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==Zu Meret Oppenheim==
 
==Zu Meret Oppenheim==
Meret Oppenheim war eine am 6. Oktober 1913 in Deutschland (Berlin-Charlottenburg) geborene, schweizerische Künstlerin und Lyrikerin (gestorben am 15. November 1985 in Basel). Bekannt und berühmt wurde sie insbesondere als Künstlerin, die ab ca. 1932 den Künstlerkreis der Pariser Surrealisten um André Breton (1896-1966), Marcel Duchamp (1887-1968), Max Ernst (1891-1976), Man Ray (1890-1976), Alberto Giacometti (1901-1966), Joan Mirò (1893-1983) etc. frequentierte, in den sie durch den Schweizer Künstler Hans Arp (1886-1966) eingeführt wurde (Meyer-Thoss 2013b, 72). Während Meret Oppenheim durch die Pariser Bekanntschaften und Freundschaften zwar künstlerisch und persönlich geprägt wurde und sie für ihr frühes Œuvre zahlreiche wichtige Impulse bekam, fühlte sie sich der Gruppe der Surrealisten nie vollständig zugehörig. Trotz ihrer frühen, „vom Surrealismus vereinnahmten“ und hinsichtlich der Publikumsrezeption erfolgreichen Werke, wie z. B. der sogenannte „Pelztasse“ von 1936 – André Breton erfand für das Werk den Namen „Dejeuner en fourrure“ („Frühstück im Pelz“) – setzte sie Zeit ihres Lebens beharrlich ihre Eigenständigkeit als Künstlerin ohne starke Bindung zu den Pariser Surrealisten durch (Helfenstein 1993, 68-78). Neben den zahlreichen Malereien und Zeichnungen schuf Meret Oppenheim in ihrem auch von einigen längeren Schaffenskrisen geprägten Leben (Curiger 1989, 42 ff.; T 28-30), das sie überwiegend an verschiedenen Orten in der Schweiz verbringt (Rückkehr von Paris nach Basel im Jahr 1937, später Bern und Carona im Tessin etc.), ein umfangreiches Œuvre. Dieses umfasst u.a. auch Skulpturen, Brunnen (z.B. am Waisenhausplatz in Bern), Kunstobjekte in verschiedensten Materialien (Baur 2021, 150-167), Fotografien, aber auch Designobjekte wie Möbel, Schmuck und Kleidung (Baur 2021, 130-147) sowie Performancekunst und Gedichte (Baur 2021, 90-107). Ihre Werke sind nicht selten von ihren eigenen Träumen sowie von den allgemeinen Eigenschaften des Traums inspiriert und besonders vom „Sehnsuchtspotential des Fragmentarischen“ sowie vom „Atem des größeren, zeitenthobenen Zusammenhangs“ geprägt (Meyer-Thoss, T 87).
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Meret Oppenheim ist eine am 6. Oktober 1913 in Deutschland (Berlin-Charlottenburg) geborene, schweizerische bildende Künstlerin und Lyrikerin (gestorben am 15. November 1985 in Basel). Bekannt und berühmt wurde sie insbesondere als Künstlerin, die ab ca. 1932 den Kreis der Pariser Surrealisten um André Breton (1896-1966), Marcel Duchamp (1887-1968), Max Ernst (1891-1976), Man Ray (1890-1976), Alberto Giacometti (1901-1966), Joan Mirò (1893-1983) etc. frequentierte, in den sie durch den Schweizer Künstler Hans Arp (1886-1966) eingeführt worden war (Meyer-Thoss 2013b, 72). Obwohl Oppenheim durch die Pariser Bekanntschaften und Freundschaften zwar künstlerisch und persönlich geprägt wurde und für ihr frühes Œuvre zahlreiche wichtige Impulse bekam, fühlte sie sich der Gruppe der Surrealisten nie vollständig zugehörig. Trotz ihrer frühen, „vom Surrealismus vereinnahmten“ und hinsichtlich der Publikumsrezeption erfolgreichen Werke, wie z.B. der sogenannte „Pelztasse“ von 1936 – André Breton erfand für das Werk den Namen „Dejeuner en fourrure“ („Frühstück im Pelz“) –, setzte sie Zeit ihres Lebens beharrlich ihre Eigenständigkeit als Künstlerin ohne starke Bindung zu den Pariser Surrealisten durch (Helfenstein 1993, 68-78). Neben den zahlreichen Malereien und Zeichnungen schuf Oppenheim in ihrem auch von einigen längeren Schaffenskrisen geprägten Leben (Curiger 1989, 42 ff.; T 28-30), das sie überwiegend an verschiedenen Orten in der Schweiz verbringt (Rückkehr von Paris nach Basel im Jahr 1937; später Bern und Carona im Tessin etc.), ein umfangreiches Œuvre. Dieses umfasst u.a. Skulpturen, Brunnen (z.B. am Waisenhausplatz in Bern), Kunstobjekte in verschiedensten Materialien (Baur 2021, 150-167), Fotografien, aber auch Designobjekte wie Möbel, Schmuck und Kleidung (Baur 2021, 130-147) sowie Performancekunst und Gedichte (Baur 2021, 90-107). Ihre Werke sind nicht selten von ihren eigenen Träumen sowie von den allgemeinen Eigenschaften des Traums inspiriert und besonders vom „Sehnsuchtspotential des Fragmentarischen“ sowie vom „Atem des größeren, zeitenthobenen Zusammenhangs“ geprägt (Meyer-Thoss, T 87).
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==Zur Sammlung der Traumaufzeichnungen von Meret Oppenheim==
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==Zur Sammlung der Traumaufzeichnungen==
Meret Oppenheim sammelte seit dem Jahr 1928 ihre Traumaufzeichnungen und übergab ihre „Sammelmappe“ mit den chronologisch sortierten Aufzeichnungen im Jahr 1984 der Herausgeberin des Bandes, Christiane Meyer-Thoss. Zeitlich nach der Übergabe notierte und später noch zur Publikation ausgewählte Träume schickte sie nachträglich per Post an Meyer-Thoss (T 86). In der editorischen Notiz (vgl. hierzu und im folgenden Meyer-Thoss, T 117) merkt die Herausgeberin an, dass Meret Oppenheim, wie anhand des „einheitlichen Schriftbildes“ zu folgern sei, „wahrscheinlich bis Ende der fünfziger Jahre, wichtige Träume innerhalb eines kurzen Zeitraumes nacheinander abgeschrieben hat, also übernommen aus älteren Notizheften“. In diesem Zusammenhang „fügte Meret Oppenheim auch zusätzliche Erklärungen und Kommentare ein“, die im gesamten Band ihre eigene Sicht und teilweise auch persönliche Deutungsversuche des Geträumten darlegen. Das gesamte Textmaterial wurde von Meret Oppenheim in den „siebziger Jahren“ sowie „ein letztes Mal dann im Dezember 1984 in Frankfurt“ – sehr wahrscheinlich bei einem Besuch bei Meyer-Thoss – „durchgesehen, kommentiert, ergänzt, verbessert“. Die im Rahmen der Korrekturen vorgenommenen Änderungen stehen in den Texten in eckigen Klammern. Die Sammlung ''Träume'' gibt abgesehen von wenigen Auslassungen, die z. B. „sehr persönliche Daten betreffen“, Oppenheims Aufzeichnungen „nahezu vollständig“ und „in der von ihr bestimmten chronologischen Reihenfolge“ wieder.
