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Während die Konzentrationsfähigkeit, die Willensausübung und die Urteilskraft des Menschen im Traum zuweilen geschwächt sind, entfalten die Vorstellungskraft, das Gedächtnis und die sinnliche Wahrnehmung im Traum eine Ausweitung gegenüber dem Wachleben (vgl. RMD 1867, S. 475). Somit vermag der Träumer zwar kein rationales Meisterwerk im Traum zu erschaffen, aber der Traum eröffnet ihm neue, derart nicht gekannte Inspirationshorizonte (vgl. ebd.). Das inspiratorische Potenzial des Traums ist dabei unter anderem, hierin stimmt Hervey mit Lemoine überein, in der außergewöhnlichen Sensibilität jeglicher sinnlicher Wahrnehmung und insbesondere des ästhetischen Sinns begründet (vgl. RMD 1867, S. 202 f.).
 
Während die Konzentrationsfähigkeit, die Willensausübung und die Urteilskraft des Menschen im Traum zuweilen geschwächt sind, entfalten die Vorstellungskraft, das Gedächtnis und die sinnliche Wahrnehmung im Traum eine Ausweitung gegenüber dem Wachleben (vgl. RMD 1867, S. 475). Somit vermag der Träumer zwar kein rationales Meisterwerk im Traum zu erschaffen, aber der Traum eröffnet ihm neue, derart nicht gekannte Inspirationshorizonte (vgl. ebd.). Das inspiratorische Potenzial des Traums ist dabei unter anderem, hierin stimmt Hervey mit Lemoine überein, in der außergewöhnlichen Sensibilität jeglicher sinnlicher Wahrnehmung und insbesondere des ästhetischen Sinns begründet (vgl. RMD 1867, S. 202 f.).
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So erschafft die Vorstellungskraft im Traum, wie Hervey anhand von Beispielen wie Guiseppe Tartinis Teufelstrillersonate hervorhebt, außergewöhnliche Konstrukte, die kognitiv wie emotional besonders intensiv erlebt werden (vgl. RMD 1867, S. 333–337). Im Traum können, Hervey de Saint-Denys zufolge, jedoch vor allem solche Tätigkeiten zu höchster Perfektion getrieben werden, die mehr Inspiration als Besonnenheit, Kritik- sowie Urteilsfähigkeit erfordern oder deren Untersuchungsgegenstände homogen und logisch erschließbar sind (vgl. RMD 1867, S. 123, 139 f., 334, 336 f.). Zu diesen Tätigkeitsbereichen zählen etwa die Musik, die Architektur, die Malerei, die Mathematik und Schach (vgl. RMD 1867, S. 140, 334, 340). Hinsichtlich der Erinnerbarkeit von Kunstwerken im Traum weist Hervey darauf hin, dass der Klang eines Akkordes leichter einzuprägen sei als die Form eines Umrisses (vgl. RMD 1867, S. 472). Noch schwerer fällt die Erinnerung an im Traum zutage tretende literarische Werke, da diese ein heterogenes Konstrukt aus Wörtern sowie Ideen darstellen und daher nicht als Ganzes, sondern in all ihren Details eingeprägt werden müssten (vgl. RMD 1867, S. 334). In Fällen, in denen es Schriftstellern wie etwa einem Freund Herveys gelang, sich des im luziden Traum kreierten Werkes zu erinnern, folgte im Wachzustand die Ernüchterung angesichts von dessen sprachlicher Unausgereiftheit (vgl. RMD 1867, S. 334–336). Die Imaginationskraft scheitert demnach an der Konzeption stilistisch versierter literarischer Stücke, da diese eine Konzentration, selbstkritische Haltung und Urteilsfähigkeit voraussetzt, über die nicht einmal der luzide Träumer verfügt (vgl. RMD 1867, S. 334–338). Die Themenkonzeption eines literarischen Werkes, die auch in der Realität zuweilen Resultat einer plötzlichen Eingebung ist (vgl. RMD 1867, S. 337), kann jedoch im Traum vollbracht werden.
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So erschafft die Vorstellungskraft im Traum, wie Hervey anhand von Beispielen wie Guiseppe Tartinis Teufelstrillersonate hervorhebt, außergewöhnliche Konstrukte, die kognitiv wie emotional besonders intensiv erlebt werden (vgl. RMD 1867, S. 333–337). Im Traum können, Hervey de Saint-Denys zufolge, jedoch vor allem solche Tätigkeiten zu höchster Perfektion getrieben werden, die mehr Inspiration als Besonnenheit, Kritik- sowie Urteilsfähigkeit erfordern oder deren Untersuchungsgegenstände homogen und logisch erschließbar sind (vgl. RMD 1867, S. 123, 139 f., 334, 336 f.). Zu diesen Tätigkeitsbereichen zählen etwa die Musik, die Architektur, die Malerei, die Mathematik und Schach (vgl. RMD 1867, S. 140, 334, 340). Hinsichtlich der Erinnerbarkeit von im Traum gesehenen Kunstwerken weist Hervey darauf hin, dass der Klang eines Akkordes leichter einzuprägen sei als die Form eines Umrisses (vgl. RMD 1867, S. 472). Noch schwerer fällt die Erinnerung an im Traum zutage tretende literarische Werke, da diese ein heterogenes Konstrukt aus Wörtern sowie Ideen darstellen und daher nicht als Ganzes, sondern in all ihren Details eingeprägt werden müssten (vgl. RMD 1867, S. 334). In Fällen, in denen es Schriftstellern wie etwa einem Freund Herveys gelang, sich des im luziden Traum kreierten Werkes zu erinnern, folgte im Wachzustand die Ernüchterung angesichts von dessen sprachlicher Unausgereiftheit (vgl. RMD 1867, S. 334–336). Die Imaginationskraft scheitert demnach an der Konzeption stilistisch versierter literarischer Stücke, da diese eine Konzentration, selbstkritische Haltung und Urteilsfähigkeit voraussetzt, über die nicht einmal der luzide Träumer verfügt (vgl. RMD 1867, S. 334–338). Die Themenkonzeption eines literarischen Werkes, die auch in der Realität zuweilen Resultat einer plötzlichen Eingebung ist (vgl. RMD 1867, S. 337), kann jedoch im Traum vollbracht werden.
    
