"Träume" (Meret Oppenheim): Unterschied zwischen den Versionen

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==Zu Meret Oppenheim==
==Zu Meret Oppenheim==
Meret Oppenheim war eine am 6. Oktober 1913 in Deutschland (Berlin-Charlottenburg) geborene, schweizerische Künstlerin und Lyrikerin (gestorben am 15. November 1985 in Basel). Bekannt und berühmt wurde sie insbesondere als Künstlerin, die ab ca. 1932 den Künstlerkreis der Pariser Surrealisten um André Breton (1896-1966), Marcel Duchamp (1887-1968), Max Ernst (1891-1976), Man Ray (1890-1976), Alberto Giacometti (1901-1966), Joan Mirò (1893-1983) etc. frequentierte, in den sie durch den Schweizer Künstler Hans Arp (1886-1966) eingeführt wurde (Meyer-Thoss 2013b, 72). Während Meret Oppenheim durch die Pariser Bekanntschaften und Freundschaften zwar künstlerisch und persönlich geprägt wurde und sie für ihr frühes Œuvre zahlreiche wichtige Impulse bekam, fühlte sie sich der Gruppe der Surrealisten nie vollständig zugehörig. Trotz ihrer frühen, „vom Surrealismus vereinnahmten“ und hinsichtlich der Publikumsrezeption erfolgreichen Werke, wie z. B. der sogenannte „Pelztasse“ von 1936 – André Breton erfand für das Werk den Namen „Dejeuner en fourrure“ („Frühstück im Pelz“) – setzte sie Zeit ihres Lebens beharrlich ihre Eigenständigkeit als Künstlerin ohne starke Bindung zu den Pariser Surrealisten durch (Helfenstein 1993, 68-78). Neben den zahlreichen Malereien und Zeichnungen schuf Meret Oppenheim in ihrem auch von einigen längeren Schaffenskrisen geprägten Leben (Curiger 1989, 42 ff.; T 28-30), das sie überwiegend an verschiedenen Orten in der Schweiz verbringt (Rückkehr von Paris nach Basel im Jahr 1937, später Bern und Carona im Tessin etc.), ein umfangreiches Œuvre. Dieses umfasst u.a. auch Skulpturen, Brunnen (z.B. am Waisenhausplatz in Bern), Kunstobjekte in verschiedensten Materialien (Baur 2021, 150-167), Fotografien, aber auch Designobjekte wie Möbel, Schmuck und Kleidung (Baur 2021, 130-147) sowie Performancekunst und Gedichte (Baur 2021, 90-107). Ihre Werke sind nicht selten von ihren eigenen Träumen sowie von den allgemeinen Eigenschaften des Traums inspiriert und besonders vom „Sehnsuchtspotential des Fragmentarischen“ sowie vom „Atem des größeren, zeitenthobenen Zusammenhangs“ geprägt (Meyer-Thoss, T 87).
