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== Die Träume ==  
 
== Die Träume ==  
Der Roman kreist durchweg um die Beschreibung der träumerischen Wahrnehmung der Hauptfigur. Seine Tagträume sind häufig narzisstisch und lustvoll gefärbt, mitunter weisen sie auch eskapistische und angsttraumhafte Züge auf. Nächtliches Träumen wird mehrfach erwähnt, etwa wenn davon die Rede ist, dass er aus seinen Träumen aufschreckt und in „nächtlichen Visionen“ von Mao oder einem ihn erpressenden Klassenkameraden heimgesucht wird. Explizit beschrieben wird lediglich an zwei Stellen ein Traumgeschehen. Als Thomas von einem Mitschüler erpresst wird und dieser ihm androht, ihn in seinem geliebten Elternhaus aufzusuchen, erleidet er Angstzustände und wird im Schlaf, aber auch im Halbschlaf von Fieberträumen heimgesucht, die wie folgt beschrieben werden:
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Der Roman kreist durchweg um die Beschreibung der träumerischen Wahrnehmung der Hauptfigur. Deren Tagträume sind häufig narzisstisch und lustvoll gefärbt, mitunter weisen sie auch eskapistische und angsttraumhafte Züge auf. Nächtliches Träumen wird mehrfach erwähnt, etwa wenn davon die Rede ist, dass Thomas aus seinen Träumen aufschreckt und in „nächtlichen Visionen“ von Mao oder einem ihn erpressenden Klassenkameraden heimgesucht wird. Explizit beschrieben wird ein Traumgeschehen lediglich an zwei Stellen. Als Thomas von einem Mitschüler erpresst wird und dieser ihm androht, ihn in seinem geliebten Elternhaus aufzusuchen, erleidet er Angstzustände und wird im Schlaf, aber auch im Halbschlaf von Fieberträumen heimgesucht, die wie folgt beschrieben werden:
    
=== Beschreibung ===
 
=== Beschreibung ===
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Da er diese nächtliche Vision als prophetischen Traum versteht, steigt er auf einen nahegelegenen Turm, um das geliebte Haus aus großer Höhe zu bewundern, doch statt Entzücken bietet ihm dieses Erlebnis lediglich maßlose Enttäuschung, da er erkennt, dass es sich keineswegs von den umstehenden Häusern und Grundstücken abhebt.
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Da Thomas diese nächtliche Vision als prophetischen Traum versteht, steigt er auf einen nahegelegenen Turm, um das geliebte Haus aus großer Höhe zu bewundern, doch statt Entzücken bietet ihm dieses Erlebnis lediglich maßlose Enttäuschung, da er erkennt, dass es sich keineswegs von den umstehenden Häusern und Grundstücken abhebt.
    
