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==Traum und Realität==
 
==Traum und Realität==
Nach Breton ist das Traumerleben ursprünglich strukturiert, durch den Eingriff des Gedächtnisses erfolgen jedoch derartige Veränderungen, dass sich scheinbar mehrere Träume abspielen. Was innerhalb des Traumes als Realität eingestuft wird, hängt seiner Meinung nach mit der Willenskraft der Träumenden zusammen. Zudem ist dieser Moment des Realitätsempfindens ohnehin kurzweilig. Dabei bedauert er in einer Anmerkung, dass er gerade die Inhalte nicht erinnert, die ihn besonders interessieren und nicht mit dem Tageserleben in Verbindung stehen. Daher glaubt er, dass die Trauminhalte nicht vollständig aufgelöst werden können. Er wünscht sich gar u.a. schlafende Philosophen, damit die Logik imstande ist, zurückzutreten. Breton schließt auch weder die Möglichkeit einer narrativen Weitererzählung von Traum zu Traum aus noch, dass reale Erlebnisse in diesen weitergeführt werden (vgl. Breton 2008, 21f./Breton 1993, 16–18). In diesen Überlegungen deutet sich bereits eine erste Vermischung von Wach- und Traumerleben an, die für die Surrealisten ästhetisch von Interesse war. Danach äußert er nämlich seine Gedanken zur Funktion des Traumes:
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Nach Breton ist das Traumerleben ursprünglich strukturiert, durch den Eingriff des Gedächtnisses erfolgen jedoch derartige Veränderungen, dass sich scheinbar mehrere Träume abspielen. Was innerhalb des Traumes als Realität eingestuft wird, hängt seiner Meinung nach mit der Willenskraft der Träumenden zusammen. Zudem ist dieser Moment des Realitätsempfindens ohnehin kurzweilig. Dabei bedauert er in einer Anmerkung, dass er gerade die Inhalte nicht erinnert, die ihn besonders interessieren und nicht mit dem Tageserleben in Verbindung stehen. Daher glaubt er, dass die Trauminhalte nicht vollständig aufgelöst werden können. Er wünscht sich gar u.a. schlafende Philosophen, damit die Logik imstande ist, zurückzutreten. Breton schließt auch weder die Möglichkeit einer narrativen Weitererzählung von Traum zu Traum aus noch, dass reale Erlebnisse in diesen weitergeführt werden (vgl. Breton 2008, 21 f.; Breton 1993, 16–18). In diesen Überlegungen deutet sich bereits eine erste Vermischung von Wach- und Traumerleben an, die für die Surrealisten ästhetisch von Interesse war. Danach äußert er nämlich seine Gedanken zur Funktion des Traumes:
    
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Im nächsten Abschnitt hinterfragt er die Verlässlichkeit der Wahrnehmung im Wacherleben, bevor er den Traum als Ort völliger moralischer Freiheit und unbegrenzter Möglichkeiten skizziert, was von der Vernunft der Träumenden im Schlaf nicht in Frage gestellt wird. Das Erwachen reißt die Personen aus diesem Ort, während die gesellschaftlichen Moralvorstellungen erneut eingreifen (vgl. Breton 2008, 23f./ Breton 1993, 16–18).
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Im nächsten Abschnitt hinterfragt er die Verlässlichkeit der Wahrnehmung im Wacherleben, bevor er den Traum als Ort völliger moralischer Freiheit und unbegrenzter Möglichkeiten skizziert, was von der Vernunft der Träumenden im Schlaf nicht in Frage gestellt wird. Das Erwachen reißt die Personen aus diesem Ort, während die gesellschaftlichen Moralvorstellungen erneut eingreifen (Breton 2008, 23 f.; Breton 1993, 16–18).
 
Breton versteht Traum und Realität daher nicht als einen unwiderruflichen Gegensatz, sondern sieht sie als zusammengehörig an. Im gleichzeitigen Zusammenspiel von Wach- und Traumzustand wird sogar eine neue Wahrnehmungserfahrung ermöglicht. Dieser Wahrnehmungszustand ist in seinen Augen erstrebenswert, aber nur bedingt erreichbar:
 
Breton versteht Traum und Realität daher nicht als einen unwiderruflichen Gegensatz, sondern sieht sie als zusammengehörig an. Im gleichzeitigen Zusammenspiel von Wach- und Traumzustand wird sogar eine neue Wahrnehmungserfahrung ermöglicht. Dieser Wahrnehmungszustand ist in seinen Augen erstrebenswert, aber nur bedingt erreichbar:
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: <span style="color: #7b879e;">Je crois à la résolution future de ces deux états, en apparence si contradictoires, que sont le rêve et la réalité, en une sorte de réalité absolue, de surréalité, si l’on peut ainsi dire. C’est à sa conquête que je vais, certain de n’y pas parvenir mais trop insoucieux de ma mort pour ne pas supporter un peu les joies d’une telle possession. (Breton 2008, 24).
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: <span style="color: #7b879e;">Je crois à la résolution future de ces deux états, en apparence si contradictoires, que sont le rêve et la réalité, en une sorte de réalité absolue, de surréalité, si l’on peut ainsi dire. C’est à sa conquête que je vais, certain de n’y pas parvenir mais trop insoucieux de ma mort pour ne pas supporter un peu les joies d’une telle possession (Breton 2008, 24).
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: <span style="color: #7b879e;">Ich glaube an die künftige Auflösung dieser scheinbar so gegensätzlichen Zustände von Traum und Wirklichkeit in einer Art absoluten Realität, wenn man so sagen kann: Surrealität. Nach ihrer Eroberung strebe ich, sicher, sie nicht zu erreichen, zu unbekümmert jedoch um meinen Tod, um nicht zumindest die Freuden eines solchen Besitzes abzuwägen. (Breton 1993, 18).</span>
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: <span style="color: #7b879e;">Ich glaube an die künftige Auflösung dieser scheinbar so gegensätzlichen Zustände von Traum und Wirklichkeit in einer Art absoluten Realität, wenn man so sagen kann: Surrealität. Nach ihrer Eroberung strebe ich, sicher, sie nicht zu erreichen, zu unbekümmert jedoch um meinen Tod, um nicht zumindest die Freuden eines solchen Besitzes abzuwägen (Breton 1993, 18).</span>
 
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Die Aufhebung der Grenzen zwischen „rêve“ und „réalité“ ist folglich das zentrale Konzept des Surrealismus, auf das sich zudem Bretons gesamtes künstlerisches Schaffen ausrichtet.
 
Die Aufhebung der Grenzen zwischen „rêve“ und „réalité“ ist folglich das zentrale Konzept des Surrealismus, auf das sich zudem Bretons gesamtes künstlerisches Schaffen ausrichtet.
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