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Aufschluss über das im Traum erkundete Industriegebäude kann eine Lesung von Yaghoobifarah mit Margarete Stokowski geben: Hier beschreibt Yaghoobifarah, dass der Titel des Romans – ''Ministerium der Träume'' – als eine Metapher für den Kopf zu verstehen sei, als Ort der Wünsche, Ängste, Erinnerungen und Träume. Diese Metapher scheint in dem geträumten Ort aufgegriffen zu werden – so werden beispielsweise Erinnerungen durch den „Schrottberg“ vergegenständlicht, der gleichzeitig auf die Fragmentierung derselben verweist (alle Gegenstände, die hier liegen, sind nicht mehr intakt: „zerrupfte Spielzeuge, Autoteile und zerbrochene Handyhüllen“). Die Glasscherben – viel größer als die Träumerin – verweisen auf zwei der anderen Träume, in denen das Glas einer Telefonzelle drohte zu zerbrechen und gleichzeitig scheinen sie, wie die Krater, eine Metapher für die schwer zu bewältigende Vergangenheit zu sein (der Traum scheint hier auch eine Aussage von Nasrins Psychologin aufzunehmen: „''Ihr lückenhaftes Gedächtnis oder Ihre Krater, wie Sie sagen, die sind nicht größer als Sie''“ (MdT 206)). Die Träumerin fühlt sich, anders als in den anderen Träumen, allerdings nicht machtlos, ergreift mit der Metallstange sogar eine Waffe, die in der Vergangenheit gegen sie und ihre Freund*innen gerichtet wurde. Die verschiedenen Räume, die Nasrin betritt, ließen sich ebenfalls in die Kopf-Metapher einfügen – der Maschinenraum, in denen Geräte auf Hochtouren laufen; die verlassene und eingestaubte Fabrikhalle. Farbe spielt in dem Bereich, den Nasrin danach betritt, eine herausragende Rolle: Selbst die Telefonzelle erscheint hier neu, in pinker Farbe und gleichzeitig weniger bedrohlich (Nasrin erscheint sie vor allem lästig – „O nee, denke ich, nicht schon wieder“), was darauf deuten mag, dass Nasrin schrittweise ein neuen Umgang mit ihren traumatischen Erfahrungen findet (gleichzeitig könnte die Veränderung der Farbe auch auf die historische Entwicklung der Telefonzellen, die in Deutschland zeitweise zumindest ein pinkfarbenes Dach hatten, verweisen).
 
Aufschluss über das im Traum erkundete Industriegebäude kann eine Lesung von Yaghoobifarah mit Margarete Stokowski geben: Hier beschreibt Yaghoobifarah, dass der Titel des Romans – ''Ministerium der Träume'' – als eine Metapher für den Kopf zu verstehen sei, als Ort der Wünsche, Ängste, Erinnerungen und Träume. Diese Metapher scheint in dem geträumten Ort aufgegriffen zu werden – so werden beispielsweise Erinnerungen durch den „Schrottberg“ vergegenständlicht, der gleichzeitig auf die Fragmentierung derselben verweist (alle Gegenstände, die hier liegen, sind nicht mehr intakt: „zerrupfte Spielzeuge, Autoteile und zerbrochene Handyhüllen“). Die Glasscherben – viel größer als die Träumerin – verweisen auf zwei der anderen Träume, in denen das Glas einer Telefonzelle drohte zu zerbrechen und gleichzeitig scheinen sie, wie die Krater, eine Metapher für die schwer zu bewältigende Vergangenheit zu sein (der Traum scheint hier auch eine Aussage von Nasrins Psychologin aufzunehmen: „''Ihr lückenhaftes Gedächtnis oder Ihre Krater, wie Sie sagen, die sind nicht größer als Sie''“ (MdT 206)). Die Träumerin fühlt sich, anders als in den anderen Träumen, allerdings nicht machtlos, ergreift mit der Metallstange sogar eine Waffe, die in der Vergangenheit gegen sie und ihre Freund*innen gerichtet wurde. Die verschiedenen Räume, die Nasrin betritt, ließen sich ebenfalls in die Kopf-Metapher einfügen – der Maschinenraum, in denen Geräte auf Hochtouren laufen; die verlassene und eingestaubte Fabrikhalle. Farbe spielt in dem Bereich, den Nasrin danach betritt, eine herausragende Rolle: Selbst die Telefonzelle erscheint hier neu, in pinker Farbe und gleichzeitig weniger bedrohlich (Nasrin erscheint sie vor allem lästig – „O nee, denke ich, nicht schon wieder“), was darauf deuten mag, dass Nasrin schrittweise ein neuen Umgang mit ihren traumatischen Erfahrungen findet (gleichzeitig könnte die Veränderung der Farbe auch auf die historische Entwicklung der Telefonzellen, die in Deutschland zeitweise zumindest ein pinkfarbenes Dach hatten, verweisen).
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Das ‚wir‘ am anderen Ende der Leitung lässt sich auf Nasrins Freund*innen von früher beziehen, die, wie sich später auf der Wachebene herausstellen wird, tatsächlich mehr darüber wissen, wer für den Tod der Schwester verantwortlich sein könnte, als die Protagonistin ahnt. Wie im ersten Traum wird Nasrin von den Anrufer*innen für ihr Nichtwissen gescholten und es zeichnet sich ein Traumwissen ab, mit dem sich andeutet, was auf der Wachebene noch nicht erfasst werden kann.
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Der Verweis auf Andy Warhol und das Ende des Traums greifen das Wortspiel Traum(a)fabrik wieder auf, das tatsächlich auf eine Häuserwand gemalt ist, die von Nushins Wohnung aus sichtbar ist. Worauf sich dieses Wortspiel bezieht – z. B. auf den deutschen Rassismus, der das Land zu einer Traumafabrik für Migrant*innen macht oder auf Nasrins Kopf, in dem die traumatische Vergangenheit immer wieder reproduziert wird – bleibt vieldeutig.
    
<div style="text-align: right;">[[Autoren|Jasna Pape]]</div>
 
<div style="text-align: right;">[[Autoren|Jasna Pape]]</div>
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