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== Regisseur/Autor ==
 
== Regisseur/Autor ==
Christopher Nolan (*30.07.1970 in London) ist Filmregisseur, -produzent und Drehbuchautor. Er steht in der Tradition des ''auteur''-Kinos in Kombination mit (post-)modernem Hollywood (vgl. Kiss 2012, 43). Zu seinen bekanntesten Filme zählen ''Memento'' (2000), Die ''Dark Knight''-Trilogie (2005–2012), ''The Prestige'' (2006), ''Inception'', ''Dunkirk'' (2017), ''Tenet'' (2020) und aktuell ''Oppenheimer'' (2023); er wurde mehrfach für die Academy Awards (‚Oscars‘) nominiert. Nolan hatte die Idee zu ''Inception'' laut eigener Aussage bereits 10 Jahre vor der Umsetzung, hatte aber zunächst Schwierigkeiten, sie angemessen zu schreiben (vgl. Taubin und Nolan 2010, 32). Wichtige Themen in Inception wie die Manipulation von Gedanken oder Erinnerungen finden sich auch in anderen Werken Nolans, darunter dem anachron erzählten Memento (vgl. Knöppler 2015, 45f.); „Nolan himself has specialized in setting puzzles that can’t be solved. Duplicity—in the sense of both deception and doubling—runs right through his work“ (Fisher 2011, 37). Auch in der Figurenanlage werden von der Forschung Parallelen gesehen: „Cobb is also one of Nolan’s guilt-ridden male protagonists, always in danger of self-destruction“ (Taubin und Nolan 2010, 32). Nolans Werk, so Kiss, durchziehe das Spiel mit der Fiktionalisierung narrativer Eigenheiten (z.B. Erzählen in umgekehrter Reihenfolge, vgl. 2012, 43), die bei ihm durch Eigenschaften menschlicher Kognition motiviert werden (wie Amnesie, vgl. ebd., 46), und sei damit Teil der „‘mainstream complexity’“ (ebd., 43), die komplexes Erzählen mit publikumstauglichem Zugang verbindet. Diese Filme erfordern oft eine mehrmalige Rezeption (vgl. auch ebd., 44). Seine Traumauffassung nennt Nolan subjektiv, er habe dazu bewusst nicht recherchiert, sondern sei von seinem eigenen Erleben ausgegangen (vgl. Taubin und Nolan 2010, 34). Dennoch findet sich populäres Traumwissen in Inception.
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Christopher Nolan (*30.07.1970 in London) ist Filmregisseur, -produzent und Drehbuchautor. Er steht in der Tradition des ''auteur''-Kinos in Kombination mit (post-)modernem Hollywood (vgl. Kiss 2012, 43). Zu seinen bekanntesten Filme zählen ''Memento'' (2000), Die ''Dark Knight''-Trilogie (2005–2012), ''The Prestige'' (2006), ''Inception'', ''Dunkirk'' (2017), ''Tenet'' (2020) und aktuell ''Oppenheimer'' (2023); er wurde mehrfach für die Academy Awards (‚Oscars‘) nominiert. Nolan hatte die Idee zu ''Inception'' laut eigener Aussage bereits 10 Jahre vor der Umsetzung, hatte aber zunächst Schwierigkeiten, sie angemessen zu schreiben (vgl. Taubin und Nolan 2010, 32).  
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Wichtige Themen in Inception wie die Manipulation von Gedanken oder Erinnerungen finden sich auch in anderen Werken Nolans, darunter dem anachron erzählten Memento (vgl. Knöppler 2015, 45f.); „Nolan himself has specialized in setting puzzles that can’t be solved. Duplicity—in the sense of both deception and doubling—runs right through his work“ (Fisher 2011, 37). Auch in der Figurenanlage werden von der Forschung Parallelen gesehen: „Cobb is also one of Nolan’s guilt-ridden male protagonists, always in danger of self-destruction“ (Taubin und Nolan 2010, 32). Nolans Werk, so Kiss, durchziehe das Spiel mit der Fiktionalisierung narrativer Eigenheiten (z.B. Erzählen in umgekehrter Reihenfolge, vgl. 2012, 43), die bei ihm durch Eigenschaften menschlicher Kognition motiviert werden (wie Amnesie, vgl. ebd., 46), und sei damit Teil der „‘mainstream complexity’“ (ebd., 43), die komplexes Erzählen mit publikumstauglichem Zugang verbindet. Diese Filme erfordern oft eine mehrmalige Rezeption (vgl. auch ebd., 44). Seine Traumauffassung nennt Nolan subjektiv, er habe dazu bewusst nicht recherchiert, sondern sei von seinem eigenen Erleben ausgegangen (vgl. Taubin und Nolan 2010, 34). Dennoch findet sich populäres Traumwissen in Inception.
    
== Inhalt ==
 
== Inhalt ==
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==== Analyse und Darstellungsbesonderheiten ====
 
==== Analyse und Darstellungsbesonderheiten ====
Der Traum im Traum („dream within a dream“, In 13:44) ist dank der vorgeschalteten Prolepse und eines Eingangstwists (vgl. zum Konzept des Twists Strank 2022) zunächst für die Zuschauenden nicht als solcher erkennbar, sondern erscheint vielmehr als Wachrealität, die jedoch zunehmend durch Irritationen wie die Erschütterungen des Gebäudes unterminiert wird. Der Status und die Besonderheiten werden den Rezipierenden sukzessive bewusst gemacht und gemeinsam mit der Zielperson Saito implizit erklärt, während die Mitglieder des extraction-Teams sich die ganze Zeit des Realitätsstatus bewusst sind, den sie selbst herbeigeführt haben und steuern. Dabei erscheint die nächsthöhere Ebene zunächst als Wachebene, bis deutlich wird, dass Saito immer noch träumt („I’m still dreaming“, In 13:29). Am Ende, nach dem Aufwachen auf der obersten Ebene (1, Wachebene), wird die Struktur des Traum im Traum deutlich: Er besteht aus drei Hauptebenen (3–1), wobei die letzte die Wachebene ist und jede Traumebene von einer anderen Person verantwortet wird. Dies macht die extraction zusätzlich zu einem – medial induzierten (vgl. Bumeder 2014, 126 nach Jahraus) – geteilten Traum (shared dream) besonderer Art, in dem nicht jede Traumpersona dieselben Möglichkeiten hat: „SAITO. Dream within a dream, huh? I’m impressed. But in my dream, you play by my rules. NASH. Ah yes, but you see, Mr. Saito … COBB. We’re not in your dream. NASH. We are in mine.(In 13:43–56).
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Der Traum im Traum („dream within a dream“, In 13:44) ist dank der vorgeschalteten Prolepse und eines Eingangstwists (vgl. zum Konzept des Twists Strank 2022) zunächst für die Zuschauenden nicht als solcher erkennbar, sondern erscheint vielmehr als Wachrealität, die jedoch zunehmend durch Irritationen wie die Erschütterungen des Gebäudes unterminiert wird. Der Status und die Besonderheiten werden den Rezipierenden sukzessive bewusst gemacht und gemeinsam mit der Zielperson Saito implizit erklärt, während die Mitglieder des extraction-Teams sich die ganze Zeit des Realitätsstatus bewusst sind, den sie selbst herbeigeführt haben und steuern. Dabei erscheint die nächsthöhere Ebene zunächst als Wachebene, bis deutlich wird, dass Saito immer noch träumt („I’m still dreaming“, In 13:29). Am Ende, nach dem Aufwachen auf der obersten Ebene (1, Wachebene), wird die Struktur des Traum im Traum deutlich: Er besteht aus drei Hauptebenen (3–1), wobei die letzte die Wachebene ist und jede Traumebene von einer anderen Person verantwortet wird. Dies macht die extraction zusätzlich zu einem – medial induzierten (vgl. Bumeder 2014, 126 nach Jahraus) – geteilten Traum (shared dream) besonderer Art, in dem nicht jede Traumpersona dieselben Möglichkeiten hat: <blockquote>SAITO. Dream within a dream, huh? I’m impressed. But in my dream, you play by my rules. NASH. Ah yes, but you see, Mr. Saito … COBB. We’re not in your dream. NASH. We are in mine. (In 13:43–56)</blockquote>Gestalterisch fällt auf, dass die Ebenen von verschiedenen real anmutenden Orten verkörpert werden, sozusagen eine Topografie entsteht. Dabei sind vordergründig Gebäude (Haus in Japan mit Safe, Wohnung) und Fortbewegungsmittel (Schnellzug) relevant, tatsächlich verkörpern diese aber verschiedene Aspekte des Unterbewusstseins, was als Verbildlichung von Freuds „‘topographical’ and ‘spatial’ models“, die das Bewusstsein als „as a varied and demarcated space“ (Mayo 2020, 241) darstellen, aufgefasst werden kann. Innerhalb dieser Bildmetaphorik nehmen scheinbar äußere Ereignisse eine symbolische Funktion ein. So verdeutlichen das ‚Erschüttern‘ und schließlich ‚Überfluten‘ von Ebene (3) die zunehmende Instabilität dieser Ebene von der übergeordneten Ebene (2) aus, die ‚Aufstände‘ in (2) zeigen einen zunehmenden inneren Widerstand der Zielperson gegen das Eindringen in ihre künstlich erzeugten Träume. Die auftretende Frau (Mal) wird später im Film als unberechenbares Prinzip erkennbar, das als Bestandteil eines anderen Unterbewusstseins (Cobbs) die extraction und die Traumpersonen manipuliert.
 
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Gestalterisch fällt auf, dass die Ebenen von verschiedenen real anmutenden Orten verkörpert werden, sozusagen eine Topografie entsteht. Dabei sind vordergründig Gebäude (Haus in Japan mit Safe, Wohnung) und Fortbewegungsmittel (Schnellzug) relevant, tatsächlich verkörpern diese aber verschiedene Aspekte des Unterbewusstseins, was als Verbildlichung von Freuds „‘topographical’ and ‘spatial’ models“, die das Bewusstsein als „as a varied and demarcated space“ (Mayo 2020, 241) darstellen, aufgefasst werden kann. Innerhalb dieser Bildmetaphorik nehmen scheinbar äußere Ereignisse eine symbolische Funktion ein. So verdeutlichen das ‚Erschüttern‘ und schließlich ‚Überfluten‘ von Ebene (3) die zunehmende Instabilität dieser Ebene von der übergeordneten Ebene (2) aus, die ‚Aufstände‘ in (2) zeigen einen zunehmenden inneren Widerstand der Zielperson gegen das Eindringen in ihre künstlich erzeugten Träume. Die auftretende Frau (Mal) wird später im Film als unberechenbares Prinzip erkennbar, das als Bestandteil eines anderen Unterbewusstseins (Cobbs) die extraction und die Traumpersonen manipuliert.
      
Neben den bildlichen Symbolen wirken auch Genreelemente an der vorübergehenden Täuschung, dass es sich um Geschehen in der Wachwelt handelt, mit. So erscheint das Vorgehen der Teammitglieder zunächst vorrangig Teil des Plots eines Agenten- bzw. Industriespionagethrillers und Heist-Movies (vgl. dazu Kaczmarek 2022) mit einer exklusiven Party zu sein, die als Gelegenheit für einen Saferaub dienen soll, Kämpfen, Schießereien und Verfolgungsjagden. Von der Kritik wurde daher auch angemerkt, dass das Träumen bloßer Vorwand für die Verwendung dieser Genreelemente sein könnte (vgl. Fisher 2011, 40).
 
Neben den bildlichen Symbolen wirken auch Genreelemente an der vorübergehenden Täuschung, dass es sich um Geschehen in der Wachwelt handelt, mit. So erscheint das Vorgehen der Teammitglieder zunächst vorrangig Teil des Plots eines Agenten- bzw. Industriespionagethrillers und Heist-Movies (vgl. dazu Kaczmarek 2022) mit einer exklusiven Party zu sein, die als Gelegenheit für einen Saferaub dienen soll, Kämpfen, Schießereien und Verfolgungsjagden. Von der Kritik wurde daher auch angemerkt, dass das Träumen bloßer Vorwand für die Verwendung dieser Genreelemente sein könnte (vgl. Fisher 2011, 40).
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==== Situierung und Beschreibung ====
 
