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Auf filmtheoretischer Ebene zeigen die Arbeiten von Dickson, Petrić und Schönhammer die Notwendigkeit auf, zwischen einer starken und einer schwachen Version der Film/Traum-Analogie zu unterscheiden. Laut der starken Version ist jeder Film wie ein Traum, da die Filmerfahrung einige wesentliche Charakteristika mit der Traumerfahrung teilt: Bewegungslosigkeit des Körpers bei Identifikation mit virtuellem Szenario, Immaterialität der Film-/Traumwelt, Formbarkeit der raumzeitlichen Beziehungen usw. Laut der schwachen Version der Analogie wohnt dem Medium Film auf besondere Weise das Potential inne, das Träumen in seiner sinnlichen Intensität darzustellen. Diese Version ist immer noch Teil der Film-/Traum-Analogie, da die Filmerfahrung der Traumerfahrung (bzw. deren wacher Rekonstruktion) hinreichend ähnlich ist, um erstere im Rückgriff auf zweitere zu charakterisieren. Untersucht man die Filme eines bestimmten Regisseurs oder einer bestimmten Regisseurin, oder diejenigen einer bestimmten historischen Periode im Hinblick auf ihre Traumhaftigkeit, so kann man sich nach der Nützlichkeit der starken Film/Traum-Analogie fragen: wenn die Filmerfahrung an sich bereits ihrer Natur nach traumartig ist, was würde es dann bedeuten, die Erfahrung eines ''bestimmten'' Films (oder einer bestimmten Szene) als traumartig zu bezeichnen? Was würde einen Film als mehr oder weniger traumartig auszeichnen, wenn alle Filme traumartig sind? Untersuchen wir also beispielsweise das Kino Buñuels auf dessen Traumartigkeit, erscheint die starke Analogie nicht als vielversprechend, denn damit die Charakterisierung ‘traumartig’ bedeutungsvoll ist, muss es Filme geben, auf die sie zutrifft und andere, auf die sie nicht zutrifft. Was man in der möglichen Ablehnung der starken Film/Traum-Analogie allerdings nicht ignorieren sollte – wie es beispielsweise bei Matthias Brütsch der Fall zu sein scheint (Brütsch 2013, 88 f) – ist die natürliche Neigung des Kinos zum Traum hin. Indem er die Film/Traum-Analogie auf ihre extreme Version reduziert, scheint Brütsch zu ignorieren, dass die umkehrbare Natur der Filmerfahrung (der Umstand, dass sich das im Film Repräsentierte immer zugleich in eine gelebte Erfahrung der Zuschauerin übersetzt) den Traum bzw. eher das Träumen als besonders interessantes Phänomen für Filmschaffende hervorhebt. Weil Film eine primär audiovisuelle Erfahrung ist, die auf die präreflektive, sinnliche Involvierung abzielt, besitzt er eine besondere Fähigkeit, den wachen Zuschauer an das Träumen zu erinnern (womöglich an einen bestimmten Traumtypus) – d.h. eine typischerweise audiovisuelle Erfahrung, die oftmals intensive, sinnliche Involvierung provoziert. Das heißt allerdings nicht, dass jeder Film traumartig ist. Viel eher kann man sagen, das filmische Medium stellt eine geeignete ''Kategorie'' von Erfahrung bereit, einen besonders intensiven, traumartigen Effekt auf die Zuschauerschaft zu erzeugen. Die Erforschung des filmischen Potentials, ''den Traum'' (als Sequenz) darzustellen, ist wohl nicht unabhängig von dem breiteren Diskurs um eine Film/Traum-Analogie: möglicherweise sind es bloß bestimmte Filme / Szenen / Regisseure, die diejenigen Elemente manifestieren, die (fälschlicherweise) dem Kino im Allgemeinen zugeschrieben wurden. Der entscheidende Teil besteht darin, ''wie'' ein Film das oneirische Potential des Kinos umsetzt und wie die Erfahrung der Traumhaftigkeit in Bezug zu der vom Film erzählten Geschichte steht.
 