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Meret Oppenheim sammelte seit dem Jahr 1928 ihre Traumaufzeichnungen und übergab ihre „Sammelmappe“ mit den chronologisch sortierten Aufzeichnungen im Jahr 1984 der Herausgeberin des Bandes, Christiane Meyer-Thoss. Zeitlich nach der Übergabe notierte und später noch zur Publikation ausgewählte Träume schickte sie nachträglich per Post an Meyer-Thoss (T 86). In der editorischen Notiz (vgl. hierzu und im folgenden Meyer-Thoss, T 117) merkt die Herausgeberin an, dass Oppenheim, wie anhand des „einheitlichen Schriftbildes“ zu folgern sei, „wahrscheinlich bis Ende der fünfziger Jahre, wichtige Träume innerhalb eines kurzen Zeitraumes nacheinander abgeschrieben hat, also übernommen aus älteren Notizheften“. In diesem Zusammenhang „fügte Meret Oppenheim auch zusätzliche Erklärungen und Kommentare ein“, die im gesamten Band ihre eigene Sicht und teilweise auch persönliche Deutungsversuche des Geträumten darlegen. Das gesamte Textmaterial wurde von Oppenheim in den „siebziger Jahren“ sowie „ein letztes Mal dann im Dezember 1984 in Frankfurt“ – sehr wahrscheinlich bei einem Besuch bei Meyer-Thoss – „durchgesehen, kommentiert, ergänzt, verbessert“. Die im Rahmen der Korrekturen vorgenommenen Änderungen stehen in den Texten in eckigen Klammern. Die Sammlung ''Träume'' gibt abgesehen von wenigen Auslassungen, die z.B. „sehr persönliche Daten betreffen“, Oppenheims Aufzeichnungen „nahezu vollständig“ und „in der von ihr bestimmten chronologischen Reihenfolge“ wieder.
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==Meret Oppenheims Aufzeichnungen im Band „Träume“==
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==Übersicht zu den Traumaufzeichnungen==
Die folgende Übersicht präsentiert die Traumaufzeichnungen Meret Oppenheims im Band ''Träume''. In die Liste aufgenommen wurden ausschließlich ihre Traumaufzeichnungen, nicht aber die von Meret Oppenheim verfassten Darstellungen zu den herrschenden Lebensumständen, die sie zuweilen zwischen den Traumaufzeichnungen ergänzte, um den Kontext zu erläutern, in dem die Traumaufzeichnungen stehen. Zuweilen sind in ''Träume'' Abbildungen, d.h. Reproduktionen von Skizzen, die Meret Oppenheim begleitend zum Text angefertigt hat, enthalten, z.B. zum Traum mit dem Höllenhund („1928-30?“, Nr. 3 der folgenden Liste; T 10), zum Friedhofstraum mit Schlange und Apfel von 1929 (Nr. 6; T 13), zum Traum mit dem Rettungsinstrument für Ertrinkende vom 6. August 1933 (Nr. 10; T 16), zu den Träumen vom 10. und 11. August 1936 bzgl. der Einrichtung des eigenen Häuschens, bzgl. der „kleinen Maschine zum Sätzeschreiben für Schriftsteller“ und bzgl. des Bildes von Salvador Dalí, das sich wie ein Film bewegt (Nr. 21-23; T 23), sowie zu weiteren Themen (siehe dazu T 34, T 36, T 47, T 51, T 57, T 59, T 63, T 67 und T 69). Wie bereits erwähnt, werden die Traumaufzeichnungen Meret Oppenheims zuweilen von Erläuterungen zu Lebensumständen unterbrochen, z.B.: „Zwischen 1936 und 1953 habe ich, soviel ich aus meinen Notizen sehe, keinen einzigen Traum aufgeschrieben“ (T 28-30) oder „Im Nov. 1954 hatte ich ein „inneres Erlebnis“ (T 31-33). Die folgende Übersicht übernimmt die verwendete Orthografie und Interpunktion der Darstellung im herausgegebenen Band und nimmt keine Textkorrekturen vor. Ergänzungen werden lediglich an fünf Stellen eingefügt, z.B. um Abkürzungen zu erläutern; diese sind in geschweifte Klammern, weil Oppenheim in ihren Texten sowohl runde als auch eckige Klammern für spätere Ergänzungen bei der präfinalen und finalen Überarbeitung verwendet hat.
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Die folgende Übersicht präsentiert die Traumaufzeichnungen im Band ''Träume''. In die Liste aufgenommen wurden ausschließlich die Traumnotate, nicht aber die von Meret Oppenheim verfassten Darstellungen zu ihren Lebensumständen, die sie zuweilen zwischen den Traumaufzeichnungen ergänzte, um den Kontext zu erläutern. Zuweilen sind in ''Träume'' Abbildungen, d.h. Reproduktionen von Skizzen, die Meret Oppenheim begleitend zum Text angefertigt hat, enthalten, z.B. zum Traum mit dem Höllenhund („1928-30?“, Nr. 3 der folgenden Liste; T 10), zum Friedhofstraum mit Schlange und Apfel von 1929 (Nr. 6; T 13), zum Traum mit dem Rettungsinstrument für Ertrinkende vom 6. August 1933 (Nr. 10; T 16), zu den Träumen vom 10. und 11. August 1936 bzgl. der Einrichtung des eigenen Häuschens, bzgl. der „kleinen Maschine zum Sätzeschreiben für Schriftsteller“ und bzgl. des Bildes von Salvador Dalí, das sich wie ein Film bewegt (Nr. 21-23; T 23), sowie zu weiteren Themen (siehe dazu T 34, 36, 47, 51, 57, 59, 63, 67 und 69). Wie bereits erwähnt, werden die Traumaufzeichnungen Meret Oppenheims zuweilen von Erläuterungen zu Lebensumständen unterbrochen, z.B.: „Zwischen 1936 und 1953 habe ich, soviel ich aus meinen Notizen sehe, keinen einzigen Traum aufgeschrieben“ (T 28-30) oder „Im Nov. 1954 hatte ich ein „inneres Erlebnis“ (T 31-33). Die folgende Übersicht übernimmt die verwendete Orthografie und Interpunktion der Darstellung im herausgegebenen Band und nimmt keine Textkorrekturen vor. Ergänzungen werden lediglich an fünf Stellen eingefügt, z.B. um Abkürzungen zu erläutern; diese sind in geschweifte Klammern gesetzt, weil Oppenheim in ihren Texten sowohl runde als auch eckige Klammern für spätere Ergänzungen bei der präfinalen und finalen Überarbeitung verwendet hat.
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! Überschrift der Traumaufzeichnung
 