==== Situierung und Beschreibung ====
Der '''erste ‚Lerntraum‘''' (In 25:01–27:08) beginnt ebenso wie der Expositionstraum zumindest für eine der der träumenden Personen (Ariadne) unbemerkt: Nachdem die Architekturstudentin von Cobb in Paris durch Vermittlung seines Schwiegervaters angeworben wurde, indem sie ein schwer lösbares Labyrinth für ihn zeichnen sollte, ist Arthur zu sehen, der ein offenbar leerstehendes Gebäude betritt und dort aufräumt (vgl. In 23:55–25:00); später wird es zum Hauptquartier des Teams. In der nächsten Szene sitzen Ariadne und Cobb in einem pariserisch anmutenden Straßencafé (in der rue César Franck, vgl. Oster 2022, 579), während Cobb die Eigenschaften von Träumen und den Ansatzpunkt einer extraction erklärt: Im Traum nehme das Bewusstsein (mind) die Wirklichkeit wahr und kreiere sie in einem kontinuierlichen Prozess, der beides voneinander ununterscheidbar werden lasse; an diesem Punkt können sie ansetzen (vgl. In 25:20–36). Als er darauf zu sprechen kommt, dass man die Seltsamkeit des Traums erst beim Erwachen bemerke und sich in der Regel nicht an den Beginn eines Traums erinnere, stutzt Ariadne; Cobb erläutert, dass sie sich in Wirklichkeit in ihren Arbeitsräumen befinde und die Umgebung des Cafés mit Gemüseständen etc. beginnt, sich in ihre Bestandteile ‚aufzusprengen‘. Ariadne erwacht, wobei das Augenöffnen in einer schräg gekanteten Nahaufnahme gefilmt ist. Danach ist im Hintergrund das Piaf-Chanson zu hören, während Arthur und Cobb Ariadne erklären, dass die zugrundeliegende Technologie vom Militär zu Trainingszwecken entwickelt wurde. Architects wie sie seien für das Design der Träume verantwortlich. Außerdem wird deutlich, dass das Vergehen der Zeit im Traum anders wahrgenommen wird: „ARTHUR. Five minutes in the real world gives you an hour in the dream“ (In 27:40–41).
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Der '''erste ‚Lerntraum‘''' (In 25:01–27:08) beginnt ebenso wie der Expositionstraum zumindest für eine der der träumenden Personen (Ariadne) unbemerkt: Nachdem die Architekturstudentin von Cobb in Paris durch Vermittlung seines Schwiegervaters angeworben wurde, indem sie ein schwer lösbares Labyrinth für ihn zeichnen sollte, ist Arthur zu sehen, der ein offenbar leerstehendes Gebäude betritt und dort aufräumt (vgl. In 23:55–25:00); später wird es zum Hauptquartier des Teams. In der nächsten Szene sitzen Ariadne und Cobb in einem pariserisch anmutenden Straßencafé (in der rue César Franck, vgl. Oster 2022, 579), während Cobb die Eigenschaften von Träumen und den Ansatzpunkt einer extraction erklärt: Im Traum nehme das Bewusstsein (mind) die Wirklichkeit wahr und kreiere sie in einem kontinuierlichen Prozess, der beides voneinander ununterscheidbar werden lasse; an diesem Punkt können sie ansetzen (vgl. In 25:20–36).  
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Der '''zweite Lerntraum''' (In 27:49–32:03) dagegen wird direkt im Anschluss eindeutig eingangsmarkiert, indem Ariadne, in halbnaher Einstellung auf einem Liegestuhl gefilmt, nach einem Zischgeräusch der trauminduzierenden Maschine wieder die Augen schließt. Nun geht es im selben Ausgangssetting (idyllische Nebenstraße) gemeinsam mit Cobb um das layout des Traums, wobei die sie umgebenden Menschen „projections in my [Cobb’s] subconscious“ (In 27:58f.) sind, denn Ariadne sei, so Cobb „the dreamer, you build this world. I am the subject, my mind populates it. You can literally talk to my subconscious, that’s one of the ways to extract information“ (In 28:00–10). Ein anderer Weg zu Geheinissen sei das Kreieren eines sicheren Objekts wie eines Safes oder Gefängnisses, das das Subjekt dann automatisch nutze. Dann beginnt Ariadne nach ihrer eigenen Frage „messing with the physics a bit“ (In 28:36) und erzeugt visuell eindrucksvolle Verformungen des geträumten Raums, die an M.C. Eschers Werke erinnern und auch auf dem Filmplakat gezeigt sind. Cobb erklärt weiterhin, dass die projections, also geträumten Menschen, durch gravierende Umformungen des Traumsettings auf die Kreation aufmerksam werden und wie ein ‚Immunsystem‘ des Unterbewusstseins funktionierten. Auf einer Brücke wirkt Cobb irritiert, es sind kurze, in rosafarbenes Licht getauchte Erinnerungsbilder mit einer Frau zu sehen. Er warnt Ariadne, keine realen Orte, höchstens Details davon, zu imaginieren, da so leicht „[the] grasp for what’s real and what is a dream“ (In 31:41–43) verlorengehe. Als Ariadne eine komplexe Spiegel-im-Spiegel-Illusion erschaffen hat, beginnen die Passanten, sie anzugreifen und schließlich wird sie von einer Frau (Mal) ‚erstochen‘. Im Anschluss lernt Ariadne von Arthur, dass man vor der voreingestellten Traumdauer nur durch Getötetwerden im Traum aufwachen kann. Außerdem wird ihr der Zweck von totems wie Cobbs Kreisel erklärt, die es ermöglichen (sollen), zu verifizieren, dass man sich nicht im Traum eines anderen befindet. Ariadne zeigt sich besorgt über das Auftauchen von Cobbs Ehefrau und sich potenziell daraus ergebende Gefahren („I’m not about to just open my mind to someone like that [Cobb]“, In 33:03–05) und geht.
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Als er darauf zu sprechen kommt, dass man die Seltsamkeit des Traums erst beim Erwachen bemerke und sich in der Regel nicht an den Beginn eines Traums erinnere, stutzt Ariadne; Cobb erläutert, dass sie sich in Wirklichkeit in ihren Arbeitsräumen befinde und die Umgebung des Cafés mit Gemüseständen etc. beginnt, sich in ihre Bestandteile ‚aufzusprengen‘. Ariadne erwacht, wobei das Augenöffnen in einer schräg gekanteten Nahaufnahme gefilmt ist. Danach ist im Hintergrund das Piaf-Chanson zu hören, während Arthur und Cobb Ariadne erklären, dass die zugrundeliegende Technologie vom Militär zu Trainingszwecken entwickelt wurde. Architects wie sie seien für das Design der Träume verantwortlich. Außerdem wird deutlich, dass das Vergehen der Zeit im Traum anders wahrgenommen wird: „ARTHUR. Five minutes in the real world gives you an hour in the dream“ (In 27:40–41).
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Der '''zweite Lerntraum''' (In 27:49–32:03) dagegen wird direkt im Anschluss eindeutig eingangsmarkiert, indem Ariadne, in halbnaher Einstellung auf einem Liegestuhl gefilmt, nach einem Zischgeräusch der trauminduzierenden Maschine wieder die Augen schließt. Nun geht es im selben Ausgangssetting (idyllische Nebenstraße) gemeinsam mit Cobb um das layout des Traums, wobei die sie umgebenden Menschen „projections in my [Cobb’s] subconscious“ (In 27:58f.) sind, denn Ariadne sei, so Cobb „the dreamer, you build this world. I am the subject, my mind populates it. You can literally talk to my subconscious, that’s one of the ways to extract information“ (In 28:00–10). Ein anderer Weg zu Geheinissen sei das Kreieren eines sicheren Objekts wie eines Safes oder Gefängnisses, das das Subjekt dann automatisch nutze. Dann beginnt Ariadne nach ihrer eigenen Frage „messing with the physics a bit“ (In 28:36) und erzeugt visuell eindrucksvolle Verformungen des geträumten Raums, die an M.C. Eschers Werke erinnern und auch auf dem Filmplakat gezeigt sind. Cobb erklärt weiterhin, dass die projections, also geträumten Menschen, durch gravierende Umformungen des Traumsettings auf die Kreation aufmerksam werden und wie ein ‚Immunsystem‘ des Unterbewusstseins funktionierten.  
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Auf einer Brücke wirkt Cobb irritiert, es sind kurze, in rosafarbenes Licht getauchte Erinnerungsbilder mit einer Frau zu sehen. Er warnt Ariadne, keine realen Orte, höchstens Details davon, zu imaginieren, da so leicht „[the] grasp for what’s real and what is a dream“ (In 31:41–43) verlorengehe. Als Ariadne eine komplexe Spiegel-im-Spiegel-Illusion erschaffen hat, beginnen die Passanten, sie anzugreifen und schließlich wird sie von einer Frau (Mal) ‚erstochen‘. Im Anschluss lernt Ariadne von Arthur, dass man vor der voreingestellten Traumdauer nur durch Getötetwerden im Traum aufwachen kann. Außerdem wird ihr der Zweck von totems wie Cobbs Kreisel erklärt, die es ermöglichen (sollen), zu verifizieren, dass man sich nicht im Traum eines anderen befindet. Ariadne zeigt sich besorgt über das Auftauchen von Cobbs Ehefrau und sich potenziell daraus ergebende Gefahren („I’m not about to just open my mind to someone like that [Cobb]“, In 33:03–05) und geht.
    
Der '''dritte Lerntraum''' (In 38:14–39:38), für den Ariadne doch, durch den künstlerischen Aspekt gereizt („It’s pure creation“, In 38:10), zurückkehrt, beginnt ohne gezeigte Traumeinleitung, doch ist durch den Kontext eindeutig markiert. Diesmal zeigt ihr Arthur „some paradoxical architecture” (In 38:12f.) in Gestalt der Penrose-Treppe, als einen der ‚Tricks‘, die für das spätere Erzeugen von „three complete dream levels“ (38:18) erforderlich seien. Es kommt offenbar darauf an, möglichst komplexe, loop-artige Traum-Architekturen zu erschaffen, die labyrinthisch sind, um die Grenzen des Traums zu verdecken und den projections zu entkommen. Ariadne und die Zuschauenden erfahren im Traum-Gespräch von Arthur, dass Cobb keine Träume mehr selbst baut, da Mal tot ist und die Frau in den vorhergehenden Träumen somit „just his [Cobb’s] projection of her“ (In 39:31) war.
 
Der '''dritte Lerntraum''' (In 38:14–39:38), für den Ariadne doch, durch den künstlerischen Aspekt gereizt („It’s pure creation“, In 38:10), zurückkehrt, beginnt ohne gezeigte Traumeinleitung, doch ist durch den Kontext eindeutig markiert. Diesmal zeigt ihr Arthur „some paradoxical architecture” (In 38:12f.) in Gestalt der Penrose-Treppe, als einen der ‚Tricks‘, die für das spätere Erzeugen von „three complete dream levels“ (38:18) erforderlich seien. Es kommt offenbar darauf an, möglichst komplexe, loop-artige Traum-Architekturen zu erschaffen, die labyrinthisch sind, um die Grenzen des Traums zu verdecken und den projections zu entkommen. Ariadne und die Zuschauenden erfahren im Traum-Gespräch von Arthur, dass Cobb keine Träume mehr selbst baut, da Mal tot ist und die Frau in den vorhergehenden Träumen somit „just his [Cobb’s] projection of her“ (In 39:31) war.
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'''(2) Traumebene in einer Stadt mit herabfallendem Van/Fischers Unterbewusstsein, Yusufs Traumebene''' (ab In 1:01:28): Im strömenden Regen einer Stadt (New York?) übernehmen die Teammitglieder mit Waffengewalt ein Taxi, das dann Fischer aufnimmt. Diesem erscheint das Geschehen dann als gewöhnliches Entführungsszenario. Es zeigt sich schon eine vom Plan abweichende Entwicklung, als ein Zug (der Zug aus Cobbs Erinnerungen) plötzlich auf der Straße auftaucht und Cobbs und Ariadnes Fahrzeug rammt (vgl. In 1:02:47–55). Bald darauf wird das Taxi blockiert und das Team von allen Seiten beschossen, Saito wird dabei verwundet. Nach dem Entkommen streiten Cobb und Arthur darüber, dass es sich nicht um „normal projections, they were trained“ (In 1:05:04f.) handelt, Fischers Unterbewusstsein offensichtlich gegen Eindringen gewappnet wurde. Der verletzte Saito kann auch nicht einfach aufgeweckt werden, da alle ein Sedativ eingenommen haben. Würde er ‚sterben‘, fiele er in den Limbus (vgl. In 1:05:45–48, „unconstructed dream space“, In 1:05:52), in dem man potenziell unendlich gefangen bleiben kann, gemeinsam mit den Überbleibseln derer, die dort zuvor waren (Cobb, Mal). Cobb verdeutlicht, dass keine andere Wahl als das Fortfahren bleibe, da sonst alle von Fischers Unterbewusstsein ‚getötet‘ würden. Fischers Beteiligung wird durch einen Trick erreicht, indem Eames die Gestalt seines vermeintlich ebenfalls entführten Patenonkels Browning annimmt, der versucht, Fischer die Kombination des Safes seines Vaters zu entlocken.  
 
'''(2) Traumebene in einer Stadt mit herabfallendem Van/Fischers Unterbewusstsein, Yusufs Traumebene''' (ab In 1:01:28): Im strömenden Regen einer Stadt (New York?) übernehmen die Teammitglieder mit Waffengewalt ein Taxi, das dann Fischer aufnimmt. Diesem erscheint das Geschehen dann als gewöhnliches Entführungsszenario. Es zeigt sich schon eine vom Plan abweichende Entwicklung, als ein Zug (der Zug aus Cobbs Erinnerungen) plötzlich auf der Straße auftaucht und Cobbs und Ariadnes Fahrzeug rammt (vgl. In 1:02:47–55). Bald darauf wird das Taxi blockiert und das Team von allen Seiten beschossen, Saito wird dabei verwundet. Nach dem Entkommen streiten Cobb und Arthur darüber, dass es sich nicht um „normal projections, they were trained“ (In 1:05:04f.) handelt, Fischers Unterbewusstsein offensichtlich gegen Eindringen gewappnet wurde. Der verletzte Saito kann auch nicht einfach aufgeweckt werden, da alle ein Sedativ eingenommen haben. Würde er ‚sterben‘, fiele er in den Limbus (vgl. In 1:05:45–48, „unconstructed dream space“, In 1:05:52), in dem man potenziell unendlich gefangen bleiben kann, gemeinsam mit den Überbleibseln derer, die dort zuvor waren (Cobb, Mal). Cobb verdeutlicht, dass keine andere Wahl als das Fortfahren bleibe, da sonst alle von Fischers Unterbewusstsein ‚getötet‘ würden. Fischers Beteiligung wird durch einen Trick erreicht, indem Eames die Gestalt seines vermeintlich ebenfalls entführten Patenonkels Browning annimmt, der versucht, Fischer die Kombination des Safes seines Vaters zu entlocken.  
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Ariadne warnt Cobb, „as we go deeper into Fischer, we are also going deeper into you“ (In 1:09:39–42). Cobb erzählt ihr daraufhin, begleitet von Rückblenden, davon, wie er und Mal bei Erkunden des „dream within a dream“ (In 1:12:56) den Realitätssinn verloren hatten und ihre eigene Welt bauend etwa 50 Jahre dort verbrachten. Während Cobb dies irgendwann nicht mehr ertragen konnte, war Mal auch nach dem Erwachen „possessed by an idea, this one very simple idea that changed everything: that our world wasn’t real […] in order to get back home, we had to kill ourselves“ (In 1:14:36–58). Er erzählt auch von Mals Intrige, die in der Überzeugung, aufwachen zu müssen, sich das Leben nahm und es zuvor so inszenierte, als ob Cobb sie getötet habe. Ariadne meint, Cobb sei nicht dafür verantwortlich, aber er müsse sich später Mal stellen. Als sie von außen angegriffen werden, erzwingt das Team einen Code von Fischer, sie sedieren ihn erneut und machen sich in einem Van auf den Weg, der von Yusuf gefahren wird. Im Van werden alle mittels der Maschine auf eine weitere Traumebene befördert.
 
Ariadne warnt Cobb, „as we go deeper into Fischer, we are also going deeper into you“ (In 1:09:39–42). Cobb erzählt ihr daraufhin, begleitet von Rückblenden, davon, wie er und Mal bei Erkunden des „dream within a dream“ (In 1:12:56) den Realitätssinn verloren hatten und ihre eigene Welt bauend etwa 50 Jahre dort verbrachten. Während Cobb dies irgendwann nicht mehr ertragen konnte, war Mal auch nach dem Erwachen „possessed by an idea, this one very simple idea that changed everything: that our world wasn’t real […] in order to get back home, we had to kill ourselves“ (In 1:14:36–58). Er erzählt auch von Mals Intrige, die in der Überzeugung, aufwachen zu müssen, sich das Leben nahm und es zuvor so inszenierte, als ob Cobb sie getötet habe. Ariadne meint, Cobb sei nicht dafür verantwortlich, aber er müsse sich später Mal stellen. Als sie von außen angegriffen werden, erzwingt das Team einen Code von Fischer, sie sedieren ihn erneut und machen sich in einem Van auf den Weg, der von Yusuf gefahren wird. Im Van werden alle mittels der Maschine auf eine weitere Traumebene befördert.
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Wieder werden vermehrt Parallelmontagen eingesetzt. Zudem wechseln sie auch zwischen verschiedenen Orten innerhalb der Ebene (3): Bar, Hotelaufzug und -flure. Cobb, so erklärt Arthur Ariadne, stellt sich als Fischers Sicherheitschef vor und macht diesen bewusst auf den Traumstatus, genauer „the strangeness of the dream“ (In 1:25:28), und die Gefahr einer extraction aufmerksam, insbesondere die Veränderungen der Schwerkraft und Überlappung der Orte. Zudem soll er sich zum Test daran erinnern, wie er an diesen Ort gekommen ist. Dabei setzt Cobb Fischers partielle Erinnerung an die höhere Traumebene (2) ein, um ihm zu suggerieren, dass diese die Wachwelt sei. Arthur bereitet in dem Hotelzimmer den kick für das spätere Aufwachen vor. Cobb weckt Fischers Misstrauen gegenüber Browning und bringt ihn so dazu, eine weitere Traumebene zu betreten, in dem Glauben, es handle sich um Brownings, dessen wahre Motive sie herausfinden wollten.
 
