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==Imagination und Freiheit==
 
==Imagination und Freiheit==
Traum und Imagination sind im Manifest auf derselben argumentativen Ebene angesiedelt und werden den Begriffen Logik, Vernunft und Realität gegenübergestellt (Goumegou 2007, 267). Die Fähigkeit des Imaginierens ermöglicht aus der Sicht Bretons geistige Freiheit. Des Weiteren kann Imagination zukünftige Möglichkeiten aufzeigen, sich aber auch zu einem Trugbild wandeln (MS 14–16; MSd 12 f.). Allerdings hat Breton keine Angst vor letzterem und hinterfragt das Wertesystem richtiger und falscher Gedanken:
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Traum und Imagination sind im Manifest auf derselben argumentativen Ebene angesiedelt und den Begriffen Logik, Vernunft und Realität gegenübergestellt (Goumegou 2007, 267). Die Fähigkeit des Imaginierens ermöglicht aus der Sicht Bretons geistige Freiheit. Des Weiteren kann Imagination zukünftige Möglichkeiten aufzeigen, sich aber auch zu einem Trugbild wandeln (MS 14–16; MSd 12 f.). Allerdings hat Breton keine Angst vor letzterem und hinterfragt das Wertesystem richtiger und falscher Gedanken:
    
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Er leitet nachfolgend zu den Halluzinationen, Illusionen, Einbildungen von geistig erkrankten Personen über und schildert, dass deren Handlungen mit gesellschaftlichen Normen kollidieren. Jedoch vermutet Breton, dass Imaginationen zugleich den Betroffenen Trost verschaffen. Daher ist aus seiner Sicht der Verfall des Wahnsinns durch Imaginationen nicht zu fürchten (MS 15 f.; MSd 12).
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Breton leitet dann zu den Halluzinationen, Illusionen, Einbildungen von geistig erkrankten Personen über und schildert, dass deren Handlungen mit gesellschaftlichen Normen kollidieren. Jedoch vermutet er, dass die Imaginationen zugleich den Betroffenen Trost verschaffen. Daher ist aus seiner Sicht der Verfall des Wahnsinns durch Imaginationen nicht zu fürchten (MS 15 f.; MSd 12).
    
Des Weiteren fordert Breton dazu auf, nach der Gegenpositionierung zum Materialismus auch eine solche zum Realismus einzunehmen. Breton verweist unter anderem auf rein informative oder detaillierte Literatur, die den Lesenden keinen Raum mehr für eigene Assoziationen lässt (MS 16–19; MSd 13–15). In seinen weiteren Ausführungen begründet er seine Kritik an der allzu großen Dominanz der menschlichen Logik auch damit, dass sie Lebenserfahrungen einsperrt, wobei der wissenschaftliche Kenntnisstand innerhalb einer Gesellschaft zu dieser „Freiheitsberaubung“ des Geistes zusätzlich beiträgt:  
 
Des Weiteren fordert Breton dazu auf, nach der Gegenpositionierung zum Materialismus auch eine solche zum Realismus einzunehmen. Breton verweist unter anderem auf rein informative oder detaillierte Literatur, die den Lesenden keinen Raum mehr für eigene Assoziationen lässt (MS 16–19; MSd 13–15). In seinen weiteren Ausführungen begründet er seine Kritik an der allzu großen Dominanz der menschlichen Logik auch damit, dass sie Lebenserfahrungen einsperrt, wobei der wissenschaftliche Kenntnisstand innerhalb einer Gesellschaft zu dieser „Freiheitsberaubung“ des Geistes zusätzlich beiträgt:  
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==Traum und Realität==
 