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==Themen, Motive und Interpretationen zu Meret Oppenheims Träumen==
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==Themen und Motive==
 
Das inhaltliche Spektrum der von Meret Oppenheim aufgezeichneten Träume ist breit. Allerdings weist die präsentierte Sammlung zahlreiche wiederkehrende Traummotive auf, die in manchmal kurzen Traumsituationen, zuweilen aber auch in längeren Traumerzählungen beschrieben werden, in denen sich innerhalb des Traumes der Ort, an dem der Traum stattfindet, deutlich verändern kann, aber auch beteiligte Personen oder Gegenstände vielfältige Verwandlungen oder Metamorphosen erleben können. Meret Oppenheim präsentiert hier unter anderem folgende Arten von Träumen (einige davon lassen sich mehreren Kategorien zuordnen):
 
Das inhaltliche Spektrum der von Meret Oppenheim aufgezeichneten Träume ist breit. Allerdings weist die präsentierte Sammlung zahlreiche wiederkehrende Traummotive auf, die in manchmal kurzen Traumsituationen, zuweilen aber auch in längeren Traumerzählungen beschrieben werden, in denen sich innerhalb des Traumes der Ort, an dem der Traum stattfindet, deutlich verändern kann, aber auch beteiligte Personen oder Gegenstände vielfältige Verwandlungen oder Metamorphosen erleben können. Meret Oppenheim präsentiert hier unter anderem folgende Arten von Träumen (einige davon lassen sich mehreren Kategorien zuordnen):
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* Fluchtträume und Kampf mit wilden Tieren, z.B. Nr. 2 (Flucht vor Schlangen), Nr. 3 (Kampf mit einem „Höllenhund“), Nr. 15 (Flucht vor einem Puma, dann Herausbrechen seiner Zähne),
 
