"La Reprise" (Alain Robbe-Grillet): Unterschied zwischen den Versionen

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==Die Stadt als Traum im Nouveau roman==
==Die Stadt als Traum im Nouveau roman==
Als Ort der Entfremdung erweckt die Stadt von Beginn an das Interesse der Nouveaux romanciers, die ab den 1950er Jahren den Ruinen einer vom Krieg zerstörten Welt die Zerstörung traditioneller Erzählformen in einer Ästhetik des Fragments und der Desorientierung gegenüberstellen. Innerhalb der Gruppe von Autorinnen und Autoren, die im Umfeld des Pariser Verlags Minuit dem Nouveau roman zugerechnet werden, ist Alain Robbe-Grillet neben Michel Butor (1926-2016) derjenige, der die Stadt am stärksten in den Blick nimmt. Fast alle von ihm verfassten Romane sind Erzählungen eines Urbanen zwischen Realität und Imagination. Hinter der vermeintlich realen Oberfläche von Metropolen wie Paris, New York, Hong Kong oder Berlin verbirgt sich der Zusammenhang ein und derselben imaginären Stadt. Sie wird ausgehend von der namenlosen und labyrinthartig angelegten Stadt in Robbe-Grillets frühem Roman ''Les Gommes'' (1953) entwickelt. Immer wieder bewegt sie sich im Zeichen einer Traumerfahrung, die scheinbar erlebte Ereignisse als potentiell traumhaft einstuft und auch die Stadtlandschaft in einen Schwellenraum von Traum und Wirklichkeit einschreibt.<ref>Zum Zusammenhang von Stadt und Traum vgl. auch Oster 2022. </ref> So wird der in Hong Kong spielende Roman ''La Maison de rendez-vous'' (1965) mit einem Traumbild eröffnet (Robbe-Grillet 1965, 11) und die in ''Projet pour une révolution à New York'' (1970) geschilderten, filmähnlich gestalteten Szenen scheinen dem Traumimaginären zu entstammen: „Non, dis-je. Vous avez rêvé" (Robbe-Grillet 1970, 16). Die Stadt und die Menschen in der Stadt träumen – und werden zugleich selbst geträumt: „vous êtes rêvé" (Robbe-Grillet 1981, 108). Wach- und Traum- bzw. Imaginationszustand sind in diesen Stadterzählungen nicht klar voneinander abgrenzbar. Robbe-Grillet konstruiert seine Texte (und Filme, so im Drehbuch des 1961 von Alain Resnais realisierten Films ''L’Année dernière à Marienbad'') stattdessen aus der Uneindeutigkeit: Erfahrungen können nicht abschließend einer der beiden Welten zugeordnet werden. Viele seiner Städte enthalten „Blindfelder" (vgl. Küchler 2011), in denen der Traumcharakter eine besondere Sichtbarkeit gewinnt. In ''La Reprise'' legt Robbe-Grillet schließlich, beinahe fünfzig Jahre nach dem Erscheinen von ''Les Gommes'', die Gesamtheit seiner imaginierten Städte in einem intertextuellen Spiel mit dem eigenen Werk zu einem Bild des zerstörten Berlins übereinander (Calle-Gruber 2001, 616). Die Spezifik dieses Bildes im Spannungsfeld von realer Stadtoberfläche, intertextuellen Verweisen auf andere Stadtdarstellungen Robbe-Grillets und Imagination des Urbanen kommt insbesondere dadurch zustande, dass die gesamte Erzählung wird von einem – zumindest vermeintlichen – Wechsel von Traum- und Wacherlebnissen rhythmisiert wird.  