==Traum und Realität==
Nach Breton ist das Traumerleben ursprünglich strukturiert; durch den Eingriff des Gedächtnisses erfolgen jedoch derartige Veränderungen, so dass sich scheinbar mehrere Träume abspielen. Was innerhalb des Traumes als Realität eingestuft wird, hängt seiner Meinung nach mit der Willenskraft der Träumenden zusammen. Zudem ist dieser Moment des Realitätsempfindens ohnehin von kurzer Dauer. Dabei bedauert er in einer Anmerkung, dass er gerade die Inhalte nicht erinnert, die ihn besonders interessieren und die nicht mit dem Tageserleben in Verbindung stehen. Daher glaubt er, dass die Trauminhalte nicht vollständig aufgelöst werden können. Er wünscht sich gar schlafende Philosophen, damit die Logik imstande wäre zurückzutreten. Breton schließt auch weder die Möglichkeit einer narrativen Weitererzählung von Traum zu Traum aus, noch dass reale Erlebnisse in diesen weitergeführt werden (MS 21 f.; MSd 16–18). In solchen Überlegungen deutet sich bereits eine erste Vermischung von Wach- und Traumerleben an, die für die Surrealisten ästhetisch von Interesse war. Danach äußert Breton seine Gedanken zur Funktion des Traumes:
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Nach Breton ist das Traumerleben ursprünglich strukturiert; durch den Eingriff des Gedächtnisses erfolgen jedoch Veränderungen, so dass sich scheinbar mehrere Träume abspielen. Was innerhalb des Traumes als Realität eingestuft wird, hängt seiner Meinung nach mit der Willenskraft der Träumenden zusammen. Zudem ist dieser Moment des Realitätsempfindens ohnehin von kurzer Dauer. Dabei bedauert er in einer Anmerkung, dass er gerade die Inhalte nicht erinnert, die ihn besonders interessieren und die nicht mit dem Tageserleben in Verbindung stehen. Daher glaubt er, dass die Trauminhalte nicht vollständig aufgelöst werden können. Er wünscht sich gar schlafende Philosophen, damit die Logik imstande wäre zurückzutreten. Breton schließt auch weder die Möglichkeit einer narrativen Weitererzählung von Traum zu Traum aus, noch dass reale Erlebnisse in diesen weitergeführt werden (MS 21 f.; MSd 16–18). In solchen Überlegungen deutet sich bereits eine erste Vermischung von Wach- und Traumerleben an, die für die Surrealisten ästhetisch von Interesse war. Danach äußert Breton seine Gedanken zur Funktion des Traumes:
    
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Im nächsten Abschnitt hinterfragt Breton die Verlässlichkeit der Wahrnehmung im Wacherleben, bevor er den Traum als Ort völliger moralischer Freiheit und unbegrenzter Möglichkeiten skizziert, was von der Vernunft der Träumenden im Schlaf nicht in Frage gestellt wird. Das Erwachen reißt die Personen aus diesem Ort, während die gesellschaftlichen Moralvorstellungen erneut eingreifen (MS 23 f.; MSd 16–18). Breton versteht Traum und Realität daher nicht als einen unwiderruflichen Gegensatz, sondern sieht sie als zusammengehörig an. Im gleichzeitigen Zusammenspiel von Wach- und Traumzustand wird sogar eine neue Wahrnehmungserfahrung ermöglicht. Dieser Wahrnehmungszustand ist in seinen Augen erstrebenswert, aber nur bedingt erreichbar:
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Im nächsten Abschnitt hinterfragt Breton die Verlässlichkeit der Wahrnehmung im Wacherleben, bevor er den Traum als Ort völliger moralischer Freiheit und unbegrenzter Möglichkeiten skizziert, was von der Vernunft der Träumenden im Schlaf nicht in Frage gestellt wird. Das Erwachen reißt die Personen aus diesem Ort und die gesellschaftlichen Moralvorstellungen greifen erneut (MS 23 f.; MSd 16–18). Breton versteht Traum und Realität daher nicht als einen unwiderruflichen Gegensatz, sondern sieht sie als zusammengehörig an. Im gleichzeitigen Zusammenspiel von Wach- und Traumzustand wird sogar eine neue Wahrnehmungserfahrung ermöglicht. Dieser Wahrnehmungszustand ist in seinen Augen erstrebenswert, aber nur bedingt erreichbar:
    
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Die Aufhebung der Grenzen zwischen „rêve“ und „réalité“ ist folglich das zentrale Konzept des Surrealismus, auf das sich zudem Bretons gesamtes künstlerisches Schaffen ausrichtet.
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Die Aufhebung der Grenzen zwischen „rêve“ und „réalité“ ist folglich das zentrale Konzept des Surrealismus, auf das sich auch Bretons gesamtes künstlerisches Schaffen ausrichtet.
 
      
==Traumtheoretische Bezüge==
 
==Traumtheoretische Bezüge==
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: <span style="color: #7b879e;">Sur la foi de […] découvertes [de Freud], un courant d’opinion se dessine enfin, à la faveur duquel l’explorateur humain pourra pousser plus loin ses investigations, autorisé qu’il sera à ne plus seulement tenir compte des réalités sommaires. L’imagination est peut-être sur le point de reprendre ses droits (MS 20).
 