Meret Oppenheim war eine am 6. Oktober 1913 in Deutschland (Berlin-Charlottenburg) geborene, schweizerische Künstlerin und Lyrikerin (gestorben am 15. November 1985 in Basel). Bekannt und berühmt wurde sie insbesondere als Künstlerin, die ab ca. 1932 den Künstlerkreis der Pariser Surrealisten um André Breton (1896-1966), Marcel Duchamp (1887-1968), Max Ernst (1891-1976), Man Ray (1890-1976), Alberto Giacometti (1901-1966), Joan Mirò (1893-1983) etc. frequentierte, in den sie durch den Schweizer Künstler Hans Arp (1886-1966) eingeführt wurde (Meyer-Thoss 2013b, 72). Während Meret Oppenheim durch die Pariser Bekanntschaften und Freundschaften zwar künstlerisch und persönlich geprägt wurde und sie für ihr frühes Œuvre zahlreiche wichtige Impulse bekam, fühlte sie sich der Gruppe der Surrealisten nie vollständig zugehörig. Trotz ihrer frühen, „vom Surrealismus vereinnahmten“ und hinsichtlich der Publikumsrezeption erfolgreichen Werke, wie z.B. der sogenannte „Pelztasse“ von 1936 – André Breton erfand für das Werk den Namen „Dejeuner en fourrure“ („Frühstück im Pelz“) – setzte sie Zeit ihres Lebens beharrlich ihre Eigenständigkeit als Künstlerin ohne starke Bindung zu den Pariser Surrealisten durch (Helfenstein 1993, 68-78). Neben den zahlreichen Malereien und Zeichnungen schuf Meret Oppenheim in ihrem auch von einigen längeren Schaffenskrisen geprägten Leben (Curiger 1989, 42 ff.; T 28-30), das sie überwiegend an verschiedenen Orten in der Schweiz verbringt (Rückkehr von Paris nach Basel im Jahr 1937, später Bern und Carona im Tessin etc.), ein umfangreiches Œuvre. Dieses umfasst u.a. auch Skulpturen, Brunnen (z.B. am Waisenhausplatz in Bern), Kunstobjekte in verschiedensten Materialien (Baur 2021, 150-167), Fotografien, aber auch Designobjekte wie Möbel, Schmuck und Kleidung (Baur 2021, 130-147) sowie Performancekunst und Gedichte (Baur 2021, 90-107). Ihre Werke sind nicht selten von ihren eigenen Träumen sowie von den allgemeinen Eigenschaften des Traums inspiriert und besonders vom „Sehnsuchtspotential des Fragmentarischen“ sowie vom „Atem des größeren, zeitenthobenen Zusammenhangs“ geprägt (Meyer-Thoss, T 87).


==Zur Sammlung der Traumaufzeichnungen von Meret Oppenheim==
==Zur Sammlung der Traumaufzeichnungen von Meret Oppenheim==
Meret Oppenheim sammelte seit dem Jahr 1928 ihre Traumaufzeichnungen und übergab ihre „Sammelmappe“ mit den chronologisch sortierten Aufzeichnungen im Jahr 1984 der Herausgeberin des Bandes, Christiane Meyer-Thoss. Zeitlich nach der Übergabe notierte und später noch zur Publikation ausgewählte Träume schickte sie nachträglich per Post an Meyer-Thoss (T 86). In der editorischen Notiz (vgl. hierzu und im folgenden Meyer-Thoss, T 117) merkt die Herausgeberin an, dass Meret Oppenheim, wie anhand des „einheitlichen Schriftbildes“ zu folgern sei, „wahrscheinlich bis Ende der fünfziger Jahre, wichtige Träume innerhalb eines kurzen Zeitraumes nacheinander abgeschrieben hat, also übernommen aus älteren Notizheften“. In diesem Zusammenhang „fügte Meret Oppenheim auch zusätzliche Erklärungen und Kommentare ein“, die im gesamten Band ihre eigene Sicht und teilweise auch persönliche Deutungsversuche des Geträumten darlegen. Das gesamte Textmaterial wurde von Meret Oppenheim in den „siebziger Jahren“ sowie „ein letztes Mal dann im Dezember 1984 in Frankfurt“ – sehr wahrscheinlich bei einem Besuch bei Meyer-Thoss – „durchgesehen, kommentiert, ergänzt, verbessert“. Die im Rahmen der Korrekturen vorgenommenen Änderungen stehen in den Texten in eckigen Klammern. Die Sammlung ''Träume'' gibt abgesehen von wenigen Auslassungen, die z. B. „sehr persönliche Daten betreffen“, Oppenheims Aufzeichnungen „nahezu vollständig“ und „in der von ihr bestimmten chronologischen Reihenfolge“ wieder.