Als Ort der Entfremdung erweckt die Stadt von Beginn an das Interesse der Nouveaux romanciers, die ab den 1950er Jahren den Ruinen einer vom Krieg zerstörten Welt die Zerstörung traditioneller Erzählformen in einer Ästhetik des Fragments und der Desorientierung gegenüberstellen. Innerhalb der Gruppe von Autorinnen und Autoren, die im Umfeld des Pariser Verlags Minuit dem Nouveau roman zugerechnet werden, ist Alain Robbe-Grillet neben Michel Butor (1926-2016) derjenige, der die Stadt am stärksten in den Blick nimmt. Fast alle von ihm verfassten Romane sind Erzählungen eines Urbanen zwischen Realität und Imagination. Hinter der vermeintlich realen Oberfläche von Metropolen wie Paris, New York, Hong Kong oder Berlin verbirgt sich der Zusammenhang ein und derselben imaginären Stadt. Sie wird ausgehend von der namenlosen und labyrinthartig angelegten Stadt in Robbe-Grillets frühem Roman ''Les Gommes'' (1953) entwickelt. Immer wieder bewegt sie sich im Zeichen einer Traumerfahrung, die scheinbar erlebte Ereignisse als potentiell traumhaft einstuft und auch die Stadtlandschaft in einen Schwellenraum von Traum und Wirklichkeit einschreibt.<ref>Zum Zusammenhang von Stadt und Traum vgl. auch Oster 2022. </ref> So wird der in Hong Kong spielende Roman ''La Maison de rendez-vous'' (1965) mit einem Traumbild eröffnet (Robbe-Grillet 1965, 11) und die in ''Projet pour une révolution à New York'' (1970) geschilderten, filmähnlich gestalteten Szenen scheinen dem Traumimaginären zu entstammen: „Non, dis-je. Vous avez rêvé" (Robbe-Grillet 1970, 16). Die Stadt und die Menschen in der Stadt träumen – und werden zugleich selbst geträumt: „vous êtes rêvé" (Robbe-Grillet 1981, 108). Wach- und Traum- bzw. Imaginationszustand sind in diesen Stadterzählungen nicht klar voneinander abgrenzbar. Robbe-Grillet konstruiert seine Texte (und Filme, so im Drehbuch des 1961 von Alain Resnais realisierten Films ''L’Année dernière à Marienbad'') stattdessen aus der Uneindeutigkeit: Erfahrungen können nicht abschließend einer der beiden Welten zugeordnet werden. Viele seiner Städte enthalten „Blindfelder" (Küchler 2011), in denen der Traumcharakter eine besondere Sichtbarkeit gewinnt. In ''La Reprise'' legt Robbe-Grillet schließlich, beinahe fünfzig Jahre nach dem Erscheinen von ''Les Gommes'', die Gesamtheit seiner imaginierten Städte in einem intertextuellen Spiel mit dem eigenen Werk zu einem Bild des zerstörten Berlins übereinander (Calle-Gruber 2001, 616). Die Spezifik dieses Bildes im Spannungsfeld von realer Stadtoberfläche, intertextuellen Verweisen auf andere Stadtdarstellungen Robbe-Grillets und Imagination des Urbanen kommt insbesondere dadurch zustande, dass die gesamte Erzählung wird von einem – zumindest vermeintlichen – Wechsel von Traum- und Wacherlebnissen rhythmisiert wird.  




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===Aufwachen oder weiterschlafen? Der Roman als Traumserie===
===Aufwachen oder weiterschlafen? Der Roman als Traumserie===
Bereits in Robbe-Grillets 1981 veröffentlichtem Roman ''Djinn. Un trou rouge entre les pavés disjoints'' beginnt ein Kapitel mit einer Szene des Erwachens: „Simon Lecœur se réveilla, [...] avec la vague impression qu’il sortait d’un long cauchemar“ (Robbe-Grillet 1981, 78). Der im Schlaf erfahrene Albtraum Lecœurs setzt sich im Wachzustand fort, so dass schließlich der Verdacht aufkommt, der Protagonist befinde sich über den gesamten Romanverlauf hinweg in einem Traum. Diese in ''Djinn'' angelegt Verwischung der Schwelle zwischen Schlafen und Wachen wird in ''La Reprise'' ausgebaut und erscheint dort als strukturbildendes Element: Jedes der fünf Kapitel, die scheinbar fünf Tage des Aufenthalts in Berlin umfassen, beginnt mit Henri Robins Erwachen in einem Berliner Bett. Darin tritt eine Parallele zu Franz Kafka zutage, auf den im Roman nicht nur im Namen der Feldmesserstraße verwiesen wird: Auch Kafka situiert Ereignisse am Übergang von Schlafen zu Wachen und erzeugt dabei eine Verunsicherung darüber, ob die Figuren Dinge träumen oder in der Realität erleben (Goumegou 2011, 216 f.). Lässt sich mit Manfred Engel der Moment des Aufwachens allgemein als „anthropologische Urszene des Traumphänomens“ (Engel 2010, 157) begreifen, so ist dieser Augenblick in ''La Reprise'' auf eine spezifische Weise dem Traum