Wieder werden vermehrt Parallelmontagen eingesetzt. Zudem wechseln sie auch zwischen verschiedenen Orten innerhalb der Ebene (3): Bar, Hotelaufzug und -flure. Cobb, so erklärt Arthur Ariadne, stellt sich als Fischers Sicherheitschef vor und macht diesen bewusst auf den Traumstatus, genauer „the strangeness of the dream“ (In 1:25:28), und die Gefahr einer extraction aufmerksam, insbesondere die Veränderungen der Schwerkraft und Überlappung der Orte. Zudem soll er sich zum Test daran erinnern, wie er an diesen Ort gekommen ist. Dabei setzt Cobb Fischers partielle Erinnerung an die höhere Traumebene (2) ein, um ihm zu suggerieren, dass diese die Wachwelt sei. Arthur bereitet in dem Hotelzimmer den kick für das spätere Aufwachen vor. Cobb weckt Fischers Misstrauen gegenüber Browning und bringt ihn so dazu, eine weitere Traumebene zu betreten, in dem Glauben, es handle sich um Brownings, dessen wahre Motive sie herausfinden wollten.
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'''(4) Traumebene Bergfestung/Eames’ Traumebene''' (ab In 1:37:00): Nun werden in Parallelmontagen die drei Traumebenen gezeigt. Auf der dritten Traumebene (4) greifen Cobb und sein Team die Bergfestung an, auf der zweiten Traumebene (3) setzt sich Arthur im Hotel gegen Fischers Unterbewusstsein zur Wehr und auf der ersten (2) muss Yusuf, während er den Van durch die Stadt steuert, ebenfalls gegen Angreifer kämpfen. Bewegungen des Vans beeinflussen dann die Beschaffenheit der unteren Ebenen; so erzeugt das Befahren einer Kurve in (2) eine subjektive Verlangsamung (gezeigt als Zeitlupeneinstellung), die in (3) die Gravitation verschiebt (schräge Kamera, ‚Schwerelosigkeit‘) und in (4) Erschütterungen und Lawinen hervorruft. In (4) hat das Team sich aufgeteilt: Fischer soll, um die ‚Wahrheit‘ über seinen Vater zu erfahren, selbst den Tresor öffnen, während Yusuf unter Beschuss in (2) den Van über die Brüstung der Brücke steuert. Durch Kopfhörer übermittelt er Arthur in (3) mittels des Piaf-Chansons, dass es bald Zeit ist, aufzuwachen. Durch die Zeitexpansion der Traumebenen hat Yusuf nur noch 10 Sekunden, Arthur 3 Minuten und haben Cobb und die anderen 1 Stunde Zeit (vgl. In 1:42:46–58), sie müssen ihre Route verkürzen.  
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'''(4) Traumebene Bergfestung/Eames’ Traumebene''' (ab In 1:37:00): Nun werden in Parallelmontagen die drei Traumebenen gezeigt. Auf der dritten Traumebene (4) greifen Cobb und sein Team die Bergfestung an, auf der zweiten Traumebene (3) setzt sich Arthur im Hotel gegen Fischers Unterbewusstsein zur Wehr und auf der ersten (2) muss Yusuf, während er den Van durch die Stadt steuert, ebenfalls gegen Angreifer kämpfen. Bewegungen des Vans beeinflussen dann die Beschaffenheit der unteren Ebenen; so erzeugt das Befahren einer Kurve in (2) eine subjektive Verlangsamung (gezeigt als Zeitlupeneinstellung), die in (3) die Gravitation verschiebt (schräge Kamera, ‚Schwerelosigkeit‘) und in (4) Erschütterungen und Lawinen hervorruft. In (4) hat das Team sich aufgeteilt: Fischer soll, um die ‚Wahrheit‘ über seinen Vater zu erfahren, selbst den Tresor öffnen, während Yusuf unter Beschuss in (2) den Van über die Brüstung der Brücke steuert. Durch Kopfhörer übermittelt er Arthur in (3) mittels des Piaf-Chansons, dass es bald Zeit ist, aufzuwachen. Durch die Zeitexpansion der Traumebenen hat Yusuf nur noch 10 Sekunden, Arthur 3 Minuten und haben Cobb und die anderen 1 Stunde Zeit (vgl. In 1:42:46–58), sie müssen ihre Route verkürzen.
Als sie in (4) die Lawine als ersten kick verpassen, entstehen neue Schwierigkeiten, Arthur muss eine Lösung finden, die Schwerelosigkeit in seiner Ebene aufzuheben, um alle aufwachen zu lassen. Dazu bindet er alle Schlafenden zu einer ‚Skulptur‘ zusammen und bringt sie in den Aufzug, den er später abstürzen lassen wird. Währenddessen haben Saito und Fischer die Festung durch einen Belüftungsschacht betreten, während die Projektionen von Eames sowie Cobb angegriffen und damit abgelenkt werden. Fischer betritt den strongroom (ab In 1:50:41) und wird dort kurz darauf von Mal erschossen und damit in den limbo befördert. Ariadne sieht es als möglich an, ihn dort zu suchen und dann mithilfe der koordinierten übergeordneten kicks wieder aufzuwachen (vgl. In 1:53:03). Eames und der schwerverletzte Saito verteidigen indessen die Festung gegen aggressiver angreifende Projektionen.
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Als sie in (4) die Lawine als ersten ''kick'' verpassen, entstehen neue Schwierigkeiten, Arthur muss eine Lösung finden, die Schwerelosigkeit in seiner Ebene aufzuheben, um alle aufwachen zu lassen. Dazu bindet er alle Schlafenden zu einer ‚Skulptur‘ zusammen und bringt sie in den Aufzug, den er später abstürzen lassen wird. Währenddessen haben Saito und Fischer die Festung durch einen Belüftungsschacht betreten, während die Projektionen von Eames sowie Cobb angegriffen und damit abgelenkt werden. Fischer betritt den strongroom (ab In 1:50:41) und wird dort kurz darauf von Mal erschossen und damit in den limbo befördert. Ariadne sieht es als möglich an, ihn dort zu suchen und dann mithilfe der koordinierten übergeordneten kicks wieder aufzuwachen (vgl. In 1:53:03). Eames und der schwerverletzte Saito verteidigen indessen die Festung gegen aggressiver angreifende Projektionen.
    
'''(5) Limbus, Cobbs und Mals Haus/gemeinsame Traumwelt''' (ab In 1:53:47): Cobb und Ariadne schlafen in der Festung ein und ‚wachen‘ dann in der Brandung des limbo auf. Dieser besteht aus unzähligen Gebäuden, die am Strand ähnlich wie Eisberge in der Arktis abbrechen. Cobb erzählt vom Aufbau der Stadt und der verschiedenen Häuser aus seiner und Mals Erinnerung. Schließlich in ihrem gemeinsamen Haus (bekannt aus dem Aufzugtraum) angekommen, wird offenbar, dass Cobb Mal damals die Idee ‚eingepflanzt‘ hatte, dass die aktuelle Welt nicht real sei. Die dort wartende Mal bzw. ihre Projektion deutet an, dass doch auch Cobb sich über die Realität nicht mehr sicher sei, da er sich überall gejagt und von Projektionen verfolgt fühle. Er solle sich entscheiden, im Limbus zu bleiben. Cobb erklärt, dass seine Schuld ihn immer an die Realität erinnere. Ergänzt um Rückblenden (vgl. zu der komplexen Beziehung von Ton- und Bildebene Bumeder 2014, 211–220) erzählt Cobb (voice over/Parallelmontage), wie er die erste inception bei Mal durchgeführt hatte, um sie zum Verlassen des Limbus zu bewegen: Indem er ihr totem, den Kreisel, den sie geschützt in einem Tresor aufbewahrt hatte, in Drehung versetzt hat, erzeugte er in ihr den Glauben, dass die sie umgebende Welt ein Traum ist; um aufzuwachen, ‚töteten‘ beide sich auf den Geleisen.
 
'''(5) Limbus, Cobbs und Mals Haus/gemeinsame Traumwelt''' (ab In 1:53:47): Cobb und Ariadne schlafen in der Festung ein und ‚wachen‘ dann in der Brandung des limbo auf. Dieser besteht aus unzähligen Gebäuden, die am Strand ähnlich wie Eisberge in der Arktis abbrechen. Cobb erzählt vom Aufbau der Stadt und der verschiedenen Häuser aus seiner und Mals Erinnerung. Schließlich in ihrem gemeinsamen Haus (bekannt aus dem Aufzugtraum) angekommen, wird offenbar, dass Cobb Mal damals die Idee ‚eingepflanzt‘ hatte, dass die aktuelle Welt nicht real sei. Die dort wartende Mal bzw. ihre Projektion deutet an, dass doch auch Cobb sich über die Realität nicht mehr sicher sei, da er sich überall gejagt und von Projektionen verfolgt fühle. Er solle sich entscheiden, im Limbus zu bleiben. Cobb erklärt, dass seine Schuld ihn immer an die Realität erinnere. Ergänzt um Rückblenden (vgl. zu der komplexen Beziehung von Ton- und Bildebene Bumeder 2014, 211–220) erzählt Cobb (voice over/Parallelmontage), wie er die erste inception bei Mal durchgeführt hatte, um sie zum Verlassen des Limbus zu bewegen: Indem er ihr totem, den Kreisel, den sie geschützt in einem Tresor aufbewahrt hatte, in Drehung versetzt hat, erzeugte er in ihr den Glauben, dass die sie umgebende Welt ein Traum ist; um aufzuwachen, ‚töteten‘ beide sich auf den Geleisen.
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'''(b) Tresorraum mit Krankenbett als Unterphase, darin (i) Tresor mit Windrad''': Indes wird eine Kette von Ereignissen, die zum Aufwachen führen sollen, in Gang gesetzt: Saito stirbt auf Ebene (4), Arthur beginnt, Eames durch das Lied zu wecken, dieser bereitet in (4) Fischers ‚Wiederbelebung‘ vor, Ariadne bemerkt diese Maßnahmen im Limbus (5) als Gewitter, der Van nähert sich dem Aufprall in (2), Arthur löst die erste Explosion des Fahrstuhlschachtes in (3) aus, Eames belebt Fischer wieder (4), Ariadne findet Fischer wieder lebendig (5). Cobb entscheidet, im Limbus zu bleiben, um Saito dort zu finden, hat aber erkannt, dass Mal nicht existiert, er sie nicht in ihrer Komplexität imaginieren und nicht wegen ihr bleiben kann. Mal greift ihn daraufhin mit einem Messer an, wird von Ariadne ‚erschossen‘, die Fischer zum Auslösen eines kicks aus dem Hochhaus stößt, der in (4) aufwacht, wo er den Tresorraum öffnet und dort seinen Vater in seinem Krankenbett vorfindet, der ihm seine letzten Worte anders auslegt („FISCHER JUN. I know you were disappointed I couldn’t be you. FISCHER SEN. No. No, no, I was disappointed that you tried“, In 2:08:03–16). Im Tresor findet er ein Windrad, das er auf einem Kindheitsfoto hatte. Eames löst auch in (4) eine Explosion aus, in (3) setzt die Schwerelosigkeit wieder ein, in (5) bemerkt Cobb, dass die Gebäude auseinandergerissen werden, Fischer erwacht in (3), dann Eames, Ariadne warnt Cobb und lässt sich in (5) fallen und erwacht in (4), dann in (3), während die Ebenentopografien zerfallen, dann in (2), während der Van aufs Wasser prallt (bis In 2:10:52). Währenddessen hält Cobb die sterbende Mal und suggeriert (?) ihr in einer möglicherweise ‚lügenden‘ Rückblende (vgl. Bumeder 2014, 212–218), wie sie zusammen alt geworden seien, beteuert, er müsse sie gehen lassen und sie stirbt.  
 