Meret Oppenheim sammelte seit dem Jahr 1928 ihre Traumaufzeichnungen und übergab ihre „Sammelmappe“ mit den chronologisch sortierten Aufzeichnungen im Jahr 1984 der Herausgeberin des Bandes, Christiane Meyer-Thoss. Zeitlich nach der Übergabe notierte und später noch zur Publikation ausgewählte Träume schickte sie nachträglich per Post an Meyer-Thoss (T 86). In der editorischen Notiz (vgl. hierzu und im folgenden Meyer-Thoss, T 117) merkt die Herausgeberin an, dass Meret Oppenheim, wie anhand des „einheitlichen Schriftbildes“ zu folgern sei, „wahrscheinlich bis Ende der fünfziger Jahre, wichtige Träume innerhalb eines kurzen Zeitraumes nacheinander abgeschrieben hat, also übernommen aus älteren Notizheften“. In diesem Zusammenhang „fügte Meret Oppenheim auch zusätzliche Erklärungen und Kommentare ein“, die im gesamten Band ihre eigene Sicht und teilweise auch persönliche Deutungsversuche des Geträumten darlegen. Das gesamte Textmaterial wurde von Meret Oppenheim in den „siebziger Jahren“ sowie „ein letztes Mal dann im Dezember 1984 in Frankfurt“ – sehr wahrscheinlich bei einem Besuch bei Meyer-Thoss – „durchgesehen, kommentiert, ergänzt, verbessert“. Die im Rahmen der Korrekturen vorgenommenen Änderungen stehen in den Texten in eckigen Klammern. Die Sammlung ''Träume'' gibt abgesehen von wenigen Auslassungen, die z.B. „sehr persönliche Daten betreffen“, Oppenheims Aufzeichnungen „nahezu vollständig“ und „in der von ihr bestimmten chronologischen Reihenfolge“ wieder.


==Meret Oppenheims Aufzeichnungen im Band „Träume“==
==Meret Oppenheims Aufzeichnungen im Band „Träume“==
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* Fluchtträume und Kampf mit wilden Tieren, z.B. Nr. 2 (Flucht vor Schlangen), Nr. 3 (Kampf mit einem „Höllenhund“), Nr. 15 (Flucht vor einem Puma, dann Herausbrechen seiner Zähne),
* Fluchtträume und Kampf mit wilden Tieren, z.B. Nr. 2 (Flucht vor Schlangen), Nr. 3 (Kampf mit einem „Höllenhund“), Nr. 15 (Flucht vor einem Puma, dann Herausbrechen seiner Zähne),


* Alb- oder Angstträume, z. B. Nr. 8 (eigenen Hinrichtung), Nr. 19 („Menschenschlachthaus“), Nr. 75 (Frau in einem Käfig zwischen Baumstämmen),
* Alb- oder Angstträume, z.B. Nr. 8 (eigenen Hinrichtung), Nr. 19 („Menschenschlachthaus“), Nr. 75 (Frau in einem Käfig zwischen Baumstämmen),


* Träume von Treffen mit Toten, z.B. Nr. 28 (Großmutter), Nr. 58 (tote Schwester, die wieder lebendig wird),
* Träume von Treffen mit Toten, z.B. Nr. 28 (Großmutter), Nr. 58 (tote Schwester, die wieder lebendig wird),
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Meret Oppenheim verstand ihre Träume als Äußerungen ihres eigenen Unbewussten, die auf ihre persönliche und künstlerische Entwicklung sowie auf die Entwicklung ihres künstlerischen Werkes Einfluss nehmen können, und maß ihnen deshalb eine erhebliche Bedeutung bei (Schulz 2006, 51). Sie notierte ihre eigenen Träume auch deshalb, weil sie aufgrund von „Diskussionen im Elternhaus über die Lehren Carl Gustav Jungs“ – Meret Oppenheims Vater, der Arzt Erich Alfons Oppenheim, stand mit C. G. Jung in Kontakt (Curiger 1989, 9; Meyer-Thoss, T 87-88) – ein Interesse am Themengebiet der Psychologie und der Bedeutung des Traums als „Regulativ der Psyche“ entwickelt hatte (Schulz 2006, 53). In den aufgezeichneten Trauminhalten, aber auch in Meret Oppenheims eigenen Deutungen sowie Trauminterpretationen finden sich immer wieder Hinweise auf C. G. Jungs Ideen zum „kollektiven Unbewussten“, zu den sog. „Archetypen“ – den von Jung beschriebenen „universellen“ Grundstrukturen in den Vorstellungen und Handlungen von Menschen –, zum Konzept von Anima und Animus – der „psychologischen Zweigeschlechtlichkeit“ – oder zur „universellen“ Bedeutung von Symbolen (vgl. u. a. Jung 2001). Auf diesen Ideen begründete Meret Oppenheim auch ihr Selbstverständnis als Künstlerin, wenn sie nicht nur die von ihr erinnerten Trauminhalte als „weit über die eigene Person hinausgehend“ betrachtete, sondern auch davon ausging, dass die Beschäftigung mit Träumen eine gesellschaftliche Dimension bzw. Bedeutung habe. Außerdem stellte sie diesbezüglich fest: „Es sind die Künstler, die träumen für die Gesellschaft“ (Schulz 2006, 54). Weiterhin hat Meret Oppenheims Beschäftigung mit C. G. Jungs Symbolforschung auf die verwendete Ikonografie ihres künstlerischen Werkes Einfluss genommen und sie verwendet in ihren Werken bestimmte Motive und Gestalten, wie z. B. Schlangen, Spiralen, das Auge etc., welche auch häufig in ihren Traumaufzeichnungen vorkommen und Leitmotive der ewigen Wiederkehr und des niemals endenden Naturkreislaufs darstellen (Schulz 2006, 59).
