| Mit diesem Gefühl der Gelähmtheit erwacht Nasrin im Bett ihrer Schwester aus ihrem Albtraum. Weshalb sie den Wohnwagen im Traum erkannt hat, wird den Leser*innen erst ein paar Seiten später, in einer Rückblende, klar werden (MdT 106–111). In dieser verirrt sich Nasrins zwölfjähriges Ich und wendet sich hilfesuchend an einen fremden Mann, Gerhard Walters, der ihre Situation ausnutzt und sie in seinem Wohnwagen vergewaltigt. Die Protagonistin wird in der Gewalt, die ihr an diesem Tag angetan wurde, einen wesentlichen Grund für die „Löcher“ und „Krater“ sehen, die in ihr Gedächtnis gerissen wurden: „[S]ein Blick war aus Stahl. Er bohrte Löcher in mich hinein, schuf ein Gedächtnis aus Gips“ (MdT 111). Der Traum nimmt so in dem Bild des Wohnmobils vorweg, was auf erzählerischer Ebene erst später aufgedeckt wird. Auch hier wird das (verdrängte) Trauma durch einen Gegenstand repräsentiert, der gleichzeitig real und symbolisch ist. Im Traum entwickelt die Gewalttat eine Sogwirkung – Nasrin wird durch das strömende Wasser, die Stimme der unerreichbaren Schwester und das Klingeln aus der Telefonzelle in die Richtung des Wagens getrieben. Der Traum verbildlicht außerdem, wie die verschiedenen Ebenen einer traumatischen Vergangenheit sich überlagern (die Telefonzelle, die hinter dem Wohnmobil hervorragt). | | Mit diesem Gefühl der Gelähmtheit erwacht Nasrin im Bett ihrer Schwester aus ihrem Albtraum. Weshalb sie den Wohnwagen im Traum erkannt hat, wird den Leser*innen erst ein paar Seiten später, in einer Rückblende, klar werden (MdT 106–111). In dieser verirrt sich Nasrins zwölfjähriges Ich und wendet sich hilfesuchend an einen fremden Mann, Gerhard Walters, der ihre Situation ausnutzt und sie in seinem Wohnwagen vergewaltigt. Die Protagonistin wird in der Gewalt, die ihr an diesem Tag angetan wurde, einen wesentlichen Grund für die „Löcher“ und „Krater“ sehen, die in ihr Gedächtnis gerissen wurden: „[S]ein Blick war aus Stahl. Er bohrte Löcher in mich hinein, schuf ein Gedächtnis aus Gips“ (MdT 111). Der Traum nimmt so in dem Bild des Wohnmobils vorweg, was auf erzählerischer Ebene erst später aufgedeckt wird. Auch hier wird das (verdrängte) Trauma durch einen Gegenstand repräsentiert, der gleichzeitig real und symbolisch ist. Im Traum entwickelt die Gewalttat eine Sogwirkung – Nasrin wird durch das strömende Wasser, die Stimme der unerreichbaren Schwester und das Klingeln aus der Telefonzelle in die Richtung des Wagens getrieben. Der Traum verbildlicht außerdem, wie die verschiedenen Ebenen einer traumatischen Vergangenheit sich überlagern (die Telefonzelle, die hinter dem Wohnmobil hervorragt). |
| + | Auch in diesem Traum tauchen zwei Songtext-Fragmente auf – besonders hervorzuheben ist in diesem Zusammenhang Evanescences „Bring Me to Life“ (2003), das den Wunsch zum Ausdruck bringt, aus dem Albtraum zu erwachen und vor dem Wiederleben des traumatischen Tages gerettet zu werden. Auch dieses Lied weist einen expliziten Traumbezug auf, der im Musikvideo nochmals unterstrichen wird: Hier träumt Sängerin Amy Lee davon, von einem Hochhaus zu fallen. Nasrins Traum hingegen greift ein anderes typisches Albtraum-Motiv auf. Eingeklemmt zwischen schwarzem Loch und Wohnwagen kann sie sich nicht bewegen – es ist der einzige Traum, in dem es ihr nicht gelingt, einen für sie bestimmten Anruf anzunehmen. Gleichzeitig schwingt die Gefahr, in das bodenlose Loch hinter ihr zu stürzen, durch das Lied-Zitat mit. |
− | Mehrbrey, Sophia: "Resto qui" (Marco Balzano). In: Lexikon Traumkultur. Ein Wiki des Graduiertenkollegs "Europäische Traumkulturen", 2022; http://traumkulturen.uni-saarland.de/Lexikon-Traumkultur/index.php?title=%22Resto_qui%22_(Marco_Balzano).
| + | Pape, Jasna: "Ministerium der Träume" (Hengameh Yaghoobifarah). In: Lexikon Traumkultur. Ein Wiki des Graduiertenkollegs "Europäische Traumkulturen", 2022; http://traumkulturen.uni-saarland.de/Lexikon-Traumkultur/index.php?title=%22Ministerium_der_Träume%22_(Hengameh_Yaghoobifarah). |