'''(b) Tresorraum mit Krankenbett als Unterphase, darin (i) Tresor mit Windrad''': Indes wird eine Kette von Ereignissen, die zum Aufwachen führen sollen, in Gang gesetzt: Saito stirbt auf Ebene (4), Arthur beginnt, Eames durch das Lied zu wecken, dieser bereitet in (4) Fischers ‚Wiederbelebung‘ vor, Ariadne bemerkt diese Maßnahmen im Limbus (5) als Gewitter, der Van nähert sich dem Aufprall in (2), Arthur löst die erste Explosion des Fahrstuhlschachtes in (3) aus, Eames belebt Fischer wieder (4), Ariadne findet Fischer wieder lebendig (5). Cobb entscheidet, im Limbus zu bleiben, um Saito dort zu finden, hat aber erkannt, dass Mal nicht existiert, er sie nicht in ihrer Komplexität imaginieren und nicht wegen ihr bleiben kann. Mal greift ihn daraufhin mit einem Messer an, wird von Ariadne ‚erschossen‘, die Fischer zum Auslösen eines kicks aus dem Hochhaus stößt, der in (4) aufwacht, wo er den Tresorraum öffnet und dort seinen Vater in seinem Krankenbett vorfindet, der ihm seine letzten Worte anders auslegt („FISCHER JUN. I know you were disappointed I couldn’t be you. FISCHER SEN. No. No, no, I was disappointed that you tried“, In 2:08:03–16). Im Tresor findet er ein Windrad, das er auf einem Kindheitsfoto hatte. Eames löst auch in (4) eine Explosion aus, in (3) setzt die Schwerelosigkeit wieder ein, in (5) bemerkt Cobb, dass die Gebäude auseinandergerissen werden, Fischer erwacht in (3), dann Eames, Ariadne warnt Cobb und lässt sich in (5) fallen und erwacht in (4), dann in (3), während die Ebenentopografien zerfallen, dann in (2), während der Van aufs Wasser prallt (bis In 2:10:52). Währenddessen hält Cobb die sterbende Mal und suggeriert (?) ihr in einer möglicherweise ‚lügenden‘ Rückblende (vgl. Bumeder 2014, 212–218), wie sie zusammen alt geworden seien, beteuert, er müsse sie gehen lassen und sie stirbt.  
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'''(1?/5) Wachebene?/Rückkehr aller bis auf Cobb und Saito''' (In 2:12:02–2:13:23–2:15:12–2:18:39): Unter Wasser im Van in (2) erwachen Ariadne, Arthur, Yusuf, Fischer und Eames (zunächst in Brownings Gestalt) und gelangen ans Ufer; Fischer äußert sich so, dass die inception tatsächlich funktioniert zu haben scheint. Ariadne erklärt Arthur, dass Cobb Saito finden müsse, aber „he’ll be alright“ (In 2:13:18f.). Cobb wird in (5) am Strand angespült und dann zum gealterten Saito gebracht, womit sich der Kreis zur Eröffnung des Films zu schließen scheint. Auf dem Tisch dreht sich der Kreisel, es folgt der Eröffnungsdialog in Variation (u.a.: „SAITO. Have you come to kill me? I’m waiting for someone. COBB. Someone from a half-remembered dream. SAITO. Cobb? […] COBB. I’ve come back for you. To remind you of something? Something you once knew. [Kreisel] This world is not real. SAITO. To convince me to honour our arrangement. COBB. To take a leap of faith, yes. Come back, so we can be young men together again. Come back with me, come back“, In 2:13:37–2:15:12), Saito greift nach einer Waffe.
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'''(1?/5) Wachebene?/Rückkehr aller bis auf Cobb und Saito''' (In 2:12:02–2:13:23–2:15:12–2:18:39): Unter Wasser im Van in (2) erwachen Ariadne, Arthur, Yusuf, Fischer und Eames (zunächst in Brownings Gestalt) und gelangen ans Ufer; Fischer äußert sich so, dass die inception tatsächlich funktioniert zu haben scheint. Ariadne erklärt Arthur, dass Cobb Saito finden müsse, aber „he’ll be alright“ (In 2:13:18f.). Cobb wird in (5) am Strand angespült und dann zum gealterten Saito gebracht, womit sich der Kreis zur Eröffnung des Films zu schließen scheint. Auf dem Tisch dreht sich der Kreisel, es folgt der Eröffnungsdialog in Variation:<blockquote>SAITO. Have you come to kill me? I’m waiting for someone. COBB. Someone from a half-remembered dream. SAITO. Cobb? […] COBB. I’ve come back for you. To remind you of something? Something you once knew. [Kreisel] This world is not real. SAITO. To convince me to honour our arrangement. COBB. To take a leap of faith, yes. Come back, so we can be young men together again. Come back with me, come back [Saito greift nach einer Waffe]. (In 2:13:37–2:15:12)</blockquote>Dann erwacht Cobb im Flugzeug (1?), die Stewardess kündigt die baldige Landung an und fragt, ob er Immigrationsformulare brauche. Die anderen Teammitglieder sind schon wach, alle wirken noch befangen, Saito tätigt einen Anruf. Dann ist Cobb in der Zollabfertigung zu sehen, blickt im Vorbeigehen alle noch einmal an und wird von seinem Schwiegervater abgeholt. In seinem Haus setzt er den Kreisel in Bewegung, sieht dann seine Kinder, die sich nun zu ihm umdrehen und ihn begrüßen. Von einer Totale des Raums schwenkt die Kamera zu dem Tisch mit dem sich weiterdrehenden Kreisel. Bevor zu verifizieren ist, ob er nach einem scheinbaren Taumeln anhalten wird, erfolgt eine Schwarzblende und der Abspann setzt ein.
Dann erwacht Cobb im Flugzeug (1?), die Stewardess kündigt die baldige Landung an und fragt, ob er Immigrationsformulare brauche. Die anderen Teammitglieder sind schon wach, alle wirken noch befangen, Saito tätigt einen Anruf. Dann ist Cobb in der Zollabfertigung zu sehen, blickt im Vorbeigehen alle noch einmal an und wird von seinem Schwiegervater abgeholt. In seinem Haus setzt er den Kreisel in Bewegung, sieht dann seine Kinder, die sich nun zu ihm umdrehen und ihn begrüßen. Von einer Totale des Raums schwenkt die Kamera zu dem Tisch mit dem sich weiterdrehenden Kreisel. Bevor zu verifizieren ist, ob er nach einem scheinbaren Taumeln anhalten wird, erfolgt eine Schwarzblende und der Abspann setzt ein.
      
==== Analyse und Darstellungsbesonderheiten ====
 
==== Analyse und Darstellungsbesonderheiten ====
 
Abermals handelt es sich – wie schon bei der ''extraction'', dem Eingangstraum – um einen Traum mit mehrere Traumebenen. Diese sind nicht nur hinsichtlich der ihnen zugeordneten verantwortlichen Personen voneinander unterschieden, sondern auch in Bezug auf die Orte. Erneut sind Transportmittel (Flugzeug, Van) und Architektur (Versteck, Hotel, Bergfestung) bezeichnende Gestaltungsmittel der Ebenen. Hinzu kommen die Aufzüge (zweite Traumebene und Limbus), die Röhren des Belüftungssystems in (4), durch die die Festung ‚von unten‘ betreten werden kann, die Brandung sowie der Saferaum, der Tresorraum und dort Fischer seniors Tresor als Unterphasen. Trotz der vielfach eingesetzten Parallelmontage handelt es sich jedoch nicht direkt um parallele Traumebenen (so Haydn Smith 2020, 195), da sie hierarchisch betreten werden.
 
Abermals handelt es sich – wie schon bei der ''extraction'', dem Eingangstraum – um einen Traum mit mehrere Traumebenen. Diese sind nicht nur hinsichtlich der ihnen zugeordneten verantwortlichen Personen voneinander unterschieden, sondern auch in Bezug auf die Orte. Erneut sind Transportmittel (Flugzeug, Van) und Architektur (Versteck, Hotel, Bergfestung) bezeichnende Gestaltungsmittel der Ebenen. Hinzu kommen die Aufzüge (zweite Traumebene und Limbus), die Röhren des Belüftungssystems in (4), durch die die Festung ‚von unten‘ betreten werden kann, die Brandung sowie der Saferaum, der Tresorraum und dort Fischer seniors Tresor als Unterphasen. Trotz der vielfach eingesetzten Parallelmontage handelt es sich jedoch nicht direkt um parallele Traumebenen (so Haydn Smith 2020, 195), da sie hierarchisch betreten werden.
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Innerhalb der Traumarchitektur finden sich verschiedene Markierungen der Übergänge und filmische Gestaltungsmittel. Das Einschlafen auf der Wachebene (1) wird u.a. durch eine Großaufnahme von Fischers Hand, die schlaff zu Boden fällt, mit dem Kabel der trauminduzierenden Maschine verdeutlicht (vgl. In 1:01:26f.), die erste Traumebene (2) beginnt dann mit einer Aufblende von Yusuf im Regen in der Stadt. Weiterhin ist diese durch Actionsequenzen mit schnellen Einstellungswechseln und unruhiger Kamera gekennzeichnet. Die zweite Traumebene (3) beginnt mit einer Nahaufnahme Fischers in der Hotelbar (vgl. In 1:21:53–55), der Übergang zur dritten Traumebene (4) wird von den hellen Vorhängen aus Cobbs Erinnerung an Mals Suizid symbolisiert, die in eine Weißblende übergehen, welche dann von einer Nahaufnahme Cobbs abgelöst wird (vgl. In 1:36:48–1:37:00). Dies deutet an, dass nunmehr auch Cobbs Bewältigung im Zentrum des Traum stehen wird. Der Übergang zum Limbus (5) ist dann wieder konventionell durch eine Nahaufnahme Ariadnes umgesetzt, die daraufhin in der geträumten Brandung aufwacht (vgl. In 1:53:43–53). Innerhalb von Cobbs Rekapitulation der bei Mal durchgeführten inception (In 2:01:22–2:03:45) findet sich noch eine auffällige Gestaltung deren Aufwachens (wobei es hier zu bedenken gilt, dass die vermittelnde Instanz dieser Bilder uneindeutig und unzuverlässig ist, vgl. Bumeder 2014, 213–218, 222f.): Mal ist in einer um 90° gekanteten nahen Bildeinstellung mit dem Kopf auf den Schienen im Limbus zu sehen, dann folgen eine kurze Schwarzblende, drei subliminale Bilder (vgl. In 2:03:13), dann erwacht sie direkt in der Realität, ohne weitere Ebenen zu durchschreiten (vgl. In 2:03:13–15). Die subliminalen Bilder (Einzelbilder, nur in einem Sekundenbruchteil wahrzunehmen), die nicht genau identifizierbar sind, können auch als Zwischenschritt begriffen werden; sie wirken wie ein Blick zwischen Güterwaggons hindurch. Interessant ist auch Ariadnes Aufwachen aus dem Limbus, als sie sich nach Fischer rückwärts von einem Hochhaus stürzt (vgl. In 2:10:19–22): Dabei ist ihr Kopf in Nahaufnahme vor einer Art Rückprojektion zu sehen. Dies verdeutlicht die Irrealität der Traumumgebung und überträgt ggf. ein empfundenes Schwindelgefühl auf das Publikum. Cobbs mutmaßliches Erwachen in der Wachwelt (vgl. In 2:15:12–20) geht mit einer Großaufnahme seiner Augen einher, er blickt sich um, es folgt eine Art jump cut zu eine Halbnahaufnahme, dann wird langsam weiter auf seine Umgebung im Flugzeug herausgezoomt. Zugleich ist damit die Konzentration auf Cobbs Wahrnehmung verdeutlicht, ebenso auch seine vorübergehende Irritation und Ungläubigkeit, was die Zuschauenden gleichfalls empfinden können.
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Innerhalb der Traumarchitektur finden sich verschiedene Markierungen der Übergänge und filmische Gestaltungsmittel. Das Einschlafen auf der Wachebene (1) wird u.a. durch eine Großaufnahme von Fischers Hand, die schlaff zu Boden fällt, mit dem Kabel der trauminduzierenden Maschine verdeutlicht (vgl. In 1:01:26f.), die erste Traumebene (2) beginnt dann mit einer Aufblende von Yusuf im Regen in der Stadt. Weiterhin ist diese durch Actionsequenzen mit schnellen Einstellungswechseln und unruhiger Kamera gekennzeichnet. Die zweite Traumebene (3) beginnt mit einer Nahaufnahme Fischers in der Hotelbar (vgl. In 1:21:53–55), der Übergang zur dritten Traumebene (4) wird von den hellen Vorhängen aus Cobbs Erinnerung an Mals Suizid symbolisiert, die in eine Weißblende übergehen, welche dann von einer Nahaufnahme Cobbs abgelöst wird (vgl. In 1:36:48–1:37:00). Dies deutet an, dass nunmehr auch Cobbs Bewältigung im Zentrum des Traum stehen wird. Der Übergang zum Limbus (5) ist dann wieder konventionell durch eine Nahaufnahme Ariadnes umgesetzt, die daraufhin in der geträumten Brandung aufwacht (vgl. In 1:53:43–53).  
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Im Rahmen von Cobbs Rekapitulation der bei Mal durchgeführten inception (In 2:01:22–2:03:45) findet sich noch eine auffällige Gestaltung deren Aufwachens (wobei es hier zu bedenken gilt, dass die vermittelnde Instanz dieser Bilder uneindeutig und unzuverlässig ist, vgl. Bumeder 2014, 213–218, 222f.): Mal ist in einer um 90° gekanteten nahen Bildeinstellung mit dem Kopf auf den Schienen im Limbus zu sehen, dann folgen eine kurze Schwarzblende, drei subliminale Bilder (vgl. In 2:03:13), dann erwacht sie direkt in der Realität, ohne weitere Ebenen zu durchschreiten (vgl. In 2:03:13–15). Die subliminalen Bilder (Einzelbilder, nur in einem Sekundenbruchteil wahrzunehmen), die nicht genau identifizierbar sind, können auch als Zwischenschritt begriffen werden; sie wirken wie ein Blick zwischen Güterwaggons hindurch. Interessant ist auch Ariadnes Aufwachen aus dem Limbus, als sie sich nach Fischer rückwärts von einem Hochhaus stürzt (vgl. In 2:10:19–22): Dabei ist ihr Kopf in Nahaufnahme vor einer Art Rückprojektion zu sehen. Dies verdeutlicht die Irrealität der Traumumgebung und überträgt ggf. ein empfundenes Schwindelgefühl auf das Publikum. Cobbs mutmaßliches Erwachen in der Wachwelt (vgl. In 2:15:12–20) geht mit einer Großaufnahme seiner Augen einher, er blickt sich um, es folgt eine Art jump cut zu eine Halbnahaufnahme, dann wird langsam weiter auf seine Umgebung im Flugzeug herausgezoomt. Zugleich ist damit die Konzentration auf Cobbs Wahrnehmung verdeutlicht, ebenso auch seine vorübergehende Irritation und Ungläubigkeit, was die Zuschauenden gleichfalls empfinden können.
    
Inhaltlich liefert gerade die erste Traumebene viele wichtige Informationen für die Handlung des Films, anderes trägt zu seiner bleibenden Rätselhaftigkeit bei. Kennzeichnend für die Erklärung der Traumeigenschaften sind die Besonderheiten, wegen der Gabe eines Sedativs beim ‚Tod‘ in den limbo zu führen statt zum Aufwachen (Traum im Traum), sowie besonders Cobbs Informationen (Rückblenden) zu seinem und Mals Aufenthalt im Limbus und den gravierenden Folgen für Mal. Besonders Wiederholungselemente wie der Dialog zwischen Saito und Cobb (vgl. dazu Böhme 2013, 449; Bumeder 2014, 278f.), das Angeschwemmtwerden „on the shore of our own subconscious“ (In 1:13:11) zu Beginn, in der Rückblende, mit Ariadne und am Ende des Films und Mals/Cobbs ‚train‘-Rezitation zählen zu den dauerhaft rätselhaften Elementen des Films. Rückblickend werden so allerdings einige der Elemente aus Cobbs Erinnerungstraum (Aufzug) zuvor deutlicher. Bedeutsam ist auch das erneute Verwenden einer Safe-Metapher, die offensichtlich auf Cobb und Mal zurückgeht, die ihren Glauben an die Realität laut Cobb mehrfach eingeschlossen hat (Haus, Puppenhaus, Safe, dort Kreisel als Symbol, vgl. In 1:14:00–12). Die zweite Traumebene (3) ist dagegen auf den Trickbetrug konzentriert, dass wie im Eingangstraum Saito nun Fischer an seinem Unterbewusstsein zweifeln soll, um zugleich dessen Wehrhaftigkeit unterwandern zu können. Auf der dritten Traumebene (4) spielt sich vor allem ein Kampf (vgl. auch Böhme 2013, 456) gegen die Projektionen (und die Zeit) ab, der sehr stark Belagerungsszenen in verschiedenen James-Bond-Filmen ähnelt (siehe unten). Zugleich ist er schließlich Schauplatz der in der letzten Minute erfolgreichen inception, als sich Fischers Wunsch nach Akzeptanz durch seinen Vater erfüllt. Der Limbus schließlich ist sehr architektural gestaltet und zugleich von den Offenbarungen über die Natur von Cobbs früherer inception bei Mal sowie die finale Konfrontation mit seinen Erinnerungen geprägt.
 
