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1964 gab der Verleger Claude Tchou in Paris eine Neuauflage von Herveys Traumstudie heraus (vgl. Den Blaken u. Meijer 1991). Im Unterschied zur ersten Auflage wurde der Werktitel auf ''Les rêves et les moyens de les diriger'' gekürzt und dem Werk eine Kurzbiographie des Autors vorangestellt (vgl. Den Blaken u. Meijer 1991). Die Zeichnungen des Frontispizes und der Appendix der ersten Auflage sind jedoch nicht mehr enthalten und finden keine Erwähnung (vgl. ebd.). Noch gravierender scheint jedoch, dass der Herausgeber der zweiten Auflage teilweise seine eigenen Fußnoten mit denen des Originals vermischt und überdies Änderungen am Originaltext unzureichend kennzeichnet (vgl. Den Blaken u. Meijer 1991). 1982 folgt eine gekürzte Version der zweiten französischen Auflage auf Englisch durch Morton Schatzman (vgl. Den Blaken u. Meijer 1991). In dieser sind ebenfalls weder die Abbildungen noch der Appendix der Erstausgabe enthalten (vgl. ebd.). Auf Deutsch ist das Werk bis heute nicht erschienen.
 
1964 gab der Verleger Claude Tchou in Paris eine Neuauflage von Herveys Traumstudie heraus (vgl. Den Blaken u. Meijer 1991). Im Unterschied zur ersten Auflage wurde der Werktitel auf ''Les rêves et les moyens de les diriger'' gekürzt und dem Werk eine Kurzbiographie des Autors vorangestellt (vgl. Den Blaken u. Meijer 1991). Die Zeichnungen des Frontispizes und der Appendix der ersten Auflage sind jedoch nicht mehr enthalten und finden keine Erwähnung (vgl. ebd.). Noch gravierender scheint jedoch, dass der Herausgeber der zweiten Auflage teilweise seine eigenen Fußnoten mit denen des Originals vermischt und überdies Änderungen am Originaltext unzureichend kennzeichnet (vgl. Den Blaken u. Meijer 1991). 1982 folgt eine gekürzte Version der zweiten französischen Auflage auf Englisch durch Morton Schatzman (vgl. Den Blaken u. Meijer 1991). In dieser sind ebenfalls weder die Abbildungen noch der Appendix der Erstausgabe enthalten (vgl. ebd.). Auf Deutsch ist das Werk bis heute nicht erschienen.
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Ein wichtiger Erkenntnisaspekt des Traums liegt ferner im trauminternen Dialog mit dem eigenen Selbst. In luziden Träumen schwingt sich der Träumer oftmals unwissentlich zum Dramatiker mit ausgezeichnetem Talent für die Figurenzeichnung auf und lässt die Traumfiguren ihre Meinung in einem Tonfall vortragen, wie sie es auch in der Realität getan hätten (vgl. RMD 1867, S. 313 f.). Dabei bewegt er sie dazu, Pro und Contra einer ihn beschäftigenden Angelegenheit zu diskutieren und lässt sie Argumente austauschen, die er selbst insgeheim bereits erwogen hat (vgl. RMD 1867, S. 315 f.). Über die Begegnung mit dem eigenen Selbst im Traum trägt der Träumer somit innere Konflikte aus und gelangt zu neuen Erkenntnissen (vgl. RMD 1867, S. 315 f., 345 f.). In der Gestalt eines halb weißen, halb schwarzen Kindes, das behauptet er selbst zu sein, begegnet Hervey in einem seiner Träume sogar explizit sich selbst, wobei die Dualität der Farben möglicherweise Sinnbild seiner guten und schlechten Seiten ist, wie er selbst vermutet (vgl. RMD 1867, S. 345–347). Hervey de Saint-Denys schließt seine Untersuchung, indem er bekräftigt, dass er die Traumsteuerung nicht nur als ertragreich für den individuellen Inspirationsprozess und das private Vergnügen eines Jeden, sondern auch für die Wissenschaft, insbesondere die Physiologie und Medizin, ansieht (vgl. RMD, S. 477 f.).
 