* Fluchtträume und Kampf mit wilden Tieren, z.B. Nr. 2 (Flucht vor Schlangen), Nr. 3 (Kampf mit einem „Höllenhund“), Nr. 15 (Flucht vor einem Puma, dann Herausbrechen seiner Zähne),
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* Alb- oder Angstträume, z. B. Nr. 8 (eigenen Hinrichtung), Nr. 19 („Menschenschlachthaus“), Nr. 75 (Frau in einem Käfig zwischen Baumstämmen),
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* Alb- oder Angstträume, z.B. Nr. 8 (eigenen Hinrichtung), Nr. 19 („Menschenschlachthaus“), Nr. 75 (Frau in einem Käfig zwischen Baumstämmen),
    
* Träume von Treffen mit Toten, z.B. Nr. 28 (Großmutter), Nr. 58 (tote Schwester, die wieder lebendig wird),
 
* Träume von Treffen mit Toten, z.B. Nr. 28 (Großmutter), Nr. 58 (tote Schwester, die wieder lebendig wird),
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* Träume vom Einrichten der eigenen Wohnung, z.B. Nr. 17 (Dachterrasse mit Gras auf feuchtem Zeitungspapier), Nr. 21 („Korb mit Kapuzinern“),
 
* Träume vom Einrichten der eigenen Wohnung, z.B. Nr. 17 (Dachterrasse mit Gras auf feuchtem Zeitungspapier), Nr. 21 („Korb mit Kapuzinern“),
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* Träume vom Sumpf, z.B. Nr. 8 (sumpfiger Wald), Nr. 18 (kochender Sumpf im Zuber) oder
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* Träume vom Sumpf, z.B. Nr. 8 (sumpfiger Wald), Nr. 18 (kochender Sumpf im Zuber),
    
* Träume von einem Haus im Umbau, z.B. Nr. 82 (Zimmer im Umbau, Wind und Sturm), Nr. 85 (Dachstuhl, unausgebaute Räume, Maler vor Staffelei).
 
* Träume von einem Haus im Umbau, z.B. Nr. 82 (Zimmer im Umbau, Wind und Sturm), Nr. 85 (Dachstuhl, unausgebaute Räume, Maler vor Staffelei).
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==Interpretationen==
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Meret Oppenheim verstand ihre Träume als Äußerungen ihres eigenen Unbewussten, die auf ihre persönliche und künstlerische Entwicklung sowie auf die Entwicklung ihres künstlerischen Werkes Einfluss nehmen können, und maß ihnen deshalb eine erhebliche Bedeutung bei (Schulz 2006, 51). Sie notierte ihre eigenen Träume auch deshalb, weil sie aufgrund von „Diskussionen im Elternhaus über die Lehren Carl Gustav Jungs“ – Meret Oppenheims Vater, der Arzt Erich Alfons Oppenheim, stand mit C.G. Jung in Kontakt (Curiger 1989, 9; Meyer-Thoss, T 87 f.) – ein Interesse am Themengebiet der Psychologie und der Bedeutung des Traums als „Regulativ der Psyche“ entwickelt hatte (Schulz 2006, 53). In den aufgezeichneten Trauminhalten, aber auch in Oppenheims eigenen Deutungen sowie Trauminterpretationen finden sich immer wieder Hinweise auf C.G. Jungs Ideen zum „kollektiven Unbewussten“, zu den sogenannten „Archetypen“ – den von Jung beschriebenen „universellen“ Grundstrukturen in den Vorstellungen und Handlungen von Menschen –, zum Konzept von Anima und Animus – der „psychologischen Zweigeschlechtlichkeit“ – oder zur „universellen“ Bedeutung von Symbolen (Jung 2001). Auf diesen Ideen begründete Oppenheim auch ihr Selbstverständnis als Künstlerin, wenn sie nicht nur die von ihr erinnerten Trauminhalte als „weit über die eigene Person hinausgehend“ betrachtete, sondern auch davon ausging, dass die Beschäftigung mit Träumen eine gesellschaftliche Dimension bzw. Bedeutung habe. Außerdem stellte sie fest: „Es sind die Künstler, die träumen für die Gesellschaft“ (Schulz 2006, 54). Weiterhin hat Oppenheims Beschäftigung mit C.G. Jungs Symbolforschung auf die verwendete Ikonografie ihres künstlerischen Werkes Einfluss genommen; sie verwendet in ihren Werken bestimmte Motive und Gestalten, wie z.B. Schlangen, Spiralen, das Auge etc., welche auch häufig in ihren Traumaufzeichnungen vorkommen und Leitmotive der ewigen Wiederkehr und des niemals endenden Naturkreislaufs darstellen (Schulz 2006, 59).
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Meret Oppenheim verstand ihre Träume als Äußerungen ihres eigenen Unbewussten, die auf ihre persönliche und künstlerische Entwicklung sowie auf die Entwicklung ihres künstlerischen Werkes Einfluss nehmen können, und maß ihnen deshalb eine erhebliche Bedeutung bei (Schulz 2006, 51). Sie notierte ihre eigenen Träume auch deshalb, weil sie aufgrund von „Diskussionen im Elternhaus über die Lehren Carl Gustav Jungs“ – Meret Oppenheims Vater, der Arzt Erich Alfons Oppenheim, stand mit C. G. Jung in Kontakt (Curiger 1989, 9; Meyer-Thoss, T 87-88) – ein Interesse am Themengebiet der Psychologie und der Bedeutung des Traums als „Regulativ der Psyche“ entwickelt hatte (Schulz 2006, 53). In den aufgezeichneten Trauminhalten, aber auch in Meret Oppenheims eigenen Deutungen sowie Trauminterpretationen finden sich immer wieder Hinweise auf C. G. Jungs Ideen zum „kollektiven Unbewussten“, zu den sog. „Archetypen“ – den von Jung beschriebenen „universellen“ Grundstrukturen in den Vorstellungen und Handlungen von Menschen –, zum Konzept von Anima und Animus – der „psychologischen Zweigeschlechtlichkeit“ – oder zur „universellen“ Bedeutung von Symbolen (vgl. u. a. Jung 2001). Auf diesen Ideen begründete Meret Oppenheim auch ihr Selbstverständnis als Künstlerin, wenn sie nicht nur die von ihr erinnerten Trauminhalte als „weit über die eigene Person hinausgehend“ betrachtete, sondern auch davon ausging, dass die Beschäftigung mit Träumen eine gesellschaftliche Dimension bzw. Bedeutung habe. Außerdem stellte sie diesbezüglich fest: „Es sind die Künstler, die träumen für die Gesellschaft“ (Schulz 2006, 54). Weiterhin hat Meret Oppenheims Beschäftigung mit C. G. Jungs Symbolforschung auf die verwendete Ikonografie ihres künstlerischen Werkes Einfluss genommen und sie verwendet in ihren Werken bestimmte Motive und Gestalten, wie z. B. Schlangen, Spiralen, das Auge etc., welche auch häufig in ihren Traumaufzeichnungen vorkommen und Leitmotive der ewigen Wiederkehr und des niemals endenden Naturkreislaufs darstellen (Schulz 2006, 59).
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Eine der Traumaufzeichnungen, die von Meret Oppenheim als Anima-Animus-Traum im Sinne C. G. Jungs ausgelegt wurden, ist z.B. Nr. 73:
 