=== Formale Besonderheiten und Traumhaftigkeit ===
 
=== Formale Besonderheiten und Traumhaftigkeit ===
Die Einleitung des ersten Traumes schürt eine gewisse Ungewissheit darüber, ob wir es mit nur einem Traum, oder mit einer Collage aus mehreren Fiebertraumfragmenten zu tun haben. Während der Autor in seinen publizierten Traumnotaten ausschließlich das Traumgeschehen schildert, wird in diesem Erzähltext viel eher eine traumgleiche (wache) Wahrnehmung fokussiert. Die zitierten Passagen bilden die einzigen Ausnahmen, wobei es bemerkenswert erscheint, dass in beiden Fällen nicht primär von Träumen, sondern von „Visionen“ die Rede ist. Diese explizite Differenzierung von Vision und Traum mag damit einhergehen, dass eine Vision aufgrund ihrer mythischen Dimension und dem prophetischen Charakter, der in beiden Szenen deutlich wird, einen höheren Stellenwert in der Wahrnehmung der Hauptfigur einnimmt als ein Traum. Traumhaft muten Thomas' Wahrnehmung und seine Stimmungen ohnehin durchweg an. Etwa wenn es heißt: „So lebte er träumerisch dahin und wuchs aus einer Jahreszeit in die andere“ (M 22), oder: „So lebte er in Träumerei und Sehnsucht, immer allein und niemals einsam“ (M 31).  
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Die Einleitung des ersten Traumes schürt eine gewisse Ungewissheit darüber, ob wir es mit nur einem einzelnen Traum, oder mit einer Collage aus mehreren Fiebertraumfragmenten zu tun haben. Während der Autor in seinen publizierten Traumnotaten ausschließlich das Traumgeschehen schildert, wird in diesem Erzähltext viel eher eine traumgleiche (wache) Wahrnehmung fokussiert. Die zitierten Passagen bilden die einzigen Ausnahmen, wobei es bemerkenswert erscheint, dass in beiden Fällen nicht primär von Träumen, sondern von „Visionen“ die Rede ist. Diese explizite Differenzierung von Vision und Traum mag damit einhergehen, dass eine Vision aufgrund ihrer mythischen Dimension und dem prophetischen Charakter, der in beiden Szenen deutlich wird, einen höheren Stellenwert in der Wahrnehmung der Hauptfigur einnimmt als ein Traum. Traumhaft muten Thomas' Wahrnehmung und seine Stimmungen ohnehin durchweg an. Etwa wenn es heißt: „So lebte er träumerisch dahin und wuchs aus einer Jahreszeit in die andere“ (M 22), oder: „So lebte er in Träumerei und Sehnsucht, immer allein und niemals einsam“ (M 31).  
    
Auch von bösen Träumen, die seine Wahrnehmung und wechselnden Stimmungen zur Darstellung bringen, ist mehrfach die Rede: „Nun sah er sie in Wirklichkeit, seine Kameraden, die Schüler der Volksschule mit ihren blassen Gesichtern und dem von Pomade glänzenden Haar, und er stand da in einem bösen Traum (M 26). oder: „Thomas ging wie in einem bösen Traum umher“ (M 36). Träumerische und wache Wahrnehmungen überlagern sich immer wieder, woraus die bereits erwähnten Identitätsunsicherheiten resultieren. Eine gegenläufige Bewegung ist es auch, die in den beiden erwähnten „nächtlichen Visionen“ deutlich wird. Zunächst Tagesreste, wie etwa Erinnerungen an Stürme, deren Auswirkung im ersten Traum auf die zunächst irrational anmutende Angst vor einer Gefährdung und möglichen Zerstörung des geliebten Elternhausees bezogen werden. Andererseits erweisen sich ausgewählte Aspekte dieser nächtlichen Visionen als einflussreich auf Thomas' wache oder halbwache Wahrnehmung, was in folgender Passage deutlich wird: „Bruchstücke aus seinen lichten Traumvisionen blieben in seiner Seele und verbanden sich mit anderen, flossen zusammen zu einem nebeligen, ahnungsvollen Grunde, und aus diesen Tiefen winkte ein Gesicht herauf, quälend, rätselvoll, beglückend; er wähnte, es sei Alexander“ (M 44). In der Engführung diametraler Empfindungen (wie „quälend“ und „beglückend“) kommt die Ambivalenz zum Ausdruck, die sich auch in der diffusen Melange aus Tag- und Nachtträumen bzw. Visionen zeigt.
 
