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===Anna und Beckmann===
 
===Anna und Beckmann===
So beginnt der Film zwar, ähnlich dem Vorspiel des Dramas (vgl. Borchert 2008, 9ff.), mit dem "Tod" (in Gestalt eines zynischen Beerdigungsunternehmers mit Frack und Hut), der von St. Pauli aus junge Menschen beobachtet, die "wie die Fliegen" (00:02:54) in die Elbe gehen. Bereits die 'wässrigen' Überblendungen der Titelkarten zu Beginn des Films haben sowohl diese Thematik wie auch die tiefsitzenden Traumata einer ganzen Generation angedeutet, die im weiteren Verlauf des Films ihre Fortführung in der programmatischen Auflösung der linearen Erzählstruktur von ''Draußen vor der Tür'' findet (vgl. Moeller 2008, 143).
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So beginnt der Film zwar, ähnlich dem Vorspiel des Dramas (vgl. Borchert 2008, 9 ff.), mit dem "Tod" (in Gestalt eines zynischen Beerdigungsunternehmers mit Frack und Hut), der von St. Pauli aus junge Menschen beobachtet, die "wie die Fliegen" (00:02:54) in die Elbe gehen. Bereits die 'wässrigen' Überblendungen der Titelkarten zu Beginn des Films haben sowohl diese Thematik wie auch die tiefsitzenden Traumata einer ganzen Generation angedeutet, die im weiteren Verlauf des Films ihre Fortführung in der programmatischen Auflösung der linearen Erzählstruktur von ''Draußen vor der Tür'' findet (vgl. Moeller 2008, 143).
    
Zum Beerdigungsunternehmer tritt "Gott" (in Gestalt eines alten Geistlichen); gemeinsam beobachtet das ungleiche Paar eine 'Hochzeit' (00:11:30), zu der sich ein junger Mann und ein "Mädchen" auf dem Steg einfinden: Der gerade vor drei Tagen aus Russland nach Hamburg zurückgekehrte Fritz Beckmann – in zerlumpten Uniformfetzen und mit Gasmaskenbrille als ein gespenstisches Fragment des vergangenen Krieges – möchte sich im kalten Wasser das Leben nehmen, als er auf die Kriegswitwe Anna Gehrke trifft, die es aus gleichem Grund an die Landungsbrücken verschlagen hat.
 
Zum Beerdigungsunternehmer tritt "Gott" (in Gestalt eines alten Geistlichen); gemeinsam beobachtet das ungleiche Paar eine 'Hochzeit' (00:11:30), zu der sich ein junger Mann und ein "Mädchen" auf dem Steg einfinden: Der gerade vor drei Tagen aus Russland nach Hamburg zurückgekehrte Fritz Beckmann – in zerlumpten Uniformfetzen und mit Gasmaskenbrille als ein gespenstisches Fragment des vergangenen Krieges – möchte sich im kalten Wasser das Leben nehmen, als er auf die Kriegswitwe Anna Gehrke trifft, die es aus gleichem Grund an die Landungsbrücken verschlagen hat.
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===Dritte Traumsequenz===
 
===Dritte Traumsequenz===
Nach der zufälligen Begegnung am Elbufer nimmt Anna den Heimkehrer mit in ihr kleines Zimmer, wo sie nun Beckmann ausruhen lässt und ihm ein kleines Abendessen kocht. Dort hat der auf dem Sofa Liegende (vgl. Weckel 2003, 153) einen dritten – nun nicht mehr nacherzählten, sondern quasi 'unmittelbaren' – Traum (01:44:50–02:00:44): Um den im Schlaf sprechenden Beckmann tut sich ein Sternenhimmel auf, durch den Anna (in der Schwerelosigkeit ihres kleinen Zimmers) auf ihn zuschreitet. Aus offenbar bereits schnell zum Traum verarbeiteten Gesprächsfragmenten entsteht eine erotisch aufgeladene Heimkehrerszene, die von einem fernen Klopfen unterbrochen wird. Es ist das Geräusch von Krücken auf dem Asphalt, als sich ein riesenhafter, einbeiniger Soldat in Wehrmachtsuniform – Annas gefallener Ehemann Jürgen Gehrke – nähert und Beckmann zur Rede stellt. Die Situation mit Beckmanns Ehefrau Lisa umkehrend, verfolgt der Riese (und mit ihm zahlreiche weitere Kriegsversehrte) nun Beckmann durch die Straßen, der schließlich auf einem dunklen Platz umzingelt und niedergestreckt wird. Offenbar tot, klagt Beckmann zunächst den 'lieben Gott' an (es kommt der alte Mann vom "Vorspiel"), ruft aber schließlich nach dem "Tod" (es ist der Begräbnisunternehmer), der nun als Straßenfeger auftritt, Beckmann aber im Straßengraben liegen lässt, während PassantInnen riesenhaft an ihm vorbeilaufen (Abb. 3). Von dort aus beobachtet er seine Frau Lisa mit ihrem neuen Mann, bis er von Anna gefunden wird, die ihm (erneut im schwerelosen Raum des Nachthimmels) ihre Liebe gesteht. Als auch sie fortgehen muss, wird Beckmann erneut von einem riesenhaften Kriegsversehrten verfolgt, und findet sich schließlich auf dem Grund der Elbe wieder. Doch der Fluss wirft ihn wieder an Land, und Beckmann wacht schreiend auf Annas Sofa auf.
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Nach der zufälligen Begegnung am Elbufer nimmt Anna den Heimkehrer mit in ihr kleines Zimmer, wo sie nun Beckmann ausruhen lässt und ihm ein kleines Abendessen kocht. Dort hat der auf dem Sofa Liegende (vgl. Weckel 2003, 153) einen dritten – nun nicht mehr nacherzählten, sondern quasi 'unmittelbaren' – Traum (01:44:50–02:00:44): Um den im Schlaf sprechenden Beckmann tut sich ein Sternenhimmel auf, durch den Anna (in der Schwerelosigkeit ihres kleinen Zimmers) auf ihn zuschreitet. Aus offenbar bereits schnell zum Traum verarbeiteten Gesprächsfragmenten entsteht eine erotisch aufgeladene Heimkehrerszene, die von einem fernen Klopfen unterbrochen wird. Es ist das Geräusch von Krücken auf dem Asphalt, als sich ein riesenhafter, einbeiniger Soldat in Wehrmachtsuniform – Annas gefallener Ehemann Jürgen Gehrke – nähert und Beckmann zur Rede stellt. Die Situation mit Beckmanns Ehefrau Lisa umkehrend, verfolgt der Riese (und mit ihm zahlreiche weitere Kriegsversehrte) nun Beckmann durch die Straßen, der schließlich auf einem dunklen Platz umzingelt und niedergestreckt wird. Offenbar tot, klagt Beckmann zunächst den 'lieben Gott' an (es kommt der alte Mann vom "Vorspiel"), ruft aber schließlich nach dem "Tod" - es ist der Begräbnisunternehmer, der nun als Straßenfeger auftritt, Beckmann aber im Rinnstein liegen lässt, während PassantInnen riesenhaft an ihm vorbeilaufen (Abb. 3). Von dort aus beobachtet er seine Frau Lisa mit ihrem neuen Mann, bis er von Anna gefunden wird, die ihm (erneut im schwerelosen Raum des Nachthimmels) ihre Liebe gesteht. Als auch sie fortgehen muss, wird Beckmann erneut von einem riesenhaften Kriegsversehrten verfolgt und findet sich schließlich auf dem Grund der Elbe wieder. Doch der Fluss wirft ihn wieder an Land, und Beckmann wacht schreiend auf Annas Sofa auf.
    