: <span style="color: #7b879e;">Sur la foi de […] découvertes [de Freud], un courant d’opinion se dessine enfin, à la faveur duquel l’explorateur humain pourra pousser plus loin ses investigations, autorisé qu’il sera à ne plus seulement tenir compte des réalités sommaires. L’imagination est peut-être sur le point de reprendre ses droits (MS 20).
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: <span style="color: #7b879e;">Auf Grund von [Freuds] Entdeckungen bildet sich eine Strömung im Denken heraus, mit deren Hilfe der Erforscher der Menschen seine Untersuchungen weiter treiben vermag, da er nun nicht mehr nur summarische Fakten in Betracht zu ziehen braucht. Die Imagination ist vielleicht im Begriff, wieder in ihre alten Rechte einzutreten (MSd 15).</span>
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: <span style="color: #7b879e;">Auf Grund von [Freuds] Entdeckungen bildet sich endlich eine Strömung im Denken heraus, mit deren Hilfe der Erforscher der Menschen seine Untersuchungen weiter treiben vermag, da er nun nicht mehr nur summarische Fakten in Betracht zu ziehen braucht. Die Imagination ist vielleicht im Begriff, wieder in ihre alten Rechte einzutreten (MSd 15).</span>
 
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Nach Bretons Ansicht kann zudem geistiges Potenzial aus Imaginationen geschöpft werden, indem auch verborgene Inhalte an die „surface“ treten. Mit Zuspruch gegenüber Freuds Kritik bemängelt anschließend Breton die ungenügende, allgemeine Auseinandersetzung mit dem Traum, der einen großen Bestandteil der menschlichen Psyche einnehme. Da die Erinnerung an den Traum nur einen Bruchteil des Traumerlebens wiedergibt und bisweilen undeutlich ist, führt Breton seinen eigenen Gedankengang über Traum und Realität weiter aus (MS 20–23; MSd 15 f.). An dieser Stelle wird deutlich, wie Breton Freuds Traumtheorie primär zur Untermauerung eigener Argumentationen nutzt (Goumegou 2007, 269, 279).
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Nach Bretons Ansicht kann zudem geistiges Potenzial aus Imaginationen geschöpft werden, indem auch verborgene Inhalte an die Oberfläche treten. Mit Zuspruch gegenüber Freuds Kritik bemängelt anschließend Breton die ungenügende allgemeine Auseinandersetzung mit dem Traum, der einen großen Bestandteil der menschlichen Psyche einnehme. Da die Erinnerung an den Traum nur einen Bruchteil des Traumerlebens wiedergibt und bisweilen undeutlich ist, führt Breton seinen eigenen Gedankengang über Traum und Realität weiter aus (MS 20–23; MSd 15 f.). An dieser Stelle wird deutlich, wie Breton Freuds Traumtheorie primär zur Untermauerung eigener Argumentationen nutzt (Goumegou 2007, 269, 279).
    
Ein weiteres Mal bezieht sich Breton auf Freuds Psychoanalyse, als er die Überlegungen zur freien Assoziation von Patienten als einen Denkanstoß für die Entwicklung der ''écriture automatique'' charakterisiert (Goumegou 2007, 267 f.):
 
Ein weiteres Mal bezieht sich Breton auf Freuds Psychoanalyse, als er die Überlegungen zur freien Assoziation von Patienten als einen Denkanstoß für die Entwicklung der ''écriture automatique'' charakterisiert (Goumegou 2007, 267 f.):
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: <span style="color: #7b879e;">Tout occupé que j’étais encore de Freud à cette époque et familiarisé avec ses méthodes d’examen que j’avais eu quelque peu l’occasion de pratiquer sur des malades pendant la guerre, je résolus d’obtenir de moi ce qu’on cherche à obtenir d´eux, soit un monologue de débit aussi rapide que possible, sur lequel l’esprit critique du sujet ne fasse porter aucun jugement, qui ne s’embarasse, par suite, d’aucune réticence, et qui soit aussi exactement que possible la pensée parlée. Il m’avait paru, et il ma paraît encore […] que la vitesse de la pensée n´est pas supérieur à celle de la parole, et qu´elle ne défie pas forcément la langue, ni même la plume qui court (MS 33).
 