Auch von bösen Träumen, die seine Wahrnehmung und wechselnden Stimmungen zur Darstellung bringen, ist mehrfach die Rede: „Nun sah er sie in Wirklichkeit, seine Kameraden, die Schüler der Volksschule mit ihren blassen Gesichtern und dem von Pomade glänzenden Haar, und er stand da in einem bösen Traum (M 26). oder: „Thomas ging wie in einem bösen Traum umher“ (M 36). Träumerische und wache Wahrnehmungen überlagern sich immer wieder, woraus die bereits erwähnten Identitätsunsicherheiten resultieren. Eine gegenläufige Bewegung ist es auch, die in den beiden erwähnten „nächtlichen Visionen“ deutlich wird. Zunächst Tagesreste, wie etwa Erinnerungen an Stürme, deren Auswirkung im ersten Traum auf die zunächst irrational anmutende Angst vor einer Gefährdung und möglichen Zerstörung des geliebten Elternhausees bezogen werden. Andererseits erweisen sich ausgewählte Aspekte dieser nächtlichen Visionen als einflussreich auf Thomas' wache oder halbwache Wahrnehmung, was in folgender Passage deutlich wird: „Bruchstücke aus seinen lichten Traumvisionen blieben in seiner Seele und verbanden sich mit anderen, flossen zusammen zu einem nebeligen, ahnungsvollen Grunde, und aus diesen Tiefen winkte ein Gesicht herauf, quälend, rätselvoll, beglückend; er wähnte, es sei Alexander“ (M 44). In der Engführung diametraler Empfindungen (wie „quälend“ und „beglückend“) kommt die Ambivalenz zum Ausdruck, die sich auch in der diffusen Melange aus Tag- und Nachtträumen bzw. Visionen zeigt.
    
