"Un chien andalou" (Luis Buñuel): Unterschied zwischen den Versionen

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Dieser Schnitt tut schon beim Zuschauen weh: Ein Mann hebt einer Frau das Augenlid nach oben und schneidet mit einem Rasiermesser durch die Pupille. Das nur etwa eine Viertelstunde dauernde Experiment ''Un chien andalou'' (1929) der beiden Studienfreunde Luis Buñuel (1900–1983) und Salvador DalĂ­ (1904–1989) ist der wohl surreal(istisch)ste Beitrag zur Filmgeschichte und gleichzeitig der radikale Versuch einer filmĂ€sthetischen Anlehnung an den Traum.
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Dieser Schnitt tut schon beim Zuschauen weh: Ein Mann hebt einer Frau das Augenlid nach oben und schneidet mit einem Rasiermesser durch die Pupille. Das nur etwa eine Viertelstunde dauernde Experiment ''Un chien andalou'' (1929) der beiden Studienfreunde Luis Buñuel (1900–1983) und Salvador DalĂ­ (1904–1989) ist der wohl surreal(istisch)ste Beitrag zur Filmgeschichte und gleichzeitig der radikale Versuch einer [http://traumkulturen.uni-saarland.de/Lexikon-Traumkultur/index.php/Film_und_Traum_(1900-1930) filmĂ€sthetischen Anlehnung an den Traum].
  
 
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||Originaltitel
 
||Originaltitel
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||8œ
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||Un chien andalou
 
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||Produktionsland
 
||Produktionsland
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||Italien, Frankreich
+
||Frankreich
 
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||Originalsprache
 
||Originalsprache
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||Italienisch
+
||Französisch
 
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||Erscheinungsjahr
 
||Erscheinungsjahr
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||1963
+
||1929
 
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||LĂ€nge
 
||LĂ€nge
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||138 Minuten
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||ca. 15 Minuten
−
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||Altersfreigabe
 
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||FSK 12
 
 
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| style="text-align: center;" colspan="2" align="center"|Stab
 
| style="text-align: center;" colspan="2" align="center"|Stab
 
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||Regie
 
||Regie
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||Federico Fellini
+
||Luis Buñuel
 
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||Drehbuch
 
||Drehbuch
 
||
 
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Federico Fellini / Ennio Flaiano
+
Luis Buñuel / Salvador Dalí
  
 
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||Produktion
 
||Produktion
−
||Angelo Rizzoli
+
||Luis Buñuel / Pierre Braunberger
 
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||Kamera
 
||Kamera
−
||Gianni di Venanzo
+
||Albert Duverger
 
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||Schnitt
 
||Schnitt
−
||Leo Cattozzo
+
||Luis Buñuel
 
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| style="text-align: center;" colspan="2" align="center"|Besetzung
 
| style="text-align: center;" colspan="2" align="center"|Besetzung
 
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| style="text-align: left;" colspan="2" align="center"|* Marcello Mastroianni: Guido Anselmi
+
| style="text-align: left;" colspan="2" align="center"|* Pierre Batcheff: Mann
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 +
| style="text-align: left;" colspan="2" align="center"|* Simone Mareuil: Frau
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 +
| style="text-align: left;" colspan="2" align="center"|* Luis Buñuel: Mann im Prolog
 
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−
| style="text-align: left;" colspan="2" align="center"|* Claudia Cardinale: Claudia
+
| style="text-align: left;" colspan="2" align="center"|* Fano Messan: Frau auf der Strasse
 
|-
 
|-
−
| style="text-align: left;" colspan="2" align="center"|* Anouk Aimée: Luisa Anselmi
+
| style="text-align: left;" colspan="2" align="center"|* Robert Hommet: Mann am Strand
 
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|-
−
| style="text-align: left;" colspan="2" align="center"|* Sandra Milo: Carla
+
| style="text-align: left;" colspan="2" align="center"|* Salvador DalĂ­: Seminarist
 +
|-
 +
| style="text-align: left;" colspan="2" align="center"|* Jaume Miravitiles: Seminarist
 
|}</div>
 
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===Surrealismus und Traum===
 
===Surrealismus und Traum===
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Im Jahre 1915 – gut ein Jahrzehnt vor der offiziellen 'GrĂŒndung' der surrealistischen KĂŒnstlergemeinschaft – fasst der Wiener 'Übervater' Sigmund Freud (1856-1939) seine Theorie vom Unbewussten zusammen. Er geht davon aus, dass
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Im Jahre 1915 – gut ein Jahrzehnt vor der offiziellen 'GrĂŒndung' der surrealistischen KĂŒnstlergemeinschaft – fasst der Wiener 'Übervater' Sigmund Freud (1856-1939) seine Theorie des Unbewussten zusammen. Er geht davon aus, dass
  
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: "ein psychischer Akt im allgemeinen zwei Zustandsphasen durchlĂ€uft, zwischen welche eine Art PrĂŒfung (Zensur) eingeschaltet ist. In der ersten Phase ist er unbewußt und gehört dem System ''Ubw'' an; wird er bei der PrĂŒfung von der Zensur abgewiesen, so ist ihm der Übergang in die zweite Phase versagt; er heißt dann 'verdrĂ€ngt' und muß unbewußt bleiben." (Freud 2008, 126)
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: ein psychischer Akt im allgemeinen zwei Zustandsphasen durchlĂ€uft, zwischen welche eine Art PrĂŒfung (Zensur) eingeschaltet ist. In der ersten Phase ist er unbewußt und gehört dem System ''Ubw'' an; wird er bei der PrĂŒfung von der Zensur abgewiesen, so ist ihm der Übergang in die zweite Phase versagt; er heißt dann 'verdrĂ€ngt' und muß unbewußt bleiben (Freud 2008, 126).
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Im Unbewussten befinden sich also gewissermaßen die hochindividuellen "Wunschregungen" und "Triebregungen", verdrĂ€ngte Erlebnisse und traumatische Erfahrungen, die von der Zensur (Ă€hnlich der spĂ€teren Instanz des 'Über-Ich' in seinem Strukturmodell der Psyche) zurĂŒckgehalten werden: "Es gibt in diesem System keine Negation, keinen Zweifel, keine Grade von Sicherheit." (ebd., 138)
 
  
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Aufgabe der Psychoanalyse ist es nun, dieses 'ungefilterte' und 'reine' Denken freizulegen – Freud selbst verwendet hierbei die Metapher des ArchĂ€ologen, der gewissermaßen verschĂŒttete Spuren aus der Seele freilegt (vgl. Ebeling 2000, 132 f.). Denn unbewusste VorgĂ€nge können tatsĂ€chlich "unter den Bedingungen des TrĂ€umens und der Neurosen" erkennbar werden, "also dann, wenn VorgĂ€nge des höheren Vbw-Systems durch eine Erniedrigung (Regression) auf eine frĂŒhere Stufe zurĂŒckversetzt werden" (Freud 2008: 139). Die Werkzeuge des 'SeelenarchĂ€ologen' sind dementsprechend Traumdeutung, Hypnose und freie Assoziation.
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Im Unbewussten befinden sich also gewissermaßen die hochindividuellen "Wunschregungen" und "Triebregungen", verdrĂ€ngte Erlebnisse und traumatische Erfahrungen, die von der Zensur (Ă€hnlich der spĂ€teren Instanz des 'Über-Ich' in seinem Strukturmodell der Psyche) zurĂŒckgehalten werden: "Es gibt in diesem System keine Negation, keinen Zweifel, keine Grade von Sicherheit" (ebd., 138).
  
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Und genau dieser Aspekt faszinierte auch die Surrealisten in den 1920er Jahren: Denn wie auch andere avantgardistische Ismen des frĂŒhen 20. Jahrhunderts (etwa Futurismus und Dadaismus) lehnt der Surrealismus nicht nur das bĂŒrgerliche KunstverstĂ€ndnis und die normierte Akademiekunst radikal ab, sondern ist bestrebt, die KreativitĂ€t möglichst ungefiltert in den kĂŒnstlerischen Prozess einfließen zu lassen. Überlegtes Kunstschaffen oder eine reflektierte RĂŒckbesinnung auf kunstgeschichtliche Traditionen waren verpönt, gesucht wurde vielmehr die ZufĂ€lligkeit und IrrationalitĂ€t, die sich im vielzitierten Kredo des Comte de LautrĂ©amont aus dessen ''Chants de Maldoror'' (1874) wiederfindet: "beau [
] comme la rencontre fortuite sur une table de dissection d'une machine Ă  coudre et d'un parapluie" (LautrĂ©amont 1990: 289).
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Aufgabe der Psychoanalyse ist es nun, dieses 'ungefilterte' und 'reine' Denken freizulegen – Freud selbst verwendet hierbei die Metapher des 'ArchĂ€ologen', der gewissermaßen verschĂŒttete Spuren aus der Seele freilegt (vgl. Ebeling 2000, 132 f.). Denn unbewusste VorgĂ€nge können tatsĂ€chlich "unter den Bedingungen des TrĂ€umens und der Neurosen" erkennbar werden, "also dann, wenn VorgĂ€nge des höheren Vbw[Vorbewusstsein]-Systems durch eine Erniedrigung (Regression) auf eine frĂŒhere Stufe zurĂŒckversetzt werden" (Freud 2008, 139). Die Werkzeuge des 'SeelenarchĂ€ologen' sind dementsprechend Traumdeutung, Hypnose und freie Assoziation.
  
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So interessierten sich beispielsweise die Surrealisten (wie auch der Dadaismus oder der Kubsimus der Zeit) fĂŒr außereuropĂ€ische 'primitive' Kunstwerke aus Afrika oder der SĂŒdsee, die eine gewisse 'Reinheit' und 'UnberĂŒhrtheit' von zivilisatorischen EinflĂŒssen (also der Triebkontrolle des 'Über-Ich') versprachen. Um selbst so 'authentisch' arbeiten zu können, lehnten sich die Surrealisten an Freuds AnsĂ€tze an und versuchten, diese kĂŒnstlerisch umzusetzen, also diese Theorien aus der Psychoanalyse gewissermaßen in die Kunst zu ĂŒbertragen und zu ĂŒbersetzen. So wurden etwa Verfahren entwickelt, um die individuelle KreativitĂ€t möglichst 'ungefiltert' abschöpfen zu können – beispielsweise durch die "Ă©criture automatique" oder im "cadavre exquis": Das 'automatische Schreiben' sollte (Ă€hnlich wie die freie Assoziation der Psychoanalyse) die kreativen Gedanken möglichst ungefiltert zu Papier bringen, wĂ€hrend der 'exquisite Kadaver' ein Gemeinschaftsprojekt darstellt, wobei die (in der Regel vier) KĂŒnstlerInnen nicht die Arbeit der anderen kennen, und sich das gesamte Werk erst am Ende ĂŒberraschend (weil in dieser Form ungeplant) enthĂŒllt.
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Und genau dieser Aspekt faszinierte auch die Surrealisten in den 1920er Jahren: Denn wie auch andere avantgardistische Ismen des frĂŒhen 20. Jahrhunderts (etwa Futurismus und Dadaismus) lehnt der Surrealismus nicht nur das bĂŒrgerliche KunstverstĂ€ndnis und die normierte Akademiekunst radikal ab, sondern ist bestrebt, die KreativitĂ€t möglichst ungefiltert in den kĂŒnstlerischen Prozess einfließen zu lassen. Überlegtes Kunstschaffen oder eine reflektierte RĂŒckbesinnung auf kunstgeschichtliche Traditionen waren verpönt, gesucht wurde vielmehr die ZufĂ€lligkeit und IrrationalitĂ€t, die sich im vielzitierten Kredo des Comte de LautrĂ©amont aus dessen ''Chants de Maldoror'' (1874) wiederfindet: "beau [
] comme la rencontre fortuite sur une table de dissection d'une machine Ă  coudre et d'un parapluie" (LautrĂ©amont 1990, 289).
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So interessierten sich beispielsweise die Surrealisten (wie auch der Dadaismus oder der Kubismus der Zeit) fĂŒr außereuropĂ€ische 'primitive' Kunstwerke aus Afrika oder der SĂŒdsee, die eine gewisse 'Reinheit' und 'UnberĂŒhrtheit' von zivilisatorischen EinflĂŒssen (also der Triebkontrolle des 'Über-Ich') versprachen. Um selbst so 'authentisch' arbeiten zu können, lehnten sich die Surrealisten an Freuds AnsĂ€tze an und versuchten, diese kĂŒnstlerisch umzusetzen, also die Theorien aus der Psychoanalyse gewissermaßen in die Kunst zu ĂŒbertragen und zu ĂŒbersetzen. So wurden etwa Verfahren entwickelt, um die individuelle KreativitĂ€t möglichst 'ungefiltert' abschöpfen zu können – beispielsweise durch die "Ă©criture automatique" oder im "cadavre exquis": Das 'automatische Schreiben' sollte (Ă€hnlich wie die freie Assoziation der Psychoanalyse) die kreativen Gedanken möglichst ungefiltert zu Papier bringen, wĂ€hrend der 'exquisite Kadaver' ein Gemeinschaftsprojekt darstellt, wobei die (in der Regel vier) KĂŒnstlerInnen nicht die Arbeit der anderen kennen, und sich das gesamte Werk erst am Ende ĂŒberraschend (weil in dieser Form ungeplant) enthĂŒllt.
  
 
Und natĂŒrlich sollte im Surrealismus auch der Traum als dezidierte Erfahrungsquelle fruchtbar gemacht werden; so schreibt der surrealistische Vordenker AndrĂ© Breton (1896–1966) bereits in seinem GrĂŒndungsmanifest von 1924:
 
Und natĂŒrlich sollte im Surrealismus auch der Traum als dezidierte Erfahrungsquelle fruchtbar gemacht werden; so schreibt der surrealistische Vordenker AndrĂ© Breton (1896–1966) bereits in seinem GrĂŒndungsmanifest von 1924:
  
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: "C'est Ă  trĂšs juste titre que Freud a fait porter sa critique sur le rĂȘve. [
] Je crois Ă  la rĂ©solution future de ces deux Ă©tats, en apparence si contradictoires, que sont le rĂȘve et la rĂ©alitĂ©, en une sorte de rĂ©alitĂ© absolue, de ''surrĂ©alitĂ©'', si l'on peut ainsi dire. [
] Le surrĂ©alisme repose sur la croyance Ă  la rĂ©alitĂ© supĂ©rieure de certaines formes d’associations nĂ©gligĂ©es jusqu’à lui, Ă  la toute-puissance du rĂȘve, au jeu dĂ©sintĂ©ressĂ© de la pensĂ©e." (Breton 1979: 21, 24, 36; Hervorhebung ĂŒbernommen)
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: C'est Ă  trĂšs juste titre que Freud a fait porter sa critique sur le rĂȘve. [
] Je crois Ă  la rĂ©solution future de ces deux Ă©tats, en apparence si contradictoires, que sont le rĂȘve et la rĂ©alitĂ©, en une sorte de rĂ©alitĂ© absolue, de ''surrĂ©alitĂ©'', si l'on peut ainsi dire. [
] Le surrĂ©alisme repose sur la croyance Ă  la rĂ©alitĂ© supĂ©rieure de certaines formes d’associations nĂ©gligĂ©es jusqu’à lui, Ă  la toute-puissance du rĂȘve, au jeu dĂ©sintĂ©ressĂ© de la pensĂ©e" (Breton 1979, 21, 24, 36).
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FĂŒr die (von Freud beeinflussten) Surrealisten kulminiert daher im bildmĂ€chtigen Traum die Macht des Unbewussten, wodurch irrationale Geschichten und hochsymbolische Bilder entstehen, die im Wachzustand so nicht zu erreichen wĂ€ren.
 
