"Perikızı. Ein Traumspiel" (Emine Sevgi Özdamar): Unterschied zwischen den Versionen

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===Analyse und Interpretation===
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Charakteristisch für ''Perikızı'' sind die vielzähligen inter- und intratextuellen sowie intermedialen Verweise (Schößler 2010). Dabei lassen sich drei Hauptreferenzen ausmachen: Zunächst ist dies Homers ''Odyssee'', an der sich die Handlung von Perikızıs geträumter Reise orientiert, wenn Perikızı – wie Odysseus bei Kirke – für ein Jahr in Deutschland leben muss und vor ihrer Rückkehr, d.h. in ihrem Fall vor dem Erwachen, mit den Toten im Hades zusammentrifft. Die zweite Referenz sind eigene, vornehmlich Erzähltexte Ödzamars, aus denen sowohl Textpassagen als auch Motive und Themen in ''Perikızı'' wiederkehren (Joncyk 215). Die für den Traum interessanteste Hauptreferenz stellt Shakespeare dar, insbesondere sein ''Midsummer Night’s Dream'', aus dem Perikızı gleich zu Beginn des Stücks mit ihrer ersten Replik zitiert.
Charakteristisch für ''Perikızı'' sind die vielzähligen inter- und intratextuellen sowie intermedialen Verweise (Schößler 2010). Dabei lassen sich drei Hauptreferenzen ausmachen: Zunächst ist dies Homers ''Odyssee'', an der sich die Handlung von Perikızıs geträumter Reise orientiert, wenn Perikızı – wie Odysseus bei Kirke – für ein Jahr in Deutschland leben muss und vor ihrer Rückkehr, d.h. in ihrem Fall vor dem Erwachen, mit den Toten im Hades zusammentrifft. Die zweite Referenz sind eigene, vornehmlich Erzähltexte Ödzamars, aus denen sowohl Textpassagen als auch Motive und Themen in ''Perikızı'' wiederkehren (Jonczyk 2015, 215). Die für den Traum interessanteste Hauptreferenz stellt Shakespeare dar, insbesondere sein ''A Midsummer Night’s Dream'', aus dem Perikızı gleich zu Beginn des Stücks mit ihrer ersten Replik zitiert.


Eine Besonderheit der intertextuellen Verweisstruktur besteht in der Vermischung der verschiedenen Bezüge. Franziska Schößler bezeichnet diese auch als „Hybridisierung“ (Schößler 2010, 88). Dieses Verfahren zeigt sich beispielsweise, wenn zwei „Bilderbuchbergmänner“ (P 320) – ein deutscher und ein türkischer – in einem „starken Ruhrpott-Dialekt (Jürgen von Manger) (ebd.) die „Homer-Episode ‚Darf Odysseus nach Hause‘“ (ebd.) vortragen. Genauso aber auch, wenn die drei Huren, mit denen Perikızı in der ersten Traumszene im Zug nach Deutschland reist „wie drei Hexen aus ''Macbeth''“ (P 297) sprechen und dabei „in Anlehnung an die ''Odyssee ''[zitieren]“ (ebd.). Dieses Ineinandergreifen der intertextuellen Bezüge ist jedoch ausschließlich charakteristisch für die Traumszenen. Auf der Ebene der Wachhandlung findet diese Vermischung nicht statt, wenngleich sich auch hier viele Zitate und Verweise finden lassen. Somit verfügen auch die Traumszenen an sich über eine hybride Form, die entsteht, indem sich die verschiedenen intertextuellen Verweise in den Traumszenen begegnen und miteinander in Kontakt treten. Dem Traum, der selbst eine hybride Gestalt hat und Mischgebilde produziert, stellt der Text der Traumszenen so eine geeignete Repräsentationsfläche zur Verfügung.
Eine Besonderheit der intertextuellen Verweisstruktur besteht in der Vermischung der verschiedenen Bezüge. Franziska Schößler bezeichnet diese auch als „Hybridisierung“ (Schößler 2010, 88). Dieses Verfahren zeigt sich beispielsweise, wenn zwei „Bilderbuchbergmänner“ (P 320) – ein deutscher und ein türkischer – in einem „starken Ruhrpott-Dialekt (Jürgen von Manger)(ebd.) die „Homer-Episode ‚Darf Odysseus nach Hause‘“ (ebd.) vortragen. Genauso aber auch, wenn die drei Huren, mit denen Perikızı in der ersten Traumszene im Zug nach Deutschland reist „wie drei Hexen aus ''Macbeth''“ (P 297) sprechen und dabei „in Anlehnung an die ''Odyssee ''[zitieren]“ (ebd.). Dieses Ineinandergreifen der intertextuellen Bezüge ist jedoch ausschließlich charakteristisch für die Traumszenen. Auf der Ebene der Wachhandlung findet diese Vermischung nicht statt, wenngleich sich auch hier viele Zitate und Verweise finden lassen. Somit verfügen auch die Traumszenen an sich über eine hybride Form, die entsteht, indem sich die verschiedenen intertextuellen Verweise in den Traumszenen begegnen und miteinander in Kontakt treten. Dem Traum, der selbst eine hybride Gestalt hat und Mischgebilde produziert, stellt der Text der Traumszenen so eine geeignete Repräsentationsfläche zur Verfügung.


