"Traumsymbole des Individuationsprozesses" (Carl Gustav Jung): Unterschied zwischen den Versionen
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"Traumsymbole des Individuationsprozesses" (Carl Gustav Jung) (Quelltext anzeigen)
Version vom 12. August 2022, 14:23 Uhr
, 12. August 2022→Traummaterial und -analyse
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:<span style="color: #7b879e;"> | :<span style="color: #7b879e;">Sie nehmen an, wie man es gewöhnlich tut, dass ich mich an eine bestimmte Methode halte. Das ist ein großer Irrtum. Ich besitze überhaupt keine Methode, wenn es um den individuellen Fall geht. Wenn ich über das spreche oder schreibe, was ich tue, dann abstrahiere ich von der Gesamtheit meiner individuellen Erfahrungen von dem, was bei einer Analyse geschieht, und ich konstruiere eine Methode zu pädagogischen Zwecken. […] Doch es würde beinahe übermenschliches Genie erfordern, um ein Bild von dem zu malen, was ich tue. […] Das menschliche Individuum ist nichts, was man begreifen oder klassifizieren kann, wenn man die Existenz des Unbewussten in Rechnung zieht. Doch genau das ist der Fehler des zeitgenössischen Denkens, dass es die Existenz des Unbewussten nicht mit berücksichtigt (zit. nach: Bair 2005, 542 f.).</span> | ||
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Paulis Traumspektrum stützt sich auf eine zehnmonatige Traumnotatserie, die Jung allerdings nicht als Ganzes und im Originalzustand mitveröffentlichte. Stattdessen zitiert Jung seine Traum-Versuchsperson in sehr verkürzender, wenn nicht gar zensierter Form und ergänzt eigene Bearbeitungen und Erläuterungen, um, wie er schreibt, die Privatsphäre des in der Öffentlichkeit stehenden Forschers zu wahren ( | Paulis Traumspektrum stützt sich auf eine zehnmonatige Traumnotatserie, die Jung allerdings nicht als Ganzes und im Originalzustand mitveröffentlichte. Stattdessen zitiert Jung seine Traum-Versuchsperson in sehr verkürzender, wenn nicht gar zensierter Form und ergänzt eigene Bearbeitungen und Erläuterungen, um, wie er schreibt, die Privatsphäre des in der Öffentlichkeit stehenden Forschers zu wahren (TS 61). Obgleich die empirische Aussagekraft der Gesamtuntersuchung dadurch, dass Jungs Vorgehensweise nicht an den Gütekriterien von Validität, Reliabilität und Objektivität orientiert ist, stark eingeschränkt ist (Henderson 1975, 117), erscheint der Ansatz innovativ, das ''Selbst'' aus einer quantitativ großen Traumserie gleichsam als ästhetische Strukturform herauszuschälen. Nur die letzten 55 der 400 berücksichtigten Träume wurden dabei zwischen dem Probanden und Jung selbst besprochen, wohingegen die anderen 345 ohne jeglichen Kontakt zwischen beiden verschriftlich wurden. Dieses Vorgehen begründet Jung mit dem Motiv, dass er jegliche Beeinflussung seines Probanden verhindern wollte (TS 60 f.). Die Serie fungiert als selbstreferenzieller Bezugsrahmen, der für die einzelnen Träume mit all ihrer Fragmentiertheit und Bizarrheit eine Kontextualisierung liefert. | ||
{| style="border: 0px; background-color: #ffffff; border-left: 2px solid #7b879e; margin-bottom: 0.4em; margin-left:0.1em; margin-right: auto; width: auto;" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0" | {| style="border: 0px; background-color: #ffffff; border-left: 2px solid #7b879e; margin-bottom: 0.4em; margin-left:0.1em; margin-right: auto; width: auto;" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0" | ||
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:<span style="color: #7b879e;"> | :<span style="color: #7b879e;">Dieser prinzipiellen Haltung dem Traum gegenüber scheint nun die Methode, die ich in dieser Untersuchung verfolge, direkt ins Gesicht zu schlagen. Es hat den Anschein, als ob die Träume ›gedeutet‹ würden […] ohne die leiseste Rücksicht auf den Kontext. In der Tat habe ich nirgends den Kontext aufgenommen; denn die Traumserie fand überhaupt [...] nicht unter meiner Beobachtung statt. Ich verfahre gewissermaßen so, wie wenn ich selber die Träume gehabt hätte und deshalb imstande wäre, den Kontext selber zu liefern. Dieses Vorgehen wäre, auf isolierte Träume eines mir persönlich so gut wie Unbekannten angewendet, ein grober Kunstfehler. Hier handelt es sich aber nicht um isolierte Träume, sondern um zusammenhängende Serien, in deren Verlauf sich der Sinn allmählich von selber gewissermaßen herauswickelt. Die Serie nämlich ist der Kontext, den der Träumer selber liefert (TS 63).</span> | ||
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Den "Kontext" von Träumen verortet Jung wiederum in der Nähe der alchemistischen Tradition. Denn im Gegensatz zu den Riten und Dogmen der christlichen Kirche, die von einer Entfremdung von den "naturhaften Wurzeln im Unbewußten" ( | Den "Kontext" von Träumen verortet Jung wiederum in der Nähe der alchemistischen Tradition. Denn im Gegensatz zu den Riten und Dogmen der christlichen Kirche, die von einer Entfremdung von den "naturhaften Wurzeln im Unbewußten" (TS 51) geprägt seien, seien Astrologie und Alchemie immer um die Aufrechterhaltung von Brücken zum Unbewussten bemüht gewesen. Außerdem hätte insbesondere die Alchemie aufgrund ihres Wandelns auf schmalem Grat, der historisch betrachtet meist an der Schwelle zur Häresie verlaufen sei, stets mit einer allegorischen Bild- und Symbolsprache operiert, die "Anlaß zur Projektion jener Archetypen" (TS 51) gegeben hätte, die sich nicht reibungslos in den christlichen Prozess hätten einfügen lassen. | ||
==Initial- und Mandalaträume als zentrale Kategorien der ''Traumsymbole des Individuationsprozesses''== | ==Initial- und Mandalaträume als zentrale Kategorien der ''Traumsymbole des Individuationsprozesses''== |