FĂŒr die (von Freud beeinflussten) Surrealisten kulminiert daher im bildmĂ€chtigen Traum die Macht des Unbewussten, wodurch irrationale Geschichten und hochsymbolische Bilder entstehen, die im Wachzustand so nicht zu erreichen wĂ€ren.
  
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Die Surrealisten versuchen dies in unterschiedlichen KĂŒnsten zu erreichen und arbeiten mit verschiedenen Medien – so beispielsweise in der Auflösung von Traum und RealitĂ€t in Bretons ErzĂ€hlung ''Nadja'' (1928), den traumhaften GemĂ€lden von Salvador DalĂ­ (etwa dessen Werk mit dem Titel "Sueño causado por el vuelo de una abeja alrededor de una granada un segundo antes de despertar" von 1944) oder den fotografisch verfremdeten Arbeiten von Man Ray.
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Die Surrealisten versuchen dies in unterschiedlichen KĂŒnsten zu erreichen und arbeiten mit verschiedenen Medien – so beispielsweise in der Auflösung von Traum und RealitĂ€t in Bretons ErzĂ€hlung ''Nadja'' (1928), den traumhaften GemĂ€lden von Salvador DalĂ­ (etwa dessen Werk mit dem Titel ''ueño causado por el vuelo de una abeja alrededor de una granada un segundo antes de despertar'' von 1944) oder den fotografisch verfremdeten Arbeiten von Man Ray.
  
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Gleichzeitig sind die Surrealisten als begeisterte KinogĂ€nger auch dem noch recht jungen Medium des Films aufgeschlossen, das jedoch in ihrem Schaffen insgesamt dann aber eine untergeordnete Rolle spielte. Denn auch in der Rezeption des Films, deren subjektive Wahrnehmung der verschiedenen Bilder zu zufĂ€lligen Assoziationen fĂŒhrt (vgl. Plappert 2014: 11) scheinen sich die surrealistischen Prinzipien zu erfĂŒllen – etwa wenn der Schriftsteller und Journalist Robert Desnos (1900–1945) im Jahre 1923 schreibt: "[N]ous allons dans les salles obscures chercher le rĂȘve artificiel [
]." (Desnos 1966: 104)
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Gleichzeitig sind die Surrealisten als begeisterte KinogĂ€nger auch fĂŒr das noch recht junge Medium des Films aufgeschlossen, das jedoch in ihrem Schaffen insgesamt eine untergeordnete Rolle spielte. Denn auch in der Rezeption des Films, deren subjektive Wahrnehmung der verschiedenen Bilder zu zufĂ€lligen Assoziationen fĂŒhrt (vgl. Plappert 2014, 11) scheinen sich die surrealistischen Prinzipien zu erfĂŒllen – etwa wenn der Schriftsteller und Journalist Robert Desnos (1900–1945) im Jahre 1923 schreibt: "Nous allons dans les salles obscures chercher le rĂȘve artificiel" (Desnos 1966, 104).
  
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Und zwei Jahre spÀter bezeichnet der 1895 geborene Essayist Jean Goudal das Kino gar als eine 'bewusste Halluzination' (vgl. Goudal 1925: 347):
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Und zwei Jahre spÀter bezeichnet der 1895 geborene Essayist Jean Goudal das Kino gar als eine 'bewusste Halluzination' (vgl. Goudal 1925, 347):
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: Le cinĂ©ma constitue donc une hallucination consciente et utilise cette fusion du rĂȘve et de l’état conscient que le surrĂ©alisme voudrait voir rĂ©alisĂ©e dans le domaine littĂ©raire. Ces images mouvantes nous hallucinent, mais en nous laissant une conscience confuse de notre personnalitĂ© et en nous permettant d’évoquer, si c’est nĂ©cessaire, les disponibilitĂ©s de notre mĂ©moire (Goudal 1925, 350).
  
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: "Le cinĂ©ma constitue donc une hallucination consciente et utilise cette fusion du rĂȘve et de l’état conscient que le surrĂ©alisme voudrait voir rĂ©alisĂ©e dans le domaine littĂ©raire. Ces images mouvantes nous hallucinent, mais en nous laissant une conscience confuse de notre personnalitĂ© et en nous permettant d’évoquer, si c’est nĂ©cessaire, les disponibilitĂ©s de notre mĂ©moire." (Goudal 1925: 350)
 
 
==''Un chien andalou'' (1929)==
 
==''Un chien andalou'' (1929)==
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Der experimentelle Kurzfilm ''Un chien andalou'' – uraufgefĂŒhrt am 6. Juni 1929 in Paris – stellt nun ein spannendes Paradox in einer Filmgeschichte des Traums dar. Einerseits findet sich in dem schwarz-weißen Stummfilm keine explizite Traumszene: Im Gegensatz zum kurzen Traum des Feuerwehrmanns zuvor, als 'Gedankenblase' montiert, gibt es in ''Un chien andalou'' keine solch klare Markierung – die Deutung von Buñuels und DalĂ­s Film als ein Traum ist letztlich eine Interpretation, wenn auch eine Lesart, die sich in der Forschungsliteratur sehr hĂ€ufig findet, und es schon eher verwundert, wenn dieser Film ausgespart wird (vgl. etwa Koebner 2018). Doch gibt es andererseits gute GrĂŒnde, den Film insgesamt aufgrund der "narrativen Kombinatorik der Bilder und Handlungsepisoden" (Kreuzer 2014: 623) als "bildliche Metaphorisierung der Traumarbeit selbst" (Jaspers 2009: 131f.) zu verstehen und daher als filmische Traumdarstellung zu verstehen.
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Der experimentelle Kurzfilm ''Un chien andalou'' – uraufgefĂŒhrt am 6. Juni 1929 in Paris – stellt ein spannendes Paradox in der Filmgeschichte des Traums dar. Einerseits findet sich in dem schwarz-weißen Stummfilm keine explizite Traumszene: Im Gegensatz zum kurzen Traum des Feuerwehrmanns, der in Edwin S. Porters ''Life of an American Fireman'' (1902) noch als 'Gedankenblase' montiert war, gibt es in ''Un chien andalou'' keine klare Markierung – die Deutung von Buñuels und DalĂ­s Film als ein Traum ist also letztlich eine Interpretation, wenn auch eine Lesart, die sich in der Forschungsliteratur sehr hĂ€ufig findet, sodass es schon eher verwundert, wenn dieser Film in der Filmgeschichte des Traums ausgespart wird (wie etwa in Koebner 2018). Es gibt jedoch gute GrĂŒnde, den Film insgesamt aufgrund der "narrativen Kombinatorik der Bilder und Handlungsepisoden" (Kreuzer 2014, 623) als "bildliche Metaphorisierung der Traumarbeit selbst" (Jaspers 2009, 131 f.) anzusehen und ihn daher als filmische Traumdarstellung zu verstehen.
  
 
===Entstehung===
 
===Entstehung===
 
Luis Buñuel, der zunÀchst noch kein offizielles Mitglied der surrealistischen Gruppe war, erinnert sich in seinen 1982 erschienenen Memoiren an die Entstehung des Films:
 
Luis Buñuel, der zunÀchst noch kein offizielles Mitglied der surrealistischen Gruppe war, erinnert sich in seinen 1982 erschienenen Memoiren an die Entstehung des Films:
  
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: "Ce film naquit de la rencontre de deux rĂȘves. En arrivant chez DalĂ­, Ă  Figueras, invitĂ© Ă  passer quelques jours, je lui racontai que j'avais rĂȘvĂ©, peu de temps auparavant, d'un nuage effilĂ© coupant la lune et d'une lame de rasoir fendant un Ɠil. De son cĂŽtĂ© il me raconta qu’il venait de voir en rĂȘve, la nuit prĂ©cĂ©dente, une main pleine de fourmis. Il ajouta: 'Et si nous faisions un film, en partant de ça?'." (Buñuel 1982: 125)
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: Ce film naquit de la rencontre de deux rĂȘves. En arrivant chez DalĂ­, Ă  Figueras, invitĂ© Ă  passer quelques jours, je lui racontai que j'avais rĂȘvĂ©, peu de temps auparavant, d'un nuage effilĂ© coupant la lune et d'une lame de rasoir fendant un Ɠil. De son cĂŽtĂ© il me raconta qu’il venait de voir en rĂȘve, la nuit prĂ©cĂ©dente, une main pleine de fourmis. Il ajouta: 'Et si nous faisions un film, en partant de ça?'" (Buñuel 1982, 125)
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Gemeinsam mit DalĂ­ sei das Drehbuch in nur einer Woche entstanden und folgte dabei dem klaren Kredo
 
Gemeinsam mit DalĂ­ sei das Drehbuch in nur einer Woche entstanden und folgte dabei dem klaren Kredo
  
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: "[de] n'accepter aucune idĂ©e, aucune image qui pĂ»t donner lieu Ă  une explication rationnelle, psychologique ou culturelle. Ouvrir toutes les portes Ă  l'irrationnel. N’accueillir que les images qui nous frappaient, sans chercher Ă  savoir pourquoi". (Ebd.: 125)
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: [de] n'accepter aucune idĂ©e, aucune image qui pĂ»t donner lieu Ă  une explication rationnelle, psychologique ou culturelle. Ouvrir toutes les portes Ă  l'irrationnel. N’accueillir que les images qui nous frappaient, sans chercher Ă  savoir pourquoi (ebd., 125).
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Vielmehr solle der Film aus möglichst vielen, einzelnen hochsymbolischen Bildern bestehen – damit lĂ€sst sich zwar ''Un chien andalou'' in einzelne ErzĂ€hlstrĂ€nge aufteilen und es gibt durchaus Figuren und Objekte, die mehrfach auftauchen, doch insgesamt bleibt eine kohĂ€rente Handlungsstruktur aus.
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Vielmehr solle der Film aus möglichst vielen, hochsymbolischen Bildern bestehen – damit lĂ€sst sich zwar ''Un chien andalou'' in einzelne ErzĂ€hlstrĂ€nge aufteilen und es gibt durchaus Figuren und Objekte, die mehrfach auftauchen, doch insgesamt bleibt eine kohĂ€rente Handlungsstruktur aus.
  
 
[[Datei:ChienAndalou_Einstellungen.png|thumb|right|300px|Szenenfolge]]
 
[[Datei:ChienAndalou_Einstellungen.png|thumb|right|300px|Szenenfolge]]
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Dies zeigt sich auch an der generellen FilmĂ€sthetik, denn der etwas mehr als 15 Minuten lange Film (dies ist letztlich abhĂ€ngig von der Wiedergabegeschwindigkeit der etwa 430 Meter langen Filmrolle) besteht, inklusive der Zwischentitel zu Beginn, aus 300 Einstellungen. Dies ist angesichts der ĂŒberschaubaren Spielzeit eine durchaus hohe Zahl und bedeutete eben auch, dass kaum mit Kameraschwenks gearbeitet wird und stattdessen vielmehr Schnitte zu einer anderen Einstellung erfolgen. Sehr hĂ€ufig wird dabei das Montageprinzip von Schnitt und Gegenschnitt verwendet, beispielsweise gleich zu Beginn des Films: Zweimal folgt auf die Großaufnahme eines an einer TĂŒre geschliffenen Rasiermessers die Nahaufnahme eines rauchenden Mannes (Einstellungen 7–10).
 
Dies zeigt sich auch an der generellen FilmĂ€sthetik, denn der etwas mehr als 15 Minuten lange Film (dies ist letztlich abhĂ€ngig von der Wiedergabegeschwindigkeit der etwa 430 Meter langen Filmrolle) besteht, inklusive der Zwischentitel zu Beginn, aus 300 Einstellungen. Dies ist angesichts der ĂŒberschaubaren Spielzeit eine durchaus hohe Zahl und bedeutete eben auch, dass kaum mit Kameraschwenks gearbeitet wird und stattdessen vielmehr Schnitte zu einer anderen Einstellung erfolgen. Sehr hĂ€ufig wird dabei das Montageprinzip von Schnitt und Gegenschnitt verwendet, beispielsweise gleich zu Beginn des Films: Zweimal folgt auf die Großaufnahme eines an einer TĂŒre geschliffenen Rasiermessers die Nahaufnahme eines rauchenden Mannes (Einstellungen 7–10).
  
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Es ist daher sicherlich nicht zufĂ€llig, dass diese Sequenz nicht ĂŒber einen einzigen Kameraschwenk gelöst, sondern in vier aufeinanderfolgenden Einstellungen inszeniert wird; denn auch wenn die filmische Informationsvergabe identisch wĂ€re – die ZuschauerInnen erfahren, dass HĂ€nde und Gesicht zur gleichen Person gehören –, lehnt sich eine auf schnell aufeinanderfolgenden Einzelbildern beruhende FilmĂ€sthetik stĂ€rker an Buñuels und DalĂ­s gewĂŒnschte TraumĂ€sthetik an.
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Es ist daher sicher nicht zufĂ€llig, dass diese Sequenz nicht ĂŒber einen einzigen Kameraschwenk gelöst, sondern in vier aufeinanderfolgenden Einstellungen inszeniert wird; denn auch wenn die filmische Informationsvergabe identisch wĂ€re – die ZuschauerInnen erfahren, dass HĂ€nde und Gesicht zur gleichen Person gehören –, lehnt sich eine auf schnell aufeinanderfolgenden Einzelbildern beruhende FilmĂ€sthetik stĂ€rker an Buñuels und DalĂ­s gewĂŒnschte TraumĂ€sthetik an.
  
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Das bedeutet aber natĂŒrlich gleichzeitig, dass ''Un chien andalou'' als Film nur bedingt surrealistische Verfahren wie die 'Ă©criture automatique' umsetzen kann, da ja offenbar eine sehr bewusste Nachbearbeitung im Schneideraum stattfand (vgl. Talens 1994: 51). Zwar lassen sich prinzipiell auch 'zufĂ€llige' Foto- oder Filmaufnahmen vorstellen, bei denen die Fotografin oder der Kameramann (respektive der Fotograf oder die Kamerafrau), doch ist eine Filmproduktion insgesamt nicht nur stark durchgeplant, sondern letztlich auch eine kollektive Gemeinschaftsarbeit. Bereits Jean Goudal stellte fest:
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Das bedeutet aber natĂŒrlich gleichzeitig, dass ''Un chien andalou'' als Film nur bedingt surrealistische Verfahren wie die 'Ă©criture automatique' umsetzen kann, da ja offenbar eine sehr bewusste Nachbearbeitung im Schneideraum stattfand (vgl. Talens 1994, 51). Zwar lassen sich prinzipiell auch 'zufĂ€llige' Foto- oder Filmaufnahmen vorstellen, doch ist eine Filmproduktion insgesamt nicht nur stark durchgeplant, sondern letztlich auch eine kollektive Gemeinschaftsarbeit. Bereits Jean Goudal stellte fest:
  
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: "Dans l'état actuel du cinéma, un film n'a pas un auteur, il en a deux, trois, dix, cinquante." (Goudal 1925: 354)
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: Dans l'état actuel du cinéma, un film n'a pas un auteur, il en a deux, trois, dix, cinquante (Goudal 1925, 354).
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Dies musste auch schließlich AndrĂ© Breton eingestehen, der 1932 in einem in der Zeitschrift ''La nouvelle revue française'' veröffentlichten offenen Brief die Möglichkeiten der 'Ă©criture automatique' zu verteidigen sucht (vgl. Breton 1932: 151ff.).
 