verschrieben. Zwar scheint das, was in der Nacht geschieht – und von Henri Robin geträumt wird –, auf den ersten Blick ausgespart zu sein, besonders weil der Prolog mit dem Übergang in einen traumlosen Schlaf endet: „je m’endors aussitôt, d’un profond sommeil sans rêve“ (R 42). Dass der Schlaf traumlos ist, erweist sich aber als falsch. Bereits die Schilderung des Erwachens, die das folgende Kapitel eröffnet, ist nämlich von Unsicherheitsmarkern durchzogen. Ein erster dieser Marker ist die Überschrift des Kapitels – „Première journée“ (R 45): Sie zeichnet den anbrechenden Tag als ersten Tag der Geschichte aus, obwohl in der Chronologie der Handlung der Anreisetag noch früher situiert ist (Steurer 2016, 326). Die Unsicherheitsmarker lassen fraglich erscheinen, ob die Schwelle zwischen Schlaf- und Wachzustand nicht an anderer Stelle liegt als vermutet und ob Robin die vorgeblichen Wacherfahrungen – im Extremfall sogar die gesamte Romanhandlung – nicht eigentlich im Traum durchlebt und der immer wieder auftauchende Doppelgänger ein Traum-Ich ist. Robin könnte sozusagen im Traum erwachen - eine Variante der Traumerzählung, die auch von Stefanie Kreuzer in den Blick genommen wird (Kreuzer 2014, 372). Der Agent weiß jedenfalls nicht, wie lange er im Bett gelegen hat, warum seine Uhr stehen geblieben ist und fragt sich schließlich, ob er unter dem Einfluss eines Schlafmittels vielleicht viel länger als angenommen geschlafen hat (vgl. R 45-47). In der Unsicherheit der Traummarkierung vermag die Szene, ähnlich wie Kreuzer das für Ilse Aichinger und Franz Kafka herausarbeitet, „den Verdacht [zu] erzeugen, dass es sich bei der vermeintlichen Wachwelt um ein fortgesetztes Traumerleben handelt“ (Kreuzer 2014, 209). Alle weiteren Momente des Aufwachens sind genauso gut lesbar als neue Ebenen einer sich in sich selbst verschachtelnden Traumwelt, in der keine der Ebenen als Realität identifizierbar ist.<ref>Vgl. zu dieser Verschachtelung bei Robbe-Grillet auch Porter 1995, 119.</ref> Alle Situationen des Erwachens sind durchzogen von Indizien der Unzuverlässigkeit und der Lückenhaftigkeit. Die Textästhetik von Robbe-Grillets Gesamtwerk beruht in besonderem Maße auf dem Spiel mit – teilweise auch typographisch sichtbaren – Leerstellen. Als Orte der Uneindeutigkeit sind sie wesentliche Bestandteile seiner „circulation du sens“. Auch die Leerstellen, die daraus entstehen, dass der Ort von Schlafen und Wachen ebenso unbestimmbar ist wie der Realitäts- oder Traumbezug des Erlebten, fungieren als Indizien und Gestaltungsmomente dieser Sinnverschiebung. So findet das Erwachen des zweiten Tages gar nicht am Kapitelbeginn, sondern schon innerhalb des vorangehenden Kapitels statt, und immer wieder verliert Robin die Orientierung in Zeit und Raum: „dans un autre monde, Wall se réveille“ (R 70); „se réveille, on ne saurait dire au bout de combien d’heures“ (R 106); „HR se réveille dans une chambre inconnue“ (R 113). Am vierten Tag erwacht der Agent mit dem Eindruck, die zunächst als Wacherleben identifizierten Ereignisse der vorangegangenen Nacht doch innerhalb eines Albtraums imaginiert zu haben:  
Bereits in Robbe-Grillets 1981 veröffentlichtem Roman ''Djinn. Un trou rouge entre les pavés disjoints'' beginnt ein Kapitel mit einer Szene des Erwachens: „Simon Lecœur se réveilla, [...] avec la vague impression qu’il sortait d’un long cauchemar“ (Robbe-Grillet 1981, 78). Der im Schlaf erfahrene Albtraum Lecœurs setzt sich im Wachzustand fort, so dass schließlich der Verdacht aufkommt, der Protagonist befinde sich über den gesamten Romanverlauf hinweg in einem Traum. Diese in ''Djinn'' angelegt Verwischung der Schwelle zwischen Schlafen und Wachen wird in ''La Reprise'' ausgebaut und erscheint dort als strukturbildendes Element: Jedes der fünf Kapitel, die scheinbar fünf Tage des Aufenthalts in Berlin umfassen, beginnt mit Henri Robins Erwachen in einem Berliner Bett. Darin tritt eine Parallele zu Franz Kafka zutage, auf den im Roman nicht nur im Namen der Feldmesserstraße verwiesen wird: Auch Kafka situiert Ereignisse am Übergang von Schlafen zu Wachen und erzeugt dabei eine Verunsicherung darüber, ob die Figuren Dinge träumen oder in der Realität erleben (Goumegou 2011, 216 f.). Lässt sich mit Manfred Engel der Moment des Aufwachens allgemein als „anthropologische Urszene des