"The Premature Burial" (Edgar Allan Poe): Unterschied zwischen den Versionen
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Version vom 22. September 2018, 19:06 Uhr
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''The Premature Burial'' („Das vorzeitige Begräbnis“) ist eine Kurzgeschichte oder kurze Erzählung ''(tale)'' des nordamerikanischen Autors Edgar Allan Poe (1809–1849), die zuerst 1844 in der ''Philadelphia Dollar Newspaper'' erschien. Das sich durch den Text ziehende Grundthema ist die auch in anderen Werken Poes präsente Angst des Protagonisten davor, lebendig begraben zu werden, die sich auch in einem prominent platzierten Alptraum ausdrückt. Dieser ist zugleich Grundlage eines twist endings. | |||
Autor | ''The Premature Burial'' („Das vorzeitige Begräbnis“) ist eine Kurzgeschichte oder kurze Erzählung ''(tale)'' des nordamerikanischen Autors Edgar Allan Poe (1809–1849), die zuerst 1844 in der ''Philadelphia Dollar Newspaper'' erschien. Das sich durch den Text ziehende Grundthema ist die auch in anderen Werken Poes präsente Angst des Protagonisten davor, lebendig begraben zu werden, die sich auch in einem prominent platzierten Alptraum ausdrückt. Dieser ist zugleich Grundlage eines ''twist endings''. | ||
Edgar Allan Poe ist bekannt für seine Horrorgeschichten, er war aber auch Dichter und vielfältig journalistisch tätig. Er wurde 1809 in Boston geboren und wuchs nach dem frühen Tod seiner Mutter und Verschwinden seines Vaters, zweier Schauspieler, bei John Allan (daher der Zweitname) auf, zu dem zeitlebens ein schwieriges Verhältnis bestand. Nach Studien klassischer Sprachen und aus dem Militärdienst ausgeschieden, arbeitete Poe als freier Journalist, (Mit-)Herausgeber diverser Zeitschriften und Autor, meist unter schwierigen finanziellen Bedingungen. Schriftstellerisch bekannt wurde er relativ spät und populär erst mit seinem wohl berühmtesten Werk, dem Langgedicht The Raven. Biografisch vieldiskutiert ist die Ehe mit seiner Cousine, der zum Zeitpunkt der Heirat dreizehnjährigen Virginia Clemm, die 1847 nach langer Tuberkulose-Erkrankung starb. Er selbst starb 1849 unter unklaren Umständen in Baltimore. Sein Bild in der Öffentlichkeit wurde lange von den Äußerungen seines Konkurrenten Rufus Griswold geprägt. | |||
==Autor== | |||
Edgar Allan Poe ist bekannt für seine Horrorgeschichten, er war aber auch Dichter und vielfältig journalistisch tätig. Er wurde 1809 in Boston geboren und wuchs nach dem frühen Tod seiner Mutter und Verschwinden seines Vaters, zweier Schauspieler, bei John Allan (daher der Zweitname) auf, zu dem zeitlebens ein schwieriges Verhältnis bestand. Nach Studien klassischer Sprachen und aus dem Militärdienst ausgeschieden, arbeitete Poe als freier Journalist, (Mit-)Herausgeber diverser Zeitschriften und Autor, meist unter schwierigen finanziellen Bedingungen. Schriftstellerisch bekannt wurde er relativ spät und populär erst mit seinem wohl berühmtesten Werk, dem Langgedicht ''The Raven''. Biografisch vieldiskutiert ist die Ehe mit seiner Cousine, der zum Zeitpunkt der Heirat dreizehnjährigen Virginia Clemm, die 1847 nach langer Tuberkulose-Erkrankung starb. Er selbst starb 1849 unter unklaren Umständen in Baltimore. Sein Bild in der Öffentlichkeit wurde lange von den Äußerungen seines Konkurrenten Rufus Griswold geprägt. | |||
==Entstehungsgeschichte== | |||