: <span style="color: #7b879e;">Tout occupé que j’étais encore de Freud à cette époque et familiarisé avec ses méthodes d’examen que j’avais eu quelque peu l’occasion de pratiquer sur des malades pendant la guerre, je résolus d’obtenir de moi ce qu’on cherche à obtenir d´eux, soit un monologue de débit aussi rapide que possible, sur lequel l’esprit critique du sujet ne fasse porter aucun jugement, qui ne s’embarasse, par suite, d’aucune réticence, et qui soit aussi exactement que possible la pensée parlée. Il m’avait paru, et il ma paraît encore […] que la vitesse de la pensée n´est pas supérieur à celle de la parole, et qu´elle ne défie pas forcément la langue, ni même la plume qui court (MS 33).
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: <span style="color: #7b879e;">Ich beschäftigte mich damals noch eingehend mit Freud und war mit seinen Untersuchungsmethoden vertraut, die ich im Kriege gelegentlich selbst bei Kranken hatte anwenden können,<ref>Während des Ersten Weltkrieges war Breton medizinischer Assistent im psychiatrischen Zentrum in Saint-Dizier. Die Eindrücke vor Ort mit mental Erkrankten regten ihn zu seiner Auseinandersetzung mit den Theorien Pierre Janets (1859-1947) und Sigmund Freuds über das Unbewusste und den Traum an (Schneede 2006, 42–44). </ref> und beschloß nun, von mir selbst das zu erreichen, was man von ihnen haben wollte: nämlich einen so rasch wie möglich fließenden Monolog, der dem kritischen Verstand des Subjekts in keiner Weise unterliegt, der sich infolgedessen keinerlei Zurückhaltung auferlegt und der so weit möglich gesprochener Gedanke wäre. Ich hatte den Eindruck, und habe ihn noch […], daß das Tempo des Denkstroms nicht größer ist als das des Redestroms und daß das Denken nicht unbedingt die Zunge oder gar die Feder am Mitkommen hindert (MSd 24 f.).</span>
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: <span style="color: #7b879e;">Ich beschäftigte mich damals noch eingehend mit Freud und war mit seinen Untersuchungsmethoden vertraut, die ich im Kriege gelegentlich selbst bei Kranken hatte anwenden können,<ref>Während des Ersten Weltkrieges war Breton medizinischer Assistent im psychiatrischen Zentrum in Saint-Dizier. Die Eindrücke vor Ort mit mental Erkrankten regten ihn zu seiner Auseinandersetzung mit den Theorien Pierre Janets und Sigmund Freuds über das Unbewusste und den Traum an (Schneede 2006, 42–44). </ref> und beschloß nun, von mir selbst das zu erreichen, was man von ihnen haben wollte: nämlich einen so rasch wie möglich fließenden Monolog, der dem kritischen Verstand des Subjekts in keiner Weise unterliegt, der sich infolgedessen keinerlei Zurückhaltung auferlegt und der so weit möglich gesprochener Gedanke wäre. Ich hatte den Eindruck, und habe ihn noch […], daß das Tempo des Denkstroms nicht größer ist als das des Redestroms und daß das Denken nicht unbedingt die Zunge oder gar die Feder am Mitkommen hindert (MSd 24 f.).</span>
 
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Zuvor berichtet Breton noch von einem Satz, der zugleich mit einer vagen, visuellen Vorstellung verbunden war und der ihm einst kurz vor dem Einschlafen einfiel. An den Satz könne er sich immer noch nicht vollständig erinnern, ihn beschäftigte aber zugleich die Satzstruktur von „Il y a un homme coupé en deux par la fenêtre“ (MS 31; „Da ist ein Mann, der vom Fenster entzweigeschnitten wird“, MSd 23).
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Zuvor berichtet Breton noch von einem Satz, der mit einer vagen, visuellen Vorstellung verbunden war und ihm einst kurz vor dem Einschlafen einfiel. An den Satz könne er sich immer noch nicht vollständig erinnern, ihn beschäftigte aber zugleich die Satzstruktur von „Il y a un homme coupé en deux par la fenêtre“ (MS 31; „Da ist ein Mann, der vom Fenster entzweigeschnitten wird“, MSd 23).
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Im Manifest tauchen zudem Bezüge zum Traumdiskurs in Frankreich des 19. Jahrhunderts auf (z.B. beim bereits geschilderten narrativen Fortgang von Träumen), sodass der Imaginationsbegriff von Breton eher mit Auffassungen des Unbewussten aus dieser Zeit korreliert (Goumegou 2007, 268 f.). Daneben haben ihn die Überlegungen der Symbolisten und Romantiker zum Traum inspiriert, woraus er im Manifest eine Traumauffassung formuliert (Jiménez 2013, 24–29). Diese Auffassung Bretons streift also bisweilen flüchtig sowie partiell diverse Traumdiskurse mit denen er überwiegend seine Ansicht zum Verhältnis zwischen Traum und Realität zu bekräftigen sucht; deshalb werden in der Forschungsliteratur seine Reflexionen nicht als Traumtheorie eingestuft (Goumegou 2007, 279).
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Im Manifest tauchen zudem Bezüge zum französischen Traumdiskurs des 19. Jahrhunderts auf (z.B. beim bereits geschilderten narrativen Fortgang von Träumen), sodass der Imaginationsbegriff von Breton eher mit Auffassungen des Unbewussten aus dieser Zeit korreliert (Goumegou 2007, 268 f.). Daneben haben ihn die Überlegungen der Symbolisten und Romantiker zum Traum inspiriert, woraus er im Manifest eine Traumauffassung formuliert (Jiménez 2013, 24–29). Diese streift also bisweilen flüchtig sowie partiell diverse Traumdiskurse, mit denen Breton überwiegend seine Ansicht zum Verhältnis zwischen Traum und Realität zu bekräftigen sucht; deshalb werden in der Forschungsliteratur seine Reflexionen nicht als Traumtheorie eingestuft (Goumegou 2007, 279).
    