Ein wichtiger Erkenntnisaspekt des Traums liegt ferner im trauminternen Dialog mit dem eigenen Selbst. In luziden Träumen schwingt sich der Träumer oftmals unwissentlich zum Dramatiker mit ausgezeichnetem Talent für die Figurenzeichnung auf und lässt die Traumfiguren ihre Meinung in einem Tonfall vortragen, wie sie es auch in der Realität getan hätten (vgl. RMD 1867, S. 313 f.). Dabei bewegt er sie dazu, Pro und Contra einer ihn beschäftigenden Angelegenheit zu diskutieren und lässt sie Argumente austauschen, die er selbst insgeheim bereits erwogen hat (vgl. RMD 1867, S. 315 f.). Über die Begegnung mit dem eigenen Selbst im Traum trägt der Träumer somit innere Konflikte aus und gelangt zu neuen Erkenntnissen (vgl. RMD 1867, S. 315 f., 345 f.). In der Gestalt eines halb weißen, halb schwarzen Kindes, das behauptet er selbst zu sein, begegnet Hervey in einem seiner Träume sogar explizit sich selbst, wobei die Dualität der Farben möglicherweise Sinnbild seiner guten und schlechten Seiten ist, wie er selbst vermutet (vgl. RMD 1867, S. 345–347). Hervey de Saint-Denys schließt seine Untersuchung, indem er bekräftigt, dass er die Traumsteuerung nicht nur als ertragreich für den individuellen Inspirationsprozess und das private Vergnügen eines Jeden, sondern auch für die Wissenschaft, insbesondere die Physiologie und Medizin, ansieht (vgl. RMD, S. 477 f.).
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==Fazit==
 
==Fazit==
 
In ''Les rêves et les moyens de les diriger'' (1867) vermittelt Hervey de Saint-Denys einen umfassenden Überblick über die Funktionsweise des menschlichen Geistes in gewöhnlichen und luziden (bewusst erlebten und gesteuerten) Träumen. Dennoch weist seine Studie insbesondere hinsichtlich der wissenschaftlichen Vorgehensweise einige Schwächen auf, die dem Laienstatus des Autors geschuldet sein dürften. So ist Hervey insbesondere was seine Verwendung des Begriffs ›rêve lucide‹ anbelangt nicht konsequent und referiert damit je nach Kontext mal auf visuell deutlich erkennbare, kohärente Träume mal auf bewusst erlebte, gelenkte Träume. Ferner gibt er zunächst einen Forschungsüberblick, bevor er auf seine eigene empirische Traumforschung zu sprechen kommt, fügt jedoch möglicherweise aufgrund seines populärwissenschaftlichen Schreibstils nur wenige Fußnoten ein, sodass oftmals nicht klar ersichtlich ist, auf welche Passage eines Werkes er sich konkret bezieht. Auch lässt sich stellenweise nur schwer die Grenze zwischen der Darstellung von Traumtheorien anderer Forscher und Herveys Stellungnahme hierzu ausmachen, was auf die insgesamt recht undurchsichtige Binnenstruktur seines Werkes zurückzuführen sein dürfte. Die allzu umfangreiche Themenauflistung zu Beginn eines jeden Kapitels überfordert den Leser hier mehr, als dass sie zur besseren Orientierung beiträgt. Dagegen mangelt es an Zwischenüberschriften innerhalb der einzelnen Kapitel. Im dritten empirischen Teil seiner Arbeit präsentiert Hervey de Saint-Denys schließlich zahlreiche Auszüge aus seinen Traumtagebüchern, die er zur Belegung seiner Thesen einsetzt. Allerdings macht er meist keine Angaben zu dem Entstehungsjahr und -kontext seiner Traumnotate und lässt diese vereinzelt gar unkommentiert stehen, sodass seine Abhandlung insbesondere gegen Ende des dritten Teils in Richtung einer Materialsammlung abdriftet. Auch lässt die Fokussierung auf eigene Traumerfahrungen die Studie letztlich etwas an Objektivität einbüßen.Trotz einiger Defizite ist das enorme Innovationspotenzial von Hervey de Saint-Denys Traumstudie unverkennbar. Er beschäftigt sich nicht nur als erster Traumforscher systematisch mit luziden Träumen und lotet in seinen Experimenten das Ausmaß der Steuerung des Traums sowie der Erhaltung des Bewusstseins im Traum aus, sondern nutzt die Fähigkeit des bewussten Träumens auch, um den Traum als geistig wacher Beobachter von innen heraus zu beleuchten. Dadurch gelingt es ihm, elementare Einsichten in die Genese und Funktionsweise des Phänomens Traums zu gewinnen. Zu Recht gilt Hervey de Saint-Denys demnach als Wegbereiter der modernen (Klar-)Traumforschung. 
 
