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Eindrücklich bei dieser Traumbeschreibung ist das traumtypische unvermittelte Aufeinandertreffen zahlreicher inhaltlich disparater Elemente (Konzert in der Aula der Universität, Glassplitter und Strümpfe, Othmar Spann als Rektor, Pächter und Hausherr, Freundin, umsorgte Person auf Trägergerüst, verschiedene Personen und Abschiedsgrüße). Der erste größere Teil des beschriebenen Traumes, der sich mit dem "Zugang" zur Universität und dem Treffen mit deren Rektor, im Traum Othmar Spann (1878-1950), eigentlich österreichischer Nationalökonom, Philosoph und Soziologe sowie ein Wegbereiter des Faschismus in Österreich, beschäftigt, lässt sich als eine Einschätzung Adornos zur allgemeinen Lage an bundesdeutschen Universitäten in den 1950er Jahren verstehen, aus der sich auch Adornos eigene schwierige berufliche Entwicklung ergab und die ihm einen nahezu "törichten" Mut abverlangte, wie Adorno in der Traumbeschreibung hinsichtlich seines eigenen Handelns – das Ausziehen der Strümpfe, bevor er den mit Glassplittern bedeckten Boden betritt – wie von außen, d. h. aus einer Außenperspektive auf den Traum, urteilt. Weiterhin könnten die beschriebenen Trauminhalte für Adorno als derart brisant gelten („Fressen für einen Analytiker“), weil außerdem im zweiten größeren Themenkomplex dieses Traumprotokolls zahlreiche anonymisierte Personennamen auftreten (G steht höchstwahrscheinlich für Gretel, Adornos Ehefrau; alle anderen Abkürzungen sind nicht ohne weiteres direkt zugänglich) und aus der Bemerkung bezüglich der "allerherzlichsten Abschiedsgrüße von Fräulein Sch." und der Anwesenheit von "Fräulein H." hervorgeht, dass es sich hier bei den Personen möglicherweise überwiegend um jüngere Frauen handeln könnte. Die beschriebenen Begegnungen und Konstellationen könnten im Zusammenhang mit Adornos bekanntermaßen zahlreichen Liebschaften bzw. Affären in Verbindung stehen. Besonders aber die "Abschiedsgrüße" schienen, Adorno beim Aufwachen zum Lachen über das Traum-Ich zu bringen. Der angeführter Nachsatz zum "Fressen für einen Analytiker" deutet wiederum zweifelsfrei auf eine Traumauffassung hin, die über den referenzierten Ansatz der ''Psychoanalyse'' sowie der ''Traumdeutung'' auch mit den Ideen Freuds verknüpft ist.
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Eindrücklich bei dieser Traumbeschreibung ist das traumtypische unvermittelte Aufeinandertreffen zahlreicher inhaltlich disparater Elemente (Konzert in der Aula der Universität, Glassplitter und Strümpfe, Othmar Spann als Rektor, Pächter und Hausherr, Freundin, umsorgte Person auf Trägergerüst, verschiedene Personen und Abschiedsgrüße). Der erste größere Teil des beschriebenen Traumes, der sich mit dem "Zugang" zur Universität und dem Treffen mit deren Rektor, im Traum Othmar Spann (1878-1950), eigentlich österreichischer Nationalökonom, Philosoph und Soziologe sowie ein Wegbereiter des Faschismus in Österreich, beschäftigt, lässt sich als eine Einschätzung Adornos zur allgemeinen Lage an bundesdeutschen Universitäten in den 1950er Jahren verstehen, aus der sich auch Adornos eigene schwierige berufliche Entwicklung ergab und die ihm einen nahezu "törichten" Mut abverlangte, wie Adorno in der Traumbeschreibung hinsichtlich seines eigenen Handelns – das Ausziehen der Strümpfe, bevor er den mit Glassplittern bedeckten Boden betritt – wie von außen, d. h. aus einer Außenperspektive auf den Traum, urteilt. Weiterhin könnten die beschriebenen Trauminhalte für Adorno als derart brisant gelten („Fressen für einen Analytiker“), weil außerdem im zweiten größeren Themenkomplex dieses Traumprotokolls zahlreiche anonymisierte Personennamen auftreten (G steht höchstwahrscheinlich für Gretel, Adornos Ehefrau; alle anderen Abkürzungen sind nicht ohne weiteres direkt zugänglich) und aus der Bemerkung bezüglich der "allerherzlichsten Abschiedsgrüße von Fräulein Sch." und der Anwesenheit von "Fräulein H." hervorgeht, dass es sich bei vielen der anwesenden Personen um jüngere Frauen handelt. Die beschriebenen Begegnungen und Konstellationen könnten im Zusammenhang mit Adornos bekanntgewordenen Liebschaften und Affären in Verbindung stehen. Besonders aber die "Abschiedsgrüße" bringen Adorno beim Aufwachen zum Lachen über das Traum-Ich.
    
Insgesamt ermöglicht die publizierte Sammlung von Adornos Traumprotokollen nicht nur aufgrund ihres Umfangs und Vielseitigkeit weitere Deutungen und Interpretationen. Die vorhandene Literatur geht bisher nur auf einen überschaubaren Teil der aufgezeichneten Träume Adornos in detaillierter Form ein, weshalb aus der Betrachtung von Adornos Traumprotokollen sowohl für die Traum- als auch für die Adorno-Forschung noch erhebliches Erkenntnispotential vorhanden und in Zukunft noch weiter herauszuarbeiten ist.
 
Insgesamt ermöglicht die publizierte Sammlung von Adornos Traumprotokollen nicht nur aufgrund ihres Umfangs und Vielseitigkeit weitere Deutungen und Interpretationen. Die vorhandene Literatur geht bisher nur auf einen überschaubaren Teil der aufgezeichneten Träume Adornos in detaillierter Form ein, weshalb aus der Betrachtung von Adornos Traumprotokollen sowohl für die Traum- als auch für die Adorno-Forschung noch erhebliches Erkenntnispotential vorhanden und in Zukunft noch weiter herauszuarbeiten ist.

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