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Eine der Traumaufzeichnungen, die von Meret Oppenheim als Anima-Animus-Traum im Sinne C. G. Jungs ausgelegt wurden, ist z. B. die oben unter der Nr. 73 angeführte:
   
{| style="border: 0px; background-color: #ffffff; border-left: 2px solid #7b879e; margin-bottom: 0.4em; margin-left:0.1em; margin-right: auto; width: auto;" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"
 
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: <span style="color: #7b879e;">„Ich habe eine mich erfreuende „Rangerhöhung“ erfahren. Ich träumte, kurz danach: Ein Mann beklagte sich mir gegenüber, dass es für ihn unbequem sei, zur Türe aus- und einzugehn, weil gleichzeitig andere Leute an ihm vorbei wollten. Ich sagte etwas spöttisch zu ihm: „Sie finden wohl, man sollte eine zweite Türe für Sie aushauen“. Der Mann hatte tatsächlich eine erstaunlich grosse Brustweite = eine geschwellte Brust.</span>
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: <span style="color: #7b879e;">Ich habe eine mich erfreuende „Rangerhöhung“ erfahren. Ich träumte, kurz danach: Ein Mann beklagte sich mir gegenüber, dass es für ihn unbequem sei, zur Türe aus- und einzugehn, weil gleichzeitig andere Leute an ihm vorbei wollten. Ich sagte etwas spöttisch zu ihm: „Sie finden wohl, man sollte eine zweite Türe für Sie aushauen“. Der Mann hatte tatsächlich eine erstaunlich grosse Brustweite = eine geschwellte Brust.</span>
 
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Dazu führt Meret Oppenheim selbst folgendes aus (T 70) und erläutert ihr eigenes Verständnis von den männlichen und weiblichen Seelenanteilen, die in ihr (im „Ich selbst“) um ein „Gleichgewicht der Mächte“ streiten:
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Oppenheim erläutert dazu ihr eigenes Verständnis von den männlichen und weiblichen Seelenanteilen, die in ihr (im „Ich selbst“) um ein „Gleichgewicht der Mächte“ streiten:
 
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{| style="border: 0px; background-color: #ffffff; border-left: 2px solid #7b879e; margin-bottom: 0.4em; margin-left:0.1em; margin-right: auto; width: auto;" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"
 
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: <span style="color: #7b879e;">„Interessant, dass es mein männlicher Seelenteil (mein Animus) war, dem die Ehrung sozusagen „in die Brust gefahren“ war. „Ich selbst“ machte sich darüber lustig. Ein Beweis (mehr), wie unser Unbewusstsein für das innere Gleichgewicht sorgt.</span>
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: <span style="color: #7b879e;">Interessant, dass es mein männlicher Seelenteil (mein Animus) war, dem die Ehrung sozusagen „in die Brust gefahren“ war. „Ich selbst“ machte sich darüber lustig. Ein Beweis (mehr), wie unser Unbewusstsein für das innere Gleichgewicht sorgt (T 70).</span>
 
