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Alban Berg legte seiner Liedkomposition ''Traumgekrönt'' ein Gedicht aus Rainer Maria Rilkes Gedichtsammlung ''Traumgekrönt. Neue Gedichte'' von 1896 von zugrunde, die insgesamt 50 Gedichte umfasst. Rilke hatte dieses Gedicht zuvor bereits in ''Wegwarten III'' – einer Folge von Heften, die Rilke selbst „kostenlos ‚an Krankenhäuser, Volks- und Handwerkervereine‘, aber auch öffentlich an Straßenpassanten“ verschenkte – unter dem Titel ''Liebesnacht'' veröffentlicht (Dopheide 1990, 236).
 
Alban Berg legte seiner Liedkomposition ''Traumgekrönt'' ein Gedicht aus Rainer Maria Rilkes Gedichtsammlung ''Traumgekrönt. Neue Gedichte'' von 1896 von zugrunde, die insgesamt 50 Gedichte umfasst. Rilke hatte dieses Gedicht zuvor bereits in ''Wegwarten III'' – einer Folge von Heften, die Rilke selbst „kostenlos ‚an Krankenhäuser, Volks- und Handwerkervereine‘, aber auch öffentlich an Straßenpassanten“ verschenkte – unter dem Titel ''Liebesnacht'' veröffentlicht (Dopheide 1990, 236).
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Rilkes lyrisches Frühwerk, dem der im Folgenden adressierte Text angehört, ist bisher wenig erforscht; allerdings haben sowohl er selbst als auch Forschende nicht selten dessen grundsätzliche Qualität in Frage gestellt (Heinz 2013, 182 und 208). Die Sammlung ''Traumgekrönt'' ist „durch [eine] Abwendung von der Außenwelt […] und durch Hinwendung zu einer subjektiven Innenwelt gekennzeichnet“ (Heinz 2013, 193; vgl. auch Freedman 2011, 85). Gleichzeitig stellt ''Traumgekrönt'' hinsichtlich Rilkes stilistischer Entwicklung eine Wegmarke auf dem Weg „vom Naturalismus über Symbolismus und Impressionismus bis zum Jugendstil“ dar (Heinz 2013, 184). Bezüglich der Inhalte und Form vollzieht sich mit der Sammlung ein deutlicher Wandel in Rilkes früher Lyrik: „Während zunächst auch viele Motive noch romantischen Ursprungs sind und im Volksliedton vorgetragen werden, ändert sich das spätestens ab ''Traumgekrönt'': Die idyllische Natur der Romantik wird nach und nach durch eine jahrhundertwendetypische stilisierte Parkwelt und eine ästhetizistische Traumwelt aktualisiert; die experimentelle Formenvielfalt der frühen Gedichtzyklen wird abgelöst von einfacheren und gleichwohl flexibleren Gedichtformen“ (Heinz 2013, 184). Der Titel der Sammlung ''Traumgekrönt'' wird bei Rilke durch das an den Beginn des Zyklus gestellte ''Königslied'' erläutert: „Es stellt den Dichter aufgrund seines seelischen Reichtums als König dar, auch wenn er äußerlich arm erscheint und nur von 'Bettlern', 'Kindern' und 'Schwärmern' […] anerkannt wird; gekrönt wird er durch die Kostbarkeit, die er selbst den Dingen in seiner Dichtung verleihen kann“ (Heinz 2013, 193). Das Dichten als Ausdruck der subjektiven Innenwelt wird hier als ein Vorgang vorgestellt, der dem Träumen, ebenso ein Ausdruck der Innenwelt, ähnlich ist. Dass der Traum in Rilkes Gesamtwerk und insbesondere auch in seinem lyrischen Werk von besonderer Bedeutung ist, wurde in der Literatur bereits aus verschiedenen Perspektiven betrachtet bzw. festgestellt.</ref>Vgl. z. B. Simenauer 1976 oder Simenauer 1980 für eine psychoanalytische Perspektive, Freedman 2011, 85-86, für eine biographische bzw. historisch orientierte Perspektive.<ref>