Traumphänomens“ (Engel 2010, 157) begreifen, so ist dieser Augenblick in ''La Reprise'' auf eine spezifische Weise dem Traum verschrieben. Zwar scheint das, was in der Nacht geschieht – und von Henri Robin geträumt wird –, auf den ersten Blick ausgespart zu sein, besonders weil der Prolog mit dem Übergang in einen traumlosen Schlaf endet: „je m’endors aussitôt, d’un profond sommeil sans rêve“ (R 42). Dass der Schlaf traumlos ist, erweist sich aber als falsch. Bereits die Schilderung des Erwachens, die das folgende Kapitel eröffnet, ist nämlich von Unsicherheitsmarkern durchzogen. Ein erster dieser Marker ist die Überschrift des Kapitels – „Première journée“ (R 45): Sie zeichnet den anbrechenden Tag als ersten Tag der Geschichte aus, obwohl in der Chronologie der Handlung der Anreisetag noch früher situiert ist (Steurer 2016, 326). Die Unsicherheitsmarker lassen fraglich erscheinen, ob die Schwelle zwischen Schlaf- und Wachzustand nicht an anderer Stelle liegt als vermutet und ob Robin die vorgeblichen Wacherfahrungen – im Extremfall sogar die gesamte Romanhandlung – nicht eigentlich im Traum durchlebt und der immer wieder auftauchende Doppelgänger ein Traum-Ich ist. Robin könnte sozusagen im Traum erwachen - eine Variante der Traumerzählung, die auch von Stefanie Kreuzer in den Blick genommen wird (Kreuzer 2014, 372). Der Agent weiß jedenfalls nicht, wie lange er im Bett gelegen hat, warum seine Uhr stehen geblieben ist und fragt sich schließlich, ob er unter dem Einfluss eines Schlafmittels vielleicht viel länger als angenommen geschlafen hat (R 45-47). In der Unsicherheit der Traummarkierung vermag die Szene, ähnlich wie Kreuzer das für Ilse Aichinger und Franz Kafka herausarbeitet, „den Verdacht [zu] erzeugen, dass es sich bei der vermeintlichen Wachwelt um ein fortgesetztes Traumerleben handelt“ (Kreuzer 2014, 209). Alle weiteren Momente des Aufwachens sind genauso gut lesbar als neue Ebenen einer sich in sich selbst verschachtelnden Traumwelt, in der keine der Ebenen als Realität identifizierbar ist.<ref>Vgl. zu dieser Verschachtelung bei Robbe-Grillet auch Porter 1995, 119.</ref> Alle Situationen des Erwachens sind durchzogen von Indizien der Unzuverlässigkeit und der Lückenhaftigkeit. Die Textästhetik von Robbe-Grillets Gesamtwerk beruht in besonderem Maße auf dem Spiel mit – teilweise auch typographisch sichtbaren – Leerstellen. Als Orte der Uneindeutigkeit sind sie wesentliche Bestandteile seiner „circulation du sens“. Auch die Leerstellen, die daraus entstehen, dass der Ort von Schlafen und Wachen ebenso unbestimmbar ist wie der Realitäts- oder Traumbezug des Erlebten, fungieren als Indizien und Gestaltungsmomente dieser Sinnverschiebung. So findet das Erwachen des zweiten Tages gar nicht am Kapitelbeginn, sondern schon innerhalb des vorangehenden Kapitels statt, und immer wieder verliert Robin die Orientierung in Zeit und Raum: „dans un autre monde, Wall se réveille“ (R 70); „se réveille, on ne saurait dire au bout de combien d’heures“ (R 106); „HR se réveille dans une chambre inconnue“ (R 113). Am vierten Tag erwacht der Agent mit dem Eindruck, die zunächst als Wacherleben identifizierten Ereignisse der vorangegangenen Nacht doch innerhalb eines Albtraums imaginiert zu haben:  


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===Das Material der Träume===
===Das Material der Träume===
Robbe-Grillets u.a. von Roland Barthes beschriebene Objektästhetik (Barthes 1978) und seine Faszination für Materialitätsfragen schlagen sich in auch innerhalb des Traumdiskurses in ''La Reprise'' nieder. Ein wiederkehrendes Objekt, das keinem Handlungsstrang bzw. keiner Figur konkret zugeordnet werden kann, ist ein eleganter Damenschuh. Als „chaussure de bal à haut talon“ (R 75) oder „fin soulier noir à haut talon“ (R 119) taucht er an diversen Stellen des Romans auf (vgl. auch R 112, 159, 187, 190, 194, 195, 208), insbesondere in den an Träume grenzenden Erinnerungen. Darüber hinaus ist er vor allem in den Szenen präsent, in denen die Vergewaltigung des Mädchens Gigi geschildert wird – ob diese Darstellungen der fiktionalen Realität angehören oder Fantasien bzw. Träume Robins sind, bleibt in der Schwebe. Auf Gigi verweist zudem die „poupée martyrisée sort[ie] tout droit d’un rêve d’enfant“ (R 210) als aus einem Traum stammendes Objekt.  