  
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Dennoch stellte ''Un chien andalou'' fĂŒr Buñuel und DalĂ­ einen großen (und auch kommerziellen) Erfolg dar: "Meiner Voraussage gemĂ€ĂŸ drang er wie ein Dolch in das Herz von Paris." (DalĂ­ 2004: 365) Dies lag zweifelsfrei sowohl an den 'schockierenden' Szenen – der Schnitt durch den Augapfel, die verwesenden Eselleichen, die aus einer Hand krabbelnden Ameisen –, die mit den Sehgewohnheiten der RezipientInnen spielen als auch an der 'verworrenen' Handlung, die radikal mit deren Erwartungen an einen Spielfilm bricht.
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Dies musste auch schließlich AndrĂ© Breton eingestehen, der 1932 in einem in der Zeitschrift ''La nouvelle revue française'' veröffentlichten offenen Brief die Möglichkeiten der 'Ă©criture automatique' zu verteidigen sucht (Breton 1932, 151 ff.).
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Dennoch stellte ''Un chien andalou'' fĂŒr Buñuel und DalĂ­ einen großen (und auch kommerziellen) Erfolg dar: "Meiner Voraussage gemĂ€ĂŸ drang er wie ein Dolch in das Herz von Paris" (DalĂ­ 2004, 365). Dies lag zweifelsfrei sowohl an den 'schockierenden' Szenen – der Schnitt durch den Augapfel, die verwesenden Eselleichen, die aus einer Hand krabbelnden Ameisen –, die mit den Sehgewohnheiten der RezipientInnen spielen als auch an der 'verworrenen' Handlung, die radikal mit deren Erwartungen an einen Spielfilm bricht.
  
 
===Aufbau===
 
===Aufbau===
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Der Film – und das spĂ€ter als kurzer Prosatext veröffentlichte Drehbuch (Buñuel/DalĂ­ 1974) – lassen sich in zehn Handlungsepisoden unterteilen:
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Der Film – und das spĂ€ter als kurzer Prosatext veröffentlichte Drehbuch (Buñuel/DalĂ­ 1929 u. 1974) – lassen sich in zehn Handlungsepisoden unterteilen:
  
 
[[Datei:ChienAndalou_Aufbau.png|thumb|right|300px|Szenenfolge und Handlungsepisoden]]
 
[[Datei:ChienAndalou_Aufbau.png|thumb|right|300px|Szenenfolge und Handlungsepisoden]]
  
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: Zwischentitel: "il Ă©tait und fois
" (Einstellung 6) / "Es war einmal
" (Buñuel/DalĂ­ 1974: 91)
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: Zwischentitel: "il Ă©tait und fois
" (Einstellung 6) / "Es war einmal
" (Buñuel/DalĂ­ 1974, 91).
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: (1) Ein rauchender Mann schleift ein Rasiermesser an der BalkontĂŒre und testet dessen SchĂ€rfe am Daumen; vom Balkon aus beobachtet er am Mond vorbeiziehende Wolken; eine Hand hĂ€lt das Auge einer Frau auf und schneidet (wie die Wolken durch den Mond) ĂŒber die Pupille
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: (1) Ein rauchender Mann schleift ein Rasiermesser an der BalkontĂŒre und testet dessen SchĂ€rfe am Daumen; vom Balkon aus beobachtet er am Mond vorbeiziehende Wolken; eine Hand hĂ€lt das Auge einer Frau auf und schneidet (wie die Wolken durch den Mond) ĂŒber die Pupille.
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: Zwischentitel: "huit ans aprÚs." (Einstellung 19) / "Acht Jahre spÀter" (Buñuel/Dalí 1974: 91)
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: Zwischentitel: "huit ans aprÚs." (Einstellung 19) / "Acht Jahre spÀter" (Buñuel/Dalí 1974, 91).
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: (2) Ein junger Mann im Nonnenhabit und mit einer Holzbox (Großaufnahme 28) um den Hals fĂ€hrt auf dem Fahrrad durch die Straße; offenbar zeitgleich schreckt eine lesende Frau auf (in ihrem Buch findet sich das Vermeer-GemĂ€lde "De kantwerkster" von 1669/70) und blickt aus dem Fenster ihrer Wohnung, wo der Fahrradfahrer soeben plötzlich umfĂ€llt und liegen bleibt (Einstellung 38); sie tritt auf die Straße und kĂŒsst den Mann (Einstellung 48); zurĂŒck im Zimmer öffnet sie die Holzbox und ordnet den Nonnenhabit auf dem Bett an
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: (2) Ein junger Mann im Nonnenhabit und mit einer Holzbox (Großaufnahme 28) um den Hals fĂ€hrt auf dem Fahrrad durch die Straße; offenbar zeitgleich schreckt eine lesende Frau auf (in ihrem Buch findet sich das Vermeer-GemĂ€lde "De kantwerkster" [Die Spitzenklöpplerin] von 1669/70) und blickt aus dem Fenster ihrer Wohnung, wo der Fahrradfahrer soeben plötzlich umfĂ€llt und liegen bleibt (Einstellung 38); sie tritt auf die Straße und kĂŒsst den Mann (Einstellung 48); zurĂŒck im Zimmer öffnet sie die Holzbox und ordnet den Nonnenhabit auf dem Bett an.
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: (3) Plötzlich steht der offenbar gleiche junge Mann im Zimmer und betrachtet seine Hand, aus der plötzlich Ameisen herauskriechen (Einstellung 63); Überblendung zum Achselhaar einer am Strand liegenden Frau (Einstellung 66) und schließlich einem Seeigel (Einstellung 67)
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: (3) Plötzlich steht der offenbar gleiche junge Mann im Zimmer und betrachtet seine Hand, aus der Ameisen herauskriechen (Einstellung 63); Überblendung zum Achselhaar einer am Strand liegenden Frau (Einstellung 66) und schließlich einem Seeigel (Einstellung 67).
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: (4) Überblendung zu einer Frau, die auf der Straße steht und eine abgetrennte menschliche Hand mit einem Stock bewegt, beobachtet von Schaulustigen auf der Straße und einem Paar am Wohnungsfenster; ein Polizist spricht die Frau an, legt die Hand in die Holzbox (Einstellung 85) und ĂŒberreicht sie der Frau; die Menschenmenge löst sich auf, und die Frau bleibt alleine auf der Straße zurĂŒck, wĂ€hrend Autos an ihr vorbeirasen; das Paar am Fenster beobachtet, wie sie ĂŒberfahren wird, und sich erneut Menschen um sie versammeln (Einstellung 105)
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: (4) Überblendung zu einer Frau, die auf der Straße steht und eine abgetrennte menschliche Hand mit einem Stock bewegt, beobachtet von Schaulustigen auf der Straße und einem Paar am Wohnungsfenster; ein Polizist spricht die Frau an, legt die Hand in die Holzbox (Einstellung 85) und ĂŒberreicht sie der Frau; die Menschenmenge löst sich auf, und die Frau bleibt alleine auf der Straße zurĂŒck, wĂ€hrend Autos an ihr vorbeirasen; das Paar am Fenster beobachtet, wie sie ĂŒberfahren wird, und sich erneut Menschen um sie versammeln (Einstellung 105).
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: (5) Das Paar in der Wohnung hat den Vorfall beobachtet; plötzlich bedrĂ€ngt der Mann die Frau, die erschrocken zurĂŒckweicht; er fasst ihr an die BrĂŒste (in einer Überblenden werden diese erst unbekleidet (Einstellung 121) und dann zu nackten Pobacken (Einstellung 125)); die Frau verschanzt sich in einer Zimmerecke, wĂ€hrend der Mann plötzlich zwei Seile vom Boden aufhebt, an denen "zwei BrĂŒder der Armenschule" (Buñuel/DalĂ­ 1974: 94) sowie zwei FlĂŒgel mit Eselskadavern hĂ€ngen, und diese unter großen Anstrengungen in die Zimmerecke zieht; die Frau flĂŒchtet durch eine TĂŒre, kann diese jedoch nicht schließen, da der Arm des Mannes (mit einer Hand voller Ameisen) diese blockiert (Einstellung 167); in diesem Nebenzimmer liegt plötzlich der junge Mann im Nonnenhabit und mit der Holzbox um den Hals
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: (5) Das Paar in der Wohnung hat den Vorfall beobachtet; plötzlich bedrĂ€ngt der Mann die Frau, die erschrocken zurĂŒckweicht; er fasst ihr an die BrĂŒste (in zwei Überblendungen werden diese erst unbekleidet gezeigt (Einstellung 121) und dann zu nackten Pobacken (Einstellung 125)); die Frau verschanzt sich in einer Zimmerecke, wĂ€hrend der Mann plötzlich zwei Seile vom Boden aufhebt, an denen "zwei BrĂŒder der Armenschule" (Buñuel/DalĂ­ 1974, 94) sowie zwei FlĂŒgel mit Eselskadavern hĂ€ngen, und diese unter großen Anstrengungen in die Zimmerecke zieht; die Frau flĂŒchtet durch eine TĂŒre, kann diese jedoch nicht schließen, da der Arm des Mannes (mit einer Hand voller Ameisen) sie blockiert (Einstellung 167); in diesem Nebenzimmer liegt plötzlich der junge Mann im Nonnenhabit und mit der Holzbox um den Hals.
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: Zwischentitel: "vers trois heures du matin
" (Einstellung 177) / "Gegen drei Uhr morgens" (Buñuel/DalĂ­ 1974: 95)
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: Zwischentitel: "vers trois heures du matin
" (Einstellung 177) / "Gegen drei Uhr morgens" (Buñuel/DalĂ­ 1974, 95).
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: (6) Ein Mann mit Hut klingelt an der HaustĂŒre (das Klingeln wird durch einen Cocktail-Shaker ersetzt) und stĂŒrmt zum jungen Mann im Bett; er schreit diesen an, schlĂ€gt und schĂŒttelt ihn, und nimmt ihm schließlich Nonnenhabit und Holzbox ab, die er aus dem Fenster wirft; der Mann mit Hut (immer nur von hinten zu sehen) schickt ihn in die gleiche Zimmerecke, in der sich die Frau zuvor verschanzt hatte, wirft seinen Hut weg und dreht sich zur Kamera um
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: (6) Ein Mann mit Hut klingelt an der HaustĂŒre (das Klingeln wird durch einen Cocktail-Shaker ersetzt) und stĂŒrmt zum jungen Mann im Bett; er schreit diesen an, schlĂ€gt und schĂŒttelt ihn, und nimmt ihm schließlich Nonnenhabit und Holzbox ab, die er aus dem Fenster wirft; der Mann mit Hut (immer nur von hinten zu sehen) schickt ihn in die gleiche Zimmerecke, in der sich die Frau zuvor verschanzt hatte, wirft seinen Hut weg und dreht sich zur Kamera um.
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: Zwischentitel: "seize ans avant" (Einstellung 215) / "Vor sechzehn Jahren" (Buñuel/Dalí 1974: 95)
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: Zwischentitel: "seize ans avant" (Einstellung 215) / "Vor sechzehn Jahren" (Buñuel/Dalí 1974, 95).
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: (7) Der Mann (nun ohne Hut) geht in Zeitlupe auf die Kamera zu, nimmt BĂŒcher von einem Schreibpult in der Mitte des Raums und gibt sie dem jungen Mann; als er aus dem Zimmer gehen möchte, verwandeln sich die BĂŒcher zu Pistolen, und der junge Mann schießt mehrfach auf 'den Neuen' (Buñuel/DalĂ­ 1974: 95); getroffen stĂŒrzt der Mann auf den RĂŒcken einer unbekleideten Frau in einem Wald und bleibt auf dem Boden liegen; vier MĂ€nner kommen herbei und untersuchen den Körper; der Leichenzug wird von zwei weiteren MĂ€nnern begleitet
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: (7) Der Mann (nun ohne Hut) geht in Zeitlupe auf die Kamera zu (wenn wir ihn zum ersten Mal von vorne sehen, erkennen wir, dass er ein DoppelgĂ€nger des jungen Mannes ist); er nimmt BĂŒcher von einem Schreibpult in der Mitte des Raums und gibt sie dem jungen Mann; als er aus dem Zimmer gehen möchte, verwandeln sich die BĂŒcher zu Pistolen, und der junge Mann schießt mehrfach auf 'den Neuen' (Buñuel/DalĂ­ 1974, 95); getroffen stĂŒrzt der Mann auf den RĂŒcken einer unbekleideten Frau in einem Wald und bleibt auf dem Boden liegen; vier MĂ€nner kommen herbei und untersuchen den Körper; der Leichenzug wird von zwei weiteren MĂ€nnern begleitet.
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: (8) Eine junge Frau betritt das Zimmer und sieht einen Nachtfalter (Einstellung 261) mit einem Totenkopf-Symbol an der Wand (Einstellung 268); ein Mann wischt sich mit der Hand den Mund aus dem Gesicht (Einstellung 271); die Frau beginnt sich daraufhin ĂŒbertrieben mit Lippenstift zu schminken; beim Mann wachsen plötzlich Haare ĂŒber der Stelle des vorherigen Mundes, wĂ€hrend der Frau die Achselhaare nun fehlen (Einstellung 277); sie streckt dem Mann die Zunge heraus und verlĂ€sst das Zimmer
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: (8) Die Frau betritt das Zimmer und sieht einen Nachtfalter (Einstellung 261) mit einem Totenkopf-Symbol an der Wand (Einstellung 268); der junge Mann wischt sich mit der Hand den Mund aus dem Gesicht (Einstellung 271); die Frau beginnt sich daraufhin ĂŒbertrieben mit Lippenstift zu schminken; beim Mann wachsen plötzlich Haare ĂŒber der Stelle des vorherigen Mundes, wĂ€hrend der Frau die Achselhaare nun fehlen (Einstellung 277); sie streckt dem Mann die Zunge heraus und verlĂ€sst das Zimmer.
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: (9) Vor der TĂŒre weht ihr starker Wind entgegen; die Frau sieht einen weiteren Mann an der Meeresbrandung stehen (Einstellung 285) und lĂ€uft zu ihm hin; er zeigt ihr die Zeit auf seiner Uhr, die sie ausschlĂ€gt (Einstellung 290); die Frau kĂŒsst ihn, und beide spazieren am steinigen Strand entlang; im Matsch liegt die zerbrochene Holzbox, die der Mann ins Meer kickt, und der Nonnenhabit, die er wegwirft; beide gehen gemeinsam am Strand weiter
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: (9) Vor der TĂŒre weht ihr starker Wind entgegen; die Frau sieht einen anderen Mann an der Meeresbrandung stehen (Einstellung 285) und lĂ€uft zu ihm hin; er zeigt ihr die Zeit auf seiner Uhr, die sie herunterdrĂŒckt (Einstellung 290); die Frau kĂŒsst ihn, und beide spazieren am steinigen Strand entlang; im Matsch liegt die zerbrochene Holzbox, die der Mann ins Meer kickt, und der Nonnenhabit, den er wegwirft; beide gehen gemeinsam am Strand weiter.
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: Zwischentitel: "au pintemps
" (Einstellung 299) / "Mit dem FrĂŒhling" (Buñuel/DalĂ­ 1974: 97)
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: Zwischentitel: "au pintemps
" (Einstellung 299) / "Mit dem FrĂŒhling" (Buñuel/DalĂ­ 1974, 97).
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: (10) das Paar liegt, bis zum Oberkörper mit Sand und Schlick bedeckt, offenbar tot am Strand
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: (10) das Paar liegt, bis zum Oberkörper mit Sand und Schlick bedeckt, offenbar tot am Strand.
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===Traumsymbolik===
 
===Traumsymbolik===
 
Mit seiner Narration lehnt sich ''Un chien andalou'' damit tatsĂ€chlich an die Freud'sche Theorie an, nachdem sich der Traum als irrationales nĂ€chtliches Erleben zwar prinzipiell nacherzĂ€hlen lĂ€sst, dabei aber weniger ĂŒber eine stringente Handlung verfĂŒgt und sich vielmehr aus bruchstĂŒckhaften Fragmenten zusammensetzt, die teilweise ĂŒberraschende ZusammenhĂ€nge eröffnen. Denn im Gegensatz zu einer 'klassischen' (Film-)ErzĂ€hlung, die normalerweise aus der kausal aufeinander aufbauenden Abfolge verschiedener Handlungselemente besteht, die sich dadurch zu einer nachvollziehbaren Geschichte anordnen, fehlt den TrĂ€umen zumeist dieser logische Zusammenhang.
 