[[Datei:Liebe47_015357.jpg|thumb|right|300px|Abb. 3: ''Liebe 47'' (01:53:57)]]
 
[[Datei:Liebe47_015357.jpg|thumb|right|300px|Abb. 3: ''Liebe 47'' (01:53:57)]]
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Diese erneut den Stil der expressionistischen, ja surrealistischen Filme der 1920er Jahre aufgreifende Sequenz hat aufgrund der Länge von mehr als einer Viertelstunde und der experimentellen Ästhetik offenbar zahlreiche Zuschauende aus den Kinosälen getrieben (vgl. Moeller 2008, 150). Sie läutet das als 'zu melodramatisch' kritisierte Ende des Films ein (vgl. Weckel 2003, 153), das mit einem radikalen Wandel der Frauenfigur einhergeht: Denn von Annas anfänglicher Kritik an den Männern ist nun nichts mehr übrig – vielmehr widmet sie sich als sorgende 'Hausfrau' dem traumatisierten Heimkehrer: "Aber Sie haben jetzt jemanden, und ich hab' jetzt jemanden. Was brauchen wir die Welt verbessern? Fangen wir lieber bei uns selber an" (02:02:23).
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Diese erneut den Stil der expressionistischen, ja surrealistischen Filme der 1920er Jahre aufgreifende Sequenz hat aufgrund der Länge von mehr als einer Viertelstunde und der experimentellen Ästhetik offenbar zahlreiche Zuschauende aus den Kinosälen getrieben (vgl. Moeller 2008, 150). Sie läutet das als 'zu melodramatisch' kritisierte Ende des Films ein (vgl. Weckel 2003, 153), das mit einem radikalen Wandel der Frauenfigur einhergeht. Denn von Annas anfänglicher Kritik an den Männern ist nun nichts mehr übrig – vielmehr widmet sie sich als sorgende 'Hausfrau' dem traumatisierten Heimkehrer: "Aber Sie haben jetzt jemanden, und ich hab' jetzt jemanden. Was brauchen wir die Welt verbessern? Fangen wir lieber bei uns selber an" (02:02:23).
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Indem die beiden vom Krieg gezeichneten Menschen sich nun gegenseitig die Verantwortung füreinander übertragen, scheint letztlich der "Tod" überwunden, der zu Beginn noch auf einen lukrativen Doppelselbstmord im kalten Elbwasser gehofft hatte, und vielmehr die Hoffnung des alten Mannes/"Gott" zutreffend zu sein, der Anna und Beckmann "viele Jahre, ein ganzes Leben" (00:08:36) prognostiziert hat: "Zusammen lebt sich's leichter".
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Indem die beiden vom Krieg gezeichneten Menschen sich nun gegenseitig die Verantwortung füreinander übertragen, scheint letztlich der "Tod" überwunden, der zu Beginn noch auf einen lukrativen Doppelselbstmord im kalten Elbwasser gehofft hatte. Vielmehr scheint die Hoffnung des alten Mannes/"Gott" zuzutreffen, der Anna und Beckmann "viele Jahre, ein ganzes Leben" (00:08:36) prognostiziert hatte: "Zusammen lebt sich's leichter".
    
<div style="text-align: right;">[[Autoren|Jonas Nesselhauf]]</div>
 
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[[Kategorie:Film]]
 
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[[Katgeorie:Spielfilm]]
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[[Kategorie:Spielfilm]]
    
[[Kategorie:Borchert,_Wolfgang]]
 
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[[Kategorie:Liebeneiner,_Wolfgang]]
 
[[Kategorie:Liebeneiner,_Wolfgang]]

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