=== Interpretation ===  
 
=== Interpretation ===  
Die miteinander verbundenen und sich mitunter überlagernden halbwachen und nächtlichen Visionen des Protagonisten bringen die Ambivalenz der Zustände von Wachen und Träumen zum Ausdruck, sodass die Lesenden durch diesen Fokus zur Diskursivierung der Realität angeregt werden. Obwohl sich der Roman hinsichtlich der Symbolik und ausgewählter Motive an der Literatur der Romantik orientiert, nimmt er surrealistische Darstellungskonventionen vorweg und erweist sich zudem als eingebunden in zeitgenössische wissenschaftliche Diskurse, beispielsweise aus dem Bereich der Psychoanalyse. So wird der Fiebertraum als Folge der mit einer Erpressung durch den Klassenkammeraden empfundenen psychischen Belastung markiert. Diese erste explizite Schilderung eines nächtlichen Träumens markiert einen Wendepunkt in der Erzählung: einerseits, weil Thomas einen anderen Klassenkameraden, Alexander, hier als Schutzpatron des Hauses imaginiert, und andererseits, da die befürchtete Bedrohung seiner selbst mit der Zerstörung des geliebten Elternhauses enggeführt wird, was das tragische Ende vorweggenimmt. Als überaus bedeutsam erweist sich dieser Traum auch, da er in die plötzliche Wahrnehmung des zuvor kaum beachteten Bildes (Mao) mündet.
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Die miteinander verbundenen und sich mitunter überlagernden halbwachen und nächtlichen Visionen des Protagonisten bringen die Ambivalenz der Zustände von Wachen und Träumen zum Ausdruck, sodass die Lesenden durch diesen Fokus zur Diskursivierung der Realität angeregt werden. Obwohl sich der Roman hinsichtlich der Symbolik und ausgewählter Motive an der Literatur der Romantik orientiert, nimmt er surrealistische Darstellungskonventionen vorweg und erweist sich zudem als eingebunden in zeitgenössische wissenschaftliche Diskurse, beispielsweise aus dem Bereich der Psychoanalyse. So wird der Fiebertraum als Folge der mit einer Erpressung durch den Klassenkameraden empfundenen psychischen Belastung markiert. Diese erste explizite Schilderung eines nächtlichen Träumens markiert einen Wendepunkt in der Erzählung: einerseits, weil Thomas einen anderen Klassenkameraden, Alexander, hier als Schutzpatron des Hauses imaginiert, und andererseits, da die befürchtete Bedrohung seiner selbst mit der Zerstörung des geliebten Elternhauses enggeführt wird, was das tragische Ende vorweggenimmt. Als überaus bedeutsam erweist sich dieser Traum auch, da er in die plötzliche Wahrnehmung des zuvor kaum beachteten Bildes (Mao) mündet.
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Dieser Fiebertraum übt eine nachhaltige Wirkung auf die Figur aus, da Thomas die Erinnerung an dieses nächtliche Ereignis etwa dafür verwendet, um sich von den Idealvorstellungen zu lösen, die er in der Folge dieses Traumes mit Alexander verbindet. Nachdem dieser kein besonderes Interesse an seinem Haus bekundet, versucht er ihn zu vergessen und nur noch die Idealvorstellung dieses Jungen gewissermaßen als angenehme Vision beizubehalten, denn: „So wollte er ihn sehen, und so sah er ihn, wie er ihm einst im Traum erschienen war, in jenem rätselhaften Traum am Morgen seiner Genesung, als er mit schon wachen Augen ihn noch immer sah, wie er ferner und ferner schwand, durch jenes Bild hindurch, das hoch über seinem Bette hing“ (M 67). Folgerichtig wird die Essenz der auf Alexander projizierten Idealvorstellungen mit dem Bild verbunden, das fortan zum Inbegriff seines narzisstischen Liebessehens und eines mystischen Opferkultes wird. „Das Haus, das Bild, er selbst – alles verklang zu einem Einzigen. Eine große, wundervolle Stille breitete sich über ihn; wie ein unbeweglicher stiller, nächtlicher See, in dem der Himmel mit dem Mond sich spiegelt, ruhte seine Seele“ (M 69). In Folge dieser glückseligen Einheit erfährt er eine Veränderung: „Thomas war wie umgewandelt; alles Suchen und Tasten hatte nun ein Ende; alle Unsicherheit war geschwunden, alles Nebelige, Zwielichthafte zerstört, er lebte wieder voll in der Wirklichkeit – freilich in einer ganz anderen Wirklichkeit, als die der anderen war“ (M 70). Da er seine Sehnsucht nach einem Ideal an einen leblosen Gegenstand bindet, gibt er sich voller Inbrunst tagträumerischen Visionen hin, in denen sowohl das Haus als auch das Bild beseelt und mit seinem Empfinden untrennbar verbunden sind:
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Dieser Fiebertraum übt eine nachhaltige Wirkung auf die Figur aus, da Thomas die Erinnerung an dieses nächtliche Ereignis etwa dafür verwendet, um sich von den Idealvorstellungen zu lösen, die er in der Folge dieses Traumes mit Alexander verbindet. Nachdem dieser kein besonderes Interesse an seinem Haus bekundet hat, versucht er ihn zu vergessen und nur noch die Idealvorstellung dieses Jungen gewissermaßen als angenehme Vision beizubehalten, denn: „So wollte er ihn sehen, und so sah er ihn, wie er ihm einst im Traum erschienen war, in jenem rätselhaften Traum am Morgen seiner Genesung, als er mit schon wachen Augen ihn noch immer sah, wie er ferner und ferner schwand, durch jenes Bild hindurch, das hoch über seinem Bette hing“ (M 67). Folgerichtig wird die Essenz der auf Alexander projizierten Idealvorstellungen mit dem Bild verbunden, das fortan zum Inbegriff Von Thomas' narzisstischen Liebessehnens und eines mystischen Opferkultes wird. „Das Haus, das Bild, er selbst – alles verklang zu einem Einzigen. Eine große, wundervolle Stille breitete sich über ihn; wie ein unbeweglicher stiller, nächtlicher See, in dem der Himmel mit dem Mond sich spiegelt, ruhte seine Seele“ (M 69). In Folge dieser glückseligen Einheit erfährt er eine Veränderung: „Thomas war wie umgewandelt; alles Suchen und Tasten hatte nun ein Ende; alle Unsicherheit war geschwunden, alles Nebelige, Zwielichthafte zerstört, er lebte wieder voll in der Wirklichkeit – freilich in einer ganz anderen Wirklichkeit, als die der anderen war“ (M 70). Da er seine Sehnsucht nach einem Ideal an einen leblosen Gegenstand bindet, gibt er sich voller Inbrunst tagträumerischen Visionen hin, in denen sowohl das Haus als auch das Bild beseelt und mit seinem Empfinden untrennbar verbunden sind:
 