Mit seiner Narration lehnt sich ''Un chien andalou'' damit tatsĂ€chlich an die Freud'sche Theorie an, nachdem sich der Traum als irrationales nĂ€chtliches Erleben zwar prinzipiell nacherzĂ€hlen lĂ€sst, dabei aber weniger ĂŒber eine stringente Handlung verfĂŒgt und sich vielmehr aus bruchstĂŒckhaften Fragmenten zusammensetzt, die teilweise ĂŒberraschende ZusammenhĂ€nge eröffnen. Denn im Gegensatz zu einer 'klassischen' (Film-)ErzĂ€hlung, die normalerweise aus der kausal aufeinander aufbauenden Abfolge verschiedener Handlungselemente besteht, die sich dadurch zu einer nachvollziehbaren Geschichte anordnen, fehlt den TrĂ€umen zumeist dieser logische Zusammenhang.
  
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So zeichnet sich auch ''Un chien andalou'' durch eine stark fragmentarische Narration aus, deren Sprunghaftigkeit selbst vor der vermeintlichen 'Ordnung' der Titelkarten nicht Halt macht. Im Gegenteil: Die fĂŒnf Zwischentitel (Einstellungen 6, 19, 177, 215, 299) deuten eine erzĂ€hlte Zeit von einem guten Vierteljahrhundert an, was sowohl der Handlung als auch den offenbar 'zeitlosen' Figuren (da keine Figurenentwicklung oder Alterung) widerspricht. Zu den weiteren zeitlichen Ungenauigkeiten wie Anachronismen (also ZeitsprĂŒnge und gar eine Umkehrung der zeitlichen Reihenfolge), Auslassungen (etwa Jump Cuts) oder AchsensprĂŒnge (Einstellung 34/35) kommen auch rĂ€umliche WidersprĂŒche; so scheint die bedrĂ€ngte Frau in das offensichtlich gleiche Zimmer – "das mit dem ersten identisch ist, durch die Beleuchtung aber anders wirkt" (Buñuel/DalĂ­ 1974: 94) – zu flĂŒchten (Einstellung 170f.). Diese unlogische Architektur mag Sigmund Freuds vielzitierte Aussage, das Ich sei nicht mehr 'Herr im eigenen Haus' (vgl. Freud 2004: 190f.) reflektieren, erschwert aber eben auch die Orientierungsmöglichkeiten der RezipientInnen innerhalb des Films.
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So zeichnet sich auch ''Un chien andalou'' durch eine stark fragmentarische Narration aus, deren Sprunghaftigkeit selbst vor der vermeintlichen 'Ordnung' der Titelkarten nicht Halt macht. Im Gegenteil: Die fĂŒnf Zwischentitel (Einstellungen 6, 19, 177, 215, 299) deuten eine erzĂ€hlte Zeit von einem guten Vierteljahrhundert an, was sowohl der Handlung als auch den offenbar 'zeitlosen' Figuren widerspricht, da es bei diesen keine Entwicklung oder Alterung gibt. Zu den weiteren zeitlichen Ungenauigkeiten wie Anachronismen (also ZeitsprĂŒnge oder gar eine Umkehrung der zeitlichen Reihenfolge), Auslassungen (etwa Jump Cuts) oder AchsensprĂŒngen (Einstellung 34/35) kommen auch rĂ€umliche WidersprĂŒche; so scheint die bedrĂ€ngte Frau in das offensichtlich gleiche Zimmer zu flĂŒchten – "das mit dem ersten identisch ist, durch die Beleuchtung aber anders wirkt" (Buñuel/DalĂ­ 1974, 94) (Einstellung 170 f.). Diese unlogische Architektur mag Sigmund Freuds vielzitierte Aussage, das Ich sei nicht mehr 'Herr im eigenen Haus' (vgl. Freud 2004, 190 f.) reflektieren, erschwert aber eben auch die Orientierungsmöglichkeiten der RezipientInnen innerhalb des Films.
  
 
In Ă€hnlicher Weise bleibt auch ein erkennbarer Zusammenhang zwischen dem paratextuellen Titel ''Un chien andalou'' – wohl auf den geplanten Gedichtband ''El perro andaluz'' von Buñuel zurĂŒckgehend – und den Handlungsepisoden aus, dabei wĂ€re es ja eigentlich genau die Aufgabe des Filmtitels, die ErzĂ€hlung zu 'betiteln', also sinnvoll zu ĂŒberschreiben.
 
In Ă€hnlicher Weise bleibt auch ein erkennbarer Zusammenhang zwischen dem paratextuellen Titel ''Un chien andalou'' – wohl auf den geplanten Gedichtband ''El perro andaluz'' von Buñuel zurĂŒckgehend – und den Handlungsepisoden aus, dabei wĂ€re es ja eigentlich genau die Aufgabe des Filmtitels, die ErzĂ€hlung zu 'betiteln', also sinnvoll zu ĂŒberschreiben.
  
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Vielmehr wird die traumtypisch verworrene ErzĂ€hlstruktur durch die sprunghafte Folge hochsymbolischer Bilder begleitet, die eine zu interpretierende Mehrdeutigkeit eröffnen. So erzeugen beispielsweise einerseits Parallelsetzungen (wie etwa Mond/Wolke und Auge/Messer), andererseits traumhafte Assoziationen (der Übergang von Achselhaar zu Seeigel in Einstellung 66/67, die Verbindung von Klingel und Shaker in Einstellung 180/182 etc.) wie auch die Andeutung einer Strukturierung ĂŒber ausgewĂ€hlte Leitmotive (vor allem die Holzbox als Vorwegnahme des Hitchcock'schen 'MacGuffin' (vgl. Truffaut 2004: 125f.) sowie das Nonnenhabit) ĂŒberraschende ZusammenhĂ€nge, sind aber letztlich nicht wirklich sinnstiftend.
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Vielmehr wird die traumtypisch verworrene ErzĂ€hlstruktur durch die sprunghafte Folge hochsymbolischer Bilder begleitet, die eine zu interpretierende Mehrdeutigkeit eröffnen. So erzeugen beispielsweise einerseits Parallelsetzungen (wie etwa Mond/Wolke und Auge/Messer), andererseits traumhafte Assoziationen (der Übergang von Achselhaar zum Seeigel in Einstellung 66/67, die Verbindung von Klingel und Shaker in Einstellung 180/182 etc.) wie auch die Andeutung einer Strukturierung ĂŒber ausgewĂ€hlte Leitmotive (vor allem die Holzbox als Vorwegnahme des Hitchcock'schen 'MacGuffin' (vgl. Truffaut 2004, 125 f.) sowie das Nonnenhabit) ĂŒberraschende ZusammenhĂ€nge, sind aber letztlich nicht wirklich sinnstiftend.
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Zur Ambivalenz des Traums scheint es dabei auch zu gehören, dass die erzĂ€hlte 'Handlung' weder als reiner Angsttraum (Schnitt durch die Pupille, Ameisen auf der Hand usw.) noch als genuine (phallozentrische) Wunschvorstellung (im sexuellen Übergriff auf die Frau) gedeutet werden kann. Vielmehr werden ja in dieser Sequenz sogar unterschiedliche Perspektiven eingenommen, wenn die Frau als Objekt der mĂ€nnlichen Lust erscheint und der gewalttĂ€tige Mann in einem Stadium zwischen "Bosheit und Sinnlichkeit", mit "geilen HĂ€nden" und zugleich "tödlicher Angst" (Buñuel/DalĂ­ 1974, 93) beschrieben wird.
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Ohnehin stimmt die starke Symbolhaftigkeit nicht nur mit der Freud'schen Theorie ĂŒberein – "Der Traum bedient sich nun dieser Symbolik zur verkleideten Darstellung seiner latenten Gedanken." (Freud 2009, 354) –, sondern scheint teilweise akribisch wie klischeehaft auf die ''Traumdeutung'' zurĂŒckzugreifen:
  
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Zur Ambivalenz des Traums scheint es dabei auch zu gehören, dass die erzĂ€hlte 'Handlung' weder als reiner Angsttraum (Schnitt durch die Pupille, Ameisen auf der Hand usw.) noch als genuine (phallozentrische) Wunschvorstellung (im sexuellen Übergriff auf die Frau) gedeutet werden kann. Vielmehr werden ja in dieser Sequenz sogar unterschiedliche Perspektiven eingenommen, wenn die Frau als Objekt der mĂ€nnlichen Lust erscheint und der gewalttĂ€tige Mann in einem Stadium zwischen "Bosheit und Sinnlichkeit", mit "geilen HĂ€nde[n]" und zugleich "tödlicher Angst" (Buñuel/DalĂ­ 1974: 93) beschrieben wird.
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: Alle in die LĂ€nge reichenden Objekte, Stöcke, BaumstĂ€mme, Schirme (des der Erektion vergleichbaren Aufspannens wegen!), alle lĂ€nglichen und scharfen Waffen: Messer, Dolche, Piken, wollen das mĂ€nnliche Glied vertreten. Ein hĂ€ufiges, nicht recht verstĂ€ndliches Symbol desselben ist die Nagelfeile (des Reibens uns Schabens wegen?). – Dosen, Schachteln, KĂ€sten, SchrĂ€nke, Öfen entsprechen dem Frauenleib, aber auch Höhlen, Schiffe und alle Arten von GefĂ€ĂŸen" (Freud 2009, 355).
  
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Ohnehin stimmt die starke Symbolhaftigkeit nicht nur mit der Freud'schen Theorie ĂŒberein – "Der Traum bedient sich nun dieser Symbolik zur verkleideten Darstellung seiner latenten Gedanken." (Freud 2009: 354) –, sondern scheint teilweise akribisch wie klischeehaft auf die Traumdeutung zurĂŒckzugreifen:
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''Un chien andalou'' vermischt dadurch die symbolhaften, "erratischen und irrationalen Bilder" (Kracauer 1964, 252), die sich wie im Traum dem 'kulturellen Unbewussten' zu entlehnen scheinen und "im Folklore, in den Mythen, Sagen, Redensarten, in der Spruchweisheit und in den umlaufenden Witzen eines Volkes vollstÀndiger als im TrÀume aufzufinden" (Freud 2009, 353) sind, mit verschiedensten Referenzen und Diskursen.
  
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: "Alle in die LĂ€nge reichenden Objekte, Stöcke, BaumstĂ€mme, Schirme (des der Erektion vergleichbaren Aufspannens wegen!), alle lĂ€nglichen und scharfen Waffen: Messer, Dolche, Piken, wollen das mĂ€nnliche Glied vertreten. Ein hĂ€ufiges, nicht recht verstĂ€ndliches Symbol desselben ist die Nagelfeile (des Reibens uns Schabens wegen?). – Dosen, Schachteln, KĂ€sten, SchrĂ€nke, Öfen entsprechen dem Frauenleib, aber auch Höhlen, Schiffe und alle Arten von GefĂ€ĂŸen." (ebd.: 355)
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Diese "Bilder des VerdrĂ€ngten" (Gendolla 1994, 139) werden durch die von Buñuel ausgewĂ€hlte Musik – Ausschnitte aus einem argentinischen Tango sowie aus Richard Wagners ''Tristan und Isolde'' (1865) – zusammengebracht (vgl. Kagel 1994, 63). Sicherlich nicht zufĂ€llig sind also gerade keine Neukompositionen, sondern einprĂ€gsame StĂŒcke verwendet, fast als wĂŒrde das trĂ€umende Unbewusste auf bekannte KlĂ€nge und Melodien zurĂŒckgreifen.
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''Un chien andalou'' vermischt dadurch die symbolhaften, "erratischen und irrationalen Bilder" (Kracauer 1964: 252), die sich wie im Traum dem 'kulturellen Unbewussten' zu entlehnen scheinen und "im Folklore, in den Mythen, Sagen, Redensarten, in der Spruchweisheit und in den umlaufenden Witzen eines Volkes vollstÀndiger als im TrÀume aufzufinden" (Freud 2009: 353) sind, mit verschiedensten Referenzen und Diskursen.
 
  
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Diese "Bilder des VerdrĂ€ngten" (Gendolla 1994: 139) durch die von Buñuel ausgewĂ€hlte Musik – Ausschnitte aus einem argentinischen Tango sowie aus Richard Wagners ''Tristan und Isolde'' (1865) – zusammengebracht (vgl. Kagel 1994: 63). Sicherlich nicht zufĂ€llig werden also gerade keine Neukompositionen, sondern auf einprĂ€gsame StĂŒcke verwendet, fast als wĂŒrde das trĂ€umende Unbewusste auf bekannte KlĂ€nge und Melodien zurĂŒckgreifen.
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In dieser Kombination aus Bild und Musik entsteht im Medium des Films ein traumhaftes ErzĂ€hlen mit 'ĂŒberrealistischer' (eben: 'surrealer') Wirkung, wenn etwa die Konstruktion und 'Gemachtheit' des Films insgesamt – etwa durch ein "theaterhaftes Dekor" (Kracauer 1964, 254) – nicht versteckt wird. Dadurch entsteht der Eindruck,
  
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In dieser Kombination aus Bild und Musik entsteht im Medium des Films ein traumhaftes ErzĂ€hlen mit 'ĂŒberrealistischer' (eben: 'surrealer') Wirkung, wenn etwa die Konstruktion und 'Gemachtheit' des Films insgesamt – etwa durch ein "theaterhaftes Dekor" (Kracauer 1964: 254) – nicht versteckt wird. Dadurch entsteht der Eindruck,
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: die innere RealitĂ€t sei der Ă€ußeren unendlich ĂŒberlegen. Folglich ist es ihr [gemeint sind die surrealistischen Filmeschaffenden] dringlichstes Vorhaben, den Strom inneren Lebens und all das, was er an Instinkten, TrĂ€umen, Visionen und dergleichen mit sich fĂŒhrt, ohne die Hilfe einer Story oder irgendeines anderen rationalen Kunstgriffs sichtbar zu machen (ebd., 254).
  