In ''Les rêves et les moyens de les diriger'' (1867) vermittelt Hervey de Saint-Denys einen umfassenden Überblick über die Funktionsweise des menschlichen Geistes in gewöhnlichen und luziden (bewusst erlebten und gesteuerten) Träumen. Dennoch weist seine Studie insbesondere hinsichtlich der wissenschaftlichen Vorgehensweise einige Schwächen auf, die dem Laienstatus des Autors geschuldet sein dürften. So ist Hervey insbesondere was seine Verwendung des Begriffs ›rêve lucide‹ anbelangt nicht konsequent und referiert damit je nach Kontext mal auf visuell deutlich erkennbare, kohärente Träume mal auf bewusst erlebte, gelenkte Träume. Ferner gibt er zunächst einen Forschungsüberblick, bevor er auf seine eigene empirische Traumforschung zu sprechen kommt, fügt jedoch möglicherweise aufgrund seines populärwissenschaftlichen Schreibstils nur wenige Fußnoten ein, sodass oftmals nicht klar ersichtlich ist, auf welche Passage eines Werkes er sich konkret bezieht. Auch lässt sich stellenweise nur schwer die Grenze zwischen der Darstellung von Traumtheorien anderer Forscher und Herveys Stellungnahme hierzu ausmachen, was auf die insgesamt recht undurchsichtige Binnenstruktur seines Werkes zurückzuführen sein dürfte. Die allzu umfangreiche Themenauflistung zu Beginn eines jeden Kapitels überfordert den Leser hier mehr, als dass sie zur besseren Orientierung beiträgt. Dagegen mangelt es an Zwischenüberschriften innerhalb der einzelnen Kapitel. Im dritten empirischen Teil seiner Arbeit präsentiert Hervey de Saint-Denys schließlich zahlreiche Auszüge aus seinen Traumtagebüchern, die er zur Belegung seiner Thesen einsetzt. Allerdings macht er meist keine Angaben zu dem Entstehungsjahr und -kontext seiner Traumnotate und lässt diese vereinzelt gar unkommentiert stehen, sodass seine Abhandlung insbesondere gegen Ende des dritten Teils in Richtung einer Materialsammlung abdriftet. Auch lässt die Fokussierung auf eigene Traumerfahrungen die Studie letztlich etwas an Objektivität einbüßen.Trotz einiger Defizite ist das enorme Innovationspotenzial von Hervey de Saint-Denys Traumstudie unverkennbar. Er beschäftigt sich nicht nur als erster Traumforscher systematisch mit luziden Träumen und lotet in seinen Experimenten das Ausmaß der Steuerung des Traums sowie der Erhaltung des Bewusstseins im Traum aus, sondern nutzt die Fähigkeit des bewussten Träumens auch, um den Traum als geistig wacher Beobachter von innen heraus zu beleuchten. Dadurch gelingt es ihm, elementare Einsichten in die Genese und Funktionsweise des Phänomens Traums zu gewinnen. Zu Recht gilt Hervey de Saint-Denys demnach als Wegbereiter der modernen (Klar-)Traumforschung. 
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* L’Académie des Inscriptions et Belles-Lettres: Léon d’Hervey de Saint-Denys (1822 - AIBL 1878 - 1892). Entre science et rêve. Un patrimoine révélé. A l’occasion de la Journée du Patrimoine. http://www.aibl.fr/IMG/pdf/livret2012_8p_light.pdf (16. Sept. 2012).
 
* L’Académie des Inscriptions et Belles-Lettres: Léon d’Hervey de Saint-Denys (1822 - AIBL 1878 - 1892). Entre science et rêve. Un patrimoine révélé. A l’occasion de la Journée du Patrimoine. http://www.aibl.fr/IMG/pdf/livret2012_8p_light.pdf (16. Sept. 2012).
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* LaBerge, Stephen: Lucid Dreaming in Western Literature. In: Ders. u. Jayne Gackenbach (Hrsg.): Conscious Mind, Sleeping Brain. Perspectives on Lucid Dreaming. New York u. London: Plenum Press 1988. S. 11–26.
 
* LaBerge, Stephen: Lucid Dreaming in Western Literature. In: Ders. u. Jayne Gackenbach (Hrsg.): Conscious Mind, Sleeping Brain. Perspectives on Lucid Dreaming. New York u. London: Plenum Press 1988. S. 11–26.
  
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