Inhaltlich liefert gerade die erste Traumebene viele wichtige Informationen für die Handlung des Films, anderes trägt zu seiner bleibenden Rätselhaftigkeit bei. Kennzeichnend für die Erklärung der Traumeigenschaften sind die Besonderheiten, wegen der Gabe eines Sedativs beim ‚Tod‘ in den limbo zu führen statt zum Aufwachen (Traum im Traum), sowie besonders Cobbs Informationen (Rückblenden) zu seinem und Mals Aufenthalt im Limbus und den gravierenden Folgen für Mal. Besonders Wiederholungselemente wie der Dialog zwischen Saito und Cobb (vgl. dazu Böhme 2013, 449; Bumeder 2014, 278f.), das Angeschwemmtwerden „on the shore of our own subconscious“ (In 1:13:11) zu Beginn, in der Rückblende, mit Ariadne und am Ende des Films und Mals/Cobbs ‚train‘-Rezitation zählen zu den dauerhaft rätselhaften Elementen des Films. Rückblickend werden so allerdings einige der Elemente aus Cobbs Erinnerungstraum (Aufzug) zuvor deutlicher. Bedeutsam ist auch das erneute Verwenden einer Safe-Metapher, die offensichtlich auf Cobb und Mal zurückgeht, die ihren Glauben an die Realität laut Cobb mehrfach eingeschlossen hat (Haus, Puppenhaus, Safe, dort Kreisel als Symbol, vgl. In 1:14:00–12). Die zweite Traumebene (3) ist dagegen auf den Trickbetrug konzentriert, dass wie im Eingangstraum Saito nun Fischer an seinem Unterbewusstsein zweifeln soll, um zugleich dessen Wehrhaftigkeit unterwandern zu können. Auf der dritten Traumebene (4) spielt sich vor allem ein Kampf (vgl. auch Böhme 2013, 456) gegen die Projektionen (und die Zeit) ab, der sehr stark Belagerungsszenen in verschiedenen James-Bond-Filmen ähnelt (siehe unten). Zugleich ist er schließlich Schauplatz der in der letzten Minute erfolgreichen inception, als sich Fischers Wunsch nach Akzeptanz durch seinen Vater erfüllt. Der Limbus schließlich ist sehr architektural gestaltet und zugleich von den Offenbarungen über die Natur von Cobbs früherer inception bei Mal sowie die finale Konfrontation mit seinen Erinnerungen geprägt.
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Hinsichtlich traumhafter Eigenschaften ist das Foto von Fischer als Kind mit einem Windrad (vgl. zuvor schon In 44:45–45:00; In 1:08:21f., In 1:23:22) bedeutsam. Das Foto wird Teil der psychologischen Manipulation Fischers sein, innerhalb derer ihm eine positive Sicht auf seinen Vater ermöglicht werden wird, die dessen letzte Worte umdeutet. Zudem sticht Eames’ – im Unterschied zu vielen Traumdarstellungen bewusste und gesteuerte – Gestaltwandlung hervor, die kennzeichnend in einer Einstellung zutage tritt, in der er mehrfach in einem Spiegel zu sehen ist, der ihn teils schon in seiner Gestalt als Browning zeigt (vgl. zuvor schon In 45:39f.; In 1:08:28–40). Diese Einstellung – die im Übrigen an Ariadnes Spiegel-Manipulation in Paris erinnert – wird auf der nächsten Traumebene (3) variiert, wo Eames und seine vorübergehende Gestalt einer attraktiven jungen Frau als mise en abyme im Aufzug zu sehen sind (In 1:23:15). Hier wird die eschereske Bildgestaltung innerhalb des Films mit potenzierten Spiegeln und paradoxalen Treppen fortgeführt, welche zugleich auf die Traum�im�Traum-Struktur verweist.  
 
Hinsichtlich traumhafter Eigenschaften ist das Foto von Fischer als Kind mit einem Windrad (vgl. zuvor schon In 44:45–45:00; In 1:08:21f., In 1:23:22) bedeutsam. Das Foto wird Teil der psychologischen Manipulation Fischers sein, innerhalb derer ihm eine positive Sicht auf seinen Vater ermöglicht werden wird, die dessen letzte Worte umdeutet. Zudem sticht Eames’ – im Unterschied zu vielen Traumdarstellungen bewusste und gesteuerte – Gestaltwandlung hervor, die kennzeichnend in einer Einstellung zutage tritt, in der er mehrfach in einem Spiegel zu sehen ist, der ihn teils schon in seiner Gestalt als Browning zeigt (vgl. zuvor schon In 45:39f.; In 1:08:28–40). Diese Einstellung – die im Übrigen an Ariadnes Spiegel-Manipulation in Paris erinnert – wird auf der nächsten Traumebene (3) variiert, wo Eames und seine vorübergehende Gestalt einer attraktiven jungen Frau als mise en abyme im Aufzug zu sehen sind (In 1:23:15). Hier wird die eschereske Bildgestaltung innerhalb des Films mit potenzierten Spiegeln und paradoxalen Treppen fortgeführt, welche zugleich auf die Traum�im�Traum-Struktur verweist.  
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Die schon in der ersten Traumebene genutzte Zahlensymbolik des Safecodes wird in (3) in den Zimmernummern aufgegriffen und öffnet schließlich den Tresor in (4). Besonders die Manipulation der Zeit und des Raums, speziell der Schwerkraft, tritt in Ebene (3) in den Vordergrund. Dies äußert sich in (extremen) Zeitlupenaufnahmen (z.B. In 1:25:05 des Vans), schrägen Aufnahmen der Hotelflure, Tricksequenzen, in denen Decke und Wände, an denen Arthur und die Projektionen kämpfen, umgekehrt sind, Unschärfen und Rückansichten Arthurs, die die Zuschauenden in das Geschehen involvieren. Dabei tritt analog zum dritten Lerntraum eine Art Penrose-Treppe innerhalb des Hotels auf, die, zunächst in Aufsicht gefilmt, herangezoomt und dann durch vertikale Kamerafahrt zu einer starken Untersicht ihre „paradox[e]“ Natur dem dann von Arthur Hinabgestürzten offenbart (vgl. In 1:44:17–28). So wie einige der Kamerafahrten durch die Hotelflure an Kubricks ''The Shining'' (1980) denken lassen, kann man sich bei dieser Treppenaufnahme an Hitchcocks ''Vertigo'' (1958) erinnert fühlen, beides Filme, die im weiteren Sinne mit dem Zweifel an der Realität von Ereignissen spielen. Die Dimensionen des Limbus werden u.a. durch einen Kameraflug entlang der abbrechenden Küstenlinie (vgl. In 1:54:24–30) sowie Aufnahmen von Cobb und Ariadne in den Straßen in starker Aufsicht (Vogelperspektive/god’s eye) verdeutlicht. Wie besonders im Eingangstraum werden geradezu exzessiv Parallelmontagen der verschiedenen Traumebenen zur Orientierung wie zur Verdeutlichung der Beeinflussung der Traumebenen aufeinander eingesetzt. Darin haben in Abwandlung der Leibreiz-Theorie nicht nur die Außenwelt, sondern auch andere Traumebenen physische Einflüsse auf die Traum-Körper der Figuren und teils auch umgekehrt (vgl. auch Kiss 2012, 39f.).
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Die schon in der ersten Traumebene genutzte Zahlensymbolik des Safecodes wird in (3) in den Zimmernummern aufgegriffen und öffnet schließlich den Tresor in (4). Besonders die Manipulation der Zeit und des Raums, speziell der Schwerkraft, tritt in Ebene (3) in den Vordergrund. Dies äußert sich in (extremen) Zeitlupenaufnahmen (z.B. In 1:25:05 des Vans), schrägen Aufnahmen der Hotelflure, Tricksequenzen, in denen Decke und Wände, an denen Arthur und die Projektionen kämpfen, umgekehrt sind, Unschärfen und Rückansichten Arthurs, die die Zuschauenden in das Geschehen involvieren. Dabei tritt analog zum dritten Lerntraum eine Art Penrose-Treppe innerhalb des Hotels auf, die, zunächst in Aufsicht gefilmt, herangezoomt und dann durch vertikale Kamerafahrt zu einer starken Untersicht ihre „paradox[e]“ Natur dem dann von Arthur Hinabgestürzten offenbart (vgl. In 1:44:17–28). So wie einige der Kamerafahrten durch die Hotelflure an Kubricks ''The Shining'' (1980) denken lassen, kann man sich bei dieser Treppenaufnahme an Hitchcocks ''Vertigo'' (1958) erinnert fühlen, beides Filme, die im weiteren Sinne mit dem Zweifel an der Realität von Ereignissen spielen. Die Dimensionen des Limbus werden u.a. durch einen Kameraflug entlang der abbrechenden Küstenlinie (vgl. In 1:54:24–30) sowie Aufnahmen von Cobb und Ariadne in den Straßen in starker Aufsicht (Vogelperspektive/''god’s eye'') verdeutlicht. Wie besonders im Eingangstraum werden geradezu exzessiv Parallelmontagen der verschiedenen Traumebenen zur Orientierung wie zur Verdeutlichung der Beeinflussung der Traumebenen aufeinander eingesetzt. Darin haben in Abwandlung der Leibreiz-Theorie nicht nur die Außenwelt, sondern auch andere Traumebenen physische Einflüsse auf die Traum-Körper der Figuren und teils auch umgekehrt (vgl. auch Kiss 2012, 39f.).
    
Der '''Abspann''' (In 2:18:38–2:25:34) scheint – ähnlich einer ''mise en abyme'' – die Traum�im�Traum-Strukturen noch einmal zu variieren, was sich sowohl auf der Ebene der credits wie der Tonebene zeigt: Insgesamt drei Mal ist die Titelkarte des Films zu sehen (zu Beginn, nach der ersten Nennung von Leonardo DiCaprio – des Träumers? – und am Schluss imdb Nolan), zwei Mal die Namen der Darstellenden (einmal nur die Namen einzeln, dann gemeinsam mit der Rollenbezeichnung und der Crew). Die begleitende Filmmusik erscheint zunächst spannungsgeladen, dann zeitweilig ruhiger (ab In 2:20:26 nach der zweiten Nennung Nolans). In etwa der letzten Minute folgt Non, je ne regrette rien (ab In 2:24:22), aber (ab In 2:25:15) in anderer Abspielgeschwindigkeit (B Bumeder?), so dass es verzerrt und wie unter Wasser klingt. Der Abspann endet mit der Abblende der dritten Titelkarte und wieder spannungsgeladenem, dissonantem Score.
 
Der '''Abspann''' (In 2:18:38–2:25:34) scheint – ähnlich einer ''mise en abyme'' – die Traum�im�Traum-Strukturen noch einmal zu variieren, was sich sowohl auf der Ebene der credits wie der Tonebene zeigt: Insgesamt drei Mal ist die Titelkarte des Films zu sehen (zu Beginn, nach der ersten Nennung von Leonardo DiCaprio – des Träumers? – und am Schluss imdb Nolan), zwei Mal die Namen der Darstellenden (einmal nur die Namen einzeln, dann gemeinsam mit der Rollenbezeichnung und der Crew). Die begleitende Filmmusik erscheint zunächst spannungsgeladen, dann zeitweilig ruhiger (ab In 2:20:26 nach der zweiten Nennung Nolans). In etwa der letzten Minute folgt Non, je ne regrette rien (ab In 2:24:22), aber (ab In 2:25:15) in anderer Abspielgeschwindigkeit (B Bumeder?), so dass es verzerrt und wie unter Wasser klingt. Der Abspann endet mit der Abblende der dritten Titelkarte und wieder spannungsgeladenem, dissonantem Score.
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Das Ende des Films offenbart außer der entscheidenden, nicht eindeutig auflösbaren Schlussambivalenz, so Bumeder, auch eine spezifische Erzählstrategie, die er ‚mediale Inception‘ nennt. Diese hängt damit zusammen, dass nicht nur innerhalb der filmischen Erzählung Figuren wie daraus resultierend Zuschauende getäuscht werden bzw. sich selbst täuschen (vgl. auch Fisher 2011, 38; Knöppler 2015, 46), sondern auch, dass in einem erweiterten diegetischen Modell auch weitere Instanzen, dazu die filmische Erzählinstanz, sowie explizit extradiegetische Entitäten wie der Regisseur Nolan und die Filmcrew an einer gemeinsamen Täuschung mitwirken (vgl. Bumeder 2014, 163–199). Als Bewusstseinsfilm nutzt Inception dabei gezielt Strategien des unzuverlässigen Erzählens wie Wiederholungen (vgl. ausführlich zu den Strategien Bumeder 2014, 221–283), verschiedene narrative Instanzen und unterschiedliche Vermittlung in Form von Diskrepanzen zwischen Gezeigtem und Gesagtem und thematisiert bewusstseinsbezogene Aspekte wie Erinnerungen, Trauma und Verdrängung sowie komplexe Traumformen, um die Zuschauenden in ein Geflecht der Hinweise und falschen Fährten hineinzuziehen, das nicht mehr zu entwirren ist. Dabei wird, so Eichner, trotz des prinzipiellen ‚Spiel‘-Charakters die ''agency'' der Rezipierenden reduziert (vgl. 2014, 185), während wiederholtes Sehen und Diskutieren sie wieder erhöhen könne (vgl. ebd., 186).
 