Einen Begegnungsraum stellt der Traum aber nicht nur auf der Textoberfläche dar. Auch Perikızıs geträumte Reise an sich bietet Raum für Begegnungen. Dabei ist das Zusammentreffen Perikızıs mit den Toten im Hades die entscheidende Begegnung in ''Perikızı''. Während die mit einer Reise gewöhnlich einhergehenden Begegnungen mit dem kulturell Anderen/Fremden im Traum allesamt scheitern, gelingt die im Wachen unmögliche, im Traum dagegen denkbare Begegnung mit den Toten. Die Grenze, die Perikızı als Lebende von den Toten trennt, überschreitet sie, wenn sie am Ende der ersten Szene durch die Spiegeltür tritt. Diese Übergangfunktion des Spiegels hat die Großmutter in der ersten Szene bereits benannt: „Schau nicht in der Nacht in den Spiegel, die Geister werden dich zu einem anderen Land treiben“ (P 274). Hier wird deutlich, dass die Grenze, die der Spiegel markiert, mehr ist, als ‚nur‘ die Grenze zwischen Wach- und Traumwelt. Die Geister, die Perikızı in ein anderes Land treiben werden, verweisen auf die Grenze von Leben und Tod, die im Traum durchlässig und in beide Richtungen passiert werden kann.
Einen Begegnungsraum stellt der Traum aber nicht nur auf der Textoberfläche dar. Auch Perikızıs geträumte Reise an sich bietet Raum für Begegnungen. Dabei ist das Zusammentreffen Perikızıs mit den Toten im Hades die entscheidende Begegnung in ''Perikızı''. Während die mit einer Reise gewöhnlich einhergehenden Begegnungen mit dem kulturell Anderen/Fremden im Traum allesamt scheitern, gelingt die im Wachen unmögliche, im Traum dagegen denkbare Begegnung mit den Toten. Die Grenze, die Perikızı als Lebende von den Toten trennt, überschreitet sie, wenn sie am Ende der ersten Szene durch die Spiegeltür tritt. Diese Übergangfunktion des Spiegels hat die Großmutter in der ersten Szene bereits benannt: „Schau nicht in der Nacht in den Spiegel, die Geister werden dich zu einem anderen Land treiben“ (P 274). Hier wird deutlich, dass die Grenze, die der Spiegel markiert, mehr ist, als ‚nur‘ die Grenze zwischen Wach- und Traumwelt. Die Geister, die Perikızı in ein anderes Land treiben werden, verweisen auf die Grenze von Leben und Tod, die im Traum durchlässig und in beide Richtungen passiert werden kann.