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Rilkes lyrisches Frühwerk, dem der im Folgenden adressierte Text angehört, ist bisher wenig erforscht; allerdings haben sowohl er selbst als auch Forschende nicht selten dessen grundsätzliche Qualität in Frage gestellt (Heinz 2013, 182 und 208). Die Sammlung ''Traumgekrönt'' ist „durch [eine] Abwendung von der Außenwelt […] und durch Hinwendung zu einer subjektiven Innenwelt gekennzeichnet“ (Heinz 2013, 193; vgl. auch Freedman 2011, 85). Gleichzeitig stellt ''Traumgekrönt'' hinsichtlich Rilkes stilistischer Entwicklung eine Wegmarke auf dem Weg „vom Naturalismus über Symbolismus und Impressionismus bis zum Jugendstil“ dar (Heinz 2013, 184). Bezüglich der Inhalte und Form vollzieht sich mit der Sammlung ein deutlicher Wandel in Rilkes früher Lyrik: „Während zunächst auch viele Motive noch romantischen Ursprungs sind und im Volksliedton vorgetragen werden, ändert sich das spätestens ab ''Traumgekrönt'': Die idyllische Natur der Romantik wird nach und nach durch eine jahrhundertwendetypische stilisierte Parkwelt und eine ästhetizistische Traumwelt aktualisiert; die experimentelle Formenvielfalt der frühen Gedichtzyklen wird abgelöst von einfacheren und gleichwohl flexibleren Gedichtformen“ (Heinz 2013, 184). Der Titel der Sammlung ''Traumgekrönt'' wird bei Rilke durch das an den Beginn des Zyklus gestellte ''Königslied'' erläutert: „Es stellt den Dichter aufgrund seines seelischen Reichtums als König dar, auch wenn er äußerlich arm erscheint und nur von 'Bettlern', 'Kindern' und 'Schwärmern' […] anerkannt wird; gekrönt wird er durch die Kostbarkeit, die er selbst den Dingen in seiner Dichtung verleihen kann“ (Heinz 2013, 193). Das Dichten als Ausdruck der subjektiven Innenwelt wird hier als ein Vorgang vorgestellt, der dem Träumen, ebenso ein Ausdruck der Innenwelt, ähnlich ist. Dass der Traum in Rilkes Gesamtwerk und insbesondere auch in seinem lyrischen Werk von besonderer Bedeutung ist, wurde in der Literatur bereits aus verschiedenen Perspektiven betrachtet bzw. festgestellt.<ref>Vgl. z. B. Simenauer 1976 oder Simenauer 1980 für eine psychoanalytische Perspektive, Freedman 2011, 85-86, für eine biographische bzw. historisch orientierte Perspektive.</ref>
Innerhalb der Sammlung ''Traumgekrönt'' ist das von Alban Berg ausgewählte Gedicht im zweiten großen Abschnitt ''Lieben'' als zweites Gedicht (''Lieben II.'') aufgeführt. Der Abschnitt ''Lieben'' umfasst insgesamt 22 Gedichte, die sich allesamt mit dem Thema Liebe und deren unterschiedlichen Eigenschaften und Formen auseinandersetzen. Der Text von Rilkes Gedicht, dessen traumartige Anlage und traumbezogener Inhalt unmittelbar deutlich werden (Lynch 2014, 61), lautet wie folgt:
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Innerhalb der Sammlung ''Traumgekrönt'' ist das von Alban Berg ausgewählte Gedicht im zweiten großen Abschnitt ''Lieben'' als zweites Gedicht aufgeführt. Der Abschnitt umfasst insgesamt 22 Gedichte, die sich allesamt mit dem Thema Liebe und deren unterschiedlichen Eigenschaften und Formen auseinandersetzen. Der Text von Rilkes Gedicht, dessen traumartige Anlage und traumbezogener Inhalt unmittelbar deutlich werden (Lynch 2014, 61), lautet wie folgt:
     

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