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Ein weiteres Beispiel für einen Traum, den Meret Oppenheim im Sinne eines Anima-Animus-Traums deutete, ist der Traum Nr. 13 (T 17-19), welchen sie bereits im Jahr 1935 in Barcelona träumte und notierte:
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Ein weiteres Beispiel für einen Traum, den Oppenheim im Sinne eines Anima-Animus-Traums deutete, ist der Traum Nr. 13 (T 17-19), welchen sie bereits im Jahr 1935 in Barcelona träumte und notierte:
 
{| style="border: 0px; background-color: #ffffff; border-left: 2px solid #7b879e; margin-bottom: 0.4em; margin-left:0.1em; margin-right: auto; width: auto;" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"
 
{| style="border: 0px; background-color: #ffffff; border-left: 2px solid #7b879e; margin-bottom: 0.4em; margin-left:0.1em; margin-right: auto; width: auto;" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"
 
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: <span style="color: #7b879e;">„Ich bin mit einem Mann im Bett, das am Ende eines grossen Saales steht. Den Wänden entlang geht ein griechisches Relief, ähnlich Parthenon. […] Der Mann, neben dem ich gehe, ist jetzt plötzlich mein Vater. Wir gehen nebeneinander auf einer Hochebene. Unten an den Hängen wachsen Tannen, von denen man aber nur die Spitzen sieht. Mein Vater zeigt auf eine Gruppe dieser Tannenwipfel (am Südhang), die sich stark bewegen und sagt: „Dort lernte ich Deine Mutter kennen.“ Ich sage: „Dort ist mein Mörder!“ Ich gehe den Hang hinunter, jetzt ist es, glaube ich der Nordhang, bis zum Fusse dieser Tannen. Dort sitzt, angelehnt an einen Stamm, ein älterer, sportlich gekleideter Herr, rostbraune Tweedjacke, graues kurzes Haar. Er richtet ein Messer auf mich. Ich berühre mit der Zeigefingerspitze der einen Hand die Spitze des Messers, mit dem andern Zeigefinger das Ende des Griffes, drehe das Messer herum und will gerade den Mann erstechen, als mein Vater neben mir steht und sagt: „Das tut man nicht“. Daraufhin gebe ich dem Mann einen Stoss, sodass er den Abhang hinunterrollt. Er rollt, indem er mit dem Zeigefinger die Stirne berührt und sieht aus, wie die Schlange (Uroborus), die sich in den Schwanz beisst.</span>
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: <span style="color: #7b879e;">Ich bin mit einem Mann im Bett, das am Ende eines grossen Saales steht. Den Wänden entlang geht ein griechisches Relief, ähnlich Parthenon. […] Der Mann, neben dem ich gehe, ist jetzt plötzlich mein Vater. Wir gehen nebeneinander auf einer Hochebene. Unten an den Hängen wachsen Tannen, von denen man aber nur die Spitzen sieht. Mein Vater zeigt auf eine Gruppe dieser Tannenwipfel (am Südhang), die sich stark bewegen und sagt: „Dort lernte ich Deine Mutter kennen.“ Ich sage: „Dort ist mein Mörder!“ Ich gehe den Hang hinunter, jetzt ist es, glaube ich der Nordhang, bis zum Fusse dieser Tannen. Dort sitzt, angelehnt an einen Stamm, ein älterer, sportlich gekleideter Herr, rostbraune Tweedjacke, graues kurzes Haar. Er richtet ein Messer auf mich. Ich berühre mit der Zeigefingerspitze der einen Hand die Spitze des Messers, mit dem andern Zeigefinger das Ende des Griffes, drehe das Messer herum und will gerade den Mann erstechen, als mein Vater neben mir steht und sagt: „Das tut man nicht“. Daraufhin gebe ich dem Mann einen Stoss, sodass er den Abhang hinunterrollt. Er rollt, indem er mit dem Zeigefinger die Stirne berührt und sieht aus, wie die Schlange (Uroborus), die sich in den Schwanz beisst (T 17 f.).</span>
 
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Im Jahr 1978 – also ca. 43 Jahre nach der Niederschrift des Traumes – formulierte Meret Oppenheim nachträglich folgende persönliche Trauminterpretation (T 18-19):
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Im Jahr 1978 – also ca. 43 Jahre nach der Niederschrift des Traumes – formulierte Meret Oppenheim nachträglich folgende persönliche Trauminterpretation:
 
{| style="border: 0px; background-color: #ffffff; border-left: 2px solid #7b879e; margin-bottom: 0.4em; margin-left:0.1em; margin-right: auto; width: auto;" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"
 
{| style="border: 0px; background-color: #ffffff; border-left: 2px solid #7b879e; margin-bottom: 0.4em; margin-left:0.1em; margin-right: auto; width: auto;" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"
 