Die angeführten ,realen‘ Fälle von Begräbnissen bei lebendigem Leib sind von der Poe-Quellenforschung weitgehend identifiziert worden (vgl. Mabbott, 954, 969-971). Zudem sah Poe einen „life preserving coffin“ auf der Jahresausstellung 1843 in New York (vgl. ebd., 954). Die Situation selbst könnte laut Mabbott auf eine Vorstellung oder einen Traum des Autors zurückgehen (vgl. ebd.). Er verweist auf Poes Furcht vor Dunkelheit in der Kindheit (vgl. ebd., 953). | Die angeführten ,realen‘ Fälle von Begräbnissen bei lebendigem Leib sind von der Poe-Quellenforschung weitgehend identifiziert worden (vgl. Mabbott, 954, 969-971). Zudem sah Poe einen „life preserving coffin“ auf der Jahresausstellung 1843 in New York (vgl. ebd., 954). Die Situation selbst könnte laut Mabbott auf eine Vorstellung oder einen Traum des Autors zurückgehen (vgl. ebd.). Er verweist auf Poes Furcht vor Dunkelheit in der Kindheit (vgl. ebd., 953). | ||
==The Premature Burial== | |||
Der Traum | Das Werk lässt sich formal-inhaltlich in zwei Teile gliedern: Im ersten Teil berichtet der namenlose autodiegetische Erzähler anekdotenartig von verschiedenen authentisch erscheinenden Fällen von Begräbnissen bei lebendigem Leib in Baltimore, Paris, Leipzig und London (vgl. PM 259-260). Dabei bedient er sich authentizitätsbeglaubigender Mittel wie der Erwähnung der Namen von Personen oder Quellen (u.a. „''The Chirurgical Journal'' of Leipsic“, PM 260). Es ist möglich, eine leicht satirische Intention zu vermuten, da Poe sensationalistische Berichte aus seinem journalistischen Alltag kannte und sich öfter satirisch damit auseinandersetzte (u.a. ''How to Write a Blackwood Article''), so wie bei Poe grundsätzlich eine Weiterentwicklung der gothic novel-Tradition zu beobachten ist (vgl. Fisher 2004, Zimmerman 2009, 16). | ||
Im zweiten Teil kommt der Ich-Erzähler auf sein persönliches Schicksal zu sprechen: Er leidet von jeher unter anfallartigen Zuständen von „catalepsy“ (PM 263), die eine Unterscheidung vom Tode kaum möglich machen. Daher ist er von der Furcht befallen, ebenso wie in den berichteten Anekdoten lebendig begraben zu werden. Er trifft elaborierte Vorkehrungen (u.a. von innen zu öffnender Sarg und Gruft, ein Glöckchen); dennoch nimmt seine Angst immer extremere Züge an und er misstraut sogar seinen Freunden. Nachdem er von einem spektakulären Alptraum berichtet hat, scheint seine größte Angst sich trotz aller Vorkehrungen in die Tat umgesetzt zu haben, denn er wacht in einem engen Kasten auf, kann sich kaum bewegen und seine Sicherheitsvorkehrungen sind nicht vorhanden. Das Eindringen von Stimmen in seinen Dämmerzustand und sein sukzessives Erwachen schließlich bestätigen seinen Irrtum: Auf einem Jagdausflug mit einem Freund hat er angesichts eines aufziehenden Sturms Zuflucht auf einem Schiff gesucht, in dessen enger Kajüte er in seinen komaartigen Schlaf gefallen war. Für eine Poe-Erzählung relativ untypisch löst dieses Erlebnis eine positive Veränderung beim Protagonisten aus, der von einem Verlust seiner Ängste und einer lebensbejahenden Einstellung berichtet. Aus Perspektive der Geschlechterforschung dürfte außerdem sein Ausspruch „I became a new man, and lived a man’s life“ (PM 268) interessant sein. | |||
==Der Traum== | |||
Zentral ist der erwähnte Alptraum (vgl. PM 264f.), der iterativ erzählt und als typisch beschrieben wird. Er könnte auf einen realen Traum des Dichters zurückgehen (vgl. Mabbott, 945). Des Weiteren relevant ist die Begriffsvielfalt des Erzählers, der u.a. von „dreams“, „nightmare“, „trance“, „vision“, „phantasies“ (vgl. besonders PM 268) spricht. | Zentral ist der erwähnte Alptraum (vgl. PM 264f.), der iterativ erzählt und als typisch beschrieben wird. Er könnte auf einen realen Traum des Dichters zurückgehen (vgl. Mabbott, 945). Des Weiteren relevant ist die Begriffsvielfalt des Erzählers, der u.a. von „dreams“, „nightmare“, „trance“, „vision“, „phantasies“ (vgl. besonders PM 268) spricht. | ||
Situierung und Beschreibung | |||
===Situierung und Beschreibung=== | |||