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: "die innere RealitĂ€t sei der Ă€ußeren unendlich ĂŒberlegen. Folglich ist es ihr [gemeint sind die surrealistischen Filmeschaffenden] dringlichstes Vorhaben, den Strom inneren Lebens und all das, was er an Instinkten, TrĂ€umen, Visionen und dergleichen mit sich fĂŒhrt, ohne die Hilfe einer Story oder irgendeines anderen rationalen Kunstgriffs sichtbar zu machen." (ebd.: 254)
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Interessanterweise bleibt auch die Tricktechnik im Vergleich zu den parallelen Experimenten von Epstein eher zurĂŒckhaltend und findet sich nur in Doppelbelichtungen und Überblendungen (beispielsweise wenn die RĂŒckansicht des Fahrradfahrers zwischen zwei Einstellungen (Einstellung 25/26) ĂŒberleitet) und im Verfahren der Stop-Motion-Technik (als sich die Kleidung des Mannes sich im Bett plötzlich verĂ€ndert; Einstellung 53/55).
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Interessanterweise bleibt auch die Tricktechnik im Vergleich zu den parallelen Experimenten von Epstein eher zurĂŒckhaltend und findet nur mit Doppelbelichtungen und Überblendungen, beispielsweise wenn die RĂŒckansicht des Fahrradfahrers zwischen zwei Einstellungen (Einstellung 25/26) ĂŒberleitet, und im Verfahren der Stop-Motion-Technik ihre Anwendung, als sich die Kleidung im Bett plötzlich verĂ€ndert (Einstellung 53/55).
 
  
 
===Ausblick===
 
===Ausblick===
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Die UrauffĂŒhrung des Films wurde zu Buñuels Erleichterung von der surrealistischen 'Kerngruppe' um Breton offenbar sehr positiv aufgenommen – seine mitgebrachten Steine "pour les lancer sur l'assistance en cas d'Ă©chec" (Buñuel 1982: 128) wurden letztlich nicht benötigt. DafĂŒr aber wurde Buñuel schon bald sowohl fĂŒr seine Veröffentlichung des Drehbuchs in der 'bĂŒrgerlichen' ''Revue de cinĂ©ma'' wie auch fĂŒr den kommerziellen Erfolg des Films in Paris von den Surrealisten zur Rede gestellt: "Comment un film aussi provocant pouvait-il faire salle comble?" (ebd.: 131) Dabei dĂŒrfte vor allem die Skandalisierung des Films die ZuschauerInnen ins Kino gelockt haben:
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Die UrauffĂŒhrung des Films wurde zu Buñuels Erleichterung von der surrealistischen 'Kerngruppe' um Breton offenbar sehr positiv aufgenommen – seine mitgebrachten Steine "pour les lancer sur l'assistance en cas d'Ă©chec" (Buñuel 1982, 128) wurden letztlich nicht benötigt. DafĂŒr aber wurde Buñuel schon bald sowohl fĂŒr seine Veröffentlichung des Drehbuchs in der 'bĂŒrgerlichen' ''Revue de cinĂ©ma'' wie auch fĂŒr den kommerziellen Erfolg des Films in Paris von den Surrealisten zur Rede gestellt: "Comment un film aussi provocant pouvait-il faire salle comble?" (ebd., 131) Dabei dĂŒrfte gerade die Skandalisierung des Films die ZuschauerInnen ins Kino gelockt haben:
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: Quarante ou cinquante dĂ©nonciateurs se prĂ©sentĂšrent au commissariat de police en affirmant: 'Il faut interdire ce film obscĂšne et cruel.' [
] On compta mĂȘme deux avortements pendant les projections. Pourtant, le film ne fut pas interdit (ebd., 130).
  
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: "Quarante ou cinquante dĂ©nonciateurs se prĂ©sentĂšrent au commissariat de police en affirmant: 'Il faut interdire ce film obscĂšne et cruel.' [
] On compta mĂȘme deux avortements pendant les projections. Pourtant, le film ne fut pas interdit." (ebd.: 130)
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Letztlich aber blieb Buñuels und DalĂ­s Film in gewisser Weise ein Experiment. Ohnehin entstanden in der Hochphase des Surrealismus nur wenige 'rein surrealistische' Filme (vgl. Turvey 2014, 17) und noch weniger, die sich tatsĂ€chlich an einer filmĂ€sthetischen Anlehnung an den Traum versuchen. Dies mag auch daran liegen, dass bereits andere Surrealisten kritisiert hatten, eine zu offensichtliche Deutung als Traum könnte "das verstörende Potenzial eines Films" (BrĂŒtsch 2011, 38) abschwĂ€chen.
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Letztlich aber blieb Buñuels und DalĂ­s Film in gewisser Weise ein Experiment, und ohnehin entstanden in der Hochphase des Surrealismus nur wenige 'rein surrealistische' Filme (vgl. Turvey 2014: 17), und noch weniger, die sich tatsĂ€chlich an einer filmĂ€sthetischen Anlehnung an den Traum versuchen. Dies mag auch daran liegen, dass bereits andere Surrealisten kritisierten, eine zu offensichtliche Deutung als Traum könnte "das verstörende Potenzial eines Films" (BrĂŒtsch 2011: 38) abschwĂ€chen.
 
  
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Der 'klassische' Kanon surrealistischer Film umfasst dabei meistens etwa zehn Werke, wobei diese Auswahl durchaus unterschiedlich ausfallen kann und in der Filmwissenschaft nicht immer reflektiert wird (vgl. BĂ©har 2004: 10f.): Neben ''Un chien andalou'' von 1929 zĂ€hlen dazu hĂ€ufig noch, in chronologischer Reihenfolge: ''Retour Ă  la raison'' (1923) von Man Ray, ''Entracte'' (1924) von RenĂ© Clair, ''Emak Bakia'' (1927) und ''L'Ă©toile de mer'' (1928) von Man Ray, ''La coquille et le clergyman'' (1928) von Germaine Dulac und Antonin Artaud, ''La perle'' (1929) von Henri d'Arche sowie ''Le mystĂšre du chĂąteau de dĂ©'' (1929) von Man Ray und Marcel Duchamp. Das folgende Gemeinschaftsprojekt von Buñuel und DalĂ­, der abendfĂŒllende Spielfilm ''L'Ăąge d'or'' (1930), verfĂŒgte nun ĂŒber eine deutlich 'stringentere' Handlung, lief jedoch nur wenige Tage und wurde dann von der Filmzensur verboten.
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Der 'klassische' Kanon surrealistischer Film umfasst dabei meistens etwa zehn Werke, wobei diese Auswahl durchaus unterschiedlich ausfallen kann und in der Filmwissenschaft nicht immer reflektiert wird (vgl. BĂ©har 2004, 10 f.): Neben ''Un chien andalou'' von 1929 zĂ€hlen dazu hĂ€ufig noch, in chronologischer Reihenfolge: ''Retour Ă  la raison'' (1923) von Man Ray, ''Entracte'' (1924) von RenĂ© Clair, ''Emak Bakia'' (1927) und ''L'Ă©toile de mer'' (1928) von Man Ray, ''La coquille et le clergyman'' (1928) von Germaine Dulac und Antonin Artaud, ''La perle'' (1929) von Henri d'Arche sowie ''Le mystĂšre du chĂąteau de dĂ©'' (1929) von Man Ray und Marcel Duchamp. Das folgende Gemeinschaftsprojekt von Buñuel und DalĂ­, der abendfĂŒllende Spielfilm ''L'Ăąge d'or'' (1930), verfĂŒgte ĂŒber eine deutlich 'stringentere' Handlung, lief jedoch nur wenige Tage und wurde dann von der Filmzensur verboten.
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Auch andere Filme außerhalb der surrealistischen 'Kerngruppe' griffen durchaus die Ästhetik von ''Un chien andalou'' auf – etwa das Augenthema in Henri Storcks ''Pour vos beaux yeux'' (1929), das bereits in ''Even – As You and I'' (1937) von Roger Barlow, Harry Hay und LeRoy Robbins parodiert wird. DarĂŒber hinaus reicht der Kreis der 'Nachahmer' (vgl. Hammond 2014, 37) im erweiterten 'surrealistischen' Umfeld von Jean Cocteaus ''Le sang d'un poĂšte'' (1930) oder Michel Zimbaccas und Jean-Louis BĂ©douins ''L'invention du monde'' (1951) bis hin zu zeitgenössischen Werken von David Cronenberg, Terry Gilliam oder David Lynch.
  
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Auch andere Filme außerhalb der surrealistischen 'Kerngruppe' griffen durchaus die Ästhetik von ''Un chien andalou'' auf – etwa das Augenthema in Henri Storcks ''Pour vos beaux yeux'' (1929), das bereits in ''Even – As You and I'' (1937) von Roger Barlow, Harry Hay und LeRoy Robbins parodiert wird. DarĂŒber hinaus reicht der Kreis der 'Nachahmer' (vgl. Hammond 2014: 37) im erweiterten 'surrealistischen' Umfeld von Jean Cocteaus ''Le sang d'un poĂšte'' (1930) oder ''L'invention du monde'' (1951) von Michel Zimbacca und Jean-Louis BĂ©douin bis hin zu zeitgenössischen Werken von David Cronenberg, Terry Gilliam oder David Lynch.
 
  
 
<div style="text-align: right;">[[Autoren|Jonas Nesselhauf]]</div>
 
<div style="text-align: right;">[[Autoren|Jonas Nesselhauf]]</div>
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==Literatur==
 
==Literatur==
 
===Film===
 
===Film===
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* Un chien andalou. Regie: Luis Buñuel. Drehbuch: Luis Buñuel und Salvador Dalí. Kamera: Albert Duverger. FR 1929.
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* Un chien andalou. Regie: Luis Buñuel. Drehbuch: Luis Buñuel und Salvador Dalí. Kamera: Albert Duverger. Frankreich 1929; [https://www.youtube.com/watch?v=vLM9qc29rh4 online].
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===Drehbuch===
 
===Drehbuch===
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* Buñuel, Luis und Salvador DalĂ­: Ein andalusischer Hund. In: Axel Matthes und Tilbert Diego Stegmann (Hg.): Salvador DalĂ­. UnabhĂ€ngigkeitserklĂ€rung der Phantasie und ErklĂ€rung der Rechte des Menschen auf seine VerrĂŒcktheit. Gesammelte Schriften. MĂŒnchen: Rogner & Bernhard 1974, S. 91–97.
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* Buñuel, Luis/Salvador Dalí: Un Chien andalou. In: La Révolution Surréaliste 12 (15.12.1929), 24-37.
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* Buñuel, Luis/Salvador DalĂ­: Ein andalusischer Hund. In: Salvador DalĂ­: UnabhĂ€ngigkeitserklĂ€rung der Phantasie und ErklĂ€rung der Rechte des Menschen auf seine VerrĂŒcktheit. Gesammelte Schriften. Hg. von Axel Matthes und Tilbert Diego Stegmann. Dt. von Brigitte Weidmann. MĂŒnchen: Rogner & Bernhard 1974, 91–97.
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* Buñuel, Luis/Salvador Dalí: Un chien andalou. Vorwort von Jean Vigo, Transkription und Einleitung von Phillip Drummond. London: Faber & Faber 1994.
  
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===Quellen und Bezugstexte===
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* Hammond, Paul (Hg.): The Shadow and its Shadow. Surrealist Writings on Cinema [Anthologie wichtiger PrimÀrtexte]. Edinburgh: Polygon 1978.
  
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===Quellen und Bezugstexte===
 
 
* Breton, AndrĂ©: Manifeste du surrĂ©alisme (1924). In: Ders.: Manifestes du surrĂ©alisme. Paris: Gallimard 1979, 13–65.
 
* Breton, AndrĂ©: Manifeste du surrĂ©alisme (1924). In: Ders.: Manifestes du surrĂ©alisme. Paris: Gallimard 1979, 13–65.
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* Breton, AndrĂ©: PrĂ©sentation d'''Un Chien Andalou'' [17.05.1938]. In: Ders., ƒuvres complĂštes. Ed. by Marguerite Bonnet. Paris: Gallimard 1992, Bd. 2, 1263-1267.
 
* Breton, AndrĂ©: Lettre Ă  A. Rolland de RenĂ©ville. In: La nouvelle revue française 226 (1932), 151–155.
 
* Breton, AndrĂ©: Lettre Ă  A. Rolland de RenĂ©ville. In: La nouvelle revue française 226 (1932), 151–155.
 
* Buñuel, Luis: Mon dernier soupir. Paris: Laffont 1982.
 
* Buñuel, Luis: Mon dernier soupir. Paris: Laffont 1982.
 
* DalĂ­, Salvador: Das geheime Leben des Salvador DalĂ­. MĂŒnchen: Schirmer/Mosel 2004.
 
* DalĂ­, Salvador: Das geheime Leben des Salvador DalĂ­. MĂŒnchen: Schirmer/Mosel 2004.
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* Desnos, Robert: Le rĂȘve et le cinĂ©ma. In: Ders.: CinĂ©ma. Paris: Gallimard 1966, 104–105.
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* Desnos, Robert: Le rĂȘve et le cinĂ©ma. In: Ders.: CinĂ©ma. Hg. von AndrĂ© Tchernia. Paris: Gallimard 1966, 104 f.
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* Freud, Sigmund: Eine Schwierigkeit der Psychoanalyse. In: Ders.: Abriss der Psychoanalyse. Frankfurt: Fischer 2004, 185–194.
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* Freud, Sigmund: Eine Schwierigkeit der Psychoanalyse. In: Ders.: Abriss der Psychoanalyse. Frankfurt/M.: Fischer 2004, 185–194.
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* Freud, Sigmund: Das Unbewusste. In: Ders.: Das Ich und das Es. Metapsychologische Schriften. Frankfurt: Fischer 2008, 117–153.
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* Freud, Sigmund: Das Unbewusste. In: Ders.: Das Ich und das Es. Metapsychologische Schriften. Frankfurt/M.: Fischer 2008, 117–153.
 
* Freud, Sigmund: Die Traumdeutung [1899]. Frankfurt/M.: Fischer 2009.
 
