"Divina Commedia" (Dante Alighieri): Unterschied zwischen den Versionen

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===Dantes Traumreise===
===Dantes Traumreise===
Ob die ''Divina Commedia'' als Traumreise gelesen werden kann und soll, wurde in der Forschung wiederholt diskutiert. Charles Singleton verweist z.B. darauf, dass die Reise durch die Jenseitsreiche nirgends eindeutig als Traum ausgezeichnet wird (1978, 88), während Barolini dafür plädiert, die Interpretation des Werks nicht maßgeblich auf die Rezeption zeitgenössischer Traum- und Visionsliteratur aufzubauen, da Dantes Innovation gerade in der Abkehr von der Traumerfahrung als Legitimierung der übernatürlichen Erfahrung liege (1992, 143f.). Mit Hermann Gmelin hingegen präsentiert sich die binnenfiktionale Welt der Commedia als eine „Traumlandschaft“ (1954, 27). Im Folgenden soll auf die Elemente eingegangen werden, die eine Interpretation des Poems als Traumreise nahelegen.
Ob die ''Divina Commedia'' als Traumreise gelesen werden kann und soll, wurde in der Forschung wiederholt diskutiert. Charles Singleton verweist z.B. darauf, dass die Reise durch die Jenseitsreiche nirgends eindeutig als Traum ausgezeichnet wird (1978, 88), während Barolini dafür plädiert, die Interpretation des Werks nicht maßgeblich auf die Rezeption zeitgenössischer Traum- und Visionsliteratur aufzubauen, da Dantes Innovation gerade in der Abkehr von der Traumerfahrung als Legitimierung der übernatürlichen Erfahrung liege (1992, 143f.). Mit Hermann Gmelin hingegen präsentiert sich die binnenfiktionale Welt der Commedia als eine „Traumlandschaft“ (1954, 27). Im Folgenden soll auf die Elemente eingegangen werden, die eine Interpretation des Poems als Traumreise nahelegen.
Neben der Referenz auf ein antikes Vorbild, lässt sich in der ''Commedia'' auch der Einfluss zeitgenössischer Dichtung feststellen. So lässt sich die ''Commedia'' in die Tradition der im Mittelalter verbreiteten allegorischen Traumdichtung einordnen (Münchberg 2020, 296f.). Insbesondere kann die Eingangsszene als Referenz auf eine Traumdichtung von Aegidius Colonna gelesen werden, in der der Ich-Erzähler sich ebenfalls in einem dunklen Wald befindet, wo ihn der Schlaf übermannt und ihm eine Vision zuteilwird (Barucci 2012, 34). Gleichzeitig spiegelt sich in Dantes Werk auch die Beschäftigung mit den politischen Konflikten seiner Zeit, insbesondere zwischen Ghibellinen und Guelfen. Diesbezüglich bemerkt Dorothea Scholl:  
Neben der Referenz auf ein antikes Vorbild, lässt sich in der ''Commedia'' auch der Einfluss zeitgenössischer Dichtung feststellen. So lässt sich die ''Commedia'' in die Tradition der im Mittelalter verbreiteten allegorischen Traumdichtung einordnen (Münchberg 2020, 296f.). Insbesondere kann die Eingangsszene als Referenz auf eine Traumdichtung von Aegidius Colonna gelesen werden, in der der Ich-Erzähler sich ebenfalls in einem dunklen Wald befindet, wo ihn der Schlaf übermannt und ihm eine Vision zuteilwird (Barucci 2012, 34). Gleichzeitig spiegelt sich in Dantes Werk auch die Beschäftigung mit den politischen Konflikten seiner Zeit, insbesondere zwischen Ghibellinen und Guelfen. Diesbezüglich bemerkt Dorothea Scholl: "Dante präsentierte seine ‚Göttliche Komödie‘ als literarischen Ausdruck einer Traumvision, in der verschiedene weltliche und geistliche Herrscher vergangener Zeiten dem Gottesgericht unterworfen werden (2008, 115)."
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: <span style="color: #7b879e;">Dante präsentierte seine ‚Göttliche Komödie‘ als literarischen Ausdruck einer Traumvision, in der verschiedene weltliche und geistliche Herrscher vergangener Zeiten dem Gottesgericht unterworfen werden (2008, 115).</span>
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Die Commedia ist narrativ so gerahmt, dass die Leser:in die Reise als einen uneindeutig markierten Traum verstehen kann (Kreuzer 2014, 90), da der Ich-Erzähler Anhaltspunkte für Einschlafen und Aufwachen zu Beginn und am Ende des Texts liefert, die jedoch keine scharfe Trennlinie zwischen Traum und Wachzustand konstituieren. Zu Beginn des ersten Gesangs des Inferno, als Dante sich im Wald der Sünde verirrt, stellt er seine Orientierungslosigkeit in Zusammenhang mit seiner geistigen Verwirrung:
Die Commedia ist narrativ so gerahmt, dass die Leser:in die Reise als einen uneindeutig markierten Traum verstehen kann (Kreuzer 2014, 90), da der Ich-Erzähler Anhaltspunkte für Einschlafen und Aufwachen zu Beginn und am Ende des Texts liefert, die jedoch keine scharfe Trennlinie zwischen Traum und Wachzustand konstituieren. Zu Beginn des ersten Gesangs des Inferno, als Dante sich im Wald der Sünde verirrt, stellt er seine Orientierungslosigkeit in Zusammenhang mit seiner geistigen Verwirrung:


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Erneut impliziert der Erzähler damit, dass die Reise durch die Jenseitsreiche, dessen Abschluss die Begegnung mit Gott darstellt, als eine Traumerfahrung verstanden werden kann, die der Ich-Erzähler nachträglich wiederzugeben versucht. Da diese Traummarkierungen sich jedoch beide als ambivalent präsentieren, bleibt es letztlich der Leser:in überlassen, zu entscheiden, ob der Traum nur als Parabel verstanden wird, in der die Erfahrung des Göttlichen ''wie'' ein Traum erscheint, ob die Eingangspassage als ein Einschlafen und im Traum ‚wieder Erwachen‘ gelesen wird, oder ob die Reise nicht als nächtliche Vision sondern als überirdisches Erlebnis interpretiert wird.
Erneut impliziert der Erzähler damit, dass die Reise durch die Jenseitsreiche, dessen Abschluss die Begegnung mit Gott darstellt, als eine Traumerfahrung verstanden werden kann, die der Ich-Erzähler nachträglich wiederzugeben versucht. Da diese Traummarkierungen sich jedoch beide als ambivalent präsentieren, bleibt es letztlich der Leser:in überlassen, zu entscheiden, ob der Traum nur als Parabel verstanden wird, in der die Erfahrung des Göttlichen ''wie'' ein Traum erscheint, ob die Eingangspassage als ein Einschlafen und im Traum ‚wieder Erwachen‘ gelesen wird, oder ob die Reise nicht als nächtliche Vision sondern als überirdisches Erlebnis interpretiert wird.


===Markierte Träume in der ''Commedia''===
===Markierte Träume in der ''Commedia''===
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