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: <span style="color: #7b879e;">„[Es scheint mir, dass es mir jetzt, Mai 1978, gelungen ist, den Traum vom Sept. 1935 (in Barcelona) zu deuten. Der grauhaarige Mann (Vater), am Ort, wo mein Vater meine Mutter „kennengelernt hat“, wo ich also gezeugt wurde, im Tweedanzug, war ein Vertreter des Patriarchats in mir selbst, der auch mich gezeugt hatte. Auch ich trug also diese alte Einstellung in mir und war dadurch beteiligt an der Entwertung des Weiblichen, das, seit der Zeit, dass das Patriarchat dauert, auf das weibliche Geschlecht projiziert wird. Dabei handelt es sich bei diesem entwerteten Weiblichen nicht um die natürliche, Kinder gebärende Frau (wenn es sich auch, durch die Projektion, auf diese auswirkt), sondern um das geistig-weibliche Prinzip, das die Frauen ''und'' die Männer in sich selbst entwertet haben. Das bedeutet, dass es die patriarchalische Haltung in mir selbst ist, die das (geistig-) Weibliche in mir entwertet, „mordet“, und die gleichzeitig, wie es von altersher ihre Art ist, mich zurückhält, das (geistig-) Männliche in mir zu entwickeln und damit zur Ganzheit zu kommen. Diesen Vertreter des Patriarchats wollte ich ermorden. Mein Vater, vielleicht der Repräsentant des Männlichen auf einer höheren Stufe, ja, vielleicht sogar des Männlichen auf der Stufe, wo es vom Weiblichen nicht mehr geschieden ist (vielleicht auch des Ethischen an sich), gab mir den Rat, gegenüber der patriarchalischen Haltung ''wohl zu handeln'', aber dieses männliche Prinzip nicht zu ermorden, also Gleiches mit Gleichem zu vergelten, sondern ihm nur einen Anstoss zu geben, um damit eine Änderung der Situation herbeizuführen (die zur Entwicklung zur Ganzheit führen wird, für die der Uroborus, die Schlange, die sich in den Schwanz beisst, ein Symbol ist). Vielleicht ist die passive Haltung des „Patriarchen“, die es möglich machte, dass ich das Messer ohne Schwierigkeiten umdrehen und gegen ihn selbst richten konnte, eine Andeutung, dass dieses Unternehmen erfolgreich sein werde.]“</span>
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: <span style="color: #7b879e;">Es scheint mir, dass es mir jetzt, Mai 1978, gelungen ist, den Traum vom Sept. 1935 (in Barcelona) zu deuten. Der grauhaarige Mann (Vater), am Ort, wo mein Vater meine Mutter „kennengelernt hat“, wo ich also gezeugt wurde, im Tweedanzug, war ein Vertreter des Patriarchats in mir selbst, der auch mich gezeugt hatte. Auch ich trug also diese alte Einstellung in mir und war dadurch beteiligt an der Entwertung des Weiblichen, das, seit der Zeit, dass das Patriarchat dauert, auf das weibliche Geschlecht projiziert wird. Dabei handelt es sich bei diesem entwerteten Weiblichen nicht um die natürliche, Kinder gebärende Frau (wenn es sich auch, durch die Projektion, auf diese auswirkt), sondern um das geistig-weibliche Prinzip, das die Frauen ''und'' die Männer in sich selbst entwertet haben. Das bedeutet, dass es die patriarchalische Haltung in mir selbst ist, die das (geistig-) Weibliche in mir entwertet, „mordet“, und die gleichzeitig, wie es von altersher ihre Art ist, mich zurückhält, das (geistig-) Männliche in mir zu entwickeln und damit zur Ganzheit zu kommen. Diesen Vertreter des Patriarchats wollte ich ermorden. Mein Vater, vielleicht der Repräsentant des Männlichen auf einer höheren Stufe, ja, vielleicht sogar des Männlichen auf der Stufe, wo es vom Weiblichen nicht mehr geschieden ist (vielleicht auch des Ethischen an sich), gab mir den Rat, gegenüber der patriarchalischen Haltung ''wohl zu handeln'', aber dieses männliche Prinzip nicht zu ermorden, also Gleiches mit Gleichem zu vergelten, sondern ihm nur einen Anstoss zu geben, um damit eine Änderung der Situation herbeizuführen (die zur Entwicklung zur Ganzheit führen wird, für die der Uroborus, die Schlange, die sich in den Schwanz beisst, ein Symbol ist). Vielleicht ist die passive Haltung des „Patriarchen“, die es möglich machte, dass ich das Messer ohne Schwierigkeiten umdrehen und gegen ihn selbst richten konnte, eine Andeutung, dass dieses Unternehmen erfolgreich sein werde (T 18 f.).</span>
 
