"La vida es sueño" (Pedro Calderón de la Barca): Unterschied zwischen den Versionen

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====Traumbericht und Weissagungstraum====
====Traumbericht und Weissagungstraum====
Ein Traumbericht findet sich in der 6. Szene des ersten Akts, in dem der König über lang zurückliegende Alpträume der Königin spricht. In diesen Träumen sei der Monarchin ein „Monster in Menschengestalt“ <ref>Die Übersetzungen stammen, sofern nicht anders angegeben von der Autorin.<ref> („un monstruo en forma de hombre“; VS, V. 625) erschienen, das in ihrem Bauch lebe. Diese „Menschenschlange des Jahrhunderts“ („víbora humana del siglo“ (VS, V. 675), so die Träume, werde die Frau zerreißen. Als die Königin die Geburt Segismundos nicht überlebt, habe sich, so der König, die onirische Weissagung erfüllt („los presagios cumplidos“ VS, V. 677). Zudem sei die Geburt von weiteren, eine apokalyptische Zukunft andeutenden Ereignissen begleitet worden: eine totale Sonnenfinsternis, verheerende Erdbeben, Steinregen und blutige Flüsse (VS, V. 680-699). Die nachfolgende Befragung der Sterne durch den König habe ergeben, dass das Kind zu einem skrupellosen, grausamen und gottlosen Mann heranwachse, der den Vater unterwerfen und ein Reich des Lasters und des Verrats errichten werde (VS, V. 708-722). Basilio habe deshalb sein Kind für tot erklärt und es heimlich in Einsamkeit christlich erziehen lassen.  
Ein Traumbericht findet sich in der 6. Szene des ersten Akts, in dem der König über lang zurückliegende Alpträume der Königin spricht. In diesen Träumen sei der Monarchin ein „Monster in Menschengestalt“ <ref>Die Übersetzungen stammen, sofern nicht anders angegeben von der Autorin.</ref> („un monstruo en forma de hombre“; VS, V. 625) erschienen, das in ihrem Bauch lebe. Diese „Menschenschlange des Jahrhunderts“ („víbora humana del siglo“ (VS, V. 675), so die Träume, werde die Frau zerreißen. Als die Königin die Geburt Segismundos nicht überlebt, habe sich, so der König, die onirische Weissagung erfüllt („los presagios cumplidos“ VS, V. 677). Zudem sei die Geburt von weiteren, eine apokalyptische Zukunft andeutenden Ereignissen begleitet worden: eine totale Sonnenfinsternis, verheerende Erdbeben, Steinregen und blutige Flüsse (VS, V. 680-699). Die nachfolgende Befragung der Sterne durch den König habe ergeben, dass das Kind zu einem skrupellosen, grausamen und gottlosen Mann heranwachse, der den Vater unterwerfen und ein Reich des Lasters und des Verrats errichten werde (VS, V. 708-722). Basilio habe deshalb sein Kind für tot erklärt und es heimlich in Einsamkeit christlich erziehen lassen.  
Die Dramenhandlung setzt zwei Jahrzehnte später ein und präsentiert den König in einem tiefen Konflikt. Basilio möchte sein Land vor Schaden bewahren und den tyrannischen Sohn vom Thron fernhalten, sieht jedoch auch das Recht seiner Linie auf den Thron. Zudem will er prüfen, ob es ein Irrtum wahr, den Träumen und Sternbildern Glauben zu schenken – schließlich könnten schlechte Vorzeichen und Konstellationen auf den Willen eines Menschen zwar einwirken, sie müssten es aber nicht: „el ver cuánto yerro ha sido/ dar crédito fácilmente/ a los sucesos previstos;/ pues aunque su inclinación/ le dicte sus precipicios,/ quizá no le vencerán,/ porque el hado más esquivo,/ la inclinación más villena,/ el planeta más impío,/ sólo el albedrío inclinan, no fuerzan el albedrío.“ (VS, V. 781-791; „[Ich hole Segismundo,] um zu sehen, wie sehr es ein Irrtum war, den vorhergesehenen Ereignissen leichten Glauben zu schenken; denn obwohl seine Veranlagungen/ ihm [dem Menschen] Abstürze diktieren,/ werden sie ihn vielleicht nicht überwältigen,/ denn das flüchtige Schicksal,/ die niederträchtigste Neigung,/ der gottloseste Planet,/ können den Wille nur beugen,/ bezwingen müssen sie ihn jedoch nicht“). Mit dem ersten Monolog des Monarchen setzt das Drama seine zwei wesentlichen, tief im religiösen Diskurs wurzelnden Themen: die Frage nach der Wahrheit der Träume (und weiterer Zukunftsdeutungen wie von Horoskopen oder geomantischen Zeichen) auf der einen Seite sowie die Frage nach der Möglichkeit des Menschen, der Vorbestimmung durch eigenes Handeln entgegenzuwirken, auf der anderen.  
Die Dramenhandlung setzt zwei Jahrzehnte später ein und präsentiert den König in einem tiefen Konflikt. Basilio möchte sein Land vor Schaden bewahren und den tyrannischen Sohn vom Thron fernhalten, sieht jedoch auch das Recht seiner Linie auf den Thron. Zudem will er prüfen, ob es ein Irrtum wahr, den Träumen und Sternbildern Glauben zu schenken – schließlich könnten schlechte Vorzeichen und Konstellationen auf den Willen eines Menschen zwar einwirken, sie müssten es aber nicht: „el ver cuánto yerro ha sido/ dar crédito fácilmente/ a los sucesos previstos;/ pues aunque su inclinación/ le dicte sus precipicios,/ quizá no le vencerán,/ porque el hado más esquivo,/ la inclinación más villena,/ el planeta más impío,/ sólo el albedrío inclinan, no fuerzan el albedrío.“ (VS, V. 781-791; „[Ich hole Segismundo,] um zu sehen, wie sehr es ein Irrtum war, den vorhergesehenen Ereignissen leichten Glauben zu schenken; denn obwohl seine Veranlagungen/ ihm [dem Menschen] Abstürze diktieren,/ werden sie ihn vielleicht nicht überwältigen,/ denn das flüchtige Schicksal,/ die niederträchtigste Neigung,/ der gottloseste Planet,/ können den Wille nur beugen,/ bezwingen müssen sie ihn jedoch nicht“). Mit dem ersten Monolog des Monarchen setzt das Drama seine zwei wesentlichen, tief im religiösen Diskurs wurzelnden Themen: die Frage nach der Wahrheit der Träume (und weiterer Zukunftsdeutungen wie von Horoskopen oder geomantischen Zeichen) auf der einen Seite sowie die Frage nach der Möglichkeit des Menschen, der Vorbestimmung durch eigenes Handeln entgegenzuwirken, auf der anderen.