Das Ende des Films offenbart außer der entscheidenden, nicht eindeutig auflösbaren Schlussambivalenz, so Bumeder, auch eine spezifische Erzählstrategie, die er ‚mediale Inception‘ nennt. Diese hängt damit zusammen, dass nicht nur innerhalb der filmischen Erzählung Figuren wie daraus resultierend Zuschauende getäuscht werden bzw. sich selbst täuschen (vgl. auch Fisher 2011, 38; Knöppler 2015, 46), sondern auch, dass in einem erweiterten diegetischen Modell auch weitere Instanzen, dazu die filmische Erzählinstanz, sowie explizit extradiegetische Entitäten wie der Regisseur Nolan und die Filmcrew an einer gemeinsamen Täuschung mitwirken (vgl. Bumeder 2014, 163–199). Als Bewusstseinsfilm nutzt Inception dabei gezielt Strategien des unzuverlässigen Erzählens wie Wiederholungen (vgl. ausführlich zu den Strategien Bumeder 2014, 221–283), verschiedene narrative Instanzen und unterschiedliche Vermittlung in Form von Diskrepanzen zwischen Gezeigtem und Gesagtem und thematisiert bewusstseinsbezogene Aspekte wie Erinnerungen, Trauma und Verdrängung sowie komplexe Traumformen, um die Zuschauenden in ein Geflecht der Hinweise und falschen Fährten hineinzuziehen, das nicht mehr zu entwirren ist. Dabei wird, so Eichner, trotz des prinzipiellen ‚Spiel‘-Charakters die ''agency'' der Rezipierenden reduziert (vgl. 2014, 185), während wiederholtes Sehen und Diskutieren sie wieder erhöhen könne (vgl. ebd., 186).
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Dies kann, wie auch Jahraus andeutet (vgl. 2010, 1), einerseits zu Nachdenken über die Natur des Bewusstseins sowie ergänzend philosophisch der Wahrnehmung und des Wissens führen und andererseits zur Reflexion des filmischen Mediums an sich. Der philosophische Skeptizismus lässt uns daran zweifeln, ob wir überhaupt die Fähigkeit haben, festzustellen, ob wir real existieren und gerade wach sind (siehe als populäres Beispiel ''The Matrix'', 1999, Regie: Lana und Lily Wachowski). Der Gedanke von der ‚Welt als Traum‘ bzw. dem Zweifel an der Unterscheidbarkeit hat kulturgeschichtlich berühmte Vorläufer von Zhuangzis Schmetterlingstraum (3./4. Jhd. v. Chr.) über Calderóns La vida es sueño, Berkeleys Principles of Human Knowledge (1710, dort als Gottesbeweis zurückgeführt) zu Descartes (Verweis auch bei Jahraus, vgl. 2010, 2; vgl. Schmidt et al. 2019, 265f.). Inception führt den zunehmenden Zweifel an der Existenz (ontologisch) und der Erkenntnisfähigkeit darüber (epistemologisch) weiter, bis hin zu einem möglichen „epistemic vertigo“ (Pritchard 2015, 6f.), in den die Rezipierenden geraten können (vgl. zu Inception als ‚inversion‘ Kiss 2012, 41f.). In Nolans Werk habe sich, so Mark Fisher, der Fokus von dem epistemologischen Problem des unzuverlässigen Erzählens hin zu einem umfassenden ontologischen Zweifel verschoben (vgl. 2011, 37; dagegen als „epistemic uncertainty“ Schubert 2019, 145) oder auch – wie James T.M. Miller zuspitzt: „If we can’t know whether Mal was dreaming, we can’t know whether we are dreaming“ (Miller 2012, 63). Dennoch ist zumindest außerhalb des Films philosophischer Pragmatismus erforderlich, denn „Life in a state of radical skepticism is impossible; you would not be able to function properly if you seriously doubted that the objects you are interacting with are not real“ (ebd., 72).
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Dies kann, wie auch Jahraus andeutet (vgl. 2010, 1), einerseits zu Nachdenken über die Natur des Bewusstseins sowie ergänzend philosophisch der Wahrnehmung und des Wissens führen und andererseits zur Reflexion des filmischen Mediums an sich. Der philosophische Skeptizismus lässt uns daran zweifeln, ob wir überhaupt die Fähigkeit haben, festzustellen, ob wir real existieren und gerade wach sind (siehe als populäres Beispiel ''The Matrix'', 1999, Regie: The Wachowskis). Der Gedanke von der ‚Welt als Traum‘ bzw. dem Zweifel an der Unterscheidbarkeit hat kulturgeschichtlich berühmte Vorläufer von Zhuangzis ''Schmetterlingstraum'' (3./4. Jhd. v. Chr.) über Calderóns ''La vida es sueño'', Berkeleys ''Principles of Human Knowledge'' (1710, dort als Gottesbeweis zurückgeführt) zu Descartes (Verweis auch bei Jahraus, vgl. 2010, 2; vgl. Schmidt et al. 2019, 265f.). Inception führt den zunehmenden Zweifel an der Existenz (ontologisch) und der Erkenntnisfähigkeit darüber (epistemologisch) weiter, bis hin zu einem möglichen „epistemic vertigo“ (Pritchard 2015, 6f.), in den die Rezipierenden geraten können (vgl. zu Inception als ‚inversion‘ Kiss 2012, 41f.). In Nolans Werk habe sich, so Mark Fisher, der Fokus von dem epistemologischen Problem des unzuverlässigen Erzählens hin zu einem umfassenden ontologischen Zweifel verschoben (vgl. 2011, 37; dagegen als „epistemic ''un''certainty“ Schubert 2019, 145) oder auch – wie James T.M. Miller zuspitzt: „If we can’t know whether Mal was dreaming, we can’t know whether we are dreaming“ (Miller 2012, 63). Dennoch ist zumindest außerhalb des Films philosophischer Pragmatismus erforderlich, denn „Life in a state of radical skepticism is impossible; you would not be able to function properly if you seriously doubted that the objects you are interacting with are not real“ (ebd., 72).
    
Zugleich reflektiert Inception auch den Film als Medium und die mögliche Verwandtschaft von Filmrezeption und Träumen, „den alten Topos vom Film als Traum, aber auch vom Traum als Film“ (Jahraus 2010, 5; vgl. dazu Brütsch 2011a, 21–90 und filmphänomenologisch Morschett 2022; Taubin und Nolan 2010, 32; Steierer 2011; Böhme 2013, 457; Brophy 2011, 89 vergleicht es mit virtuellen Welten; ebenso Elsaesser 2018, 6f.). Werden, wie Nolan selbst anregte (vgl. u.a. Taubin und Nolan 2010, 33f.), die Rollen der Figuren in den geteilten Träumen hier mit denen bei der Produktion eines Films gleichgesetzt (vgl. auch Jahraus 2010, 5; Fisher 2011, 40 mit Faraci), so vervielfacht sich gewissermaßen die Produktions- und Rezeptionssituation und lässt eine Metanarration entstehen. Das geteilte Träumen symbolisiert dabei quasi das Teilnehmen am Filmerlebnis: „Dass man in die Träume anderer einsteigt, dort deren unbewusste Abenteuer miterlebt und selbst zum imaginativen Helden werden kann, dass man Geschichten erlebt, die wiederum andere Geschichten als Träume enthalten können, ist ja nichts anderes als eine grandiose Filmmetapher“ (Jahraus 2010, 5). Jahraus geht so weit, Inception als „Film aller Filme, die Mutter aller Filme und im Überschwang erster Begeisterung das Ende aller Filme“ zu bezeichnen (Jahraus 2010, 1), wogegen Sabine Schlickers dieses ‚Ende‘ als Endpunkt auffasst: „Weil jeder Exzess kurzlebig ist, scheint auch die exzessiv rätselhafte Erzählung an ihr Ende gelangt zu sein. Ihr forciert wirkender Gebrauch in Christopher Nolans Inception (2010) könnte als Indikator für diesen Befund herangezogen werden“ (2015, 63). Folgende mindestens ebenso komplexe Filme und Serienfolgen allerdings widersprechen (vorerst) dieser Einschätzung.
 
Zugleich reflektiert Inception auch den Film als Medium und die mögliche Verwandtschaft von Filmrezeption und Träumen, „den alten Topos vom Film als Traum, aber auch vom Traum als Film“ (Jahraus 2010, 5; vgl. dazu Brütsch 2011a, 21–90 und filmphänomenologisch Morschett 2022; Taubin und Nolan 2010, 32; Steierer 2011; Böhme 2013, 457; Brophy 2011, 89 vergleicht es mit virtuellen Welten; ebenso Elsaesser 2018, 6f.). Werden, wie Nolan selbst anregte (vgl. u.a. Taubin und Nolan 2010, 33f.), die Rollen der Figuren in den geteilten Träumen hier mit denen bei der Produktion eines Films gleichgesetzt (vgl. auch Jahraus 2010, 5; Fisher 2011, 40 mit Faraci), so vervielfacht sich gewissermaßen die Produktions- und Rezeptionssituation und lässt eine Metanarration entstehen. Das geteilte Träumen symbolisiert dabei quasi das Teilnehmen am Filmerlebnis: „Dass man in die Träume anderer einsteigt, dort deren unbewusste Abenteuer miterlebt und selbst zum imaginativen Helden werden kann, dass man Geschichten erlebt, die wiederum andere Geschichten als Träume enthalten können, ist ja nichts anderes als eine grandiose Filmmetapher“ (Jahraus 2010, 5). Jahraus geht so weit, Inception als „Film aller Filme, die Mutter aller Filme und im Überschwang erster Begeisterung das Ende aller Filme“ zu bezeichnen (Jahraus 2010, 1), wogegen Sabine Schlickers dieses ‚Ende‘ als Endpunkt auffasst: „Weil jeder Exzess kurzlebig ist, scheint auch die exzessiv rätselhafte Erzählung an ihr Ende gelangt zu sein. Ihr forciert wirkender Gebrauch in Christopher Nolans Inception (2010) könnte als Indikator für diesen Befund herangezogen werden“ (2015, 63). Folgende mindestens ebenso komplexe Filme und Serienfolgen allerdings widersprechen (vorerst) dieser Einschätzung.
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== Einflüsse und (traumbezogene) Intermedialität ==
 
