"Helmbrecht" (Wernher der Gärtner): Unterschied zwischen den Versionen
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Version vom 7. Oktober 2023, 10:11 Uhr
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Abschließend lässt sich sagen, dass die Träume, die im ''Helmbrecht'' erzählt werden, alle auf die Zukunft des Protagonisten fokussiert sind. In einer klimaktisch angelegten Steigerung der Strafen erfährt Helmbrecht, welches Schicksal ihn ereilen wird, sollte er den angestrebten Weg zum Raubritter gehen. Die Träume, die eindeutige Warnungen vor folgenschweren Handlungen beinhalten, und deren Erfüllung bilden parallel zu Haube und Haar, die äußerliche Zeichen seiner ''superbia'' sind, eine rezeptionssteuernde Rahmung der gesamten Handlung. Die Träume werden von Wernher wohl gezielt als narrative Stilmittel und literarische Motive eingesetzt, um einerseits in ihrer proleptischen Funktion erzählerische Spannung zu erzeugen sowie andererseits die Figurencharakterisierung zu verstärken. Denn durch die eindeutigen Vorausdeutungen der Träume und den damit übereinstimmenden Fortgang der Handlung können Rezipierende zunehmend erahnen, dass die Träume wahrhaftig sind, bis zu dem Punkt ihres ‚In-Erfüllung-Gehens‘. Gleichzeitig wird aufgrund der unterschiedlichen Reaktionen auf die Träume in Verbindung mit der Figurenskizzierung eine Rezeptionslenkung vorgenommen, mit Hilfe derer die Glaubwürdigkeit und das Vertrauen in die Worte des Vaters gesteigert werden, während für Helmbrecht eine entgegengesetzte, negative Wirkung erzielt wird; es entsteht eine sich zunehmend vergrößernde Differenz der Glaubwürdigkeit zwischen den Figuren. Weiterhin steigern die Träume die didaktische Relevanz und die moralisierende Lehre des Textes, da diese aufgrund ihrer warnenden Botschaften einen möglichen Wendepunkt innerhalb der Erzählung anbieten, den Helmbrecht jedoch nicht wahrnimmt. Ab diesem Zeitpunkt ist | Abschließend lässt sich sagen, dass die Träume, die im ''Helmbrecht'' erzählt werden, alle auf die Zukunft des Protagonisten fokussiert sind. In einer klimaktisch angelegten Steigerung der Strafen erfährt Helmbrecht, welches Schicksal ihn ereilen wird, sollte er den angestrebten Weg zum Raubritter gehen. Die Träume, die eindeutige Warnungen vor folgenschweren Handlungen beinhalten, und deren Erfüllung bilden parallel zu Haube und Haar, die äußerliche Zeichen seiner ''superbia'' sind, eine rezeptionssteuernde Rahmung der gesamten Handlung. Die Träume werden von Wernher wohl gezielt als narrative Stilmittel und literarische Motive eingesetzt, um einerseits in ihrer proleptischen Funktion erzählerische Spannung zu erzeugen sowie andererseits die Figurencharakterisierung zu verstärken. Denn durch die eindeutigen Vorausdeutungen der Träume und den damit übereinstimmenden Fortgang der Handlung können Rezipierende zunehmend erahnen, dass die Träume wahrhaftig sind, bis zu dem Punkt ihres ‚In-Erfüllung-Gehens‘. Gleichzeitig wird aufgrund der unterschiedlichen Reaktionen auf die Träume in Verbindung mit der Figurenskizzierung eine Rezeptionslenkung vorgenommen, mit Hilfe derer die Glaubwürdigkeit und das Vertrauen in die Worte des Vaters gesteigert werden, während für Helmbrecht eine entgegengesetzte, negative Wirkung erzielt wird; es entsteht eine sich zunehmend vergrößernde Differenz der Glaubwürdigkeit zwischen den Figuren. Weiterhin steigern die Träume die didaktische Relevanz und die moralisierende Lehre des Textes, da diese aufgrund ihrer warnenden Botschaften einen möglichen Wendepunkt innerhalb der Erzählung anbieten, den Helmbrecht jedoch nicht wahrnimmt. Ab diesem Zeitpunkt ist sein Scheitern unabdingbar und notwendig; es wird textintern sogar als gottgewollt dargestellt. In den drei Dialogen von Vater und Sohn werden zudem kulturelle, zeitgenössische Thematiken besprochen, wie Verfallsklage und Kritik an Veränderungsprozessen des Rittertums. Da Literatur „durch historische und kulturelle Umstände“ beeinflusst wird, „sind auch Traum- und Visionsberichte stets Veränderungen unterworfen“ (Barthel 2019, 13). | ||
Die Traumnarrative im Helmbrecht spiegeln die hohe Popularität von Träumen zu dieser Zeit des Mittelalters. Die Erzählung nutzt die Träume nicht nur als zentrale Motive, sondern zeigt auch, dass Helmbrechts Ignoranz gegenüber den womöglich gottgesandten Warnträumen falsch ist. Hätte er die Traumbotschaften richtig gedeutet, hätte er seinen Tod abwenden können. Hierdurch wird das Misstrauen gegenüber Träumen negiert und ihre Bedeutung in den Vordergrund gerückt. | Die Traumnarrative im Helmbrecht spiegeln die hohe Popularität von Träumen zu dieser Zeit des Mittelalters. Die Erzählung nutzt die Träume nicht nur als zentrale Motive, sondern zeigt auch, dass Helmbrechts Ignoranz gegenüber den womöglich gottgesandten Warnträumen falsch ist. Hätte er die Traumbotschaften richtig gedeutet, hätte er seinen Tod abwenden können. Hierdurch wird das Misstrauen gegenüber Träumen negiert und ihre Bedeutung in den Vordergrund gerückt. |