"Kinder – Träume – Zukunft" (Erhard Großmann): Unterschied zwischen den Versionen

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===Ikarus===
===Ikarus===
Darstellungen von Ikarus waren ebenso wie der Kosmonaut in der bildenden Kunst der DDR eng verknüpft mit der Raumfahrtgeschichte (Schaber 2021). Es handelt sich zudem um ein weit verbreitetes Motiv, das - abhängig von der Inszenierung - ambige und paradoxe Deutungsperspektiven aufweisen kann (Arlt 2012, 77–84; Schaber 2021, 253–285). Der Publizist, Schriftsteller, Kunstwissenschaftler und -kritiker Peter Arlt (*1943) weist nach, dass Ikarus ab etwa 1955 in der Kunst in der DDR auftritt, über die Jahre hin an Bedeutung gewinnt und eine zunehmende Verbreitung erlangt, die ihren Höhepunkt um 1980 hat (Arlt 2012, 76); zwischen Mitte der 1960er Jahren und 1977 tauchen aber in der bildenden Kunst auch kritische Versionen auf (ebd., 78). Positiv konnotiert drückt Ikarus beispielsweise einen ungehinderten Glauben an technischen Fortschritt und Zukunftsoptimismus aus (Schaber 2021, 253–285); in der negativen Variante (z.B. durch eine stürzende Figur) kann das Motiv Zweifel daran ausdrücken, dass durch technischen und wissenschaftlichen Fortschritt eine Verbesserung gesellschaftlicher und materieller Faktoren möglich ist. Oder es wird genutzt, um mit Ikarus lediglich die (bestehenden) Widersprüche in der Gesellschaft aufzuzeigen. Mit dem Aufgreifen der Ikarus-Motivik und seiner Verbindung mit der Raumfahrt in der bildenden Kunst wurde zudem das historische Ereignis von 1961 in einen mythologischen Kontext verlagert (Schaber 2021, 287). Mit Ikarus und dem Kosmonauten liegt also die Doppelung eines ähnlichen Sinninhaltes vor.
Darstellungen von Ikarus waren ebenso wie der Kosmonaut in der bildenden Kunst der DDR eng verknüpft mit der Raumfahrtgeschichte (Schaber 2021). Es handelt sich zudem um ein weit verbreitetes Motiv, das abhängig von der Inszenierung ambige und paradoxe Deutungsperspektiven aufweisen kann (Arlt 2012, 77–84; Schaber 2021, 253–285). Der Publizist, Schriftsteller, Kunstwissenschaftler und -kritiker Peter Arlt (*1943) weist nach, dass Ikarus ab etwa 1955 in der Kunst in der DDR auftritt, über die Jahre hin an Bedeutung gewinnt und eine zunehmende Verbreitung erlangt, die ihren Höhepunkt um 1980 hat (Arlt 2012, 76); zwischen Mitte der 1960er Jahren und 1977 tauchen aber in der bildenden Kunst auch kritische Versionen auf (ebd., 78). Positiv konnotiert drückt Ikarus beispielsweise einen ungehinderten Glauben an technischen Fortschritt und Zukunftsoptimismus aus (Schaber 2021, 253–285); in der negativen Variante (z.B. durch eine stürzende Figur) kann das Motiv Zweifel daran ausdrücken, dass durch technischen und wissenschaftlichen Fortschritt eine Verbesserung gesellschaftlicher und materieller Faktoren möglich ist. Oder es wird genutzt, um mit Ikarus lediglich die (bestehenden) Widersprüche in der Gesellschaft aufzuzeigen. Mit dem Aufgreifen der Ikarus-Motivik und seiner Verbindung mit der Raumfahrt in der bildenden Kunst wurde zudem das historische Ereignis von 1961 in einen mythologischen Kontext verlagert (Schaber 2021, 287). Mit Ikarus und dem Kosmonauten liegt also die Doppelung eines ähnlichen Sinninhaltes vor.


Anhand der fünf Kompositionsentwürfe in ''Bildende Kunst'' ist zu erkennen, dass Ikarus erst ab dem dritten Blatt auftaucht – und als eindeutig abstürzende Figur gezeigt wird (Oswald 1973, 594). Die Ikarus-Motivik bei ''Kinder – Träume – Zukunft'' ist folglich ambig angelegt: Im vollendeten Wandbild weist er trotz seiner aufgerichteten Position nur einen Flügel auf, wodurch sein bevorstehender Absturz künstlerisch impliziert ist und der Fortschritts- und Technikglaube sowie der optimistische Blick in die Zukunft gerade im Zusammenspiel mit dem Kosmonauten kritisch hinterfragt werden. Oswald betont bei der Motiventwicklung von Ikarus aber dessen Kampfeswillen, der in der Skizze zum Ausdruck käme:
Anhand der fünf Kompositionsentwürfe in ''Bildende Kunst'' ist zu erkennen, dass Ikarus erst ab dem dritten Blatt auftaucht – und als eindeutig abstürzende Figur gezeigt wird (Oswald 1973, 594). Die Ikarus-Motivik bei ''Kinder – Träume – Zukunft'' ist folglich ambig angelegt: Im vollendeten Wandbild weist er trotz seiner aufgerichteten Position nur einen Flügel auf, wodurch sein bevorstehender Absturz künstlerisch impliziert ist und der Fortschritts- und Technikglaube sowie der optimistische Blick in die Zukunft gerade im Zusammenspiel mit dem Kosmonauten kritisch hinterfragt werden. Oswald betont bei der Motiventwicklung von Ikarus aber dessen Kampfeswillen, der in der Skizze zum Ausdruck käme:
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