"Divina Commedia" (Dante Alighieri): Unterschied zwischen den Versionen
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"Divina Commedia" (Dante Alighieri) (Quelltext anzeigen)
Version vom 26. Juli 2022, 14:33 Uhr
, 26. Juli 2022→Erster Traum
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Am Eingang zum Läuterungsberg versinkt Dante, erschöpft vom Aufstieg, in einen morgendlichen Schlaf und hat dort seinen ersten Traum. Wie bereits im Prolog wird hier die Zeit des Morgens als traumdeuterisch relevanter Moment mobilisiert: | Am Eingang zum Läuterungsberg versinkt Dante, erschöpft vom Aufstieg, in einen morgendlichen Schlaf und hat dort seinen ersten Traum. Wie bereits im Prolog wird hier die Zeit des Morgens als traumdeuterisch relevanter Moment mobilisiert: "Die Morgenstunde, in der die Schwalbe ihren traurigen Gesang anstimmt, ist die Zeit einer seherischen Wahrheit. Denn der Geist (mente) löst sich vom Körper, er beschäftigt sich nicht mehr mit den Gedanken, sondern ist für eine mystische Vision geöffnet." (Münchberg 2020, 292) Der Traum wird folgendermaßen wiedergegeben: | ||
Der Traum wird folgendermaßen wiedergegeben: | |||
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Der Traum von einem goldgefiederten Adler, der aus dem Himmel herabstößt, um den Träumenden zu packen und in eine Feuersphäre zu verschleppen, in der dieser zu verglühen glaubt, lässt Dante vor Schreck erwachen. Er erkennt, dass Vergil bei ihm ist, der ihm zeigt, dass sie das Eingangstor zum Läuterungsberg erreicht haben. Die Deutung des Traums überlässt der Autor dem intradiegetischen Begleiter. Dieser berichtet Dante, die heilige Lucia sei während seines Schlafs erschienen und habe ihn bis zum Tor hinaufgetragen. Die unbewusste Traumerfahrung nimmt ihren Ursprung damit in einem externen Stimulus – Das ‚Gepacktwerden‘ im Traum spiegelt das ‚Getragenwerden‘ während des Schlafs in der realen Welt wider. Während der Ich-Erzähler einerseits die sensorisch intensive Dimension des Traums rekonstruiert, markiert das Verb „parea“ in der nachträglichen Erzählung eine Differenz zwischen Wirklichkeit und Traumzustand. | Der Traum von einem goldgefiederten Adler, der aus dem Himmel herabstößt, um den Träumenden zu packen und in eine Feuersphäre zu verschleppen, in der dieser zu verglühen glaubt, lässt Dante vor Schreck erwachen. Er erkennt, dass Vergil bei ihm ist, der ihm zeigt, dass sie das Eingangstor zum Läuterungsberg erreicht haben. Die Deutung des Traums überlässt der Autor dem intradiegetischen Begleiter. Dieser berichtet Dante, die heilige Lucia sei während seines Schlafs erschienen und habe ihn bis zum Tor hinaufgetragen. Die unbewusste Traumerfahrung nimmt ihren Ursprung damit in einem externen Stimulus – Das ‚Gepacktwerden‘ im Traum spiegelt das ‚Getragenwerden‘ während des Schlafs in der realen Welt wider. Während der Ich-Erzähler einerseits die sensorisch intensive Dimension des Traums rekonstruiert, markiert das Verb „parea“ in der nachträglichen Erzählung eine Differenz zwischen Wirklichkeit und Traumzustand. | ||
Katharina Münchberg verweist jedoch darauf, dass die Traumbilder auch noch weiterreichende Bedeutungen haben: Der herabstürzende Adler stehe „für Christus, der Dantes Seele durch das Feuer zwischen Erdsphäre und Mondsphäre zu Gott erhebt“ (2020, 292). Neben dieser primären Bedeutung verweist sie auch noch auf andere allegorische Assoziationen: So wird in der Apokalypse ein Adler erwähnt, der die Menschen vor ihrer Sündhaftigkeit warnt. Dadurch lässt sich überdies ein Zusammenhang herstellen zu Beatrice und dem Wagen, auf dem sie das irdische Paradies durchquert, da der Wagen von einem Greifen mit goldenen Adlerflügeln gezogen wird. Dieser wiederum kann als Allegorie für Christus gedeutet werden (Münchberg 2020, 293). Auch das Feuer verweist auf bevorstehende Episoden wie das Läuterungsfeuer am Ende des ''Purgatorio'' oder die Feuersphäre, die die irdische Luft von der Mondsphäre trennt. Spannend ist in diesem Sinn, dass Dante mit diesen allegorischen Verweisen zwar eine prophetisch, bzw. aus narratologischer Sicht, proleptisch aufgeladene Deutung impliziert, explizit jedoch eine profane Erklärung anführt, die das Traumerleben in den Mittelpunkt der Narration stellt. | Katharina Münchberg verweist jedoch darauf, dass die Traumbilder auch noch weiterreichende Bedeutungen haben: Der herabstürzende Adler stehe „für Christus, der Dantes Seele durch das Feuer zwischen Erdsphäre und Mondsphäre zu Gott erhebt“ (2020, 292). Neben dieser primären Bedeutung verweist sie auch noch auf andere allegorische Assoziationen: So wird in der Apokalypse ein Adler erwähnt, der die Menschen vor ihrer Sündhaftigkeit warnt. Dadurch lässt sich überdies ein Zusammenhang herstellen zu Beatrice und dem Wagen, auf dem sie das irdische Paradies durchquert, da der Wagen von einem Greifen mit goldenen Adlerflügeln gezogen wird. Dieser wiederum kann als Allegorie für Christus gedeutet werden (Münchberg 2020, 293). Auch das Feuer verweist auf bevorstehende Episoden wie das Läuterungsfeuer am Ende des ''Purgatorio'' oder die Feuersphäre, die die irdische Luft von der Mondsphäre trennt. Spannend ist in diesem Sinn, dass Dante mit diesen allegorischen Verweisen zwar eine prophetisch, bzw. aus narratologischer Sicht, proleptisch aufgeladene Deutung impliziert, explizit jedoch eine profane Erklärung anführt, die das Traumerleben in den Mittelpunkt der Narration stellt. | ||
====Zweiter Traum==== | ====Zweiter Traum==== |