==Rezeption und Bedeutung des Werks==
 
==Rezeption und Bedeutung des Werks==
Das ''Manifeste du surréalisme'' von 1924 lässt Rückschlüsse auf Bretons Positionierung innerhalb der Kulturgeschichte des Traumdiskurses zu und gibt darüber hinaus wesentliche Einblicke in die Geisteshaltung der Surrealisten in Paris. Daher wird in der Forschung die Schrift bis heute ergänzend herangezogen, um z.B. die Überlegungen hinter ausgewählten ästhetischen Ausdrucksformen einiger Mitglieder der Gruppe zu vermitteln. Exemplarisch sei an dieser Stelle auf die Technik der ''Frottage''<ref>Bei der ''Frottage'' wird zunächst ein Papier über einen Gegenstand der Wahl gelegt. Dann wird z.B. ein Bleistift genutzt, um damit über die Fläche zu reiben, wodurch sich die Materialstruktur auf dem Papier abzeichnet. Die Technik ist hierbei sowohl künstlerisches Inspirationsmittel als auch ein Verfahren, den Betrachtenden Raum für Assoziationen zu lassen (Schneede 2006, 99–101). </ref> verwiesen, die Max Ernst selbst in Relation zur ''écriture automatique'' setze. Dennoch muss ebenso die ''Frottage'' in ihrem kunsthistorischen Zusammenhang zu den Collagen-Arbeiten des Künstlers gesehen werden (Hadda 2019, 110–127).
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Das ''Manifeste du surréalisme'' von 1924 lässt Rückschlüsse auf Bretons Positionierung innerhalb der Kulturgeschichte des Traumdiskurses zu und gibt darüber hinaus wesentliche Einblicke in die Geisteshaltung der Surrealisten in Paris. Daher wird in der Forschung die Schrift bis heute ergänzend herangezogen, um z.B. die Überlegungen hinter ausgewählten ästhetischen Ausdrucksformen einiger Mitglieder der Gruppe zu vermitteln. Exemplarisch sei an dieser Stelle auf die Technik der ''Frottage''<ref>Bei der ''Frottage'' wird zunächst ein Papier über einen Gegenstand der Wahl gelegt. Dann wird z.B. ein Bleistift genutzt, um damit über die Fläche zu reiben, wodurch sich die Materialstruktur auf dem Papier abzeichnet. Die Technik ist hierbei sowohl künstlerisches Inspirationsmittel als auch ein Verfahren, den Betrachtenden Raum für Assoziationen zu lassen (Schneede 2006, 99–101). </ref> verwiesen, die Max Ernst selbst in Relation zur ''écriture automatique'' setzte. Daneben muss die ''Frottage'' natürlich ebenso in ihrem kunsthistorischen Zusammenhang zu den Collagen-Arbeiten des Künstlers betrachtet werden (Hadda 2019, 110–127).
       
<div style="text-align: right;">[[Autoren|Jacqueline Rhein]]</div>
 
<div style="text-align: right;">[[Autoren|Jacqueline Rhein]]</div>
      
==Literatur==
 
==Literatur==

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