== Einflüsse und (traumbezogene) Intermedialität ==
Inception ist reich an Referenzen auf Genres und Intertexte (weitere auch vgl. Eichner 2014, 185). Wie erwähnt steht es in der Tradition der Trauminvasionsfilme, deren mutmaßlich erster populärer Vertreter der Science-Fiction-Film Dreamscape (1984) ist. Ebenso wie der im gleichen Jahr entstandene Horrorfilm A Nightmare on Elm Street, der gleich ein ganzes Franchise begründete, behandelt Dreamscape geteiltes Träumen. Anders als in A Nightmare, wo die Träume für die Figuren Orte des Schreckens und des Todes sind und eine „Traumentgrenzung“ (Brütsch 2011, 372) festgestellt werden kann, bilden hier Nutzen und Gefahren ein Gleichgewicht. Das Betreten der Träume kann außer einer ähnlich wie in Inception stattfindenden politisch-manipulativen Nutzbarmachung auch therapeutisch wirken, was in Inception implizit ebenfalls vorhanden ist (vgl. Mayo 2020, 259; Ariadnes Unterstützung Cobbs, vgl. auch Rogy 2018, 171; die positive Veränderung von Fischers Einstellung zu seinem Vater, vgl. Jahraus 2010, 4). Ein wichtiges Element bildet dabei die Variation der ‚Wer im Traum stirbt, erwacht‘-Idee: In Inception sorgt geträumtes Sterben (außer unter Einfluss eines Sedativs) für Aufwachen vor Ablauf der vorgesehenen Zeit, während in A Nightmare on Elm Street und Dreamscape der geträumte Tod meist auch den Tod in der Wachwelt nach sich zieht. Auch ein Schlusstwist (Schubert: „pseudo-twist“, 2019, 147), der den Realitätsstatus noch einmal hinterfragt, ist dieser Art von Filmen mit geteilten Träumen gemeinsam, ebenso die gehäufte Verwendung des Wortes mind (vgl. Bumeder 2014, 307–310), was dessen Bedeutung hervorhebt und sie konzeptionell als mindgames (nach Elsaesser) bzw. Bewusstseinsfilme (vgl. Bumeder 2014, 50; zur Begriffsdifferenzierung ebd., 39–54) oder puzzle films (nach Bordwell, Eichner 2014, 184) ausweist.
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Inception ist reich an Referenzen auf Genres und Intertexte (weitere auch vgl. Eichner 2014, 185). Wie erwähnt steht es in der Tradition der Trauminvasionsfilme, deren mutmaßlich erster populärer Vertreter der Science-Fiction-Film ''Dreamscape'' (1984) ist. Ebenso wie der im gleichen Jahr entstandene Horrorfilm ''A Nightmare on Elm Street'', der gleich ein ganzes Franchise begründete, behandelt ''Dreamscape'' geteiltes Träumen. Anders als in ''A Nightmare'', wo die Träume für die Figuren Orte des Schreckens und des Todes sind und eine „Traumentgrenzung“ (Brütsch 2011, 372) festgestellt werden kann, bilden hier Nutzen und Gefahren ein Gleichgewicht. Das Betreten der Träume kann außer einer ähnlich wie in Inception stattfindenden politisch-manipulativen Nutzbarmachung auch therapeutisch wirken, was in Inception implizit ebenfalls vorhanden ist (vgl. Mayo 2020, 259; Ariadnes Unterstützung Cobbs, vgl. auch Rogy 2018, 171; die positive Veränderung von Fischers Einstellung zu seinem Vater, vgl. Jahraus 2010, 4).  
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In Anlehnung an Jahraus (‚konservativ‘ vs. ‚progressiv‘) unterscheidet Bumeder verschiedene Möglichkeiten, wie solche dargestellten Träume betreten werden können: ‚mental oder medizinisch-chemisch‘ vs. ‚medial bzw. medientechnisch‘ (vgl. Bumeder 2014, 124–134), wobei Inception zu letzterer Art in markierter Form gehört (vgl. ebd., 126). Wie beschrieben wird Inception zwar u.a. als Science Fiction (SF) bezeichnet, doch mutet die dargestellte Welt realistisch an, abgesehen von der den Traum einleitenden und aufrechterhaltenden Technologie. Damit ist sie wie das Genre „durch ein Novum aus[ge]zeichnet […], ein wunderbares, (noch) nicht mögliches Element, das die Handlungswelt entscheidend prägt“ (Spiegel 2018, 2f.). Die wirkmächtigsten weiteren Genreelemente entstammen sicherlich dem erwähnten Heist-Movie, dem auch viele Begriffe im Austausch des Teams zugehören (wie mark, thief, forger). Cobbs Hintergrundgeschichte birgt Drama-Elemente. Knöppler meint lakonisch: „In a nutshell, Inception is a heist thriller with a redemption story, only it takes place inside someone’s head“ (2015, 42). Insbesondere das Szenario um die verschneite ‚Bergfestung‘ mit Ski-Verfolgungsjagden lässt an diverse, meist von Willy Bogner choreografierte James-Bond-Filme denken wie On Her Majesty’s Secret Service (1969; vgl. ebenso Fisher 2011, 40) und die Eröffnungssequenzen von The Spy Who Loved Me (1977) und A View to a Kill (1984), die Klettersequenz zudem an For Your Eyes Only (1981; vgl. auch allgemein zur Bond-Parallele Koebner 2018, 164). Taubin erinnert es dagegen an Spellbound (vgl. Taubin und Nolan 2010, 32).  
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Ein wichtiges Element bildet dabei die Variation der ‚Wer im Traum stirbt, erwacht‘-Idee: In Inception sorgt geträumtes Sterben (außer unter Einfluss eines Sedativs) für Aufwachen vor Ablauf der vorgesehenen Zeit, während in ''A Nightmare on Elm Street'' und ''Dreamscape'' der geträumte Tod meist auch den Tod in der Wachwelt nach sich zieht. Auch ein Schlusstwist (Schubert: „pseudo-twist“, 2019, 147), der den Realitätsstatus noch einmal hinterfragt, ist dieser Art von Filmen mit geteilten Träumen gemeinsam, ebenso die gehäufte Verwendung des Wortes ''mind'' (vgl. Bumeder 2014, 307–310), was dessen Bedeutung hervorhebt und sie konzeptionell als ''mindgames'' (nach Elsaesser) bzw. Bewusstseinsfilme (vgl. Bumeder 2014, 50; zur Begriffsdifferenzierung ebd., 39–54) oder ''puzzle films'' (nach Bordwell, Eichner 2014, 184) ausweist.
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Außer der genannten Invasions-Tradition wurde nach dem Erscheinen von verschiedener Seite eine Parallelität zu dem japanischen Anime-Film Paprika (2006) vermutet (vgl. differenzierter Vergleich in Wardlow 2017). Des Weiteren finden sich in dem Scrooge-McDuck-(Dagobert-Duck-)Comic The Dream of a Lifetime (2002) von Don Rosa Ähnlichkeiten (vgl. blinkuldhc 2010, Jardin 2010, O’Neal 2010), die bis auf die Zugfahrt als Traumebene (vgl. Rosa 2019, 200, Panel 3.2, 4.1f.), eine ähnliche Maschine („brain-scanner“, vgl. Rosa 2019, 186, Panel 3.1) sowie die Intention der Panzerknacker, Zugang zu Dagoberts Geld durch das Eindringen in seine Träume zu erlangen, reichen. Relativ neuartig an Inception in Bezug auf Traum�im�Traum-Strukturen ist die Kombination von vielen Traumebenen und geteiltem Träumen: „Inception’s greatest innovation is its nested narrative structure“ (Mayo 2020, 259), wobei in dem Film bis auf Einstieg und Ausstieg (in Anlehnung an Bumeder) die Orientierung der Ebenen erleichtert ist. Nachfolger ähnlicher Bauart ist etwa Anna (Mindscape, 2013, Regie: Jorge Dorado). Bumeder listet diverse Parodien (vgl. 2014, 75), u.a. in den TV-Serien The Simpsons und South Park.4
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In Anlehnung an Jahraus (‚konservativ‘ vs. ‚progressiv‘) unterscheidet Bumeder verschiedene Möglichkeiten, wie solche dargestellten Träume betreten werden können: ‚mental oder medizinisch-chemisch‘ vs. ‚medial bzw. medientechnisch‘ (vgl. Bumeder 2014, 124–134), wobei Inception zu letzterer Art in markierter Form gehört (vgl. ebd., 126). Wie beschrieben wird Inception zwar u.a. als Science Fiction (SF) bezeichnet, doch mutet die dargestellte Welt realistisch an, abgesehen von der den Traum einleitenden und aufrechterhaltenden Technologie. Damit ist sie wie das Genre „durch ein Novum aus[ge]zeichnet […], ein wunderbares, (noch) nicht mögliches Element, das die Handlungswelt entscheidend prägt“ (Spiegel 2018, 2f.).
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Der Name des limbo, des „unconstructed dream space“ (In 1:05:50) unterhalb der vorbereiteten Ebenen, erinnert konzeptuell an die katholische Bezeichnung (‚Limbus‘) für Vorhölle oder Fegefeuer und könnte außerdem in Verbindung mit Dantes Purgatorio gelesen werden. Die dargestellten Konstruktionen ‚unmöglicher‘ Welten mittels der Penrose-Treppe und des infinity mirror lassen gleichfalls an darauf beruhende zeichnerische Darstellungen M.C. Eschers denken (vgl. zu Traumanalogien im Werk von Escher Kreuzer 2014, 368–371; in Inception Kiss 2012, 41; Knöppler 2015, 43; Malomf?lean 2015, 151; Elsaesser 2018, 24), wobei festzustellen ist, dass diese an sich keine (markierten) Traumdarstellungen sind, sondern lediglich eine traumähnliche Wirkung erzielen können. Auch Lewis Carrolls Through the Looking-Glass (1871) behandelt einander potenziell enthaltendes geteiltes Träumen, doch steht dabei die Paradoxie im Vordergrund. Dennoch besteht eine thematische Verbindung, denn ebenso wie Alice sich dort die Frage stellen muss, in wessen Traum sie sich befindet, ist „[t]he question of whether Cobb is still dreaming or not at the film’s end […] ultimately too simple. For there’s also the problem of whose dream Cobb might be in, if not his ‘own’“ (Fisher 2011, 45). Édith Piafs Chanson Non, je ne regrette rien wird nicht nur zum Wecksignal und musikalischen Leitmotiv, das in verschiedenen Träumen in unterschiedlicher Verformung (Hall, Ton-Abblende) Anwendung findet (Ebene 3 des Eingangstraums, zweiter Lerntraum, inception, Abspann), sondern klingt auch inhaltlich nach, steht der Text doch im Widerspruch zu Cobbs zunächst unbewältigter Vergangenheit.  
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Die wirkmächtigsten weiteren Genreelemente entstammen sicherlich dem erwähnten Heist-Movie, dem auch viele Begriffe im Austausch des Teams zugehören (wie mark, thief, forger). Cobbs Hintergrundgeschichte birgt Drama-Elemente. Knöppler meint lakonisch: „In a nutshell, ''Inception'' is a heist thriller with a redemption story, only it takes place inside someone’s head“ (2015, 42). Insbesondere das Szenario um die verschneite ‚Bergfestung‘ mit Ski-Verfolgungsjagden lässt an diverse, meist von Willy Bogner choreografierte James-Bond-Filme denken wie ''On Her Majesty’s Secret Service'' (1969; vgl. ebenso Fisher 2011, 40) und die Eröffnungssequenzen von ''The Spy Who Loved Me'' (1977) und ''A View to a Kill'' (1984), die Klettersequenz zudem an ''For Your Eyes Only'' (1981; vgl. auch allgemein zur Bond-Parallele Koebner 2018, 164). Taubin erinnert es dagegen an ''Spellbound'' (vgl. Taubin und Nolan 2010, 32).  
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Potenziell sind traum- und filmbezogene Verweise unendlich, oder in Nolans Worten: „This is a story about people sharing a dream, so you want to be limitless in your references“ (Taubin und Nolan 2010, 32); er selbst zählt dazu retrospektiv auch L’année dernière a Marienbad (1961, Regie: Alain Resnais).
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Außer der genannten Invasions-Tradition wurde nach dem Erscheinen von verschiedener Seite eine Parallelität zu dem japanischen Anime-Film ''Paprika'' (2006) vermutet (vgl. differenzierter Vergleich in Wardlow 2017). Des Weiteren finden sich in dem Scrooge-McDuck-(Dagobert-Duck-)Comic ''The Dream of a Lifetime'' (2002) von Don Rosa Ähnlichkeiten (vgl. blinkuldhc 2010, Jardin 2010, O’Neal 2010), die bis auf die Zugfahrt als Traumebene (vgl. Rosa 2019, 200, Panel 3.2, 4.1f.), eine ähnliche Maschine („brain-scanner“, vgl. Rosa 2019, 186, Panel 3.1) sowie die Intention der Panzerknacker, Zugang zu Dagoberts Geld durch das Eindringen in seine Träume zu erlangen, reichen. Relativ neuartig an Inception in Bezug auf Traum�im�Traum-Strukturen ist die Kombination von vielen Traumebenen und geteiltem Träumen: „Inception’s greatest innovation is its nested narrative structure“ (Mayo 2020, 259), wobei in dem Film bis auf Einstieg und Ausstieg (in Anlehnung an Bumeder) die Orientierung der Ebenen erleichtert ist. Nachfolger ähnlicher Bauart ist etwa Anna (Mindscape, 2013, Regie: Jorge Dorado). Bumeder listet diverse Parodien (vgl. 2014, 75), u.a. in den TV-Serien The Simpsons und South Park.4
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Der Name des ''limbo'', des „unconstructed dream space“ (In 1:05:50) unterhalb der vorbereiteten Ebenen, erinnert konzeptuell an die katholische Bezeichnung (‚Limbus‘) für Vorhölle oder Fegefeuer und könnte außerdem in Verbindung mit Dantes Purgatorio gelesen werden. Die dargestellten Konstruktionen ‚unmöglicher‘ Welten mittels der Penrose-Treppe und des infinity mirror lassen gleichfalls an darauf beruhende zeichnerische Darstellungen M.C. Eschers denken (vgl. zu Traumanalogien im Werk von Escher Kreuzer 2014, 368–371; in Inception Kiss 2012, 41; Knöppler 2015, 43; Malomf?lean 2015, 151; Elsaesser 2018, 24), wobei festzustellen ist, dass diese an sich keine (markierten) Traumdarstellungen sind, sondern lediglich eine traumähnliche Wirkung erzielen können. Auch Lewis Carrolls Through the Looking-Glass (1871) behandelt einander potenziell enthaltendes geteiltes Träumen, doch steht dabei die Paradoxie im Vordergrund. Dennoch besteht eine thematische Verbindung, denn ebenso wie Alice sich dort die Frage stellen muss, in wessen Traum sie sich befindet, ist „[t]he question of whether Cobb is still dreaming or not at the film’s end […] ultimately too simple. For there’s also the problem of whose dream Cobb might be in, if not his ‘own’“ (Fisher 2011, 45). Édith Piafs Chanson ''Non, je ne regrette rien'' wird nicht nur zum Wecksignal und musikalischen Leitmotiv, das in verschiedenen Träumen in unterschiedlicher Verformung (Hall, Ton-Abblende) Anwendung findet (Ebene 3 des Eingangstraums, zweiter Lerntraum, inception, Abspann), sondern klingt auch inhaltlich nach, steht der Text doch im Widerspruch zu Cobbs zunächst unbewältigter Vergangenheit.
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Potenziell sind traum- und filmbezogene Verweise unendlich, oder in Nolans Worten: „This is a story about people sharing a dream, so you want to be limitless in your references“ (Taubin und Nolan 2010, 32); er selbst zählt dazu retrospektiv auch ''L’année dernière a Marienbad'' (1961, Regie: Alain Resnais).
    
== Einordnung ==
 
== Einordnung ==
Eine der wichtigsten Eigenschaften der Träume in Inception ist, dass oft ein – wenn auch nicht unbedingt sofort und bei allen Teilnehmenden vorhandenes – Bewusstsein über den Status als Traum vorliegt, wodurch die in jüngerer Zeit mehr in den Fokus gerückte Praxis des lucid dreaming (Klarträumens) thematisiert wird (vgl. zu verschiedenen möglichen Rollen in entsprechenden Darstellungen Buchheit 2020). Nicht immer wird das Träumen direkt eindeutig markiert. Gerade die prekären Aspekte machen aber den Reiz der Technik in dem Film aus, dann nämlich, wenn der Traumstatus in Erinnerung an den ‚Welt als Traum‘-Gedanken nicht oder falsch erkannt wird oder, wie am Ende, sogar ungeklärt bleibt, spannt sich ein Bogen zu grundlegenden ontologischen und epistemologischen Fragestellungen wie: Ist unsere Welt real? Träumen wir vielleicht gerade? Können wir überhaupt Wissen darüber erlangen?
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Eine der wichtigsten Eigenschaften der Träume in Inception ist, dass oft ein – wenn auch nicht unbedingt sofort und bei allen Teilnehmenden vorhandenes – Bewusstsein über den Status als Traum vorliegt, wodurch die in jüngerer Zeit mehr in den Fokus gerückte Praxis des ''lucid dreaming'' (Klarträumens) thematisiert wird (vgl. zu verschiedenen möglichen Rollen in entsprechenden Darstellungen Buchheit 2020). Nicht immer wird das Träumen direkt eindeutig markiert. Gerade die prekären Aspekte machen aber den Reiz der Technik in dem Film aus, dann nämlich, wenn der Traumstatus in Erinnerung an den ‚Welt als Traum‘-Gedanken nicht oder falsch erkannt wird oder, wie am Ende, sogar ungeklärt bleibt, spannt sich ein Bogen zu grundlegenden ontologischen und epistemologischen Fragestellungen wie: Ist unsere Welt real? Träumen wir vielleicht gerade? Können wir überhaupt Wissen darüber erlangen?
    
Der Umstand, dass in den Träumen Dialoge wie in der Wachwelt geführt werden – im Übrigen nimmt bei den Erklärungen zur Traumtechnik das telling großen Raum ein –, dabei (zunächst) kaum als traumtypisch angesehene inhaltliche Bizarrerien auftreten („how undreamlike the dreams in the film are“, Fisher 2011, 40) und diese sich auf einzelne raumzeitliche Phänomene wie Zeitdehnung und Verformung des Raums im Sinne mathematisch-physikalischer Paradoxien beschränken (Eichner nennt noch Eames’ Gestaltwandel und Cobbs Halluzinationen, vgl. 2014, 183; Brusberg-Kiermeier das Schauspiel, vgl. 2016, 239), ist zugleich auch medial erklärbar. Zum einen bedeutet es einen geringeren Unterschied zum Drehen von Wachwelt-Sequenzen, zum anderen folgt Inception zum Teil der filmhistorischen Tradition des ‚retroaktiven Modus‘, die Zuschauende durch nachfolgende Offenbarung erst in den Traumstatus einweiht und die vorherige Täuschung erkennbar macht (Brütsch 2011b nennt es ‚filmischer Prototyp‘ des unzuverlässigen Erzählens); vermeintliche Außenperspektiven zeigen sich dann als Innenperspektiven (unsichtbare interne Fokalisierung). Außerdem steht Inception damit in der Reihe von Bewusstseinsfilmen, die in den 1990–2010er Jahren einen Boom erlebt haben und sich filmnarratologisch durch Fokussierung auf Innenwelten, Täuschung und narrative Unzuverlässigkeit auszeichnen. Nicht vergessen werden sollten die dennoch spektakulären Effekte in Erinnerung an das frühe cinema of attractions (vgl. Brütsch 2011a, 394 nach Gunning) der sich zerstörenden Traum-Gebäude, der Verformung der Pariser Boulevards oder visuellen Paradoxa, die zugleich, wie der scheinbar unendliche Spiegel als mise en abyme, als Metaphern für Traum im Traum wie Weltenkonstruktion verstanden werden können.
 