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Der Traum bzw. eine höchst individuelle, traumhafte Wahrnehmung sind in dieser Erzählung auf mehreren Ebenen dominant. Was die Struktur betrifft, kommen der Traum und das Träumen in einem traumförmig strukturierten Handlungsablauf (Steinlein 2008, 2) zur Darstellung, der surrealistische Erzählweisen vorwegnimmt. Inspiriert sind diese Darstellungen eines diffusen Zwischenraumes von Wach- und Traumbewusstsein augenscheinlich aus den Kindheitserlebnissen des Autors, aber auch aus seinen Traumnotaten (Schäfer 2021). Mit Blick auf den Effekt dieser Darstellung wird eine Nähe zur schwarzen Romantik deutlich, da der Traum auch hier „als Medium der Entdifferenzierung und Aufhebung der Identität, als Schauplatz von Verdopplung, Ich-Diffusion und Selbstentfremdung, von Rollenwechsel und Transgression, von Besessenheit und Triebdetermination“ (Alt 2005, 20) erscheint. Hinzu kommt der Aspekt, dass traumhafte und kindliche Wahrnehmung enggeführt werden, wobei eine qualitative Differenzierung von weiblichen und männlichen Figuren sichtbar wird. So bedauert es die Mutter des Protagonisten, dass ihre Tochter so hartherzig und pragmatisch ist, während ihr Sohn sich als überaus sensibel und träumerisch erweist; Attribute, die man einem Mädchen verzeihen könnte, die sich für einen Jungen jedoch nicht zu eignen scheinen. Der Umzug und der damit verbundene endgültige Verlust des geliebten Bildes markieren das Ende der kindlichen Träumerei (Li 1989, 77). Die finale Szene, die einer wahnhaften (Traum-)Vision gleicht, kann daher auch als bewusste Abwehr der Anforderungen an die Integration eines männlichen Individuums in die geschilderte Erwachsenengesellschaft gelesen werden. Die Figur ist nicht im Stande oder nicht gewillt, ihre individuelle traumhafte Wahrnehmung sowie die als höchst angenehm empfundene Symbiose mit dem Elternhaus und dem geliebten Bild aufzugeben.
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Der Traum bzw. eine höchst individuelle, traumhafte Wahrnehmung sind in dieser Erzählung auf mehreren Ebenen dominant. Was die Struktur betrifft, kommen der Traum und das Träumen in einem traumförmig strukturierten Handlungsablauf (Steinlein 2008, 2) zur Darstellung, der surrealistische Erzählweisen vorwegnimmt. Inspiriert sind diese Darstellungen eines diffusen Zwischenraumes von Wach- und Traumbewusstsein augenscheinlich aus den Kindheitserlebnissen des Autors, aber auch aus seinen Traumnotaten (Schäfer 2021). Mit Blick auf den Effekt dieser Darstellung wird eine Nähe zur schwarzen Romantik deutlich, da der Traum auch hier „als Medium der Entdifferenzierung und Aufhebung der Identität, als Schauplatz von Verdopplung, Ich-Diffusion und Selbstentfremdung, von Rollenwechsel und Transgression, von Besessenheit und Triebdetermination“ (Alt 2005, 20) erscheint. Hinzu kommt der Aspekt, dass traumhafte und kindliche Wahrnehmung enggeführt werden, wobei eine qualitative Differenzierung von weiblichen und männlichen Figuren sichtbar wird. So bedauert es die Mutter des Protagonisten, dass ihre Tochter so hartherzig und pragmatisch sei, während ihr Sohn sich als überaus sensibel und träumerisch erweist - Attribute, die man einem Mädchen verzeihen könnte, die sich für einen Jungen jedoch nicht zu eignen scheinen. Der Umzug und der damit verbundene endgültige Verlust des geliebten Bildes markieren das Ende der kindlichen Träumerei (Li 1989, 77). Die finale Szene, die einer wahnhaften (Traum-)Vision gleicht, kann daher auch als bewusste Abwehr der Anforderungen an die Integration eines männlichen Individuums in die geschilderte Erwachsenengesellschaft gelesen werden. Die Figur ist nicht im Stande oder nicht gewillt, ihre individuelle traumhafte Wahrnehmung sowie die als höchst angenehm empfundene Symbiose mit dem Elternhaus und dem geliebten Bild aufzugeben.
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