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Seit den 1990er Jahren sind phänomenologische Ansätze zum festen Bestandteil der Filmtheorie geworden. Allerdings rückten Traumdarstellungen bisher eher selten in den Fokus film-phänomenologischer Untersuchungen – ein Umstand, der nicht zuletzt deshalb verblüffen mag, da Traumsequenzen bekanntermaßen einen Hang zur sinnlichen Affizierung der Zuschauerin, und damit dem Untersuchungsgegenstand der Film-Phänomenologie schlechthin, aufweisen. Der folgende theoretisch-historische Streifzug will einige mögliche Anknüpfungspunkte zwischen phänomenologisch ausgerichtetem Denken über Film einerseits und dem Traum andererseits nachzeichnen, bezüglich letzterem sowohl in der Spielart ,Traum im Film‘ als auch in derjenigen des ,Films als Traum‘.
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==  Filmische Traumdarstellungen ==
 
==  Filmische Traumdarstellungen ==
 
Beschäftigt sich die Filmphänomenologie, allgemein gesprochen, mit der Fähigkeit des Films „to present the outward appearance of the world“ (Kuhn/Westwell 2012, 309), so mag man daraus ableiten, die Phänomenologie sei für die Untersuchung filmischer Träume ungeeignet. Schließlich drehen sich Traumsequenzen um die ''innere'' Erfahrung einer träumenden Figur. Da aber eine Traumsequenz diese innere Erfahrung als eine externalisierte (im Kontext des Kinos im wörtlichen Sinne) Projektion darstellt, steht sie der Phänomenologie als Untersuchungsobjekt zur Verfügung – der Traum ''erscheint'' als ein Objekt in der Welt. Eine Phänomenologie der filmischen Traumdarstellung interessiert sich also für das Potential des Kinos, die innere Erfahrung des Bewusstseins als ''äußere Erscheinung'' darzustellen. Diese Formulierung deutet auf die gegenseitige Durchdringung von Subjekt und Welt hin – ein Aspekt, der sowohl im Bezug auf das Medium Film als auch auf den nächtlichen Traum herausgestellt wurde. Maurice Merleau-Ponty schreibt: „Nun ist das Kino besonders geeignet, die Verbindung von Geist und Körper, von Geist und Welt und den Ausdruck des einen im anderen hervortreten zu lassen“ (Merleau-Ponty 2005, 82). Ähnlich wie die Existenzphilosophie lasse uns der Film „das Band zwischen dem Subjekt und der Welt, zwischen dem Subjekt und den anderen ‚sehen‘, anstatt es zu ,erklären‘“ (ebd.). Im Bezug auf das nächtliche Traumerleben beobachtet Medard Boss: „Wie künstlich und falsch erscheint an diesem unmittelbaren Traumereignis gemessen die übliche gedankliche Trennung einer solchen Zusammengehörigkeit in die zwei Stücke einer Aussenwelt und einer Innenwelt, in einen blossen aussenweltlichen Raumgegenstand, einen Zimmerraum einerseits und in irgendwelche darin unbeteiligt an ihm vorhandene, psychische Erlebnisse, Zustände und Verhaltensweisen des Menschen andererseits“ (Boss 1974, 92).
 
Beschäftigt sich die Filmphänomenologie, allgemein gesprochen, mit der Fähigkeit des Films „to present the outward appearance of the world“ (Kuhn/Westwell 2012, 309), so mag man daraus ableiten, die Phänomenologie sei für die Untersuchung filmischer Träume ungeeignet. Schließlich drehen sich Traumsequenzen um die ''innere'' Erfahrung einer träumenden Figur. Da aber eine Traumsequenz diese innere Erfahrung als eine externalisierte (im Kontext des Kinos im wörtlichen Sinne) Projektion darstellt, steht sie der Phänomenologie als Untersuchungsobjekt zur Verfügung – der Traum ''erscheint'' als ein Objekt in der Welt. Eine Phänomenologie der filmischen Traumdarstellung interessiert sich also für das Potential des Kinos, die innere Erfahrung des Bewusstseins als ''äußere Erscheinung'' darzustellen. Diese Formulierung deutet auf die gegenseitige Durchdringung von Subjekt und Welt hin – ein Aspekt, der sowohl im Bezug auf das Medium Film als auch auf den nächtlichen Traum herausgestellt wurde. Maurice Merleau-Ponty schreibt: „Nun ist das Kino besonders geeignet, die Verbindung von Geist und Körper, von Geist und Welt und den Ausdruck des einen im anderen hervortreten zu lassen“ (Merleau-Ponty 2005, 82). Ähnlich wie die Existenzphilosophie lasse uns der Film „das Band zwischen dem Subjekt und der Welt, zwischen dem Subjekt und den anderen ‚sehen‘, anstatt es zu ,erklären‘“ (ebd.). Im Bezug auf das nächtliche Traumerleben beobachtet Medard Boss: „Wie künstlich und falsch erscheint an diesem unmittelbaren Traumereignis gemessen die übliche gedankliche Trennung einer solchen Zusammengehörigkeit in die zwei Stücke einer Aussenwelt und einer Innenwelt, in einen blossen aussenweltlichen Raumgegenstand, einen Zimmerraum einerseits und in irgendwelche darin unbeteiligt an ihm vorhandene, psychische Erlebnisse, Zustände und Verhaltensweisen des Menschen andererseits“ (Boss 1974, 92).
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