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:<span style="color: #7b879e;">„Es ist ein vertikaler und ein horizontaler Kreis mit gemeinsamem Mittelpunkt. Das ist die Weltuhr. Sie ist von schwarzen Vögeln getragen. Der vertikale Kreis ist eine blaue Scheibe mit weißem Rand, in 4x8 = 32 Teile geteilt. Darauf rotiert ein Zeiger. Der horizontale Kreis besteht aus vier Farben. Darauf stehen vier kleine Männchen mit Pendeln, und darum liegt der ehemals dunkle und jetzt goldene Ring (vormals von den vier Kindern getragen). Die »Uhr« hat drei Rhythmen oder Pulse:
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:<span style="color: #7b879e;">„Es ist ein vertikaler und ein horizontaler Kreis mit gemeinsamem Mittelpunkt. Das ist die Weltuhr. Sie ist von schwarzen Vögeln getragen. Der vertikale Kreis ist eine blaue Scheibe mit weißem Rand, in 4x8 = 32 Teile geteilt. Darauf rotiert ein Zeiger. Der horizontale Kreis besteht aus vier Farben. Darauf stehen vier kleine Männchen mit Pendeln, und darum liegt der ehemals dunkle und jetzt goldene Ring (vormals von den vier Kindern getragen). Die »Uhr« hat drei Rhythmen oder Pulse: Der kleine Puls: Der Zeiger des blauen Vertikalkreises springt 1/32 weiter. Der mittlere Puls: Eine ganze Umdrehung des Zeigers. Zugleich rückt der horizontale Kreis um 1/32 weiter. Der große Puls: 32 mittlere Pulse machen einen Umlauf des goldenen Ringes aus.« (ebd., 237-238)“
Der kleine Puls: Der Zeiger des blauen Vertikalkreises springt 1/32 weiter.
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Der mittlere Puls: Eine ganze Umdrehung des Zeigers. Zugleich rückt der horizontale Kreis um 1/32 weiter.
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Der große Puls: 32 mittlere Pulse machen einen Umlauf des goldenen Ringes aus.« (ebd., 237-238)“
   
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Durch die nunmehr erblickte Dreidimensionalität des Mandalas sieht Jung die Körperhaftigkeit des Mandalas erstmals als gegeben an, die er mit dem erlangten Status der Verwirklichung gleichsetzt. Die Erlangung der »höchsten Harmonie« durch das Selbst des Träumenden macht Jung dabei an ästhetischen Qualitäten des Traums fest, die sowohl die Form als auch die Farbgebung des Mandalas betreffen. Dies beginnt bei dem Umstand, dass sich im gemeinsamen Mittelpunkt des vertikalen und horizontalen Kreises »zwei heterogene Systeme schneiden« würden, die wechselseitig durch die gesetzmäßige und funktionale Beziehung der »drei Rhythmen« und der »vier Farben« aufeinander verweisen würden (vgl. ebd., 238, 246-249). Mit der Zahl »drei« assoziiert Jung die christliche Trinität, wohingegen er in der Zahl »vier« als Traumsymbol die vier Evangelisten des Neuen Testaments sieht.  
 
Durch die nunmehr erblickte Dreidimensionalität des Mandalas sieht Jung die Körperhaftigkeit des Mandalas erstmals als gegeben an, die er mit dem erlangten Status der Verwirklichung gleichsetzt. Die Erlangung der »höchsten Harmonie« durch das Selbst des Träumenden macht Jung dabei an ästhetischen Qualitäten des Traums fest, die sowohl die Form als auch die Farbgebung des Mandalas betreffen. Dies beginnt bei dem Umstand, dass sich im gemeinsamen Mittelpunkt des vertikalen und horizontalen Kreises »zwei heterogene Systeme schneiden« würden, die wechselseitig durch die gesetzmäßige und funktionale Beziehung der »drei Rhythmen« und der »vier Farben« aufeinander verweisen würden (vgl. ebd., 238, 246-249). Mit der Zahl »drei« assoziiert Jung die christliche Trinität, wohingegen er in der Zahl »vier« als Traumsymbol die vier Evangelisten des Neuen Testaments sieht.  
 
Jung greift auf insgesamt acht Abbildungen zurück, die überwiegend aus christlicher Provenienz der Frühen Neuzeit (14. bis 17. Jahrhundert) stammen, die er aber darüber hinaus aufgrund ihrer mandalaartigen Ähnlichkeitsbeziehung auf die Horussymbolik der ägyptischen Mythologie zurückführt, was er ebenfalls mit einer Abbildung zu belegen versucht (vgl. ebd., 245). Insgesamt sollen die epochen- und religionsübergreifenden Gemeinsamkeiten den archetypischen Charakter der ästhetischen Konstruktion der Weltuhrvision des Träumers aufzeigen. Zur Veranschaulichung dieser von Jung propagierten Gemeinsamkeiten sollen im Folgenden zwei der insgesamt sieben von Jung genannten christlich geprägten Mandalas mitsamt ihrer Evangelisten- und Trinitätssymbolik sowie das von Jung angeführte Papyrus von Hunefer beitragen. Bei letzterem verweist die Zahl vier auf die vier auf der Lotusblume befindlichen Horusbrüder, wohingegen die Zahl drei bildlich durch Osiris auf dem Thron sowie die beiden hinter ihm stehenden Figuren bildlich repräsentiert wird.  
 
