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Robin träumt einen wiederkehrenden „rêve récurrent des cabinets introuvables“ (R 71), in dem sein kindliches Ich verzweifelt nach den Toilettenräumen sucht. Destabilisierung, die auch das (scheinbare) Wacherleben des Agenten prägt, wird in den Trauminhalt überführt: Seine Suche wird als Irrfahrt bezeichnet, er weiß nicht, wie lange er überhaupt den Arbeitsraum verlassen hat, und sieht sich bei der Rückkehr einer weiteren Doppelgängerfigur gegenübergestellt. Auch die akkurate Schrift des Doppelgängers ist eine Anspielung auf Robin selbst, der als Erwachsener den Bericht seiner eigenen Mission in einer „petite écriture fine, et sans rature“ (R 31) festhält. Indem der Schlaf als „andere[n] Zeitlichkeit“ bezeichnet wird, erhält im Traum die Vergangenheit eine oneirische Dimension. Gleichzeitig wird der Traumbericht als Erzählform dadurch unterlaufen, dass auf ihn nicht unmittelbar eine Szene des Erwachens folgt. Stattdessen schließt sich eine Fußnote an, in der die zweite Erzählstimme den Traumbericht als „prétexte assez artificiel d’un récit de rêve“ (R 69) zu entlarven versucht. Der Traum, so wird hier suggeriert, sei eine bloße Erfindung Robins. Das Tempus schreibt den Traumbericht zugleich in die Uneindeutigkeit der Zuordnung zu einer der beiden Welten ein: Nur der Beginn des Berichts ist im Imparfait bzw. Passé composé verfasst, während alle folgenden Ereignisse im Präsens wiedergegeben und in einem unbestimmten „maintenant“ situiert werden. In der Simultaneität der möglichen Lesarten – Bericht seines tatsächlichen Traumes, absichtsvoll erfundener Traumbericht, Erinnerung an die Kindheit, verfremdetes Erleben des erwachsenen Agenten in Berlin – trägt auch der berichtete Traum zur „circulation du sens“ bei. Dazu passt ebenso, dass der Agent vermeintliche Erinnerungsbilder an einer anderen Stelle als Traumreste, „résidus flottants d’un morceau de rêve“ (R 115) identifiziert. Sowohl in ihrer Fragmentstruktur als auch in der Ziellosigkeit der Bewegung spiegeln die „herumschwebende[n] Überbleibsel eines Traumabschnitts“ (R 110), so die deutsche Übersetzung, die Orientierungslosigkeit Robins wie die labyrinthische Anlage des Romans wider und stellen den Gesamttext unter das Vorzeichen einer geträumten Erfahrung.  
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Robin träumt einen wiederkehrenden „rêve récurrent des cabinets introuvables“ (R 71), in dem sein kindliches Ich verzweifelt nach den Toilettenräumen sucht. Die Destabilisierung, die auch das (scheinbare) Wacherleben des Agenten prägt, wird in den Trauminhalt überführt: Seine Suche wird als Irrfahrt bezeichnet, er weiß nicht, wie lange er überhaupt den Arbeitsraum verlassen hat, und sieht sich bei der Rückkehr einer weiteren Doppelgängerfigur gegenübergestellt. Auch die akkurate Schrift des Doppelgängers ist eine Anspielung auf Robin selbst, der als Erwachsener den Bericht seiner eigenen Mission in einer „petite écriture fine, et sans rature“ (R 31) festhält. Indem der Schlaf als „andere[n] Zeitlichkeit“ bezeichnet wird, erhält im Traum die Vergangenheit eine oneirische Dimension. Gleichzeitig wird der Traumbericht als Erzählform dadurch unterlaufen, dass auf ihn nicht unmittelbar eine Szene des Erwachens folgt. Stattdessen schließt sich eine Fußnote an, in der die zweite Erzählstimme den Traumbericht als „prétexte assez artificiel d’un récit de rêve“ (R 69) zu entlarven versucht. Der Traum, so wird hier suggeriert, sei eine bloße Erfindung Robins. Das Tempus schreibt den Traumbericht zugleich in die Uneindeutigkeit der Zuordnung zu einer der beiden Welten ein: Nur der Beginn des Berichts ist im Imparfait bzw. Passé composé verfasst, während alle folgenden Ereignisse im Präsens wiedergegeben und in einem unbestimmten „maintenant“ situiert werden. In der Simultaneität der möglichen Lesarten – Bericht seines tatsächlichen Traumes, absichtsvoll erfundener Traumbericht, Erinnerung an die Kindheit, verfremdetes Erleben des erwachsenen Agenten in Berlin – trägt auch der berichtete Traum zur „circulation du sens“ bei. Dazu passt ebenso, dass der Agent vermeintliche Erinnerungsbilder an einer anderen Stelle als Traumreste, „résidus flottants d’un morceau de rêve“ (R 115) identifiziert. Sowohl in ihrer Fragmentstruktur als auch in der Ziellosigkeit der Bewegung spiegeln die „herumschwebende[n] Überbleibsel eines Traumabschnitts“ (R 110), so die deutsche Übersetzung, die Orientierungslosigkeit Robins wie die labyrinthische Anlage des Romans wider und stellen den Gesamttext unter das Vorzeichen einer geträumten Erfahrung.  
     
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