"Mao" (Friedrich Huch): Unterschied zwischen den Versionen
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"Mao" (Friedrich Huch) (Quelltext anzeigen)
Version vom 10. August 2022, 14:30 Uhr
, 10. August 2022keine Bearbeitungszusammenfassung
(Die Seite wurde neu angelegt: „== Autor == Friedrich Huch wurde am 19. Juni 1873 in Braunschweig geboren. Sein Vater war Jurist und beging im Jahr 1888 Selbstmord, was das Leben und Wirken d…“) |
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Folgerichtig wird die Essenz der auf Alexander projizierten Idealvorstellungen mit dem Bild verbunden, das fortan zum Inbegriff seines narzisstischen Liebessehens und eines mystischen Opferkultes wird. | Folgerichtig wird die Essenz der auf Alexander projizierten Idealvorstellungen mit dem Bild verbunden, das fortan zum Inbegriff seines narzisstischen Liebessehens und eines mystischen Opferkultes wird. | ||
„Das Haus, das Bild, er selbst – alles verklang zu einem Einzigen. Eine große, wundervolle Stille breitete sich über ihn; wie ein unbeweglicher stiller, nächtlicher See, in dem der Himmel mit dem Mond sich spiegelt, ruhte seine Seele.“ (69) | „Das Haus, das Bild, er selbst – alles verklang zu einem Einzigen. Eine große, wundervolle Stille breitete sich über ihn; wie ein unbeweglicher stiller, nächtlicher See, in dem der Himmel mit dem Mond sich spiegelt, ruhte seine Seele.“ (69) | ||
„Thomas war wie umgewandelt; alles Suchen und Tasten hatte nun ein Ende; alle Unsicherheit war geschwunden, alles Nebelige, Zwielichthafte zerstört, er lebte wieder voll in der Wirklichkeit – freilich in einer ganz anderen Wirklichkeit, als die der anderen war.“ (70) | In Folge dieser glückseligen Einheit erfährt er eine Veränderung: „Thomas war wie umgewandelt; alles Suchen und Tasten hatte nun ein Ende; alle Unsicherheit war geschwunden, alles Nebelige, Zwielichthafte zerstört, er lebte wieder voll in der Wirklichkeit – freilich in einer ganz anderen Wirklichkeit, als die der anderen war.“ (70) | ||
Da er seine Sehnsucht nach einem Ideal an einen leblosen Gegenstand bindet, gibt er sich voller Inbrunst tagträumerischen Visionen hin, in denen sowohl das Haus als auch das Bild beseelt und mit seinem Empfinden untrennbar verbunden sind: | Da er seine Sehnsucht nach einem Ideal an einen leblosen Gegenstand bindet, gibt er sich voller Inbrunst tagträumerischen Visionen hin, in denen sowohl das Haus als auch das Bild beseelt und mit seinem Empfinden untrennbar verbunden sind: | ||
„Es knirschte und knackte in dem Innern des Hauses, und Thomas wußte: Es dehnte und reckte sich. Ungesehen durchzog es unterirdisch eine ungeheure Achse, und wenn man die berührte, so erwachte es. Niemand konnte sie finden, aber sie war da. Nur einer kannte das Geheimnis, und Thomas wußte davon aus einem Traum er wußte jetzt auch den Namen jenes Einen: Zwischen Traum und Haltwachen sprach oder hörte er ihn. Mao – – schrieb er nieder und starrte den Namen an wie eine Zauberformel. Dann entzündete er ihn schnell und ließ ihn verbrennen, um ihn wieder aufzuschreiben und wieder zu verbrennen.“ (71) | „Es knirschte und knackte in dem Innern des Hauses, und Thomas wußte: Es dehnte und reckte sich. Ungesehen durchzog es unterirdisch eine ungeheure Achse, und wenn man die berührte, so erwachte es. Niemand konnte sie finden, aber sie war da. Nur einer kannte das Geheimnis, und Thomas wußte davon aus einem Traum er wußte jetzt auch den Namen jenes Einen: Zwischen Traum und Haltwachen sprach oder hörte er ihn. Mao – – schrieb er nieder und starrte den Namen an wie eine Zauberformel. Dann entzündete er ihn schnell und ließ ihn verbrennen, um ihn wieder aufzuschreiben und wieder zu verbrennen.“ (71) |