Der Alptraum ist im zweiten Teil des Textes angesiedelt, der sich mit dem persönlichen Schicksal des Erzählers befasst. Er bildet die Nahtstelle zu seinem vorgeblich realen Erlebnis am Ende und ist zugleich Voraussetzung für die daraus erwachsende Spannung und Schockwirkung beim Rezipienten. | Der Alptraum ist im zweiten Teil des Textes angesiedelt, der sich mit dem persönlichen Schicksal des Erzählers befasst. Er bildet die Nahtstelle zu seinem vorgeblich realen Erlebnis am Ende und ist zugleich Voraussetzung für die daraus erwachsende Spannung und Schockwirkung beim Rezipienten. | ||
Nachdem er davon berichtet hat, wie sehr ihn seine Furcht im Alltagsleben beeinträchtigt (Zimmerman liest das tale als geradezu moderne Fallstudie, vgl. 2009), schickt sich der Erzähler an, repräsentativ einen Alptraum wiederzugeben. Dieser sei nur eines unter „innumerable images of gloom which thus oppressed me in dreams” (PM 264). Der Traum (vgl. PM 264f.) ist somit eindeutig markiert, jedoch gebraucht der Erzähler die Bezeichnung „vision“. Bezeichnenderweise ist der Gedanke, sich in „a cataleptic trance of more than usual duration and profundity“ zu befinden, als möglicher Tagesrest Teil seines Traums (vgl. PM 264). Mittels der Berührung einer eisigen Hand auf seiner Stirn wird er von einer Stimme, deren Urheber er nicht sehen kann, mehrfach wie in Hypnosehandlungen zum Aufstehen aufgefordert („,Arise!‘“). So ,erwacht‘, befindet er sich in völliger Dunkelheit. Der Träumer hat keine zeitliche oder räumliche Erinnerung oder Orientierung. Die nicht erkennbare Gestalt, die ihn nun beim Handgelenk gepackt hält, wundert sich darüber, dass er angesichts der schrecklichen Umstände so ruhig schlafen könne. Auf seine Nachfrage hin beschreibt sie sich als ohne Namen „‘in the regions which I inhabit‘“2 und betont ihr Missbefinden. Sie fordert den Träumer auf, ihr in die „,outer Night‘“ zu folgen, um ihm Gräber zu zeigen. Plötzlich kann er die geöffneten „graves of all mankind“ sehen und muss mit Erschrecken feststellen, dass nur die Minderheit der Toten tatsächlich ruht, die übrigen aber unruhig oder deplatziert in ihren Gräbern sind. Als sich die Gräber plötzlich schließen, wiederholen die Toten variierend den Ausruf der Gestalt („‘Is it not—O, God! is it not a very pitiful sight!‘“), und der Traum endet. Der (extradiegetische) Erzähler betont abschließend, wie sehr die Wirkung solcher Traumgesichte ihn auch im Wachen beeinträchtige und zur fortschreitenden Zerrüttung seiner Nerven beitrage. Unmittelbar darauf geht er zur Schilderung der Situation, die wie der wahrgewordene Alptraum anmutet, über. | |||
Analyse der Darstellungsbesonderheiten des Traums und Interpretation | Analyse der Darstellungsbesonderheiten des Traums und Interpretation | ||
Es handelt sich bei dem beschriebenen Traum um einen Alptraum, der als intradiegetische Erzählung des autodiegetischen Erzählers in seinen Bericht eingebettet ist. Neben seiner spannungsgenerierenden Funktion, auf die ich noch zu sprechen kommen werde, weist er auf inhaltlicher wie stilistischer Ebene einige Darstellungsbesonderheiten auf. | Es handelt sich bei dem beschriebenen Traum um einen Alptraum, der als intradiegetische Erzählung des autodiegetischen Erzählers in seinen Bericht eingebettet ist. Neben seiner spannungsgenerierenden Funktion, auf die ich noch zu sprechen kommen werde, weist er auf inhaltlicher wie stilistischer Ebene einige Darstellungsbesonderheiten auf. | ||
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Fisher, Benjamin F.: Poe and the Gothic Tradition. In: Kevin J. Hayes (Hg.): The Cambridge companion to Edgar Allan Poe. Cambridge/Mass.: Cambridge University Press 2004, 72–91. | Fisher, Benjamin F.: Poe and the Gothic Tradition. In: Kevin J. Hayes (Hg.): The Cambridge companion to Edgar Allan Poe. Cambridge/Mass.: Cambridge University Press 2004, 72–91. | ||