* Freud, Sigmund: Die Traumdeutung [1899]. Frankfurt/M.: Fischer 2009.
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* Goudal, Jean: SurrĂ©alisme et cinĂ©ma. In: La Revue hebdomadaire 34.8 (1925), 343–357.
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* Goudal, Jean: SurrĂ©alisme et cinĂ©ma. In: La Revue hebdomadaire 34 (1925) 8, 343–357.
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* Lautréamont [d.i. Isidore Lucien Ducasse]: Les chants de Maldoror. Poésies I et II. Hg. von ##. Paris: Flammarion 1990.
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* Lautréamont [d.i. Isidore Lucien Ducasse]: Les chants de Maldoror. Poésies I et II. Hg. von Jean-Luc Steinmetz. Paris: Flammarion 1990.
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===Forschungsliteratur===
 
===Forschungsliteratur===
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* Adamovicz, Elza: ''Un chien andalou'' (Luis Buñuel and Salvador Dalí, 1929). London, New York: Tauris 2010.
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* Alexandrian, Sarane: Le SurrĂ©alisme et le rĂȘve. Paris: Gallimard 1974.
 
* BĂ©har, Henri: L’inadaptation cinĂ©matographique. In: MĂ©lusine. Cahiers du Centre de Recherche sur le SurrĂ©alisme 24 (2004), 9–13.
 
* BĂ©har, Henri: L’inadaptation cinĂ©matographique. In: MĂ©lusine. Cahiers du Centre de Recherche sur le SurrĂ©alisme 24 (2004), 9–13.
 
* BrĂŒtsch, Matthias: TraumbĂŒhne Kino. Der Traum als filmtheoretische Metapher und narratives Motiv. Marburg: SchĂŒren 2011.
 
* BrĂŒtsch, Matthias: TraumbĂŒhne Kino. Der Traum als filmtheoretische Metapher und narratives Motiv. Marburg: SchĂŒren 2011.
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* Drummond, Philip: Surrealism and ''Un Chien Andalou''. In: Luis Buñuel/Salvador Dalí, Un chien Andalou. Hg. von Philip Drummond. London: Faber & Faber 1994, v-xxii.
 
* Ebeling, Knut: Freud, die ArchĂ€ologie, die Moderne. Die archĂ€ologische Methode als Antwort auf Nietzsches ReprĂ€sentationskritik. In: Nietzscheforschung 7 (2000), 126–139.
 
* Ebeling, Knut: Freud, die ArchĂ€ologie, die Moderne. Die archĂ€ologische Methode als Antwort auf Nietzsches ReprĂ€sentationskritik. In: Nietzscheforschung 7 (2000), 126–139.
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* Gendolla, Peter: Begegnungen im Traum. Buñuels Transformation der Versuchungsgeschichte in den Filmen. In: Ursula Link-Heer und Volker Roloff (Hg.): Luis Buñuel. Film-Literatur-IntermedialitĂ€t. Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft 1994, 137–144.
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* Finkelstein, Haim: DalĂ­ and ''Un Chien andalou''. The Nature of a Collaboration. In: Rudolf E. Kuenzli (Hg.): Dada and Surrealist Film. Cambridge, Mass., London: MIT 1996, 128-142.
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* Frank, Caroline: "Perhaps the screen could match our dreams". Dream Elements in Surrealist Films. In: Bernard Dieterle/Manfred Engel (Hg.): Historizing the Dream/Le rĂȘve du point de vue historique. WĂŒrzburg: Königshausen & Neumann 2019 (Cultural Dream Studies 3), 267-290.
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* Gale, Matthew: ''Un Chien Andalou''. In: Ders. (Hg.): DalĂ­ & Film. London: Tate Publishing 2008, 82-95.
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* Gendolla, Peter: Begegnungen im Traum. Buñuels Transformation der Versuchungsgeschichte in den Filmen. In: Ursula Link-Heer/Volker Roloff (Hg.): Luis Buñuel. Film - Literatur - IntermedialitĂ€t. Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft 1994, 137–144.
 
* Hammond, Paul: Filmischer Surrealismus. Seine Inkarnationen in Zeit und Raum, 1924–1939. In: Deutsches Filminstitut (Hg.): Bewusste Halluzinationen. Der filmische Surrealismus. MĂŒnchen: Belleville 2014, 34–41.
 
* Hammond, Paul: Filmischer Surrealismus. Seine Inkarnationen in Zeit und Raum, 1924–1939. In: Deutsches Filminstitut (Hg.): Bewusste Halluzinationen. Der filmische Surrealismus. MĂŒnchen: Belleville 2014, 34–41.
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* Harper, Graeme/Rob Stone (Hg.): The Unsilvered Screen. Surrealism on Film. London: Wallflower 2007.
 
* Jaspers, Kristina: Der Stoff, aus dem die TrĂ€ume sind. Szenenbilder surrealer TraumrĂ€ume. In: Winfried Pauleit et al. (Hg.): Das Kino trĂ€umt. Projektion, Imagination, Vision. Berlin: Bertz + Fischer 2009, 127–144.
 
* Jaspers, Kristina: Der Stoff, aus dem die TrĂ€ume sind. Szenenbilder surrealer TraumrĂ€ume. In: Winfried Pauleit et al. (Hg.): Das Kino trĂ€umt. Projektion, Imagination, Vision. Berlin: Bertz + Fischer 2009, 127–144.
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* Kagel, Mauricio: "Szenario." Musik zu 'Un chien andalou'. In: Ursula Link-Heer/Volker Roloff (Hg.): Luis Buñuel. Film - Literatur - IntermedialitĂ€t. Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft 1994, 61–65.
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* Kagel, Mauricio: "Szenario." Musik zu ''Un chien andalou''. In: Ursula Link-Heer/Volker Roloff (Hg.): Luis Buñuel. Film - Literatur - IntermedialitĂ€t. Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft 1994, 61–65.
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* King, Elliott H.: DalĂ­, Surrealism and Cinema. Harpenden: Kamera Books 2007.
 
* Koebner, Thomas: Von TrĂ€umen im Film. Visionen einer anderen Wirklichkeit. Marburg: SchĂŒren 2018.
 
* Koebner, Thomas: Von TrĂ€umen im Film. Visionen einer anderen Wirklichkeit. Marburg: SchĂŒren 2018.
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* Kracauer, Siegfried: Theorie des Films. Die Errettung der Ă€ußeren Wirklichkeit [zuerst als: Theory of Film, 1960]. Übers. von Friedrich Walter und Ruth Zollschan. Frankfurt/M.: Suhrkamp 1964.
 
* Kreuzer, Stefanie: Traum und ErzÀhlen in Literatur, Film und Kunst. Paderborn: Fink 2014.
 
* Kreuzer, Stefanie: Traum und ErzÀhlen in Literatur, Film und Kunst. Paderborn: Fink 2014.
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* Finkelstein, Haim: Dali and ''Un Chien andalou''. The Nature of a Collaboration. In: Rudolf E. Kuenzli (Hg.): Dada and Surrealist Film. Cambridge, Mass., London: MIT 1996, 128-142.
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* Magrini, James M.: Surrealism and the Omnipotence of Cinema. In: Senses of Cinema 44 (2007); [http://sensesofcinema.com/2007/feature-articles/surrealism-cinema online].
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* Ado Kyrou, Le Surréalisme au cinéma. Paris: Le Terrain Vague 1953, 2. Aufl. 1963, 3. Aufl. 1985.
 
* Plappert, Stefanie: Filmischer Surrealismus, Surrealismus im Film. In: Deutsches Filminstitut (Hg.): Bewusste Halluzinationen. Der filmische Surrealismus. MĂŒnchen: Belleville 2014, 10–15.
 
* Plappert, Stefanie: Filmischer Surrealismus, Surrealismus im Film. In: Deutsches Filminstitut (Hg.): Bewusste Halluzinationen. Der filmische Surrealismus. MĂŒnchen: Belleville 2014, 10–15.
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* Talens, Jenaro: A Writing of Disorder. The Discursive Proposal of 'Un chien andalou'. In: Ursula Link-Heer und Volker Roloff (Hg.): Luis Buñuel. Film-Literatur-IntermedialitĂ€t. Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft 1994, 33–60.
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* Roloff, Volkert: Zum Traumdiskurs in surrealistischen Filmen, Texten und Bildern. In: Bernard Dieterle (Hg.): TrÀumungen. TraumerzÀhlung in Film und Literatur. St. Augustin: Gardez! 1998, 145-156.
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* Schneede, Uwe: Surrealistische Filme - Das Prinzip der Schockmontage. In: Ders., Malerei des Surrealismus. Köln: DuMont Schauberg 1973, 33-35; ĂŒberarbeit. Fassung in: Peter BĂŒrger (Hg.): Surrealismus. Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft 1982, 313-322.
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* Short, Robert: ''Un Chien Andalou''. In: Ders. (Hg.): The Age of Gold. Surrealist Cinema. London: Creation 2003, 51-101.
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* Talens, Jenaro: A Writing of Disorder. The Discursive Proposal of ''Un chien andalou''. In: Ursula Link-Heer/Volker Roloff (Hg.): Luis Buñuel. Film - Literatur - IntermedialitĂ€t. Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft 1994, 33–60.
 
* Truffaut, François: Mr. Hitchcock, wie haben Sie das gemacht? MĂŒnchen: Heyne 2004.
 
* Truffaut, François: Mr. Hitchcock, wie haben Sie das gemacht? MĂŒnchen: Heyne 2004.
 
* Turvey, Malcolm: Elemente des filmischen Surrealismus. Das Kino, die Surrealisten und der Film. In: Deutsches Filminstitut (Hg.): Bewusste Halluzinationen. Der filmische Surrealismus. MĂŒnchen: Belleville 2014, 16–23.
 
* Turvey, Malcolm: Elemente des filmischen Surrealismus. Das Kino, die Surrealisten und der Film. In: Deutsches Filminstitut (Hg.): Bewusste Halluzinationen. Der filmische Surrealismus. MĂŒnchen: Belleville 2014, 16–23.
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* Williams, Linda: Dream Rhetoric and Film Rhetoric. Metaphor and Metonymy in ''Un chien andalou''. In: Semiotica. Journal of the International Association for Semiotic Studies 33 (1981), 87–103.
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===Weblinks===
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* [https://www.imdb.com/title/tt0020530/?ref_=fn_al_tt_1 ''Un chien andalou''] in der [http://www.imdb.com International Movie Database].
  
  
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Aktuelle Version vom 12. November 2019, 15:57 Uhr

Dieser Schnitt tut schon beim Zuschauen weh: Ein Mann hebt einer Frau das Augenlid nach oben und schneidet mit einem Rasiermesser durch die Pupille. Das nur etwa eine Viertelstunde dauernde Experiment Un chien andalou (1929) der beiden Studienfreunde Luis Buñuel (1900–1983) und Salvador DalĂ­ (1904–1989) ist der wohl surreal(istisch)ste Beitrag zur Filmgeschichte und gleichzeitig der radikale Versuch einer filmĂ€sthetischen Anlehnung an den Traum.

Unchienandalouposter.jpg
Filmdaten
Deutscher Titel Ein andalusischer Hund
Originaltitel Un chien andalou
Produktionsland Frankreich
Originalsprache Französisch
Erscheinungsjahr 1929
LĂ€nge ca. 15 Minuten
Stab
Regie Luis Buñuel
Drehbuch

Luis Buñuel / Salvador Dalí

Produktion Luis Buñuel / Pierre Braunberger
Kamera Albert Duverger
Schnitt Luis Buñuel
Besetzung
* Pierre Batcheff: Mann
* Simone Mareuil: Frau
* Luis Buñuel: Mann im Prolog
* Fano Messan: Frau auf der Strasse
* Robert Hommet: Mann am Strand
* Salvador DalĂ­: Seminarist
* Jaume Miravitiles: Seminarist


Surrealismus und Traum

Im Jahre 1915 – gut ein Jahrzehnt vor der offiziellen 'GrĂŒndung' der surrealistischen KĂŒnstlergemeinschaft – fasst der Wiener 'Übervater' Sigmund Freud (1856-1939) seine Theorie des Unbewussten zusammen. Er geht davon aus, dass

ein psychischer Akt im allgemeinen zwei Zustandsphasen durchlĂ€uft, zwischen welche eine Art PrĂŒfung (Zensur) eingeschaltet ist. In der ersten Phase ist er unbewußt und gehört dem System Ubw an; wird er bei der PrĂŒfung von der Zensur abgewiesen, so ist ihm der Übergang in die zweite Phase versagt; er heißt dann 'verdrĂ€ngt' und muß unbewußt bleiben (Freud 2008, 126).

Im Unbewussten befinden sich also gewissermaßen die hochindividuellen "Wunschregungen" und "Triebregungen", verdrĂ€ngte Erlebnisse und traumatische Erfahrungen, die von der Zensur (Ă€hnlich der spĂ€teren Instanz des 'Über-Ich' in seinem Strukturmodell der Psyche) zurĂŒckgehalten werden: "Es gibt in diesem System keine Negation, keinen Zweifel, keine Grade von Sicherheit" (ebd., 138).

Aufgabe der Psychoanalyse ist es nun, dieses 'ungefilterte' und 'reine' Denken freizulegen – Freud selbst verwendet hierbei die Metapher des 'ArchĂ€ologen', der gewissermaßen verschĂŒttete Spuren aus der Seele freilegt (vgl. Ebeling 2000, 132 f.). Denn unbewusste VorgĂ€nge können tatsĂ€chlich "unter den Bedingungen des TrĂ€umens und der Neurosen" erkennbar werden, "also dann, wenn VorgĂ€nge des höheren Vbw[Vorbewusstsein]-Systems durch eine Erniedrigung (Regression) auf eine frĂŒhere Stufe zurĂŒckversetzt werden" (Freud 2008, 139). Die Werkzeuge des 'SeelenarchĂ€ologen' sind dementsprechend Traumdeutung, Hypnose und freie Assoziation.

Und genau dieser Aspekt faszinierte auch die Surrealisten in den 1920er Jahren: Denn wie auch andere avantgardistische Ismen des frĂŒhen 20. Jahrhunderts (etwa Futurismus und Dadaismus) lehnt der Surrealismus nicht nur das bĂŒrgerliche KunstverstĂ€ndnis und die normierte Akademiekunst radikal ab, sondern ist bestrebt, die KreativitĂ€t möglichst ungefiltert in den kĂŒnstlerischen Prozess einfließen zu lassen. Überlegtes Kunstschaffen oder eine reflektierte RĂŒckbesinnung auf kunstgeschichtliche Traditionen waren verpönt, gesucht wurde vielmehr die ZufĂ€lligkeit und IrrationalitĂ€t, die sich im vielzitierten Kredo des Comte de LautrĂ©amont aus dessen Chants de Maldoror (1874) wiederfindet: "beau [
] comme la rencontre fortuite sur une table de dissection d'une machine Ă  coudre et d'un parapluie" (LautrĂ©amont 1990, 289).