Auf filmtheoretischer Ebene zeigen die Arbeiten von Dickson, Petrić und Schönhammer die Notwendigkeit auf, zwischen einer starken und einer schwachen Version der Film/Traum-Analogie zu unterscheiden. Laut der starken Version ist jeder Film wie ein Traum, da die Filmerfahrung einige wesentliche Charakteristika mit der Traumerfahrung teilt: Bewegungslosigkeit des Körpers bei Identifikation mit virtuellem Szenario, Immaterialität der Film-/Traumwelt, Formbarkeit der raumzeitlichen Beziehungen usw. Laut der schwachen Version der Analogie wohnt dem Medium Film auf besondere Weise das Potential inne, das Träumen in seiner sinnlichen Intensität darzustellen. Diese Version ist immer noch Teil der Film-/Traum-Analogie, da die Filmerfahrung der Traumerfahrung (bzw. deren wacher Rekonstruktion) hinreichend ähnlich ist, um erstere im Rückgriff auf zweitere zu charakterisieren. Untersucht man die Filme eines bestimmten Regisseurs oder einer bestimmten Regisseurin, oder diejenigen einer bestimmten historischen Periode im Hinblick auf ihre Traumhaftigkeit, so kann man sich nach der Nützlichkeit der starken Film/Traum-Analogie fragen: wenn die Filmerfahrung an sich bereits ihrer Natur nach traumartig ist, was würde es dann bedeuten, die Erfahrung eines ''bestimmten'' Films (oder einer bestimmten Szene) als traumartig zu bezeichnen? Was würde einen Film als mehr oder weniger traumartig auszeichnen, wenn alle Filme traumartig sind? Untersuchen wir also beispielsweise das Kino Buñuels auf dessen Traumartigkeit, erscheint die starke Analogie nicht als vielversprechend, denn damit die Charakterisierung ‘traumartig’ bedeutungsvoll ist, muss es Filme geben, auf die sie zutrifft und andere, auf die sie nicht zutrifft. Was man in der möglichen Ablehnung der starken Film/Traum-Analogie allerdings nicht ignorieren sollte – wie es beispielsweise bei Matthias Brütsch der Fall zu sein scheint (Brütsch 2013, 88 f) – ist die natürliche Neigung des Kinos zum Traum hin. Indem er die Film/Traum-Analogie auf ihre extreme Version reduziert, scheint Brütsch zu ignorieren, dass die umkehrbare Natur der Filmerfahrung (der Umstand, dass sich das im Film Repräsentierte immer zugleich in eine gelebte Erfahrung der Zuschauerin übersetzt) den Traum bzw. eher das Träumen als besonders interessantes Phänomen für Filmschaffende hervorhebt. Weil Film eine primär audiovisuelle Erfahrung ist, die auf die präreflektive, sinnliche Involvierung abzielt, besitzt er eine besondere Fähigkeit, den wachen Zuschauer an das Träumen zu erinnern (womöglich an einen bestimmten Traumtypus) – d.h. eine typischerweise audiovisuelle Erfahrung, die oftmals intensive, sinnliche Involvierung provoziert. Das heißt allerdings nicht, dass jeder Film traumartig ist. Viel eher kann man sagen, das filmische Medium stellt eine geeignete ''Kategorie'' von Erfahrung bereit, einen besonders intensiven, traumartigen Effekt auf die Zuschauerschaft zu erzeugen. Die Erforschung des filmischen Potentials, ''den Traum'' (als Sequenz) darzustellen, ist wohl nicht unabhängig von dem breiteren Diskurs um eine Film/Traum-Analogie: möglicherweise sind es bloß bestimmte Filme / Szenen / Regisseure, die diejenigen Elemente manifestieren, die (fälschlicherweise) dem Kino im Allgemeinen zugeschrieben wurden. Der entscheidende Teil besteht darin, ''wie'' ein Film das oneirische Potential des Kinos umsetzt und wie die Erfahrung der Traumhaftigkeit in Bezug zu der vom Film erzählten Geschichte steht.
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Raphael Morschett
    
==Anmerkungen==
 
==Anmerkungen==
 
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