Kreuzer, Stefanie: Traum und Erzählen in Literatur, Film und Kunst. Paderborn: Wilhelm Fink 2014. | Kreuzer, Stefanie: Traum und Erzählen in Literatur, Film und Kunst. Paderborn: Wilhelm Fink 2014. | ||
Sederholm, Karl H.: Bodies Out of Place: Poe, Premature Burial, and The Uncanny. In: FORUM: University of Edinburgh Postgraduate Journal of Culture & the Arts 24: Taboo (2017), 1–8. http://www.forumjournal.org/article/view/1877#? | Sederholm, Karl H.: Bodies Out of Place: Poe, Premature Burial, and The Uncanny. In: FORUM: University of Edinburgh Postgraduate Journal of Culture & the Arts 24: Taboo (2017), 1–8. http://www.forumjournal.org/article/view/1877#? | ||
Solte-Gresser, Christiane: Träume (Günter Eich). In: Lexikon Traumkultur. Ein Wiki des Graduiertenkollegs "Europäische Traumkulturen, 2016; http://traumkulturen.uni-saarland.de/Lexikon-Traumkultur/index.php?title=%22Tr%C3%A4ume%22_(G%C3%BCnter_Eich | Solte-Gresser, Christiane: Träume (Günter Eich). In: Lexikon Traumkultur. Ein Wiki des Graduiertenkollegs "Europäische Traumkulturen, 2016; http://traumkulturen.uni-saarland.de/Lexikon-Traumkultur/index.php?title=%22Tr%C3%A4ume%22_(G%C3%BCnter_Eich | ||
Stölzel, Simone: Nachtmeerfahrten: die dunkle Seite der Romantik. Berlin: Die Andere Bibliothek 2013. | Stölzel, Simone: Nachtmeerfahrten: die dunkle Seite der Romantik. Berlin: Die Andere Bibliothek 2013. | ||
Zimmerman, Brett: Poe as Amateur Psychologist: Flooding, Phobias, Psychosomatics, and ‚The Premature Burial‘. In: Edgar Allan Poe Review 10 (2009), 7–19. http://search.ebscohost.com/login.aspx?direct=true&AuthType=cookie,ip,uid&db=hlh&AN=42512684&lang=de&site=eds-live&authtype=uid&lang=de | Zimmerman, Brett: Poe as Amateur Psychologist: Flooding, Phobias, Psychosomatics, and ‚The Premature Burial‘. In: Edgar Allan Poe Review 10 (2009), 7–19. http://search.ebscohost.com/login.aspx?direct=true&AuthType=cookie,ip,uid&db=hlh&AN=42512684&lang=de&site=eds-live&authtype=uid&lang=de | ||
Weblinks | Weblinks | ||
https://www.eapoe.org/works/tales/preburc.htm (= Online-Version englisch) | https://www.eapoe.org/works/tales/preburc.htm (= Online-Version englisch) | ||
http://www.zeno.org/Literatur/M/Poe,+Edgar+Allan/Erz%C3%A4hlungen/Lebendig+begraben (= Online-Version deutsch) | http://www.zeno.org/Literatur/M/Poe,+Edgar+Allan/Erz%C3%A4hlungen/Lebendig+begraben (= Online-Version deutsch) | ||
http://kll-aktuell.cedion.de/nxt/gateway.dll/kll/p/k0551100.xml?f=templates$fn=index.htm$q=%5Brank,500%3A%5Bdomain%3A%5Band%3A%5Bfield,body%3Apoe,%20edgar%5D%5D%5D%5Bsum%3A%5Bfield,lemmatitle%3Apoe,%20edgar%5D%5Bfield,body%3Apoe,%20edgar%5D%5D%5D$x=server$3.0#LPHit1 (Biogramm zu Poe im Kindler) | http://kll-aktuell.cedion.de/nxt/gateway.dll/kll/p/k0551100.xml?f=templates$fn=index.htm$q=%5Brank,500%3A%5Bdomain%3A%5Band%3A%5Bfield,body%3Apoe,%20edgar%5D%5D%5D%5Bsum%3A%5Bfield,lemmatitle%3Apoe,%20edgar%5D%5Bfield,body%3Apoe,%20edgar%5D%5D%5D$x=server$3.0#LPHit1 (Biogramm zu Poe im Kindler) | ||
Kennedy, J. Gerald. 2001. „Edgar Allan Poe. 1809–1849. A Brief Biography“. In A historical guide to Edgar Allan Poe, herausgegeben von J. Gerald Kennedy, 19–59. Historical guides to American authors. Oxford: Oxford University Press. http://search.ebscohost.com/login.aspx?direct=true&scope=site&db=nlebk&db=nlabk&AN=150051. (= biografische Darstellung des Autors, via Ebsco-Host verfügbar) | Kennedy, J. Gerald. 2001. „Edgar Allan Poe. 1809–1849. A Brief Biography“. In A historical guide to Edgar Allan Poe, herausgegeben von J. Gerald Kennedy, 19–59. Historical guides to American authors. Oxford: Oxford University Press. http://search.ebscohost.com/login.aspx?direct=true&scope=site&db=nlebk&db=nlabk&AN=150051. (= biografische Darstellung des Autors, via Ebsco-Host verfügbar) | ||