Ein wichtiger Erkenntnisaspekt des Traums liegt ferner im trauminternen Dialog mit dem eigenen Selbst. In luziden Träumen schwingt sich der Träumer oftmals unwissentlich zum Dramatiker mit ausgezeichnetem Talent für die Figurenzeichnung auf und lässt die Traumfiguren ihre Meinung in einem Tonfall vortragen, wie sie es auch in der Realität getan hätten (vgl. RMD 1867, S. 313 f.). Dabei bewegt er sie dazu, Pro und Contra einer ihn beschäftigenden Angelegenheit zu diskutieren und lässt sie Argumente austauschen, die er selbst insgeheim bereits erwogen hat (vgl. RMD 1867, S. 315 f.). Über die Begegnung mit dem eigenen Selbst im Traum trägt der Träumer somit innere Konflikte aus und gelangt zu neuen Erkenntnissen (vgl. RMD 1867, S. 315 f., 345 f.). In der Gestalt eines halb weißen, halb schwarzen Kindes, das behauptet er selbst zu sein, begegnet Hervey in einem seiner Träume sogar explizit sich selbst, wobei die Dualität der Farben möglicherweise Sinnbild seiner guten und schlechten Seiten ist, wie er selbst vermutet (vgl. RMD 1867, S. 345–347). Hervey de Saint-Denys schließt seine Untersuchung, indem er bekräftigt, dass er die Traumsteuerung nicht nur als ertragreich für den individuellen Inspirationsprozess und das private Vergnügen eines Jeden, sondern auch für die Wissenschaft, insbesondere die Physiologie und Medizin, ansieht (vgl. RMD, S. 477 f.).
 
Ein wichtiger Erkenntnisaspekt des Traums liegt ferner im trauminternen Dialog mit dem eigenen Selbst. In luziden Träumen schwingt sich der Träumer oftmals unwissentlich zum Dramatiker mit ausgezeichnetem Talent für die Figurenzeichnung auf und lässt die Traumfiguren ihre Meinung in einem Tonfall vortragen, wie sie es auch in der Realität getan hätten (vgl. RMD 1867, S. 313 f.). Dabei bewegt er sie dazu, Pro und Contra einer ihn beschäftigenden Angelegenheit zu diskutieren und lässt sie Argumente austauschen, die er selbst insgeheim bereits erwogen hat (vgl. RMD 1867, S. 315 f.). Über die Begegnung mit dem eigenen Selbst im Traum trägt der Träumer somit innere Konflikte aus und gelangt zu neuen Erkenntnissen (vgl. RMD 1867, S. 315 f., 345 f.). In der Gestalt eines halb weißen, halb schwarzen Kindes, das behauptet er selbst zu sein, begegnet Hervey in einem seiner Träume sogar explizit sich selbst, wobei die Dualität der Farben möglicherweise Sinnbild seiner guten und schlechten Seiten ist, wie er selbst vermutet (vgl. RMD 1867, S. 345–347). Hervey de Saint-Denys schließt seine Untersuchung, indem er bekräftigt, dass er die Traumsteuerung nicht nur als ertragreich für den individuellen Inspirationsprozess und das private Vergnügen eines Jeden, sondern auch für die Wissenschaft, insbesondere die Physiologie und Medizin, ansieht (vgl. RMD, S. 477 f.).
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