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: <span style="color: #7b879e;">Gerhards Lachen ist so laut, dass es in den Ohren wehtut. ‚Ich muss sie nicht gehen lassen. Sie ist zu mir gekommen. Sie bleibt, so lange ''sie'' will.‘</span>
 
: <span style="color: #7b879e;">Gerhards Lachen ist so laut, dass es in den Ohren wehtut. ‚Ich muss sie nicht gehen lassen. Sie ist zu mir gekommen. Sie bleibt, so lange ''sie'' will.‘</span>
 
: <span style="color: #7b879e;">Ich will fragen, wo die beiden sind, doch mit einem Knallen haben sie aufgelegt. Ich versuche zurückzurufen, doch das Gerät ist zu alt, um sich den Anrufer zu merken. Ich werfe trotzdem Geld rein. Das beschissene Teil schluckt meine letzte Münze.</span>
 
: <span style="color: #7b879e;">Ich will fragen, wo die beiden sind, doch mit einem Knallen haben sie aufgelegt. Ich versuche zurückzurufen, doch das Gerät ist zu alt, um sich den Anrufer zu merken. Ich werfe trotzdem Geld rein. Das beschissene Teil schluckt meine letzte Münze.</span>
: <span style="color: #7b879e;">‚Scheiße‘, brülle ich und werfe den Hörer auf die Gabel. In der engen Zelle bekomme ich kaum Luft. Ich versuche, die Tür aufzustoßen, doch sie ist versperrt. Irgendwer muss sie von der Gegenseite zudrücken. Als ich durch das Glas schiele, stelle ich fest, dass dort niemand ist.(MdT 203)</span>
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: <span style="color: #7b879e;">‚Scheiße‘, brülle ich und werfe den Hörer auf die Gabel. In der engen Zelle bekomme ich kaum Luft. Ich versuche, die Tür aufzustoßen, doch sie ist versperrt. Irgendwer muss sie von der Gegenseite zudrücken. Als ich durch das Glas schiele, stelle ich fest, dass dort niemand ist. (MdT 203)</span>
 
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Die unsichtbare Kraft am Ende des Traums knüpft an Nasrins fehlendes Spiegelbild aus dem ersten Traum an. Dieser dritte Traum spielt mit der Erwartungshaltung des*der Leser*in. Da die Erzählerin sich bei dem Streit, der dem Traum vorangegangen war, in der Wohnung befand und der Traum zunächst nicht als solcher zu erkennen ist und nahtlos an dieses Geschehen anzuknüpfen scheint, deutet zu Beginn nichts darauf, dass Nasrin als Träumerin in einer Telefonzelle steht. Tatsächlich spricht der Umstand, dass die Nummer als „unbekannt“ angezeigt wird, anfangs eher für ein Mobiltelefon oder ein neueres Festnetztelefon. Dieses Bild verschiebt sich das erste Mal, als Nasrin mit dem Kabel des Telefons hantiert – „Olles, altes Teil.“ Eine erste Irritation: Vielleicht ist das Festnetztelefon der Schwester also ein älteres Modell? Dieses Bild wiederum löst sich auf, als die Träumerin versucht, Münzen in das Gerät einzuwerfen, wodurch endgültig das Telefonzellen-Setting wiederkehrt. Dieses Anpassen des Traumbildes würde einem zeitlichen Verlauf entsprechen – von neuer zu alter Technik, von Gegenwart zu Vergangenheit. Dazu kommt noch, dass die Beschreibungen des Telefons, die zu den Veränderungen der Szene führen, jeweils von starken Emotionen des träumenden Ichs begleitet werden (Nervosität, Panik). Die schrittweise Veränderung der Traumszene würde so analog zu einem langsamen Herantasten an die traumatische Vergangenheit verlaufen.
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Der Traum nimmt einerseits einen Gedanken auf, den Nasrin am Tag zuvor hatte – nämlich die Angst, Parvin könne Walters begegnet sein oder ihr könne etwas ähnliches passieren wie in ihrer eigenen Kindheit. Andererseits scheint es im Traum auch Verschiebungen zu geben. Dazu gehört beispielsweise Parvins irritierender Befehl, sie nicht mehr bei ihrem eigenen Namen zu nennen, der vielleicht auf Nasrins Wunsch verweist, einen anderen Namen, den von Gerhard Walters, nie wieder hören zu müssen, schon gar nicht aus dem Mund ihrer Nichte. Gerhards Aussage, dass er Parvin nicht gehen lassen müsse, da sie sozusagen freiwillig zu ihm gekommen ist, verweist auf Nasrins eigene Erfahrung, die hier von dem Täter im Sinne eines ''victim blaming'' umgedeutet wird.
    
<div style="text-align: right;">[[Autoren|Jasna Pape]]</div>
 
<div style="text-align: right;">[[Autoren|Jasna Pape]]</div>
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