Der Umstand, dass in den Träumen Dialoge wie in der Wachwelt geführt werden – im Übrigen nimmt bei den Erklärungen zur Traumtechnik das telling großen Raum ein –, dabei (zunächst) kaum als traumtypisch angesehene inhaltliche Bizarrerien auftreten („how undreamlike the dreams in the film are“, Fisher 2011, 40) und diese sich auf einzelne raumzeitliche Phänomene wie Zeitdehnung und Verformung des Raums im Sinne mathematisch-physikalischer Paradoxien beschränken (Eichner nennt noch Eames’ Gestaltwandel und Cobbs Halluzinationen, vgl. 2014, 183; Brusberg-Kiermeier das Schauspiel, vgl. 2016, 239), ist zugleich auch medial erklärbar. Zum einen bedeutet es einen geringeren Unterschied zum Drehen von Wachwelt-Sequenzen, zum anderen folgt Inception zum Teil der filmhistorischen Tradition des ‚retroaktiven Modus‘, die Zuschauende durch nachfolgende Offenbarung erst in den Traumstatus einweiht und die vorherige Täuschung erkennbar macht (Brütsch 2011b nennt es ‚filmischer Prototyp‘ des unzuverlässigen Erzählens); vermeintliche Außenperspektiven zeigen sich dann als Innenperspektiven (unsichtbare interne Fokalisierung). Außerdem steht Inception damit in der Reihe von Bewusstseinsfilmen, die in den 1990–2010er Jahren einen Boom erlebt haben und sich filmnarratologisch durch Fokussierung auf Innenwelten, Täuschung und narrative Unzuverlässigkeit auszeichnen. Nicht vergessen werden sollten die dennoch spektakulären Effekte in Erinnerung an das frühe cinema of attractions (vgl. Brütsch 2011a, 394 nach Gunning) der sich zerstörenden Traum-Gebäude, der Verformung der Pariser Boulevards oder visuellen Paradoxa, die zugleich, wie der scheinbar unendliche Spiegel als mise en abyme, als Metaphern für Traum im Traum wie Weltenkonstruktion verstanden werden können.
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Neben dem Klarträumen zeigt der Film weitere Traumkonzepte, die auch an bekannte Traumtheorien gebunden sind. Die eben beschriebene wachwelt-ähnliche Gestaltung der Träume bedingt auch, dass Traum bzw. das Unterbewusstsein der Träumenden topografisch als Orte (Landschaft, Architektur, Aufzug) realisiert sind, wobei ganze Städte kreiert werden, mit der Traumebene instabil werden und ‚zusammenstürzen‘ (vgl. zur metropolen Zerfallsästhetik Koebner 2018, 165; zur Verwendung von Landschaftssymbolik in ‚inneren Topografien‘ Mayo 2020, 259–261; in Inception Knöppler 2015; Malomf?lean 2015, 150; im Kontext von Städteträumen Oster 2022, 578–580). Sie werden aus Erinnerungsbestandteilen erstellt (Tagesreste-Konzept) und können ‚von außen‘ beeinflusst werden (Leibreiz-Konzept). Die Besonderheit liegt jedoch darin, wie beim ‚Wassereinbruch‘ in der extraction oder der ‚Schwerelosigkeit‘ in einer tieferen Traumebene in der inception, dass dies von einer weiteren Traumebene aus geschieht, wodurch Traumtheorien immanent reflektiert werden. Objekte nehmen darin auch symbolische Funktion ein, so der Aufzug als Mittel, ‚in die Tiefen‘ von Cobbs Unterbewusstsein vorzudringen, und die Metaphorik des Einschließens von Geheimnissen in geträumten ‚Safes‘ als ‚(T)Räume im (T)Raum‘. Zusätzlich wird das Unterbewusstsein in Analogie zum Immunsystem des menschlichen Körpers inszeniert, in dem wehrhafte projections Eindringlinge angreifen. Damit und auch durch die gezeigte Manipulierbarkeit und Kapitalisierbarkeit des Wissens durch Zutritt zum Unterbewusstsein via Traum werden die mehrlagigen Träume wortwörtlich zu Schlachtfeldern (vgl. ebenso Fitsch 2018, 117) mit Kämpfen, Explosionen, Anschlägen und geträumten Toden, wobei die moralische Komponente der Traumspionage kaum hinterfragt wird (vgl. Koebner 2018, 163). Zugleich gilt das ritualisierte Inszenieren von Träumen (Trauminkubation, vgl. Engel 2017, 34–36) auch therapeutischen Zwecken wie der Heilung von vergangenen Versehrungen im Kontext des Hollywood-Bewusstseinsfilms (vgl. zum therapeutischen Zweck auch Floury 2011, 234). Knöppler argumentiert, dass abseits einer vereinfachenden Bewusstseinsrepräsentation dabei eher der Versuch einer Selbstkonstruktion (Cobbs) verdeutlicht werden soll (vgl. 2015, 45). Dromms Abgleich mit empirischer Traumforschung zeigt dagegen oft Unzulänglichkeiten (vgl. Dromm 2012; vgl. anders Bulkeley 2010). Nolan zufolge war eine getreue Wiedergabe gar nicht seine Absicht: „No, it’s all just stuff I made up“ (Taubin und Nolan 2010, 34).
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Neben dem Klarträumen zeigt der Film weitere Traumkonzepte, die auch an bekannte Traumtheorien gebunden sind. Die eben beschriebene wachwelt-ähnliche Gestaltung der Träume bedingt auch, dass Traum bzw. das Unterbewusstsein der Träumenden topografisch als Orte (Landschaft, Architektur, Aufzug) realisiert sind, wobei ganze Städte kreiert werden, mit der Traumebene instabil werden und ‚zusammenstürzen‘ (vgl. zur metropolen Zerfallsästhetik Koebner 2018, 165; zur Verwendung von Landschaftssymbolik in ‚inneren Topografien‘ Mayo 2020, 259–261; in Inception Knöppler 2015; Malomf?lean 2015, 150; im Kontext von Städteträumen Oster 2022, 578–580). Sie werden aus Erinnerungsbestandteilen erstellt (Tagesreste-Konzept) und können ‚von außen‘ beeinflusst werden (Leibreiz-Konzept). Die Besonderheit liegt jedoch darin, wie beim ‚Wassereinbruch‘ in der extraction oder der ‚Schwerelosigkeit‘ in einer tieferen Traumebene in der inception, dass dies von einer weiteren Traumebene aus geschieht, wodurch Traumtheorien immanent reflektiert werden. Objekte nehmen darin auch symbolische Funktion ein, so der Aufzug als Mittel, ‚in die Tiefen‘ von Cobbs Unterbewusstsein vorzudringen, und die Metaphorik des Einschließens von Geheimnissen in geträumten ‚Safes‘ als ‚(T)Räume im (T)Raum‘.  
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Zusätzlich wird das Unterbewusstsein in Analogie zum Immunsystem des menschlichen Körpers inszeniert, in dem wehrhafte projections Eindringlinge angreifen. Damit und auch durch die gezeigte Manipulierbarkeit und Kapitalisierbarkeit des Wissens durch Zutritt zum Unterbewusstsein via Traum werden die mehrlagigen Träume wortwörtlich zu Schlachtfeldern (vgl. ebenso Fitsch 2018, 117) mit Kämpfen, Explosionen, Anschlägen und geträumten Toden, wobei die moralische Komponente der Traumspionage kaum hinterfragt wird (vgl. Koebner 2018, 163). Zugleich gilt das ritualisierte Inszenieren von Träumen (Trauminkubation, vgl. Engel 2017, 34–36) auch therapeutischen Zwecken wie der Heilung von vergangenen Versehrungen im Kontext des Hollywood-Bewusstseinsfilms (vgl. zum therapeutischen Zweck auch Floury 2011, 234). Knöppler argumentiert, dass abseits einer vereinfachenden Bewusstseinsrepräsentation dabei eher der Versuch einer Selbstkonstruktion (Cobbs) verdeutlicht werden soll (vgl. 2015, 45). Dromms Abgleich mit empirischer Traumforschung zeigt dagegen oft Unzulänglichkeiten (vgl. Dromm 2012; vgl. anders Bulkeley 2010). Nolan zufolge war eine getreue Wiedergabe gar nicht seine Absicht: „No, it’s all just stuff I made up“ (Taubin und Nolan 2010, 34).
    
Das topografische Verständnis von (geteilten) Träumen mit seiner Tiefensymbolik (vgl. auch Mayo 2020, 241) kann in Anlehnung an Freuds ‚topografisches Modell‘ gesehen werden, in dem das Unbewusste den Teil des ‚Eisbergs‘ darstellt, der sich unter der Oberfläche befindet, oder an Jungs ‚Haus‘-Metapher (vgl. Knöppler 2015, 44, bzw. sogar, mit Fiedler, als Teil eines Gothic Manor, vgl. ebd.). „Christopher Nolan’s film presents the aspect of the Freudian unconscious with all its twists and turns“ (Floury 2011, 233): Weitere (populär-)psychoanalytische Referenzen (vgl. so auch Jahraus 2010, 2; Fisher 2011, 45; Knöppler 2015, 44, 46) umfassen die Rolle von Objekten, Verdrängung, schwieriges Vaterverhältnis, (scheiternde?) Wunscherfüllung sowie die Auffassung, dass geträumte Personen jeweils nur Ausprägungen der Persönlichkeit des träumenden Subjekts sein können (Jungs ‚Subjektstufen‘; vgl. Jung 1960, 96; 1972, 86; Sharp 1991, 128f.; Engel 2018, 41); außerdem ist der Limbus als ‚kollektives Unbewusstes‘ lesbar. Damit zeigt Inception eine Tendenz gegenwärtiger Bewusstseinsfilme, die sich nicht auf eine inhärente Traumauffassung beschränken, sondern darin vielmehr eklektisch sind. Traum in Inception ist also offenbarend (in Bezug auf Charakter und Psyche der Träumenden) wie verdeckend (hinsichtlich von Geheimnissen, Täuschungen und des Traumstatus), dient der plotbezogenen fortschreitenden Informationsvergabe und dem Spannungsaufbau, ist analysierbar wie manipulierbar, spektakelhaft und dennoch mitunter schwer von der Wachwelt zu unterscheiden.
 
Das topografische Verständnis von (geteilten) Träumen mit seiner Tiefensymbolik (vgl. auch Mayo 2020, 241) kann in Anlehnung an Freuds ‚topografisches Modell‘ gesehen werden, in dem das Unbewusste den Teil des ‚Eisbergs‘ darstellt, der sich unter der Oberfläche befindet, oder an Jungs ‚Haus‘-Metapher (vgl. Knöppler 2015, 44, bzw. sogar, mit Fiedler, als Teil eines Gothic Manor, vgl. ebd.). „Christopher Nolan’s film presents the aspect of the Freudian unconscious with all its twists and turns“ (Floury 2011, 233): Weitere (populär-)psychoanalytische Referenzen (vgl. so auch Jahraus 2010, 2; Fisher 2011, 45; Knöppler 2015, 44, 46) umfassen die Rolle von Objekten, Verdrängung, schwieriges Vaterverhältnis, (scheiternde?) Wunscherfüllung sowie die Auffassung, dass geträumte Personen jeweils nur Ausprägungen der Persönlichkeit des träumenden Subjekts sein können (Jungs ‚Subjektstufen‘; vgl. Jung 1960, 96; 1972, 86; Sharp 1991, 128f.; Engel 2018, 41); außerdem ist der Limbus als ‚kollektives Unbewusstes‘ lesbar. Damit zeigt Inception eine Tendenz gegenwärtiger Bewusstseinsfilme, die sich nicht auf eine inhärente Traumauffassung beschränken, sondern darin vielmehr eklektisch sind. Traum in Inception ist also offenbarend (in Bezug auf Charakter und Psyche der Träumenden) wie verdeckend (hinsichtlich von Geheimnissen, Täuschungen und des Traumstatus), dient der plotbezogenen fortschreitenden Informationsvergabe und dem Spannungsaufbau, ist analysierbar wie manipulierbar, spektakelhaft und dennoch mitunter schwer von der Wachwelt zu unterscheiden.
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Genreelemente wie Mals (vgl. „le mal“ in Piafs Chanson) von Cobb projizierte wie im Film stereotypisierte Rolle als femme fatale des Film Noir (vgl. zu Mal als ‚schöner Leiche‘ Rogy 2018, 168f.; ihrem Ausschluss zugunsten männlicher Persistenz Schubert 2019, 169) oder Ariadnes Funktion als Führerin aus dem Traum-Labyrinth sind ebenfalls Teil eines intertextuell-intermedialen Netzes, das auch viele filmische Vorgänger und Traumreferenzen umfasst; Nolans Stil ist „a certain kind of neo-noir“ (Fisher 2011, 37). Anders als in anderen Filmen des Traum im Traum mit Twist�Struktur sind Verweise jedoch weniger darauf angelegt, den Traumstatus explizit zu verdecken. Inception steht vorläufig am relativen Ende einer Reihe sich immer komplizierender Traum�im�Traum-Strukturen, die in jüngerer Zeit auch kombiniert vorkommen können, wobei innerhalb des Traum im Traum durch die beherrschenden filmischen Mittel der Zeitlupe und besonders der Parallelmontage die Orientierung erleichtert (und eben nicht „jeder Ebenenunterschied […] relativiert“, Jahraus 2010, 3) und die Schlussambivalenz nicht durch Phantastik (nach Durst 2010) weiter verunklart wird.
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Genreelemente wie Mals (vgl. „le mal“ in Piafs Chanson) von Cobb projizierte wie im Film stereotypisierte Rolle als ''femme fatale'' des Film Noir (vgl. zu Mal als ‚schöner Leiche‘ Rogy 2018, 168f.; ihrem Ausschluss zugunsten männlicher Persistenz Schubert 2019, 169) oder Ariadnes Funktion als Führerin aus dem Traum-Labyrinth sind ebenfalls Teil eines intertextuell-intermedialen Netzes, das auch viele filmische Vorgänger und Traumreferenzen umfasst; Nolans Stil ist „a certain kind of neo-noir“ (Fisher 2011, 37). Anders als in anderen Filmen des Traum im Traum mit Twist�Struktur sind Verweise jedoch weniger darauf angelegt, den Traumstatus explizit zu verdecken. Inception steht vorläufig am relativen Ende einer Reihe sich immer komplizierender Traum�im�Traum-Strukturen, die in jüngerer Zeit auch kombiniert vorkommen können, wobei innerhalb des Traum im Traum durch die beherrschenden filmischen Mittel der Zeitlupe und besonders der Parallelmontage die Orientierung erleichtert (und eben nicht „jeder Ebenenunterschied […] relativiert“, Jahraus 2010, 3) und die Schlussambivalenz nicht durch Phantastik (nach Durst 2010) weiter verunklart wird.
    
[[Autoren|Kathrin Neis]]
 
[[Autoren|Kathrin Neis]]
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*Kuhn, Markus: Filmnarratologie. Ein erzähltheoretisches Analysemodell. Berlin/New York: De Gruyter 2011.
 
*Kuhn, Markus: Filmnarratologie. Ein erzähltheoretisches Analysemodell. Berlin/New York: De Gruyter 2011.
 
*Lugea, Jane: Embedded Dialogue and Dreams. The Worlds and Accessibility Relations of Inception. In: Language and Literature: International Journal of Stylistics 22 (2013), 133–53.
 
*Lugea, Jane: Embedded Dialogue and Dreams. The Worlds and Accessibility Relations of Inception. In: Language and Literature: International Journal of Stylistics 22 (2013), 133–53.
*Malomf?lean, Lauren?iu : Les machines à rêver dans le cinéma hypermoderne. In: Caietele Echinox 29 (Utopia, Dystopia, Film 2015), 147–155; http://phantasma.lett.ubbcluj.ro/?p=5600.
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*Malomfălean, Laurențiu : Les machines à rêver dans le cinéma hypermoderne. In: Caietele Echinox 29 (Utopia, Dystopia, Film 2015), 147–155; http://phantasma.lett.ubbcluj.ro/?p=5600.
 
*Mayo, Rob: The Myth of Dream-Hacking and ‘Inner Space’ in Science Fiction, 1948–2010. In: Steven J. Taylor/Alice Brumby (Hg.): Healthy Minds in the Twentieth Century. In and Beyond the Asylum. Cham: Springer International 2020, 239–265.
 
*Mayo, Rob: The Myth of Dream-Hacking and ‘Inner Space’ in Science Fiction, 1948–2010. In: Steven J. Taylor/Alice Brumby (Hg.): Healthy Minds in the Twentieth Century. In and Beyond the Asylum. Cham: Springer International 2020, 239–265.
 
*Miller, James T.M.: The Unavoidable Dream Problem. In: David Kyle Johnson (Hg.): Inception and Philosophy. Because It’s Never Just a Dream. Hoboken, N.J.: Wiley 2012, 62–72.
 
*Miller, James T.M.: The Unavoidable Dream Problem. In: David Kyle Johnson (Hg.): Inception and Philosophy. Because It’s Never Just a Dream. Hoboken, N.J.: Wiley 2012, 62–72.
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