Meret Oppenheim verstand ihre Träume als Äußerungen ihres eigenen Unbewussten, die auf ihre persönliche und künstlerische Entwicklung sowie auf die Entwicklung ihres künstlerischen Werkes Einfluss nehmen können, und maß ihnen deshalb eine erhebliche Bedeutung bei (Schulz 2006, 51). Sie notierte ihre eigenen Träume auch deshalb, weil sie aufgrund von „Diskussionen im Elternhaus über die Lehren Carl Gustav Jungs“ – Meret Oppenheims Vater, der Arzt Erich Alfons Oppenheim, stand mit C. G. Jung in Kontakt (Curiger 1989, 9; Meyer-Thoss, T 87-88) – ein Interesse am Themengebiet der Psychologie und der Bedeutung des Traums als „Regulativ der Psyche“ entwickelt hatte (Schulz 2006, 53). In den aufgezeichneten Trauminhalten, aber auch in Meret Oppenheims eigenen Deutungen sowie Trauminterpretationen finden sich immer wieder Hinweise auf C. G. Jungs Ideen zum „kollektiven Unbewussten“, zu den sog. „Archetypen“ – den von Jung beschriebenen „universellen“ Grundstrukturen in den Vorstellungen und Handlungen von Menschen –, zum Konzept von Anima und Animus – der „psychologischen Zweigeschlechtlichkeit“ – oder zur „universellen“ Bedeutung von Symbolen (vgl. u. a. Jung 2001). Auf diesen Ideen begründete Meret Oppenheim auch ihr Selbstverständnis als Künstlerin, wenn sie nicht nur die von ihr erinnerten Trauminhalte als „weit über die eigene Person hinausgehend“ betrachtete, sondern auch davon ausging, dass die Beschäftigung mit Träumen eine gesellschaftliche Dimension bzw. Bedeutung habe. Außerdem stellte sie diesbezüglich fest: „Es sind die Künstler, die träumen für die Gesellschaft“ (Schulz 2006, 54). Weiterhin hat Meret Oppenheims Beschäftigung mit C. G. Jungs Symbolforschung auf die verwendete Ikonografie ihres künstlerischen Werkes Einfluss genommen und sie verwendet in ihren Werken bestimmte Motive und Gestalten, wie z.B. Schlangen, Spiralen, das Auge etc., welche auch häufig in ihren Traumaufzeichnungen vorkommen und Leitmotive der ewigen Wiederkehr und des niemals endenden Naturkreislaufs darstellen (Schulz 2006, 59).


Eine der Traumaufzeichnungen, die von Meret Oppenheim als Anima-Animus-Traum im Sinne C. G. Jungs ausgelegt wurden, ist z. B. die oben unter der Nr. 73 angeführte:
Eine der Traumaufzeichnungen, die von Meret Oppenheim als Anima-Animus-Traum im Sinne C. G. Jungs ausgelegt wurden, ist z.B. die oben unter der Nr. 73 angeführte:
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