Jung greift auf insgesamt acht Abbildungen zurück, die überwiegend aus christlicher Provenienz der Frühen Neuzeit (14. bis 17. Jahrhundert) stammen, die er aber darüber hinaus aufgrund ihrer mandalaartigen Ähnlichkeitsbeziehung auf die Horussymbolik der ägyptischen Mythologie zurückführt, was er ebenfalls mit einer Abbildung zu belegen versucht (vgl. ebd., 245). Insgesamt sollen die epochen- und religionsübergreifenden Gemeinsamkeiten den archetypischen Charakter der ästhetischen Konstruktion der Weltuhrvision des Träumers aufzeigen. Zur Veranschaulichung dieser von Jung propagierten Gemeinsamkeiten sollen im Folgenden zwei der insgesamt sieben von Jung genannten christlich geprägten Mandalas mitsamt ihrer Evangelisten- und Trinitätssymbolik sowie das von Jung angeführte Papyrus von Hunefer beitragen. Bei letzterem verweist die Zahl vier auf die vier auf der Lotusblume befindlichen Horusbrüder, wohingegen die Zahl drei bildlich durch Osiris auf dem Thron sowie die beiden hinter ihm stehenden Figuren bildlich repräsentiert wird.  
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Abb. 1 »Zeitsymbol des Lapis. Das Kreuz und die drei Evangelistensymbole mit Mensch (als Vertreter des Engels) weisen auf die Analogie mit Christus hin.  
 
Abb. 1 »Zeitsymbol des Lapis. Das Kreuz und die drei Evangelistensymbole mit Mensch (als Vertreter des Engels) weisen auf die Analogie mit Christus hin.  
 
Tractatus qui dicitur Thomae Aquinatis de alchimia (1520)« (Jung GW 12, 239).
 
Tractatus qui dicitur Thomae Aquinatis de alchimia (1520)« (Jung GW 12, 239).
    
   
 
   
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Abb. 2 »Gott als Trinität, den Tierkreis schaffend.  
 
Abb. 2 »Gott als Trinität, den Tierkreis schaffend.  
 
Petrus Lombardus, De sacramentis (Vatikan, 14. Jh.)« (Jung GW 12, 248)
 
Petrus Lombardus, De sacramentis (Vatikan, 14. Jh.)« (Jung GW 12, 248)
    
Jung betont in diesem Zusammenhang, dass der von Gott geschaffene Tierkreis blau sei, woraus sich in Sachen Sichtbarmachung der Zeitlichkeitsdimension in christlicher Kunst eine literaturgeschichtliche Traditionslinie bis hin zu den Pèlerinages (1330-1355) des Zisterzienser-Klosterpriors Guillaume de Digulleville ergebe, der die Bedeutung dieser Farbe allerdings bezeichnenderweise zu erwähnen »vergessen« habe. Jung zieht aus diesem historisch gesehen oftmals reproduzierten Vergessen der Farbe »blau« das Fazit, dass gerade diese Farbe, in der er zugleich »die traditionelle Farbe des Himmelsmantels der Jungfrau« ausmacht, besonders eindrücklich für das Unbewusste in der zweidimensionalen christlichen Kunst einstehe. Dementsprechend verweise die Weltuhr insgesamt auf die inhärente Zeitsymbolik des Mandala, in welcher sich insbesondere das in der westlichen Astrologie der kirchlichen Kunst herausgebildete Mandala des »linksläufig circumambul[ierenden]« Horoskops widerspiegele (vgl. ebd., 241-242).   
 
Jung betont in diesem Zusammenhang, dass der von Gott geschaffene Tierkreis blau sei, woraus sich in Sachen Sichtbarmachung der Zeitlichkeitsdimension in christlicher Kunst eine literaturgeschichtliche Traditionslinie bis hin zu den Pèlerinages (1330-1355) des Zisterzienser-Klosterpriors Guillaume de Digulleville ergebe, der die Bedeutung dieser Farbe allerdings bezeichnenderweise zu erwähnen »vergessen« habe. Jung zieht aus diesem historisch gesehen oftmals reproduzierten Vergessen der Farbe »blau« das Fazit, dass gerade diese Farbe, in der er zugleich »die traditionelle Farbe des Himmelsmantels der Jungfrau« ausmacht, besonders eindrücklich für das Unbewusste in der zweidimensionalen christlichen Kunst einstehe. Dementsprechend verweise die Weltuhr insgesamt auf die inhärente Zeitsymbolik des Mandala, in welcher sich insbesondere das in der westlichen Astrologie der kirchlichen Kunst herausgebildete Mandala des »linksläufig circumambul[ierenden]« Horoskops widerspiegele (vgl. ebd., 241-242).   
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