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Diese symbolische Grundanlage des Textes steht in direktem Zusammenhang mit dem romantischen Projekt einer Neuen Mythologie (vgl. Mahoney 2015, 203). Novalis kannte sowohl die Schriften Friedrich Wilhelm Joseph Schellings (1775-1854) als auch die seines Freundes Friedrich Schlegel sehr gut. Beide veröffentlichten im Jahr 1800 Werke, die sich mit grundlegenden Problemen der neuen romantischen Literatur auseinandersetzen. Schelling wirft in seinem ''System des transzendentalen Idealismus'' das Problem auf, dass eine neue Mythologie, welche „ das Mittelglied der Rückkehr der Wissenschaft zur Poesie sein werde“, (Schelling 298) benötigt wird. Schlegel beantwortet die Frage, wie diese aussehen könnte, in seinem ''Gespräch über Poesie'' auf Basis der alten Mythologie:
 
Diese symbolische Grundanlage des Textes steht in direktem Zusammenhang mit dem romantischen Projekt einer Neuen Mythologie (vgl. Mahoney 2015, 203). Novalis kannte sowohl die Schriften Friedrich Wilhelm Joseph Schellings (1775-1854) als auch die seines Freundes Friedrich Schlegel sehr gut. Beide veröffentlichten im Jahr 1800 Werke, die sich mit grundlegenden Problemen der neuen romantischen Literatur auseinandersetzen. Schelling wirft in seinem ''System des transzendentalen Idealismus'' das Problem auf, dass eine neue Mythologie, welche „ das Mittelglied der Rückkehr der Wissenschaft zur Poesie sein werde“, (Schelling 298) benötigt wird. Schlegel beantwortet die Frage, wie diese aussehen könnte, in seinem ''Gespräch über Poesie'' auf Basis der alten Mythologie:
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: Denn Mythologie und Poesie, beide sind eins und unzertrennlich. Alle Gedichte des Altertums schließen sich eines an das andre, bis sich aus immer größern Massen und Gliedern das Ganze bildet; alles greift in einander, und überall ist ein und derselbe Geist nur anders ausgedrückt. Und so ist es wahrlich kein leeres Bild, zu sagen: die alte Poesie sei ein einziges, unteilbares, vollendetes Gedicht. Warum sollte nicht wieder von neuem werden, was schon gewesen ist? Auf eine andre Weise versteht sich. Und warum nicht auf eine schönere, größere? (Schlegel 19##, 313).
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: Denn Mythologie und Poesie, beide sind eins und unzertrennlich. Alle Gedichte des Altertums schließen sich eines an das andre, bis sich aus immer größern Massen und Gliedern das Ganze bildet; alles greift in einander, und überall ist ein und derselbe Geist nur anders ausgedrückt. Und so ist es wahrlich kein leeres Bild, zu sagen: die alte Poesie sei ein einziges, unteilbares, vollendetes Gedicht. Warum sollte nicht wieder von neuem werden, was schon gewesen ist? Auf eine andre Weise versteht sich. Und warum nicht auf eine schönere, größere? (Schlegel: Gespräch über Poesie, KFSA 1, Bd. 2, 313).
    
Ich gehe von der Annahme aus, dass Novalis seine Symbole nicht nur für den ''Ofterdingen'' entworfen hat, sondern im Sinne des ''Gespräch über die Poesie'' an einer „ Neuen Mythologie“ mitarbeitet, also eine praktische Umsetzung des von Schlegel und Schelling aufgeworfenen Problems bieten will. Deshalb wird im ''Ofterdingen'' und in den zuvor entstandenen ''Lehrlingen zu Sais'', aber auch in anderen schriftlichen Äußerungen von Novalis auf dieselbe Bildsprache und dieselben Symbole zurückgegriffen. In meiner Analyse der Träume werde ich skizzieren, wie diese am Aufbau des Symbolgeflechtes mitwirken, das den ganzen Roman durchzieht und ihn zum „ neu-mythologischen“ Großprojekt einer Darstellung des „Zusammenhanges der Dinge“ am Beispiel der idealen, ins Mythische gesteigerten Entwicklungsgeschichte eines Individuums werden lässt.
 
Ich gehe von der Annahme aus, dass Novalis seine Symbole nicht nur für den ''Ofterdingen'' entworfen hat, sondern im Sinne des ''Gespräch über die Poesie'' an einer „ Neuen Mythologie“ mitarbeitet, also eine praktische Umsetzung des von Schlegel und Schelling aufgeworfenen Problems bieten will. Deshalb wird im ''Ofterdingen'' und in den zuvor entstandenen ''Lehrlingen zu Sais'', aber auch in anderen schriftlichen Äußerungen von Novalis auf dieselbe Bildsprache und dieselben Symbole zurückgegriffen. In meiner Analyse der Träume werde ich skizzieren, wie diese am Aufbau des Symbolgeflechtes mitwirken, das den ganzen Roman durchzieht und ihn zum „ neu-mythologischen“ Großprojekt einer Darstellung des „Zusammenhanges der Dinge“ am Beispiel der idealen, ins Mythische gesteigerten Entwicklungsgeschichte eines Individuums werden lässt.
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