So interessierten sich beispielsweise die Surrealisten (wie auch der Dadaismus oder der Kubismus der Zeit) fĂŒr außereuropĂ€ische 'primitive' Kunstwerke aus Afrika oder der SĂŒdsee, die eine gewisse 'Reinheit' und 'UnberĂŒhrtheit' von zivilisatorischen EinflĂŒssen (also der Triebkontrolle des 'Über-Ich') versprachen. Um selbst so 'authentisch' arbeiten zu können, lehnten sich die Surrealisten an Freuds AnsĂ€tze an und versuchten, diese kĂŒnstlerisch umzusetzen, also die Theorien aus der Psychoanalyse gewissermaßen in die Kunst zu ĂŒbertragen und zu ĂŒbersetzen. So wurden etwa Verfahren entwickelt, um die individuelle KreativitĂ€t möglichst 'ungefiltert' abschöpfen zu können – beispielsweise durch die "Ă©criture automatique" oder im "cadavre exquis": Das 'automatische Schreiben' sollte (Ă€hnlich wie die freie Assoziation der Psychoanalyse) die kreativen Gedanken möglichst ungefiltert zu Papier bringen, wĂ€hrend der 'exquisite Kadaver' ein Gemeinschaftsprojekt darstellt, wobei die (in der Regel vier) KĂŒnstlerInnen nicht die Arbeit der anderen kennen, und sich das gesamte Werk erst am Ende ĂŒberraschend (weil in dieser Form ungeplant) enthĂŒllt.

Und natĂŒrlich sollte im Surrealismus auch der Traum als dezidierte Erfahrungsquelle fruchtbar gemacht werden; so schreibt der surrealistische Vordenker AndrĂ© Breton (1896–1966) bereits in seinem GrĂŒndungsmanifest von 1924:

C'est Ă  trĂšs juste titre que Freud a fait porter sa critique sur le rĂȘve. [
] Je crois Ă  la rĂ©solution future de ces deux Ă©tats, en apparence si contradictoires, que sont le rĂȘve et la rĂ©alitĂ©, en une sorte de rĂ©alitĂ© absolue, de surrĂ©alitĂ©, si l'on peut ainsi dire. [
] Le surrĂ©alisme repose sur la croyance Ă  la rĂ©alitĂ© supĂ©rieure de certaines formes d’associations nĂ©gligĂ©es jusqu’à lui, Ă  la toute-puissance du rĂȘve, au jeu dĂ©sintĂ©ressĂ© de la pensĂ©e" (Breton 1979, 21, 24, 36).

FĂŒr die (von Freud beeinflussten) Surrealisten kulminiert daher im bildmĂ€chtigen Traum die Macht des Unbewussten, wodurch irrationale Geschichten und hochsymbolische Bilder entstehen, die im Wachzustand so nicht zu erreichen wĂ€ren.

Die Surrealisten versuchen dies in unterschiedlichen KĂŒnsten zu erreichen und arbeiten mit verschiedenen Medien – so beispielsweise in der Auflösung von Traum und RealitĂ€t in Bretons ErzĂ€hlung Nadja (1928), den traumhaften GemĂ€lden von Salvador DalĂ­ (etwa dessen Werk mit dem Titel ueño causado por el vuelo de una abeja alrededor de una granada un segundo antes de despertar von 1944) oder den fotografisch verfremdeten Arbeiten von Man Ray.

Gleichzeitig sind die Surrealisten als begeisterte KinogĂ€nger auch fĂŒr das noch recht junge Medium des Films aufgeschlossen, das jedoch in ihrem Schaffen insgesamt eine untergeordnete Rolle spielte. Denn auch in der Rezeption des Films, deren subjektive Wahrnehmung der verschiedenen Bilder zu zufĂ€lligen Assoziationen fĂŒhrt (vgl. Plappert 2014, 11) scheinen sich die surrealistischen Prinzipien zu erfĂŒllen – etwa wenn der Schriftsteller und Journalist Robert Desnos (1900–1945) im Jahre 1923 schreibt: "Nous allons dans les salles obscures chercher le rĂȘve artificiel" (Desnos 1966, 104).

Und zwei Jahre spÀter bezeichnet der 1895 geborene Essayist Jean Goudal das Kino gar als eine 'bewusste Halluzination' (vgl. Goudal 1925, 347):

Le cinĂ©ma constitue donc une hallucination consciente et utilise cette fusion du rĂȘve et de l’état conscient que le surrĂ©alisme voudrait voir rĂ©alisĂ©e dans le domaine littĂ©raire. Ces images mouvantes nous hallucinent, mais en nous laissant une conscience confuse de notre personnalitĂ© et en nous permettant d’évoquer, si c’est nĂ©cessaire, les disponibilitĂ©s de notre mĂ©moire (Goudal 1925, 350).

Un chien andalou (1929)

Der experimentelle Kurzfilm Un chien andalou – uraufgefĂŒhrt am 6. Juni 1929 in Paris – stellt ein spannendes Paradox in der Filmgeschichte des Traums dar. Einerseits findet sich in dem schwarz-weißen Stummfilm keine explizite Traumszene: Im Gegensatz zum kurzen Traum des Feuerwehrmanns, der in Edwin S. Porters Life of an American Fireman (1902) noch als 'Gedankenblase' montiert war, gibt es in Un chien andalou keine klare Markierung – die Deutung von Buñuels und DalĂ­s Film als ein Traum ist also letztlich eine Interpretation, wenn auch eine Lesart, die sich in der Forschungsliteratur sehr hĂ€ufig findet, sodass es schon eher verwundert, wenn dieser Film in der Filmgeschichte des Traums ausgespart wird (wie etwa in Koebner 2018). Es gibt jedoch gute GrĂŒnde, den Film insgesamt aufgrund der "narrativen Kombinatorik der Bilder und Handlungsepisoden" (Kreuzer 2014, 623) als "bildliche Metaphorisierung der Traumarbeit selbst" (Jaspers 2009, 131 f.) anzusehen und ihn daher als filmische Traumdarstellung zu verstehen.

Entstehung

Luis Buñuel, der zunÀchst noch kein offizielles Mitglied der surrealistischen Gruppe war, erinnert sich in seinen 1982 erschienenen Memoiren an die Entstehung des Films:

Ce film naquit de la rencontre de deux rĂȘves. En arrivant chez DalĂ­, Ă  Figueras, invitĂ© Ă  passer quelques jours, je lui racontai que j'avais rĂȘvĂ©, peu de temps auparavant, d'un nuage effilĂ© coupant la lune et d'une lame de rasoir fendant un Ɠil. De son cĂŽtĂ© il me raconta qu’il venait de voir en rĂȘve, la nuit prĂ©cĂ©dente, une main pleine de fourmis. Il ajouta: 'Et si nous faisions un film, en partant de ça?'" (Buñuel 1982, 125)

Gemeinsam mit DalĂ­ sei das Drehbuch in nur einer Woche entstanden und folgte dabei dem klaren Kredo

[de] n'accepter aucune idĂ©e, aucune image qui pĂ»t donner lieu Ă  une explication rationnelle, psychologique ou culturelle. Ouvrir toutes les portes Ă  l'irrationnel. N’accueillir que les images qui nous frappaient, sans chercher Ă  savoir pourquoi (ebd., 125).

Vielmehr solle der Film aus möglichst vielen, hochsymbolischen Bildern bestehen – damit lĂ€sst sich zwar Un chien andalou in einzelne ErzĂ€hlstrĂ€nge aufteilen und es gibt durchaus Figuren und Objekte, die mehrfach auftauchen, doch insgesamt bleibt eine kohĂ€rente Handlungsstruktur aus.

Szenenfolge

Dies zeigt sich auch an der generellen FilmĂ€sthetik, denn der etwas mehr als 15 Minuten lange Film (dies ist letztlich abhĂ€ngig von der Wiedergabegeschwindigkeit der etwa 430 Meter langen Filmrolle) besteht, inklusive der Zwischentitel zu Beginn, aus 300 Einstellungen. Dies ist angesichts der ĂŒberschaubaren Spielzeit eine durchaus hohe Zahl und bedeutete eben auch, dass kaum mit Kameraschwenks gearbeitet wird und stattdessen vielmehr Schnitte zu einer anderen Einstellung erfolgen. Sehr hĂ€ufig wird dabei das Montageprinzip von Schnitt und Gegenschnitt verwendet, beispielsweise gleich zu Beginn des Films: Zweimal folgt auf die Großaufnahme eines an einer TĂŒre geschliffenen Rasiermessers die Nahaufnahme eines rauchenden Mannes (Einstellungen 7–10).

Es ist daher sicher nicht zufĂ€llig, dass diese Sequenz nicht ĂŒber einen einzigen Kameraschwenk gelöst, sondern in vier aufeinanderfolgenden Einstellungen inszeniert wird; denn auch wenn die filmische Informationsvergabe identisch wĂ€re – die ZuschauerInnen erfahren, dass HĂ€nde und Gesicht zur gleichen Person gehören –, lehnt sich eine auf schnell aufeinanderfolgenden Einzelbildern beruhende FilmĂ€sthetik stĂ€rker an Buñuels und DalĂ­s gewĂŒnschte TraumĂ€sthetik an.

Das bedeutet aber natĂŒrlich gleichzeitig, dass Un chien andalou als Film nur bedingt surrealistische Verfahren wie die 'Ă©criture automatique' umsetzen kann, da ja offenbar eine sehr bewusste Nachbearbeitung im Schneideraum stattfand (vgl. Talens 1994, 51). Zwar lassen sich prinzipiell auch 'zufĂ€llige' Foto- oder Filmaufnahmen vorstellen, doch ist eine Filmproduktion insgesamt nicht nur stark durchgeplant, sondern letztlich auch eine kollektive Gemeinschaftsarbeit. Bereits Jean Goudal stellte fest:

Dans l'état actuel du cinéma, un film n'a pas un auteur, il en a deux, trois, dix, cinquante (Goudal 1925, 354).

Dies musste auch schließlich AndrĂ© Breton eingestehen, der 1932 in einem in der Zeitschrift La nouvelle revue française veröffentlichten offenen Brief die Möglichkeiten der 'Ă©criture automatique' zu verteidigen sucht (Breton 1932, 151 ff.).

Dennoch stellte Un chien andalou fĂŒr Buñuel und DalĂ­ einen großen (und auch kommerziellen) Erfolg dar: "Meiner Voraussage gemĂ€ĂŸ drang er wie ein Dolch in das Herz von Paris" (DalĂ­ 2004, 365). Dies lag zweifelsfrei sowohl an den 'schockierenden' Szenen – der Schnitt durch den Augapfel, die verwesenden Eselleichen, die aus einer Hand krabbelnden Ameisen –, die mit den Sehgewohnheiten der RezipientInnen spielen als auch an der 'verworrenen' Handlung, die radikal mit deren Erwartungen an einen Spielfilm bricht.

Aufbau

Der Film – und das spĂ€ter als kurzer Prosatext veröffentlichte Drehbuch (Buñuel/DalĂ­ 1929 u. 1974) – lassen sich in zehn Handlungsepisoden unterteilen:

Szenenfolge und Handlungsepisoden
Zwischentitel: "il Ă©tait und fois
" (Einstellung 6) / "Es war einmal
" (Buñuel/DalĂ­ 1974, 91).
(1) Ein rauchender Mann schleift ein Rasiermesser an der BalkontĂŒre und testet dessen SchĂ€rfe am Daumen; vom Balkon aus beobachtet er am Mond vorbeiziehende Wolken; eine Hand hĂ€lt das Auge einer Frau auf und schneidet (wie die Wolken durch den Mond) ĂŒber die Pupille.
Zwischentitel: "huit ans aprÚs." (Einstellung 19) / "Acht Jahre spÀter" (Buñuel/Dalí 1974, 91).
(2) Ein junger Mann im Nonnenhabit und mit einer Holzbox (Großaufnahme 28) um den Hals fĂ€hrt auf dem Fahrrad durch die Straße; offenbar zeitgleich schreckt eine lesende Frau auf (in ihrem Buch findet sich das Vermeer-GemĂ€lde "De kantwerkster" [Die Spitzenklöpplerin] von 1669/70) und blickt aus dem Fenster ihrer Wohnung, wo der Fahrradfahrer soeben plötzlich umfĂ€llt und liegen bleibt (Einstellung 38); sie tritt auf die Straße und kĂŒsst den Mann (Einstellung 48); zurĂŒck im Zimmer öffnet sie die Holzbox und ordnet den Nonnenhabit auf dem Bett an.
(3) Plötzlich steht der offenbar gleiche junge Mann im Zimmer und betrachtet seine Hand, aus der Ameisen herauskriechen (Einstellung 63); Überblendung zum Achselhaar einer am Strand liegenden Frau (Einstellung 66) und schließlich einem Seeigel (Einstellung 67).
(4) Überblendung zu einer Frau, die auf der Straße steht und eine abgetrennte menschliche Hand mit einem Stock bewegt, beobachtet von Schaulustigen auf der Straße und einem Paar am Wohnungsfenster; ein Polizist spricht die Frau an, legt die Hand in die Holzbox (Einstellung 85) und ĂŒberreicht sie der Frau; die Menschenmenge löst sich auf, und die Frau bleibt alleine auf der Straße zurĂŒck, wĂ€hrend Autos an ihr vorbeirasen; das Paar am Fenster beobachtet, wie sie ĂŒberfahren wird, und sich erneut Menschen um sie versammeln (Einstellung 105).
(5) Das Paar in der Wohnung hat den Vorfall beobachtet; plötzlich bedrĂ€ngt der Mann die Frau, die erschrocken zurĂŒckweicht; er fasst ihr an die BrĂŒste (in zwei Überblendungen werden diese erst unbekleidet gezeigt (Einstellung 121) und dann zu nackten Pobacken (Einstellung 125)); die Frau verschanzt sich in einer Zimmerecke, wĂ€hrend der Mann plötzlich zwei Seile vom Boden aufhebt, an denen "zwei BrĂŒder der Armenschule" (Buñuel/DalĂ­ 1974, 94) sowie zwei FlĂŒgel mit Eselskadavern hĂ€ngen, und diese unter großen Anstrengungen in die Zimmerecke zieht; die Frau flĂŒchtet durch eine TĂŒre, kann diese jedoch nicht schließen, da der Arm des Mannes (mit einer Hand voller Ameisen) sie blockiert (Einstellung 167); in diesem Nebenzimmer liegt plötzlich der junge Mann im Nonnenhabit und mit der Holzbox um den Hals.
Zwischentitel: "vers trois heures du matin
" (Einstellung 177) / "Gegen drei Uhr morgens" (Buñuel/DalĂ­ 1974, 95).
(6) Ein Mann mit Hut klingelt an der HaustĂŒre (das Klingeln wird durch einen Cocktail-Shaker ersetzt) und stĂŒrmt zum jungen Mann im Bett; er schreit diesen an, schlĂ€gt und schĂŒttelt ihn, und nimmt ihm schließlich Nonnenhabit und Holzbox ab, die er aus dem Fenster wirft; der Mann mit Hut (immer nur von hinten zu sehen) schickt ihn in die gleiche Zimmerecke, in der sich die Frau zuvor verschanzt hatte, wirft seinen Hut weg und dreht sich zur Kamera um.
Zwischentitel: "seize ans avant" (Einstellung 215) / "Vor sechzehn Jahren" (Buñuel/Dalí 1974, 95).
(7) Der Mann (nun ohne Hut) geht in Zeitlupe auf die Kamera zu (wenn wir ihn zum ersten Mal von vorne sehen, erkennen wir, dass er ein DoppelgĂ€nger des jungen Mannes ist); er nimmt BĂŒcher von einem Schreibpult in der Mitte des Raums und gibt sie dem jungen Mann; als er aus dem Zimmer gehen möchte, verwandeln sich die BĂŒcher zu Pistolen, und der junge Mann schießt mehrfach auf 'den Neuen' (Buñuel/DalĂ­ 1974, 95); getroffen stĂŒrzt der Mann auf den RĂŒcken einer unbekleideten Frau in einem Wald und bleibt auf dem Boden liegen; vier MĂ€nner kommen herbei und untersuchen den Körper; der Leichenzug wird von zwei weiteren MĂ€nnern begleitet.
(8) Die Frau betritt das Zimmer und sieht einen Nachtfalter (Einstellung 261) mit einem Totenkopf-Symbol an der Wand (Einstellung 268); der junge Mann wischt sich mit der Hand den Mund aus dem Gesicht (Einstellung 271); die Frau beginnt sich daraufhin ĂŒbertrieben mit Lippenstift zu schminken; beim Mann wachsen plötzlich Haare ĂŒber der Stelle des vorherigen Mundes, wĂ€hrend der Frau die Achselhaare nun fehlen (Einstellung 277); sie streckt dem Mann die Zunge heraus und verlĂ€sst das Zimmer.
(9) Vor der TĂŒre weht ihr starker Wind entgegen; die Frau sieht einen anderen Mann an der Meeresbrandung stehen (Einstellung 285) und lĂ€uft zu ihm hin; er zeigt ihr die Zeit auf seiner Uhr, die sie herunterdrĂŒckt (Einstellung 290); die Frau kĂŒsst ihn, und beide spazieren am steinigen Strand entlang; im Matsch liegt die zerbrochene Holzbox, die der Mann ins Meer kickt, und der Nonnenhabit, den er wegwirft; beide gehen gemeinsam am Strand weiter.
Zwischentitel: "au pintemps
" (Einstellung 299) / "Mit dem FrĂŒhling" (Buñuel/DalĂ­ 1974, 97).
(10) das Paar liegt, bis zum Oberkörper mit Sand und Schlick bedeckt, offenbar tot am Strand.