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Wie die vorangegangenen Beispiele aufzeigen, bietet Meret Oppenheim zu ihren Traumaufzeichnungen manchmal Deutungsmöglichkeiten an, die auf zentrale Konzepte in C. G. Jungs Lehre und auch dort adressierte Symbole zurückgreifen. Meret Oppenheim hat sich lebenslang mit C. G. Jungs Ideen beschäftigt und diese haben ihre persönliche Perspektive auf ihre eigenen Träume geprägt, auch noch Jahrzehnte nach dem Notieren der Träume. Es kann spekuliert werden, dass sich eine solch intensive Beschäftigung mit Träumen und möglichen Deutungen nicht nur die Traumauffassung im Wachleben einer Person auswirkt, sondern eventuell auch das Träumen selbst prägen könnte. Um mit den Ideen Sigmund Freuds zu sprechen, die dieser in ''Die Traumdeutung'' formulierte, setzen sich Träume auch aus Erlebnissen im Wachleben zusammen (Freud 2014, 27), und die im Wachleben verinnerlichten und im Rahmen von Traumauslegungen angewandten Traumtheorieinhalte können so selbst zum „Traummaterial“ werden, was als ein sich selbst verstärkender Mechanismus betrachtet werden kann.  
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Wie diese Beispiele zeigen, bietet Oppenheim zu ihren Traumaufzeichnungen manchmal Deutungsmöglichkeiten an, die auf zentrale Konzepte in C.G. Jungs Lehre und auch dort adressierte Symbole zurückgreifen. Oppenheim hat sich lebenslang mit Jungs Ideen beschäftigt, und diese haben ihre persönliche Perspektive auf ihre eigenen Träume geprägt, auch noch Jahrzehnte nach dem Notieren. Es kann spekuliert werden, dass sich eine solch intensive Beschäftigung mit Träumen und möglichen Deutungen nicht nur die Traumauffassung im Wachleben einer Person auswirkt, sondern eventuell auch das Träumen selbst prägen könnte. Um mit Sigmund Freuds ''Die Traumdeutung'' zu sprechen: Träume setzen sich auch aus Erlebnissen im Wachleben zusammen (Freud 2014, 27), und die im Wachleben verinnerlichten und im Rahmen von Traumauslegungen angewandten Traumtheorieinhalte können so selbst zum „Traummaterial“ werden, was als ein sich selbst verstärkender Mechanismus betrachtet werden kann.
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==Fazit==
 
Die Traumaufzeichnungen von Meret Oppenheim eröffnen nicht nur einen interessanten Einblick in das Denken und das Seelenleben dieser außergewöhnlichen Künstlerin und Persönlichkeit, sie stellen darüber hinaus neben ihrem Wert für die kunsthistorische Forschung eine wahre Fundgrube spannender Perspektiven auf den Traum an sich für die kulturwissenschaftlich orientierte Traumforschung dar.
 
Die Traumaufzeichnungen von Meret Oppenheim eröffnen nicht nur einen interessanten Einblick in das Denken und das Seelenleben dieser außergewöhnlichen Künstlerin und Persönlichkeit, sie stellen darüber hinaus neben ihrem Wert für die kunsthistorische Forschung eine wahre Fundgrube spannender Perspektiven auf den Traum an sich für die kulturwissenschaftlich orientierte Traumforschung dar.
       
<div style="text-align: right;">[[Autoren|Constantin Houy]]</div>
 
<div style="text-align: right;">[[Autoren|Constantin Houy]]</div>
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==Literatur==
 
==Literatur==
 
===Ausgaben===
 
===Ausgaben===
 
* Oppenheim, Meret: Aufzeichnungen 1928-1985. Träume. Hg. von Christiane Meyer-Thoss. Bern, Berlin: Gachnang & Springer 1986 (Erstausgabe).
 
* Oppenheim, Meret: Aufzeichnungen 1928-1985. Träume. Hg. von Christiane Meyer-Thoss. Bern, Berlin: Gachnang & Springer 1986 (Erstausgabe).
* Oppenheim, Meret: Träume. Aufzeichnungen 1928–1985. Hg. mit einem Nachwort von Christiane Meyer-Thoss. Berlin: Suhrkamp 2. Auflage 2013; zitiert mit der Sigle T.
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* Oppenheim, Meret: Träume. Aufzeichnungen 1928–1985. Hg. mit einem Nachwort von Christiane Meyer-Thoss. Berlin: Suhrkamp 2. Aufl. 2013; zitiert mit der Sigle T.
    
===Kontexte===
 
===Kontexte===
Zeile 567: Zeile 570:  
* Meyer-Thoss, Christiane: Editorische Notiz. In: T 117.
 
* Meyer-Thoss, Christiane: Editorische Notiz. In: T 117.
 
* Meyer-Thoss, Christiane: Komplizin des Traums. Meret Oppenheim in ihren Traumaufzeichnungen. In: T 85-111.  
 
* Meyer-Thoss, Christiane: Komplizin des Traums. Meret Oppenheim in ihren Traumaufzeichnungen. In: T 85-111.  
* Meyer-Thoss, Christiane: Maskerade und Spiele der Verwandlung. In: Meret Oppenheim: „Warum ich meine Schuhe liebe“. Mode – Zeichnungen und Gedichte. Hg. und mit einem Nachwort von Christiane Meyer-Thoss. Berlin: Insel 3. Auflage 2013b, 69-87.
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* Meyer-Thoss, Christiane: Maskerade und Spiele der Verwandlung. In: Meret Oppenheim: „Warum ich meine Schuhe liebe“. Mode – Zeichnungen und Gedichte. Hg. und mit einem Nachwort von Christiane Meyer-Thoss. Berlin: Insel 3. Aufl. 2013b, 69-87.
 
* Oberhuber, Andrea: Figuration de soi et de l’autre chez Meret Oppenheim. In: Mélusine 33 (2013), 111-123.
 
* Oberhuber, Andrea: Figuration de soi et de l’autre chez Meret Oppenheim. In: Mélusine 33 (2013), 111-123.
 
* Probst, Rudolf/Magnus Wieland (Hg.): Meret Oppenheim; Quarto. Zeitschrift des Schweizerischen Literaturarchivs 48 (2020).
 
* Probst, Rudolf/Magnus Wieland (Hg.): Meret Oppenheim; Quarto. Zeitschrift des Schweizerischen Literaturarchivs 48 (2020).

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