteigert sind, aber in ihrer Bedrohlichkeit kaum einen Unterschied zur Wirklichkeit der Protagonisten ausmachen. Sie greifen zentrale Motive der Narration, wie beispielsweise die Schlachthausmetaphorik, die Präsenz von körperlicher Versehrtheit und Tod, die empfundene Hilflosigkeit sowie den Kontrollverlust, auf. Gößling bezeichnet daher Frost in Gänze „als Alptraum der ,Auflösung‘“ (Gößling 1987, 15) und deutet die fiktive Welt in Anlehnung an Freudsche Traumkategorien, indem „die objektivierte Landschaft zugleich als Bewußtseinslandschaft erkennbar [wird], d.h. als Traum- oder Wunschtraumwelt, in der sich – in verdichteten, überdeterminierten Zeichen – die psychische Problematik des imaginierenden Subjekts niederschlägt.“ (Gößling 1987, 11)
    
Nicht die Trennung zwischen Körper und Geist, sondern andere Prozesse sind es, die eine Interpretation der Träume mit dem Figurentypus des Geistesmenschen nahelegen. So definiert sich dieser über eine ständige Reflexion, die sich jedoch verselbständigt: „Der Geist bzw. die Geistigkeit manifestieren sich dabei in einem permanenten Reflexionsprozess, der sich verabsolutiert hat und der auch von dem Subjekt, das ihn trägt, nicht mehr zu kontrollieren ist.“ (Jahraus, 368) Die für den Geistesmenschen bestimmende Reflexion folgt also einer Traumlogik, indem sie dem Verstand und seiner Kontrolle entgleitet. Dies zeigt sich im Roman an der bereits erwähnten Präsenz von Themen und Motiven der vorherigen Reflexion im Traum. Der Übergang zwischen Traum und Reflexion wirkt fließend, ihre Elemente werden im Traum aufgegriffen, weiterentwickelt, abstrahiert und radikalisiert. Dabei erweist sich auch die Nähe zum Wahnsinn als bereits im Figurentypus des Geistesmenschen angelegt: „Permanent droht ihn der geistige Prozess von Reflexion und Autoreflexion zu überfordern, konkret in Form des Verrücktwerdens [...] und der endgültigen A-Sozialisierung insbesondere durch Gewalt entweder gegen sich selbst im Selbstmord oder gegen andere im Mord.“ (Jahraus, 369)
 
Nicht die Trennung zwischen Körper und Geist, sondern andere Prozesse sind es, die eine Interpretation der Träume mit dem Figurentypus des Geistesmenschen nahelegen. So definiert sich dieser über eine ständige Reflexion, die sich jedoch verselbständigt: „Der Geist bzw. die Geistigkeit manifestieren sich dabei in einem permanenten Reflexionsprozess, der sich verabsolutiert hat und der auch von dem Subjekt, das ihn trägt, nicht mehr zu kontrollieren ist.“ (Jahraus, 368) Die für den Geistesmenschen bestimmende Reflexion folgt also einer Traumlogik, indem sie dem Verstand und seiner Kontrolle entgleitet. Dies zeigt sich im Roman an der bereits erwähnten Präsenz von Themen und Motiven der vorherigen Reflexion im Traum. Der Übergang zwischen Traum und Reflexion wirkt fließend, ihre Elemente werden im Traum aufgegriffen, weiterentwickelt, abstrahiert und radikalisiert. Dabei erweist sich auch die Nähe zum Wahnsinn als bereits im Figurentypus des Geistesmenschen angelegt: „Permanent droht ihn der geistige Prozess von Reflexion und Autoreflexion zu überfordern, konkret in Form des Verrücktwerdens [...] und der endgültigen A-Sozialisierung insbesondere durch Gewalt entweder gegen sich selbst im Selbstmord oder gegen andere im Mord.“ (Jahraus, 369)
 
   
 
   
Der Maler Strauch entspricht also diesem Grundtypus der Bernhardschen Prosa, in dessen Wahrnehmung die Grenzen zwischen Traum und dem (Wieder-)Erleben traumatischer Erlebnisse verschwimmen (vgl. Bombitz, 58). Gleichzeitig ist sein Ringen mit sich und der Welt, das sich in seinen Träumen manifestiert und auch zunehmend die Reflexionen des Studenten bestimmt, exemplarisch für das Weltverhältnis vieler Protagonisten Bernhards: „Die jeweiligen Lebensgeschichte des besonderen Subjektes ist ein Sinnbild für allgemein-existenzielle Schrecknisse, die sich in Alpträumen wie traumatisierten Situationen wiederholen.“ (Bombitz, 59) Allerdings ist die für Bernhards Prosa ebenfalls typische Komik der Übertreibung in ''Frost'' weniger präsent als in den späteren Prosatexten. In den Traumerzählungen des Malers sind zwar groteske Elemente vorhanden, diese tragen jedoch eher zur beklemmend ausweglosen Szenerie bei. Ebenso scheint es, als nehme der narrative Einsatz von Träumen in den späteren Prosatexten Bernhards tendenziell ab. Bozzi verweist auf einzelne Traumszenen in ''Verstörung'' (1967) sowie ''Auslöschung'' (1986), aber Bennholdt-Thomsen konstatiert in ihrer Untersuchung der gleichen, autobiographisch lesbaren, Traumszene in Auslöschung, dass die Traumerzählung in Bernhards Romanwerk „selten und von auffälliger Relevanz“ (Bennholdt-Thomsen, 44) sei. Die dichte Verknüpfung von Narration und Traumerzählungen, die auf thematischer und motivischer Ebene ineinander übergehen und von der albtraumhaften Kulisse potenziert werden, macht die besondere Atmosphäre von ''Frost'' aus.
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Der Maler Strauch entspricht also diesem Grundtypus der Bernhardschen Prosa, in dessen Wahrnehmung die Grenzen zwischen Traum und dem (Wieder-)Erleben traumatischer Erlebnisse verschwimmen (vgl. Bombitz, 58). Gleichzeitig ist sein Ringen mit sich und der Welt, das sich in seinen Träumen manifestiert und auch zunehmend die Reflexionen des Studenten bestimmt, exemplarisch für das Weltverhältnis vieler Protagonisten Bernhards: „Die jeweiligen Lebensgeschichte des besonderen Subjektes ist ein Sinnbild für allgemein-existenzielle Schrecknisse, die sich in Alpträumen wie traumatisierten Situationen wiederholen.“ (Bombitz, 59) Allerdings ist die für Bernhards Prosa ebenfalls typische Komik der Übertreibung in ''Frost'' weniger präsent als in den späteren Prosatexten. In den Traumerzählungen des Malers sind zwar groteske Elemente vorhanden, diese tragen jedoch eher zur beklemmend ausweglosen Szenerie bei. Ebenso scheint es, als nehme der narrative Einsatz von Träumen in den späteren Prosatexten Bernhards tendenziell ab. Bozzi verweist auf einzelne Traumszenen in ''Verstörung'' (1967) sowie ''Auslöschung'' (1986), aber Bennholdt-Thomsen konstatiert in ihrer Untersuchung der gleichen, autobiographisch lesbaren, Traumszene in ''Auslöschung'', dass die Traumerzählung in Bernhards Romanwerk „selten und von auffälliger Relevanz“ (Bennholdt-Thomsen, 44) sei. Die dichte Verknüpfung von Narration und Traumerzählungen, die auf thematischer und motivischer Ebene ineinander übergehen und von der albtraumhaften Kulisse potenziert werden, macht die besondere Atmosphäre von ''Frost'' aus.
     
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