"Mao" (Friedrich Huch): Unterschied zwischen den Versionen
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"Mao" (Friedrich Huch) (Quelltext anzeigen)
Version vom 14. August 2022, 03:14 Uhr
, 14. August 2022→Aufbau und Thematik
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Derartige Idealvorstellungen überträgt Thomas zuweilen auch auf reale Personen in seinem Bekanntenkreis, wie etwa auf seinen Klassenkammeraden Alexander, den er zunächst als Schutzgeist des geliebten Hauses imaginiert. Diese Träumerei wird jedoch jäh enttäuscht als sich Alexander keineswegs angetan von den magischen Reizen des Hauses zeigt, sondern allenfalls gelangweilt reagiert. Folglich bindet Thomas seine Sehnsüchte wieder an tote Materie wie etwa an das bereits erwähnte Gemälde, das er Mao nennt und dessen Pulsschlag er zu spüren glaubt. In diesem Zustand empfindet er eine wohltuende Einheit mit den ihn umgebenden Mauern und dem Geist des geliebten Bildes, die jäh zerstört wird, als die Familie das Haus verkauft und das Bild während des Umzugs verlorengeht. In dem finalen Sprung in die Ruinen des halb zerstörten Hauses gelangt die Sehnsucht nach einer Wiedervereinigung mit den geliebten Objekten zur Darstellung. | Derartige Idealvorstellungen überträgt Thomas zuweilen auch auf reale Personen in seinem Bekanntenkreis, wie etwa auf seinen Klassenkammeraden Alexander, den er zunächst als Schutzgeist des geliebten Hauses imaginiert. Diese Träumerei wird jedoch jäh enttäuscht als sich Alexander keineswegs angetan von den magischen Reizen des Hauses zeigt, sondern allenfalls gelangweilt reagiert. Folglich bindet Thomas seine Sehnsüchte wieder an tote Materie wie etwa an das bereits erwähnte Gemälde, das er Mao nennt und dessen Pulsschlag er zu spüren glaubt. In diesem Zustand empfindet er eine wohltuende Einheit mit den ihn umgebenden Mauern und dem Geist des geliebten Bildes, die jäh zerstört wird, als die Familie das Haus verkauft und das Bild während des Umzugs verlorengeht. In dem finalen Sprung in die Ruinen des halb zerstörten Hauses gelangt die Sehnsucht nach einer Wiedervereinigung mit den geliebten Objekten zur Darstellung. | ||
Charakteristisch sind zudem die autobiografischen Züge des Romans, die etwa in der innigen Beziehung zu dem auch häufig in seinen Traumnotaten als Schauplatz in Erscheinung tretenden | Charakteristisch sind zudem die autobiografischen Züge des Romans, die etwa in der innigen Beziehung zu dem auch häufig in seinen Traumnotaten als Schauplatz in Erscheinung tretenden Elternhaus (vgl. ''Träume'' und ''Neue Träume''; Schäfer 2021) sichtbar werden, aber auch in der träumerischen, stets die Einsamkeit suchenden und von Identitätsunsicherheiten geprägten kindlichen Wahrnehmung. So schreibt Friedrich Huch rückblickend beispielsweise, dass er sich gerne von anderen Kindern distanzierte, um im Schutz des geliebten Elternhauses, eine Beobachterperspektive einzunehmen. In einer dieser Situationen stellten sich Identitätsunsicherheiten ein, die er folgendermaßen beschreibt: | ||
{| style="border: 0px; background-color: #ffffff; border-left: 2px solid #7b879e; margin-bottom: 0.4em; margin-left:0.1em; margin-right: auto; width: auto;" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0" | {| style="border: 0px; background-color: #ffffff; border-left: 2px solid #7b879e; margin-bottom: 0.4em; margin-left:0.1em; margin-right: auto; width: auto;" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0" | ||
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: <span style="color: #7b879e;">Plötzlich durchschauerte mich der Gedanke: bin ich denn eigentlich Fritz Huch? Bin ich dieser Körper, den ich mit mir selbst fühle? – Es war mir plötzlich, als wenn ich neben mir stände, und dann wieder, als ob ich in einem Traum befangen sein müsste, und nun beim Erwachen gewahr werden müsse, daß ich gar nicht existierte (zit. nach Huller 1974, 41).</span> | : <span style="color: #7b879e;">Plötzlich durchschauerte mich der Gedanke: bin ich denn eigentlich Fritz Huch? Bin ich dieser Körper, den ich mit mir selbst fühle? – Es war mir plötzlich, als wenn ich neben mir stände, und dann wieder, als ob ich in einem Traum befangen sein müsste, und nun beim Erwachen gewahr werden müsse, daß ich gar nicht existierte (zit. nach Huller 1974, 41).</span> | ||
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Dieses Gefühl, das | Dieses Gefühl, das Huch seiner Figur Thomas einschreibt, habe er auch noch als Erwachsener immer wieder verspürt. Die zitierte Szene aus seinen Kindheitserinnerungen findet sich in ''Mao'' gespiegelt, als sich Thomas von der Geburtstagsgesellschaft seiner Schwester distanziert und die Kinder aus einem Versteck heraus beobachtet. | ||
Die innige Liebe zu dem Elternhaus, das die Familie im Jahr 1887 nach verlustreichen Spekulationen aufgeben musste, ist die wohl auffälligste Parallele zur Hauptfigur, die auch seiner Mutter, Marie Huch, bei der Lektüre von ''Mao'' unmittelbar auffiel, woraufhin sie in einem Brief Selbstvorwürfe zum Ausdruck bringt: „wenn wir damals hätten ahnen können, wie unlöslich seine Seele mit dem alten Haus verwachsen, wir [hätten] es wohl doch vielleicht ermöglicht haben können, es zu erhalten“ (zit. nach Greuner 1983, 154). | Die innige Liebe zu dem Elternhaus, das die Familie im Jahr 1887 nach verlustreichen Spekulationen aufgeben musste, ist die wohl auffälligste Parallele zur Hauptfigur, die auch seiner Mutter, Marie Huch, bei der Lektüre von ''Mao'' unmittelbar auffiel, woraufhin sie in einem Brief Selbstvorwürfe zum Ausdruck bringt: „wenn wir damals hätten ahnen können, wie unlöslich seine Seele mit dem alten Haus verwachsen, wir [hätten] es wohl doch vielleicht ermöglicht haben können, es zu erhalten“ (zit. nach Greuner 1983, 154). |