Traumsymbolik

Mit seiner Narration lehnt sich Un chien andalou damit tatsĂ€chlich an die Freud'sche Theorie an, nachdem sich der Traum als irrationales nĂ€chtliches Erleben zwar prinzipiell nacherzĂ€hlen lĂ€sst, dabei aber weniger ĂŒber eine stringente Handlung verfĂŒgt und sich vielmehr aus bruchstĂŒckhaften Fragmenten zusammensetzt, die teilweise ĂŒberraschende ZusammenhĂ€nge eröffnen. Denn im Gegensatz zu einer 'klassischen' (Film-)ErzĂ€hlung, die normalerweise aus der kausal aufeinander aufbauenden Abfolge verschiedener Handlungselemente besteht, die sich dadurch zu einer nachvollziehbaren Geschichte anordnen, fehlt den TrĂ€umen zumeist dieser logische Zusammenhang.

So zeichnet sich auch Un chien andalou durch eine stark fragmentarische Narration aus, deren Sprunghaftigkeit selbst vor der vermeintlichen 'Ordnung' der Titelkarten nicht Halt macht. Im Gegenteil: Die fĂŒnf Zwischentitel (Einstellungen 6, 19, 177, 215, 299) deuten eine erzĂ€hlte Zeit von einem guten Vierteljahrhundert an, was sowohl der Handlung als auch den offenbar 'zeitlosen' Figuren widerspricht, da es bei diesen keine Entwicklung oder Alterung gibt. Zu den weiteren zeitlichen Ungenauigkeiten wie Anachronismen (also ZeitsprĂŒnge oder gar eine Umkehrung der zeitlichen Reihenfolge), Auslassungen (etwa Jump Cuts) oder AchsensprĂŒngen (Einstellung 34/35) kommen auch rĂ€umliche WidersprĂŒche; so scheint die bedrĂ€ngte Frau in das offensichtlich gleiche Zimmer zu flĂŒchten – "das mit dem ersten identisch ist, durch die Beleuchtung aber anders wirkt" (Buñuel/DalĂ­ 1974, 94) (Einstellung 170 f.). Diese unlogische Architektur mag Sigmund Freuds vielzitierte Aussage, das Ich sei nicht mehr 'Herr im eigenen Haus' (vgl. Freud 2004, 190 f.) reflektieren, erschwert aber eben auch die Orientierungsmöglichkeiten der RezipientInnen innerhalb des Films.

In Ă€hnlicher Weise bleibt auch ein erkennbarer Zusammenhang zwischen dem paratextuellen Titel Un chien andalou – wohl auf den geplanten Gedichtband El perro andaluz von Buñuel zurĂŒckgehend – und den Handlungsepisoden aus, dabei wĂ€re es ja eigentlich genau die Aufgabe des Filmtitels, die ErzĂ€hlung zu 'betiteln', also sinnvoll zu ĂŒberschreiben.

Vielmehr wird die traumtypisch verworrene ErzĂ€hlstruktur durch die sprunghafte Folge hochsymbolischer Bilder begleitet, die eine zu interpretierende Mehrdeutigkeit eröffnen. So erzeugen beispielsweise einerseits Parallelsetzungen (wie etwa Mond/Wolke und Auge/Messer), andererseits traumhafte Assoziationen (der Übergang von Achselhaar zum Seeigel in Einstellung 66/67, die Verbindung von Klingel und Shaker in Einstellung 180/182 etc.) wie auch die Andeutung einer Strukturierung ĂŒber ausgewĂ€hlte Leitmotive (vor allem die Holzbox als Vorwegnahme des Hitchcock'schen 'MacGuffin' (vgl. Truffaut 2004, 125 f.) sowie das Nonnenhabit) ĂŒberraschende ZusammenhĂ€nge, sind aber letztlich nicht wirklich sinnstiftend.

Zur Ambivalenz des Traums scheint es dabei auch zu gehören, dass die erzĂ€hlte 'Handlung' weder als reiner Angsttraum (Schnitt durch die Pupille, Ameisen auf der Hand usw.) noch als genuine (phallozentrische) Wunschvorstellung (im sexuellen Übergriff auf die Frau) gedeutet werden kann. Vielmehr werden ja in dieser Sequenz sogar unterschiedliche Perspektiven eingenommen, wenn die Frau als Objekt der mĂ€nnlichen Lust erscheint und der gewalttĂ€tige Mann in einem Stadium zwischen "Bosheit und Sinnlichkeit", mit "geilen HĂ€nden" und zugleich "tödlicher Angst" (Buñuel/DalĂ­ 1974, 93) beschrieben wird.

Ohnehin stimmt die starke Symbolhaftigkeit nicht nur mit der Freud'schen Theorie ĂŒberein – "Der Traum bedient sich nun dieser Symbolik zur verkleideten Darstellung seiner latenten Gedanken." (Freud 2009, 354) –, sondern scheint teilweise akribisch wie klischeehaft auf die Traumdeutung zurĂŒckzugreifen:

Alle in die LĂ€nge reichenden Objekte, Stöcke, BaumstĂ€mme, Schirme (des der Erektion vergleichbaren Aufspannens wegen!), alle lĂ€nglichen und scharfen Waffen: Messer, Dolche, Piken, wollen das mĂ€nnliche Glied vertreten. Ein hĂ€ufiges, nicht recht verstĂ€ndliches Symbol desselben ist die Nagelfeile (des Reibens uns Schabens wegen?). – Dosen, Schachteln, KĂ€sten, SchrĂ€nke, Öfen entsprechen dem Frauenleib, aber auch Höhlen, Schiffe und alle Arten von GefĂ€ĂŸen" (Freud 2009, 355).

Un chien andalou vermischt dadurch die symbolhaften, "erratischen und irrationalen Bilder" (Kracauer 1964, 252), die sich wie im Traum dem 'kulturellen Unbewussten' zu entlehnen scheinen und "im Folklore, in den Mythen, Sagen, Redensarten, in der Spruchweisheit und in den umlaufenden Witzen eines Volkes vollstÀndiger als im TrÀume aufzufinden" (Freud 2009, 353) sind, mit verschiedensten Referenzen und Diskursen.

Diese "Bilder des VerdrĂ€ngten" (Gendolla 1994, 139) werden durch die von Buñuel ausgewĂ€hlte Musik – Ausschnitte aus einem argentinischen Tango sowie aus Richard Wagners Tristan und Isolde (1865) – zusammengebracht (vgl. Kagel 1994, 63). Sicherlich nicht zufĂ€llig sind also gerade keine Neukompositionen, sondern einprĂ€gsame StĂŒcke verwendet, fast als wĂŒrde das trĂ€umende Unbewusste auf bekannte KlĂ€nge und Melodien zurĂŒckgreifen.

In dieser Kombination aus Bild und Musik entsteht im Medium des Films ein traumhaftes ErzĂ€hlen mit 'ĂŒberrealistischer' (eben: 'surrealer') Wirkung, wenn etwa die Konstruktion und 'Gemachtheit' des Films insgesamt – etwa durch ein "theaterhaftes Dekor" (Kracauer 1964, 254) – nicht versteckt wird. Dadurch entsteht der Eindruck,

die innere RealitĂ€t sei der Ă€ußeren unendlich ĂŒberlegen. Folglich ist es ihr [gemeint sind die surrealistischen Filmeschaffenden] dringlichstes Vorhaben, den Strom inneren Lebens und all das, was er an Instinkten, TrĂ€umen, Visionen und dergleichen mit sich fĂŒhrt, ohne die Hilfe einer Story oder irgendeines anderen rationalen Kunstgriffs sichtbar zu machen (ebd., 254).

Interessanterweise bleibt auch die Tricktechnik im Vergleich zu den parallelen Experimenten von Epstein eher zurĂŒckhaltend und findet sich nur in Doppelbelichtungen und Überblendungen (beispielsweise wenn die RĂŒckansicht des Fahrradfahrers zwischen zwei Einstellungen (Einstellung 25/26) ĂŒberleitet) und im Verfahren der Stop-Motion-Technik (als sich die Kleidung des Mannes sich im Bett plötzlich verĂ€ndert; Einstellung 53/55).

Ausblick

Die UrauffĂŒhrung des Films wurde zu Buñuels Erleichterung von der surrealistischen 'Kerngruppe' um Breton offenbar sehr positiv aufgenommen – seine mitgebrachten Steine "pour les lancer sur l'assistance en cas d'Ă©chec" (Buñuel 1982, 128) wurden letztlich nicht benötigt. DafĂŒr aber wurde Buñuel schon bald sowohl fĂŒr seine Veröffentlichung des Drehbuchs in der 'bĂŒrgerlichen' Revue de cinĂ©ma wie auch fĂŒr den kommerziellen Erfolg des Films in Paris von den Surrealisten zur Rede gestellt: "Comment un film aussi provocant pouvait-il faire salle comble?" (ebd., 131) Dabei dĂŒrfte gerade die Skandalisierung des Films die ZuschauerInnen ins Kino gelockt haben:

Quarante ou cinquante dĂ©nonciateurs se prĂ©sentĂšrent au commissariat de police en affirmant: 'Il faut interdire ce film obscĂšne et cruel.' [
] On compta mĂȘme deux avortements pendant les projections. Pourtant, le film ne fut pas interdit (ebd., 130).

Letztlich aber blieb Buñuels und DalĂ­s Film in gewisser Weise ein Experiment. Ohnehin entstanden in der Hochphase des Surrealismus nur wenige 'rein surrealistische' Filme (vgl. Turvey 2014, 17) und noch weniger, die sich tatsĂ€chlich an einer filmĂ€sthetischen Anlehnung an den Traum versuchen. Dies mag auch daran liegen, dass bereits andere Surrealisten kritisiert hatten, eine zu offensichtliche Deutung als Traum könnte "das verstörende Potenzial eines Films" (BrĂŒtsch 2011, 38) abschwĂ€chen.

Der 'klassische' Kanon surrealistischer Film umfasst dabei meistens etwa zehn Werke, wobei diese Auswahl durchaus unterschiedlich ausfallen kann und in der Filmwissenschaft nicht immer reflektiert wird (vgl. BĂ©har 2004, 10 f.): Neben Un chien andalou von 1929 zĂ€hlen dazu hĂ€ufig noch, in chronologischer Reihenfolge: Retour Ă  la raison (1923) von Man Ray, Entracte (1924) von RenĂ© Clair, Emak Bakia (1927) und L'Ă©toile de mer (1928) von Man Ray, La coquille et le clergyman (1928) von Germaine Dulac und Antonin Artaud, La perle (1929) von Henri d'Arche sowie Le mystĂšre du chĂąteau de dĂ© (1929) von Man Ray und Marcel Duchamp. Das folgende Gemeinschaftsprojekt von Buñuel und DalĂ­, der abendfĂŒllende Spielfilm L'Ăąge d'or (1930), verfĂŒgte ĂŒber eine deutlich 'stringentere' Handlung, lief jedoch nur wenige Tage und wurde dann von der Filmzensur verboten.

Auch andere Filme außerhalb der surrealistischen 'Kerngruppe' griffen durchaus die Ästhetik von Un chien andalou auf – etwa das Augenthema in Henri Storcks Pour vos beaux yeux (1929), das bereits in Even – As You and I (1937) von Roger Barlow, Harry Hay und LeRoy Robbins parodiert wird. DarĂŒber hinaus reicht der Kreis der 'Nachahmer' (vgl. Hammond 2014, 37) im erweiterten 'surrealistischen' Umfeld von Jean Cocteaus Le sang d'un poĂšte (1930) oder Michel Zimbaccas und Jean-Louis BĂ©douins L'invention du monde (1951) bis hin zu zeitgenössischen Werken von David Cronenberg, Terry Gilliam oder David Lynch.


Jonas Nesselhauf

Literatur

Film

  • Un chien andalou. Regie: Luis Buñuel. Drehbuch: Luis Buñuel und Salvador DalĂ­. Kamera: Albert Duverger. Frankreich 1929; online.

Drehbuch

  • Buñuel, Luis/Salvador DalĂ­: Un Chien andalou. In: La RĂ©volution SurrĂ©aliste 12 (15.12.1929), 24-37.
  • Buñuel, Luis/Salvador DalĂ­: Ein andalusischer Hund. In: Salvador DalĂ­: UnabhĂ€ngigkeitserklĂ€rung der Phantasie und ErklĂ€rung der Rechte des Menschen auf seine VerrĂŒcktheit. Gesammelte Schriften. Hg. von Axel Matthes und Tilbert Diego Stegmann. Dt. von Brigitte Weidmann. MĂŒnchen: Rogner & Bernhard 1974, 91–97.
  • Buñuel, Luis/Salvador DalĂ­: Un chien andalou. Vorwort von Jean Vigo, Transkription und Einleitung von Phillip Drummond. London: Faber & Faber 1994.

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Weblinks


Zitiervorschlag fĂŒr diesen Artikel:

Nesselhauf, Jonas: "Un chien andalou" (Luis Buñuel). In: Lexikon Traumkultur. Ein Wiki des Graduiertenkollegs "EuropÀische Traumkulturen", 2019; http://traumkulturen.uni-saarland.de/Lexikon-Traumkultur/index.php/%22Un_chien_andalou%22_(Luis_Buñuel).