Robbe-Grillets u.a. von Roland Barthes beschriebene Objektästhetik (Barthes 1978) und seine Faszination für Materialitätsfragen schlagen sich in auch innerhalb des Traumdiskurses in ''La Reprise'' nieder. Ein wiederkehrendes Objekt, das keinem Handlungsstrang bzw. keiner Figur konkret zugeordnet werden kann, ist ein eleganter Damenschuh. Als „chaussure de bal à haut talon“ (R 75) oder „fin soulier noir à haut talon“ (R 119) taucht er an diversen Stellen des Romans auf (R 112, 159, 187, 190, 194, 195, 208), insbesondere in den an Träume grenzenden Erinnerungen. Darüber hinaus ist er vor allem in den Szenen präsent, in denen die Vergewaltigung des Mädchens Gigi geschildert wird – ob diese Darstellungen der fiktionalen Realität angehören oder Fantasien bzw. Träume Robins sind, bleibt in der Schwebe. Auf Gigi verweist zudem die „poupée martyrisée sort[ie] tout droit d’un rêve d’enfant“ (R 210) als aus einem Traum stammendes Objekt.  


Die Verwandlung der Stadt in einen mehr und mehr dem Traum verschriebenen Raum ist symbolisch ebenfalls auf ein Objekt bezogen, einen Stadtplan von Berlin: Nachdem Robin seinen eigenen Plan verloren hat, findet er kurz vor dem Einschlafen im Hotel in der Feldmesserstraße einen beinahe identischen Plan. Beim Aufwachen stellt er fest, dass die Karte unerklärlicherweise zwei Markierungen enthält. Sie deuten genau auf die Orte seines eigenen Aufenthalts hin, „l’une marquant le bout en cul-de-sac de la rue Feldmesser, ce qui n’a rien d’étonnant dans cette auberge, l’autre plus troublante au coin de la place des Gens d’Armes et de la rue du Chasseur“ (R 71). Die Karte signalisiert eine Verzerrung der Realität im Blindfeld der Feldmesserstraße. Sie ist einer von mehreren Schwellenräumen und „Garanten des Kippens in Sphären des Imaginären und Traumanalogen“ (Küchler 2011, 614), an dem die Unterscheidung von Traum und Wacherleben nicht mehr funktioniert.  
Die Verwandlung der Stadt in einen mehr und mehr dem Traum verschriebenen Raum ist symbolisch ebenfalls auf ein Objekt bezogen, einen Stadtplan von Berlin: Nachdem Robin seinen eigenen Plan verloren hat, findet er kurz vor dem Einschlafen im Hotel in der Feldmesserstraße einen beinahe identischen Plan. Beim Aufwachen stellt er fest, dass die Karte unerklärlicherweise zwei Markierungen enthält. Sie deuten genau auf die Orte seines eigenen Aufenthalts hin, „l’une marquant le bout en cul-de-sac de la rue Feldmesser, ce qui n’a rien d’étonnant dans cette auberge, l’autre plus troublante au coin de la place des Gens d’Armes et de la rue du Chasseur“ (R 71). Die Karte signalisiert eine Verzerrung der Realität im Blindfeld der Feldmesserstraße. Sie ist einer von mehreren Schwellenräumen und „Garanten des Kippens in Sphären des Imaginären und Traumanalogen“ (Küchler 2011, 614), an dem die Unterscheidung von Traum und Wacherleben nicht mehr funktioniert.  
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